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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 24.02.1923
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- 1923-02-24
- Erscheinungsdatum
- 24.02.1923
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Redaktioneller Teil. Xr 47, 24. Februar 1923. Propagandafragen. Schon als in Königsberg im Rahmen der Herdstragung des Verbandes der Kreis- und Ortsvereine die Frage gemeinsame, großzügiger buchhändlerischer Propaganda erörtert wurde, konn- len Zweifel auslauchen, ob das Thema im Augenblick besonders zeitgemäß und dringlich sei. Die Lage hat sich seitdem nicht wesentlich geändert. Noch begünstigt die unaufhaltsam weiter- gehende Geldentwertung trotz steigender Preise infolge der stim- mungsmätzigen Flucht vor der Papiermark zum Sachwert der Ware das Geschäft. Wenn auch zeitweilig der Absatz nachläßt, er erholt sich immer wieder. Das stille Weihnachtsgeschäft ist kein Beweis sllr das Gegenteil, waren die notwendigen Einkäufe des Publikums doch vielfach nur früher erfolgt. Solange Lohn- und Gehaltserhöhungen und sonstige gelegentliche Einkommensauf- besserungeu immer noch wieder für Ausfüllung der Kaufkraft sorgen, wird die Entwicklung auch so weiter gehen. Noch lähmt ferner, nach der andern Seite gesehen, die Erkenntnis, daß man jede Lagerergänzung im großen ganzen doch immer zu teureren Preisen vornehmen mutz, und die sich daraus ergebende notwen dige Rücksicht auf die Anspannung des keineswegs gleich rasch wachsenden Betriebskapitals die Freudigkeit und den Wagemut, größere Mittel an den Ausbau des Absatzes zu wenden und dafür besondere Anstrengungen zu machen. Es ist das Wort gefallen, daß man sich schon ohnehin tot verkaufen könne. Ist es auch falsch, so gibt es doch einer tatsächlichen Stimmung Ausdruck, die nicht übersehen werden darf. Hinzu kommt, daß di« immer weiter um sich greifende Teuerung in vieler Hinsicht größere Propa ganda-Unternehmungen ganz von selbst verbietet und daß die unvermeidlichen Kosten auch die schönsten Pläne vielfach schon im Keim ersticken. So hat ja auch gerade aus diesem Grunde die Herausgabe eines neuen Weihnachtsplakats seitens des Börsen vereins diesmal unterbleiben müssen. Ebenso dürste dies jetzt etwa für das Ostergeschäft schwerlich in Frage kommen. Eine Zeit, da die Not überall auf peinlichste Sparsamkeit zu sehen zwingt, ist natürlich geneigt, auch für Propagandazwecke nur die alierdringlichsten Aufwendungen zu machen und sich dabei an alterprobte, bewährte Wege zu halten, statt kostspielige neue Ver suche zu wagen. Die Zeit kann aber überraschend schnell da sein, daß die Pro- pagandasrage doch plötzlich sehr brennend wird. Soweit der bis herige Umsatz durch die Konjunktur beeinflußt ist, muß er ja aus- fallen oder sich vermindern, sobald sich die Konjunktur ändert. Wer heute etwa Bücher kaust, nur weil er darin eine wertbestän- oige Anlage sucht oder eine der Einkommensteuer gegenüber wün schenswerte Minderung seiner Papiergewinne anstrebt, wird es bleiben lassen, sobald diese Beweggründe in Fortfall gekommen sind. Wer sich vor Überraschungen bewahren will, wird deshalb gut tun, seinen Kundenkreis schon heute daraufhin zu beobachten und zu prüfen, wie weit dieser selbst »wertbeständig« ist. Ganz allgemein ist ein Versiegen der heute oft reichlich leichtfertigen Kauffreudigkeit breiter Kreise zu erwarten, sobald die Überzeu gung Boden gewinnt, daß die Preise einmal nicht mehr unauf haltsam beängstigend weiter in die Höhe gehen, daß man infolge dessen keine Eile mehr hat, rmr noch billig einzukaufen. Die Er fahrung lehrt, daß mit dem Einsetzen der Deflation auch das Sparen wieder beginnt, und daß man dann trotz der sinkenden Preise sich wieder vielmehr besinnt, ehe man das Geld ausgibt. Kommt diese Zeit, so wird man nicht mehr jedem verkauften Buch nachtrauern, weil man es sich nie wieder so billig beschaffen kann, man wird vielmehr nur noch die Angst kennen, nicht auf oem zu teuer eingekausten Lager sitzen zu bleiben. In diesem Augenblick werden auch die Propagandafragen ein anderes Ge sicht bekommen, und daraus sich rechtzeitig vorzubereiten, scheint dringend geboten. Auch wenn der Konjunkiurumschwung erfolgt, wird die Folge der allgemeinen Umwälzung unserer gesamten wirtschaft lich-sozialen Verhältnisse bestehen bleiben, daß früher in erster Linie, wenn nicht überhaupt ausschließlich für bas Buch in Frage kommende Käuferschichten völlig verarmt oder wenigstens bedenklich entkräftet sind, daß aber daneben ganz neue kaufkräftige Kreise emporgewachsen sind und noch immer 230 mehr wachsen, die nur zum Buch und zum alten Buch handel noch nicht das wünschenswerte innigere Verhältnis haben. Aus die Gewinnung dieser Kreis« und auf die Herstellung Dauer versprechender, ausbildungssähiger B-.'zic- Hungen zu ihnen wird es ankommen. Dabei ergibt sich von selbst, daß es bei solcher buchhändlerischen Propaganda im höheren, wahren Sinne nicht bloß um die Propagierung heute dieses, mor gen jenes einzelnen Buches oder auch ganzer Verlagsrichtungen gehen kann, sondern daß es sich hier um Volkserziehungssragen im weitesten Umfang handelt. Das erste wäre vergängliche Arbeit für den Tag berechnet. Es kommt aber auf Dauerwirkung, aus lange Sicht hin an. Leser im Sinne des technischen Könnens sind die neuen Schichten sämtlich. Das ist der Erfolg unserer allge meinen Schulpflicht. Sehr viele sind auch schon Leser nach Ge wohnheit und Bedürfnis. Hier ist namentlich die in Arbeiter kreisen von Partei wegen getriebene Bildungsarbeit gar nicht hoch genug anzuschlagen. Nachdem die Teuerung das große Zei tungssterben und selbst den überlebenden Blättern sehr starken Abonnentenschwund gebracht hat, dürste der Zug zum Buch und zur Flugschrift vielfach von selbst vorhanden seinl die Wasser brauchen nur ausgefangen zu werden. Dabei ist allerdings zu bedenken, daß im allgemeinen Wohl allzuviel Interesse für hoch wertige rein unterhaltende und lediglich ästhetisch fördernde Lek türe nicht wird vorausgesetzt werden dürfen. Nachdem aber zweifelsohne auch die Überfütterung mit einseitiger Parteilite ratur eine starke Müdigkeit und nicht unbeträchtlichen Überdruß hervorgerusen hat, darf man sicherlich gut« Aufnahmefähigkeit für populär belehrende und allgemein-bildend« Schriften erwar ten. Freilich wird dem Buchhandel, der ja auch nach Herkunft und Bildungsgang der Mehrzahl seiner Vertreter persönlich durch tausend Fäden mehr mit seinen früheren Hauptabnehmern, kaum aber noch mit den jetzt ausgestiegenen Schichten Verbindung hat. die Einstellung in dieser Richtung nicht immer ganz leicht sein und die rasche Gewinnung des nötigen Anschlusses nicht stets ohne weiteres gelingen. Um so sorgsäitiger ist das Gebiet zu studieren und zu bearbeiten. Von dieser Seit« betrachtet, ge winnt aber auch die Frage des Nachwuchses für den Buchhandel, vor allem auch die seiner Ausbildung erneut an Bedeutung. Ter Erfolg kommender Werbearbeit wird von ihrer Lösung oft wesent lich abhängen. Den Neureichen gegenüber, denen mühelos, manch mal Wohl auch skrupellos erzielte Riesengewinne mit einem Male ein verschwenderisches Wohlleben gestatten, ohne daß sie zugleich innerlich einen entsprechenden Aufstieg erleben, wird vermutlich jede aus Dauerwirkungen abzielende, im großen erzieherische Propaganda versagen, schon weil sie zu spät kommen dürste. Hier werden wohl immer nur gelegentliche und Teilerfolge möglich sein. Zu bedenken ist aber, daß man sich den Kindern dieser Leute gegenüber schon in einer wesentlich anderen Lage befindet. Das Werben um den künftigen, den Heranwachsenden Bücher- käuser verdient ganz besondere Beachtung. Mittel und Wege da für stehen in reichem Maße zur Verfügung, an Erfahrungen und Erfolgsnachweisen fehlt es nicht. Soweit es sich freilich um Kinder handelt, die über gar kein Taschengeld oder jedenfalls nur sehr bescheidenes verfügen, wird man nicht viel erreichen können. Es gibt aber eben auch solch«, denen ihre Eltern doch schon ganz beträchtliche Beträge anvertrauen. Wichtiger wird dann vor allem die selbst schon erwerbende, schulentlassene Jugend. Hier muß mit der Überzeugung dazu angefangen werden, daß Zigaretten und Schokolade, Alkohol und Tanz nicht die einzigen und nament lich nicht die edelsten Genüsse, geschweige denn etwa unentbehr liche Lebensbedürfnisse sind. Ist die Jugend durch die Schulzeit, wo ihr — wie übrigens auch später noch — das gute Buch nahe gebracht werden muß, ohne daß sie es unter allen Umständen stets gleich selber kaufen müßte, entsprechend vorbereitet, so kann der Erfolg einer im Anschluß daran zielbewutzt einsetzenden und mit der nötigen Ausdauer durchgesührten Werbearbeit nicht aus- bleiben. Die meisten Anregungen für großzügige, weitsichtige Propa ganda vermag im Augenblick immer noch der amerikanische Buch handel zu geben. Jahr für Jahr wird dort zielbewutzt und in größtem Stil, nach einheitlichem Plane gleichmäßig über das ganze Land gearbeitet lvgl. auch den Bericht über die vorsährige
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