Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 10.01.1877
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- Band
- 1877-01-10
- Erscheinungsdatum
- 10.01.1877
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- Deutsch
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- Zeitungen
- Saxonica
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96 Nichtamtlicher Theii. M 7, iv. Hanüar. grund, seine rettenden Blättchen aber liegen zerschmettert am Bo den, meistens nach nur kurzem Leben. Ist denn nun wirklich der Grund in der Indolenz, dem Zopf, dem Schlendrian des Buchhandels zu suchen, daß alle diese Unter nehmungen für seine Hebung ini Sande verlaufen? Nein, gewiß nicht; der einzige wirkliche Grund ist — der Ausspruch sei trotz aller Propheten und Reformer getrost gewagt —, daß einfach kein Bedürfniß zu einer derartigen Reform da ist! Einsender ist in der Lage, seine Behauptung, welche einen Schrei der Entrüstung Hervorrufen wird, aus der Praxis zu er härten und zwar von beiden Standpunkten aus, von dem des Sor timenters und dem des Verlegers. Als Sortimenter hat er sehr lang dieses so gefürchtete, schreck liche Zettclpacket gewissenhaft durchgcarbeitet und hat sich immer ganz Wohl dabei befunden. In einer Stunde war das dickste Packet überwältigt, die Circulare gelesen, Zettel ausgeschrieben, ausge schnitten, die Wahlzettel durchmustert, die Bestellungen ins Vcr- fchreibbuch getragen. Das Börsenblatt wurde pr. Post bezogen und jeden Tag in einer Viertelstunde gründlich gelesen, sogar die ge suchten und angebotcnen Bücher durchgegangcn und damit waren diese Opfer gebracht: jede Woche 1 Stunde, jeden Tag Z4 Stunde! Ein Kaufmann muß jeden Tag, oft zweimal am Tag, sei es die Course, sei es die Markt- und Auctionsberichte dnrchstndiren, wozu er gewiß mehr Zeit braucht, und doch findet er dies ganz selbstver ständlich, schreit nicht über Zopf, Ballast und Papicrkorbfutter! Einer der größten Feinde für den Buchhandel ist die Phrase, die Redensart, die Wohl in keinem andern Stande so wuchert. Da heißt cs stets im vollen Chor: „Der Buchhändler muß so unendlich viel lesen; schont seine Augen, schont seine Zeit! Er kann doch nicht mehr als 24 Stunden den Tag lesen re." Nun einmal die Hand aufs Herz, wieviel sind denn unter uns, die sich mit zuviel Lesen das Leben erschweren? Wer von uns hat nicht schon die traurige Erfahrung gemacht, daß er bei den wichtigsten Mittheilungen eine große, sehr große Anzahl seiner lieben College» weder zum Lesen, noch gar zum Schreiben bringen konnte! Aber dennoch, alle rufen sic frisch und fröhlich mit: „Verschont uns nur mit dem furchtbaren Lesen, rettet uns, wir können uns ja nicht mehr helfen!" Doch wir haben die Reformprojecte noch vom Standpunkt des Verlegers aus zu betrachten. Als Verleger hat Einsender ebenfalls in einer Praxis von mehreren Jahren seine Novitäten durch Circulare dem Sortimenter bekannt gemacht, welche er in 1000—1200 Exemplaren von einem Gehilfen sorgfältig an diejenigen Handlungen überschrciben ließ, bei denen Bedarf vorauszusetzen war. Außerdem wurde das Cir cular einmal im Börsenblatt abgedruckt und damit wurde stets ein zufriedenstellendes Resultat erzielt, trotzdem grundsätzlich kein Buch unverlangt pro uov. versandt wurde. Bei einigen Unternehmungen, welche ein Bekanntwerden in den weitesten Kreisen wünschenswerth machten, Ivurde der Naumburg'fche Wahlzettel zu Insertionen be nutzt, und damit fertig. Es wurde dabei niemals ein Bedürsniß nach andern praktischen Publicationsmitteln empfunden! Der einzig richtige Weg, den Geschäftsgang für Sortimenter und Verleger möglichst zu vereinfachen und die Ucbersicht über alle geschäftlichen Vorgänge zu erleichtern, dürste der sein, daß alle Mit glieder des Buchhandels ihre sämmtlichen Mittheilungen mit aus nahmsloser Cousequenz im Börsenblatt veröffentlichen. Das Börsenblatt ist nun einmal unser Centralorgan, cs ist eingebürgert und ist trotz aller Klagen und Wünsche so praktisch wie möglich eingerichtet ; etwaige Mängel können ja die Herren Reformer beseitigen! Es liegt dahernuram Buchhandel selbst, es immer mehr zum einzigen zuverlässigen Organ zu machen, in welchem man abso lut alles Nöthige findet. Ein großer Umschwung zum Bessern hat sich ja darin schon bemerkbar gemacht, daß sich die Anzeigen, welche den eigentlichen Buchhandel betreffen, immer mehr aus dem Naum- burg'schen Wahlzettel ins Börsenblatt zurückgezogen haben, imWahl- zettel oder in den Wahlzettcln das Feld dem Cvlportage-, Musika lien- und Kunstgeschäft überlassend, sowie den Wundern der Indu strie mit Portemonnaies, Nachtigallsederhaltern rc. Um auch den seuilletonistischen Theil des Börsenblattes in teressanter zu machen, sollen doch die Propheten ihre Stimmen darin erschallen lassen, wo sie es noch außerdem kostenfrei thun können und auch sicher sind, gelesen zu werden. Ihre Ideen würden dann mit Vergnügen genossen werden, sie selbst könnten ihre Mittel in lukra tiveren Unternehmungen anlegen, brauchten nicht auf die ziemlich zu geknöpften Taschen der Collegen zu speculiren, vermehrten dasZettel- packctnicht, müßtenaber allerdings aus den Rufeincs Reformators — für Verleger — für Sortimenter — für Antiquare — verzichten! X. Misrcllcn. Bibliographisches. — In den letzten Jahren hat sich bei Schriftstellern aus den: Soldatenstandc eine Unsitte immer mehr ein gebürgert, nämlich die, daß die Verfasser weder auf den Titeln noch unter der Vorrede ihre Vornamen nennen. Wohin das in späteren Zeiten, besonders mit Namen wie Wolf, Müller u. dgl. im Buch handel so gut wie in großen Bibliotheken führen muß, liegt ganz ans der Hand; Schriften von Autoren gewöhnlicher Namen werden einerseits, wenn mau im Heinsius, Kayser oder in alphabetischen Bibliothekskatalogen sie sucht, bei der Unmasse von darin vorkommen den Müllern und Wölfen, leicht übersehen, andererseits verursacht das Suchen nach ihnen jedesmal lästigen Zeitaufwand, und dürste es geboten sein, bei Zeiten, d. h. jetzt, wo die Regimentsgeschichten wie die Pilze aus der Erde schießen, diesem Unwesen zu steuern, um so mehr, als nicht einmal die Stamm- und Ranglisten jetzt es für nöthig erachten, die Vornamen der Offiziere anzugeben. Es ergeht daher hierdurch an die Herren Verleger die Bitte, die militärischen Verfasser — die Civilisten thun es ja glücklicherweise jetzt meistens — zur Aufführung ihrer Vornamen auf den Titeln der von ihnen herausgegebenen oder redigirten Werke zu veranlassen. 8. Zur Rubrik: „Angebotene Stellen". — Die vielen Stellengesuche im Börsenblatte zeigen, daß gegenwärtig eine große Anzahl von Gehilfen ohne Stelle sind, und daß, wie für alle Ge schäfte, so auch für den Buchhandel schwere Zeiten eingetreten sind. So Iheilte mir kürzlich eine Handlung Süddeutschlands infolge meines Gesuches als Curiosität mit, daß gerade 50 Offerten eingegangen seien rc. Ein großer Uebelstand für uns Gehilfen ist nun der, daß jetzt die meisten Prinzipale Offerten mit Photographie, sogar unter Chiffre erbitten. Warum aber immer mit Photographie? Wäre es Wohl nicht rathsanier, wenn nur solche Herren, deren Gesuche beson ders berücksichtigungswerth erscheinen, um Einsendung derselben er sucht würden? Abgesehen von Ersparung an Portokosten, kann doch ein Gehilfe nicht Dutzende von Visites-Photographien vorräthig halten, denn leider erfolgt in vielen Fällen die Rücksendung der selben nur gelegentlich via Leipzig, oder auch erst nach wiederholten Aufforderungen nach Wochen und Monaten; die unter Chiffren find vollends gar nicht wieder zu bekommen. Es bliebe daher uns Gehil fen nichts Anderes übrig, als statt der theuren VisiteS künftighin ^ Medaillon-Photographien zu verwenden. l>.
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