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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 28.02.1906
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- 1906-02-28
- Erscheinungsdatum
- 28.02.1906
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2204 Nichtamtlicher Teil. 49, 28. Februar 1906. 31 Millionen nach Württemberg, Bayern, Österreich-Ungarn und Luxemburg, also meistenteils auch zum Porto von 5 H. Der Rest von 24 Millionen Stück aber waren Weltpostkarten zu 10 Wie hoch ist nun die Zahl der Ansichtskarten? Der Staats sekretär v. Kraetke schätzte sie in der Steuerkommission des Reichstags für das Reichspostgebiet auf etwa 500 Millionen, vermutlich auf Grund von hie und da gelegentlich angestellten Stichproben. Danach würden also auf 100 Postkarten schon etwa 45 Ansichtspostkarten kommen. Allein bei der Ver allgemeinerung solcher Stichproben ergeben sich oft große Unrichtigkeiten. So hatte Herr von Stephan auf Grund einer dreitägigen Ermittlung im Jahre 1891 festgestellt, daß unter den sogenannten Doppelbriefen 48 vom Hundert zwischen 15 und 20 Gramm wogen, und er berechnete danach den Einnahmeausfall einer Erhöhung des einfachen Briefgewichts auf 4—5 Millionen ^ jährlich. Herr von Podbielski fand nach wiederholten neuen Ermittlungen, daß der Prozentsatz nur etwa 30 ausmachte und die Minder einnahme nur 2V- Millionen ^ jährlich betrüge. In Wirk lichkeit trat eine Mehreinnahme von 12 Millionen ein. Es ist nicht allzu wahrscheinlich, daß nahezu jede zweite Postkarte im Verkehr eine Ansichtskarte ist. Insbesondere überschätzt man auch ungeheuer die Zahl der Reisenden und namentlich die der Ferien- und Vergnüguugsreisenden, die ihren Lieben oft mehrere Dutzend Karten schicken. In Preußen wurden 1904 allerdings 720 Millionen Fahrten oder »Reisen« auf den Staatsbahnen gemacht; aber sie waren im Durchschnitt nur 23 km lang. Bloß 440 000 Reisen kamen auf die Rundreisehefte, knapp drei Millionen auf Sonderzüge u. dgl. Über 200 km hinaus fahren nur etwa 2,7 v. H. aller Reisenden. Schon in den siebziger Jahren hat es Ansichtskarten ge geben. Ihre Benutzung wurde Ende der achtziger Jahre bei Reisen allgemein. In der Mitte der neunziger Jahre er reichte sie schon einen Höhepunkt. Die Ansichtskarten industrie, besonders die künstlerische, und die Sitte des Sammelns in Albums war damals besonders lebhaft. Wie sehr man gleichwohl die Zahl der Ansichtskartensendungen von Sommerreisenden überschätzt, zeigt eine amtliche Statistik der Reichspost aus dem Jahre 1895. Hier wird im Anhänge der Verkehr von 73 Sommerpostanstalten mitgeteilt, darunter 26 Postanstalten in Kur- und Bade orten, 15 Anstalten auf Bergspitzen und Aussichtspunkten, 22 auf Festplätzen oder Ausstellungen. Bei diesen 73 Post- austalten wurden im Sommer 1895 bloß 1 109 101 Post karten aufgegeben. Vom gesamten Postkartenversand der Reichspost — damals 403 Millionen — waren das aber bloß 0,25 v. H. Heute ist der Postkartenverkehr dreimal größer (1904: 1162 Millionen). Aber selbst eine Verdreifachung, eine Verfünffachung jener Zahl würde im Gesamtverkehr nur eine geringe Rolle spielen. 1895 wurden im Lauf des ganzen Sommers auf dem Brocken bloß 134 046 Post karten (ja im ganzen nur 137 617 Briefsendungen) auf gegeben; von der Schneekoppe gingen 80 760, von der Bastei (Sächs. Schweiz) 75 657, von der Wartburg 64 643, vom alten Schloß in Heidelberg 21 134, vom Kyffhäuser 20 741, vom Niederwald 15 365 Postkarten ab. Von Stubbenkammer wurden insgesamt nur 26 496 Briefsendungen, von der Berliner Kunstausstellung bloß 47 121, bei den Eröffnungs feierlichkeiten des Nordostseekanals vom Postamt »Kiel- Marineakademie« 50 429, vom Festplatz in Holtenau 16 264 Briefsendungen abgeschickt; die Zahl der darunter befindlichen Postkarten war natürlich kleiner, die der Ansichtspostkarten noch geringer. Die landläufigen Vorstellungen vom Ansichts kartenverkehr werden also durch die nüchternen Zahlen der Statistik keineswegs bestätigt. Auf dem 6. Deutschen Sänger- Bundesfest in Graz wurden bei dem Postamt auf dem Fest platze 250000 Ansichtskarten aufgegeben. Unter der Über schrift »Ansichtskarten-Hochflut« berichtete die »Deutsche Ver kehrszeitung« im Jahre 1902 (Nr. 33, S- 341) darüber. Aber das ist für ein großes Volksfest eigentlich gar nicht viel. Die deutsche Reichspost verkaufte 1904 insgesamt 136 Millionen 2 Pf.-Postkarten, 309 Millionen 5 Pf.-Postkarten und 5 Millionen 10 Pf.-Karten, zusammen also 450 Millionen Postkarten mit eingestempelter Marke, so daß von ihren 1162 im ganzen aufgegebenen Karten 712 Millionen (—62v. H.) nachbleiben, die mit aufgeklebter Marke fraukiert wurden und von der Privatindustrie hergestellt waren. Sollten wirklich 500 Millionen davon Ansichtskarten sein, wie die Reichspost verwaltung schätzt? Es ist kaum anzunehmen, einmal weil tausende und abertausende Geschäfte eigne Postkarten mit ihrer Firma, aber ohne Ansichten benutzen, sodann weil die Statistik offenbar zu hohe Verkehrszahlen angibt. 1904 ver kaufte die Reichspost im ganzen 3625 Millionen Stück Post wertzeichen (Marken und Karten). Die bei ihr aufgelieferten und zu frankierenden portopflichtigen Briefpostsendungen (3646,5 Millionen), Postanweisungen, Pvstaufträge, Pakete und Wertsendungen machten aber zusammen rund 4000 Mil lionen Stück aus, also 375 Millionen Sendungen mehr. Dabei ist doch bekannt, daß in recht zahlreichen Fällen auf eine Sendung zwei Marken oder mehr geklebt werden. Die Statistik dürfte also die Stückzahl der Sendungen mindestens um 500 Millionen oder um 15 v. H. zu hoch angeben. Dieses Mißverhältnis zwischen Marken und Sendungen zeigt sich alle Jahre wieder, so daß also nicht etwa der Vorrat von Marken aus dem Vorjahr zur Erklärung ins Feld ge führt werden kann. Auch bei den Ansichtskarten — angeb lich 500 Millionen — wäre die Stückzahl daher entsprechend kleiner (425 Millionen). Damit würde aber auch der Steuer ertrag sinken. In der Steuerkommission des Reichstags improvisierte neulich der Zentrumsabgeordnete Nacken, ein Kaufmann aus Eschweiler (Aachen), den Antrag, auf Ansichtskarten (Abbildungen) eine Steuer von 2 H pro Stück anzusetzen, durch besondre aufzuklebende Slempelmarken bei der Ab sendung zu entrichten oder vorher einzustempeln. Das ist bei 5 H-Karten ein Portozuschlag von 40 v. H., bei 2 H-Karten eine Verteuerung um 100 v. H. Merk würdig genug ist es, daß dieser Antrag in der Kommission bei der Rechten und bei den Nationalliberalen sogleich ein Echo fand und mit 14 gegen 12 Stimmen zum Beschluß erhoben wurde. Es ist jedoch kaum anzunehmen, das das Plenum dieser Besteuerung zustimmen wird, da selbst der Staats sekretär des Reichspostamts deutlich nachwies, wie bedenklich und unlohnend sie sei. Der Antragsteller steht in den An sichtskarten einen unnützen Luxus der wohlhabenden Be völkerung, besonders der Damenwelt, einen Eitelkeitssport der Vergnügungsreisenden, eine unglaubliche Belastung der Post und den Gegenstand eines abnorm hohen Gewinns für die Händler und Verkäufer, da eine künstlerische Karte nur ^/lo H koste und für 10 H verkauft werde. Das ist eine unhaltbare Auffassung! Die Ansichtskarte ist längst zu einem dankenswerten Mittel des Anschauungs unterrichts für die ganze Nation geworden, und wenn diese Anschauungen in künstlerischer Form vermittelt werden, so wird guter Geschmack und Kunstsinn gefördert. Wenn die Ansichtskarte zugleich die dichterische Begabung anregt und zu Versen begeistert, wenn sie die Familie daheim an den Eindrücken des Reisenden teilhaben läßt, so ist das ein Vorzug und kein steuerwürdiger Mißbrauch. Ja, es ist sogar mitunter ein vaterländisches Interesse, dem sie dient, so wenn sie dem Deutschen im fernen Osten das Niederwalddenkmal, oder dem Elsaß-Lothringer den Reichs-
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