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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 19.08.1903
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1903-08-19
- Erscheinungsdatum
- 19.08.1903
- Sprache
- Deutsch
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- Saxonica
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^ 191, 19. August 1903. Nichtamtlicher Teil. 6331 an sich unhaltbare und nur durch den lohnenden Verkauf anderer Waren ermöglichte Unterbietungen, wirken aus die »Spezialgeschäfte« (um einen kurzen Ausdruck zu gebrauchen) naturgemäß äußerst störend; der Kleindetaillist muß seine Kundschaft wegen einiger derartiger Unterbietungen an die jenigen Geschäfte abgeben, von denen er überzeugt ist, daß sie im Durchschnitt und im Verhältnis keineswegs billiger sind als er. Den Rat, den man ihm vielfach gibt, die Handlungen des Warenhauses in dieser Beziehung nachzu machen, vermag er nicht zu befolgen, teils, weil es ihm an Kapital fehlt, den Verlust beim Verkauf einiger Artikel unter dem Einkaufspreis zu tragen, teils, weil er auf den Aus gleich durch anderweitige Verkäufe an die Kundschaft nicht mit derselben Sicherheit rechnen kann, wie z. B. das Waren haus, das in seinen Etagen und Winkeln für jeden eintreten- dcn Menschen irgend etwas feilhält und ihm auch sichtbar machen kann. Die Kleindetaillisten werden daher in ihrer ruhigen und wirtschaftlich wichtigen Tätigkeit infolge solcher Unterbietungen erheblich gestört und zum Teil scharf ge schädigt. Aber nicht nur die Kleindetaillisten werden durch die prinzipielle, systematische Unterbietung in der regulären und stabilen Versorgung der Konsumenten gestört, sondern auch weite Kreise der Fabrikanten. Auch hier ist der Einwand, daß das im Wesen der Gewerbefreiheit liege und stets der Fall gewesen sei, nicht als zutreffend zu erachten, weil erst in unsrer Zeit die Verhältnisse außergewöhnlich verschärfend gewirkt haben. Die Entwicklung vom Kleinbetrieb zum Großbetrieb in der Industrie der neuesten Zeit hat in weitem Umfang die Notwendigkeit erzeugt, auf feste, dauernde Ge winnung eines großen Absatzgebietes hinzuwirken. Die Pro duktion in Massen ist bei dem heutigen Stande der Technik und der gewerblichen Organisation kein Kunststück mehr; die Schwierigkeit liegt jetzt im wesentlichen darin, für die Massen von Waren eines Großbetriebes die Konsumenten zu finden. Zu den Mitteln, diese Voraussetzung sich zu schaffen, bedient sich die Industrie nicht zum geringsten Teil der Reklame. Man kann wohl sagen, daß ohne intensive Reklame auch die jenigen industriellen Großbetriebe, die die vorzüglichsten Waren Herstellen, mit sehr wenigen, nicht in die Wagschale fallenden Ausnahmen, auf die Dauer nicht werden genügend prosperieren können. Man mag diese Tatsachen bedenklich finden und sagen, daß sie ein schlechtes Licht auf die träge Menge werfe; aber man muß sie als bestehend anerkennen und wird sich dann nicht wundern, wenn man erfährt, daß die jährlichen Ausgaben einzelner Firmen für Reklame zwecke nicht nach Tausenden, sondern nach Hunderttausenden von Mark zählen, daß sogar ein Reklamekonto von jährlich einer halben Million nicht mehr zu den Seltenheiten gehört. Unsre sämtlichen Zeitungen und Zeitschriften — abgesehen von Plakatsäulen, Pferdebahnen, Mauern und Schaufenstern — wimmeln von Anzeigen über Dalli, Odol, Maggi, Kodak usw., und ich bin überzeugt, daß der Millionenregen, der sich hierdurch über unsre Zeitungsverlagsanstalten ergießt, den größten Teil der Rentabilität wohl der meisten unsrer Blätter stützt, also, so absurd es klingt, das geistige Leben Deutschlands nicht unerheblich befruchtet. Diese riesigen Ausgaben aber wollen die Fabrikanten nicht Jahr für Jahr zum Fenster hinauswerfen, sondern sie rechnen darauf, sie durch entsprechende Preisstellung ihrer Fabrikate von den Abnehmern zurückerstattet zu erhalten. Vielleicht nicht gleich im ersten Jahre, aber doch später muß, wenn die Quelle nicht versiegen, das Unternehmen also nicht unterliegen soll, die Reklame sich bezahlt machen. Derartige riesige Aus gaben für Reklame waren früher völlig unbekannt; man würde jeden, der auch nur annähernd derartige Beträge für »Marktschreierei« ausgegeben hätte, für einen törichten Ver schwender gehalten haben. Früher kannte man eben nicht die Großbetriebe und ihre Lebensbedingungen, zu denen die Riesenreklame gehört. Aber nicht nur die großen Reklamekosten beweisen, daß die systematische und grundsätzliche Herabdrückung der Preise nicht immer die gleichen üblen Wirkungen im gewerblichen Leben gezeitigt haben wie heute, sondern auch häufig die ebenso hohen Beträge, welche die Großindustrie für die Er werbung von Patenten und sonstigen Rechten ausgeben muß. Neulich ging die unkontrollierbare Notiz durch die Presse, die Firma Kathreiner habe für die ausschließliche Befugnis zur Benutzung des Namens Kneipp von Wörishofen 500 000 (zu wohltätigen Zwecken) gezahlt. Diese halbe Million kann nicht in einem Jahre »herausgeholt« werden, muß vielmehr nach und nach amortisiert werden. Die moderne Industrie braucht also unbedingt die Möglichkeit, durch eigene Feststellung der Detailpreise für ihre Waren sich auf Jahre hinaus eine feste Grundlage zu schaffen. Verstärkt werden die hierbei sich ergebenden Mißhellig keiten noch dadurch, daß die Unterbietungen die Tendenz zeigen, sich gerade auf solche Artikel zu werfen, die von einer allgemein renommierten Firma hergestellt oder vertrieben werden, oder welche als eine ganz bestimmte und beliebte Marke einer Fabrik mit den von dieser festgesetzten Preisen allgemein bekannt sind. Die Verbraucher wissen beispielsweise ganz genau, daß die Flasche Odol allgemein 1 50 H, ein echter Auer- Glühkörper 50 H kostet. Wenn nun eine Firma diese Waren mit 1 ^ 20 H, bezw. 40 H anbietet, so ist das Publikum sofort in der Lage, zu beurteilen, daß es bei dieser Firma die fraglichen Waren billiger erhält als anderwärts, während diese sofortige Erkenntnis bei der Unterbietung in andern, nicht besonders bekannten oder kenntlich gemachten (durch Warenzeichen, Patente usw.) und in verschiedenen, vielleicht vielen Fabriken hergestellten Waren, wie z. B. Kleiderstoffen, Kaffee, Hüten, Apfelsinen, Wurst, Wein, Zigarren, Konfitüren, Posamenten, Uhren, nicht eintreten würde. Die Großgeschäste, die durch eklatante Beispiele dem Publikum zeigen wollen, daß sie billiger verkaufen als die Konkurrenz, können dies naturgemäß am leichtesten, wenn sie sich an solche Artikel halten, die als Erzeugnisse einer renommierten Firma oder Qualität allgemein bekannt, und deren Preise infolge einer Regelung durch die Fabrikanten allgemein gleich sind. Besonders geeignet erscheinen hierzu naturgemäß sogenannte »Etikettartikel«, d. h. solche, die durch das allgemein bekannte geschützte Warenzeichen einer berühmten Firma als Erzeugnisse derselben gekennzeichnet sind und daher, sofern sie nur die Zeichen tragen, nicht von andrer Seite kommen können. Ebenso klar läßt sich die Wohlfeilheit der Preise in einem Großdetailhandelsgeschäst auch an patentierten Artikeln dartun, da diese nur von einer einzigen Stelle herrühren können, also der Preisunterschied im Warenhaus und Spezialgeschäft sich nicht aus einer Qualitätsdifferenz erklären läßt. - Derartige Waren eignen sich eben aus den angegebenen Gründen vorzüglich als »Lockmittel« oder Reklameartikel. Die mir bekannt ge wordenen Unterbietungsfälle betreffen denn auch in der Hauptsache derartige »Spezialartikel«. Die bekannt werdenden Einzelheiten zeigen deutlich, wie einzelne Geschäfte sich wohl bewußt sind, daß sie auf direktem Wege die Waren ohne die weiter unten zu besprechenden Einschränkungsbedingungen nicht erhalten würden. So soll beispielsweise eine Berliner fingierte Doppelfirma gegründet worden sein, deren beide Inhaber sich dann als Angestellte eines Warenhauses entpuppten, und die die Erwerbung z. B. von Konserven für die bewußten Zwecke zur Aufgabe hatte 840'
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