Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 29.01.1877
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- 1877-01-29
- Erscheinungsdatum
- 29.01.1877
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- Deutsch
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372 Nichtamtlicher Theil. 23, 29. Januar. solch schmähliches Treiben mit einer Strafbestimmung wenigstens vom ossencn Markt in seine verborgenen Schlupfwinkel zurückzu scheuchen. — So gut cs in den KK. 333. und 334. hat unter Strafe gestellt werden können, wenn ein Beamter oder ein Mitglied der bewaffneten Macht durch Bestechung zu einer Pflichtverletzung ver leitet wird, mit demselben Rechte könnte auch die Verleitung zur Ucbertretung von Vorschriften der inneren Disciplin mit Strafe bedroht werden. Wir verlassen diese Gattung, wohin noch „Hilfe bei Examinationsarbeiten", „Militärische Arbeiten werden gefertigt u. s. w." u. a. gehören, und wenden uns zur folgenden: III. Verlockung zur Unsittlichkeit. Dies ist die zahl reichste und mit die ekelhafteste Gattung. Unaufhörlich fällt der em pörte Blick aus „Hilfe und Rath in discrcte» Angelegenheiten", auf „Artikel", wobei es an mehr oder weniger deutlichenWinkendarüber, welche besondere Art davon gemeint ist, nicht fehlt, dann die unzäh ligen Anerbietungen zur Heilung gewisser Krankheiten und Schwä chen, Anpreisungen, die zum Theil in die erste Gattung gehören, dann die nichtswürdige Spekulation aus die Lüsternheit, „Interes sante Bücher und Photographien" u. s. w. Wahrlich, nian braucht nicht gerade Rigorist zu sein, um sich von dieser Sorte Industrie mit Entrüstung abzuwenden. Wir gehören sicher nicht zu Denen, die den ersten Stein aufheben gegen die Aermsten, die Fleisch und Blut in Schaden und Schande gebracht. Aber dieses öffentliche Aus- schrcien ist so frech, daß es empören, und so gefährlich, daß es in der That mit Besorgniß erfüllen muß. Hier ist ein ganzes Arsenal von Berführungsmitteln beisammen und in so wirksamer Gruppirung, eines dem andern in die Hände arbeitend, als hätte es ein böser Dämon zur baldigen Untergrabung der nationalen Sitte und Kraft listig ersonnen. Diesen Theil der Sache muß ich mir versagen hier näher aus- zusühren, obwohl gerade er es verdient, mit besonders scharser und in echteste Gallussäure getauchter Feder bearbeitet zu werde». Und diese Pfiffe und Kniffe lassen wir uns wöchentlich und täglich vor die Augen führen und auf die Phantasie unserer Heranwachsenden Knaben und Mädchen wirken? Dazu geben die gcachtetsten Zeitun gen und Journale ihre vertrauenerweckende Firma her? In: Vergleich mit dem Bisherigen sehen die letzten beiden Gattungen höchst harmlos aus: IV. Einfache Gemeinheiten. Zu diesen rechnen wir das Anerbieten zur Vermittelung reicher Heirathen, „die Kunst, die Nei gung des weiblichen Geschlechts zu gewinnen", Prophezeiungen, Wahrsagerkarten u. dgl. grober Humbug mehr. Eben zu diesen un anständigen Marktschrciereien gehört es, wenn wirkliche promovirte Acrztc in prahlerischer Weise öffentlich ihre Dienste anbicten, oder Anerbietungen wissenschaftlicher Hilse bei Waarenversälschung, wie „Chemische Industrie und Weinvercdlung". Endlich V. Die einfache Marktschreierei, wie sie im Manusactur- und Modenwaarengcschäft mit so vielem Auswandc von Papier und Schwärze und in bisweilen hinreißender unfreiwilliger Komik ge übt wird. Wir berühren hier nur noch kurz, weil sie so aus der Hand liegen, die schädlichen Folgen des Annoncenschwindels und die Mit tel, die zur Zurückdrängung desselben sichren könnten. Die ersteren haben wir bei den schreiendsten Fällen bereits hervorgehoben. Hier möchte ich nur noch darauf aufmerksam machen, daß auch schon die einfache Marktschreierei äußerst nachtheitig wirkt, indem sie: l) die Reellität und Solidität des Geschäfts untergräbt, 2) zum Wetteifer in der Marktschreierei und zu gegenseitiger Steigerung führt, 3) den Werth und die Bedeutung der wirklich ernst gemeinten reellen An zeige hcrabsctzt und so den reellen Geschäftsmann zu gleicher Prah lerei verführt, weil er nicht hinter den Concurrenten Zurückbleiben will, 4) weil sie unmerklich in de» Betrugsschwindel übergeht, indem im wechselseitigen Ucberbieten schließlich Dinge versprochen werden müssen, die nicht mehr geleistet werden können, 5) die Ueberhand- nahme des Jnseratenwesens das Geschäft mit unnöthigen Spesen belastet, und K) durch die ungeheure Vervielfältigung der bedruckten Maculatur Papier und Druck für wissenschaftliche, politische, lite rarische Bücher, Zeitschriften und für nothwendigc Drucksachen jeder Art verthcucrt. Diesen letzteren Umstand sollten doch die Herren Verleger wohl im Auge behalten und bedenken, daß sie sich mit der übermäßigen Ausbeutung des Jnseratenwesens ins eigene Fleisch schneiden, dürste doch gerade in diesem die Hauptquelle des die Setzer verwöhnenden sogen. Specktarifs zu suchen sein. Die Sache aber ist überhaupt ernst genug. Schon sind Satz, Druck und Papier in einer Weise vertheuert worden, daß alle unsere wissenschaftlichen und mit sehr wenigen Ausnahmen säst alle unsere übrigen Zeit schristen Noth leiden, daß ein Buch nur dann noch einen Verleger findet, wenn durch Berühmtheit des Autors oder andere Umstände ihm ein großer Absatz von Hause aus gesichert ist. Der gemeine und unsittliche Annoncenschwindel übt neben den genannten noch die schlimme Wirkung aus, daß das feinere Gefühl, der Sinn für Anstand, Tact und Zartgefühl in weiten Kreisen des Volkes abgestumpft und zerstört wird; daß vollends der straswür- dige und der strafbare Schwindel diese Wirkung noch in erhöhtem Maße ausüben und daneben den Sinn sür Recht und Gesetzlichkeit untergraben und abnutzen und so in hohem Grade demoralisirend wirken, liegt aus der Hand. Mit Recht müssen die weniger gebilde ten Volksschichten, d. i. der bei weitem größte Theil des Volkes, dasjenige, was alle Tage in den angesehensten Zeitschriften ange priesen und ausgeschrieen werden darf, sür erlaubt und nicht unan ständig halten, und unwillkürlich müssen sich daran Analogieschlüsse anreihen: wenn das erlaubt und anständig ist, waruni dann das und das nicht auch? Kurzum, eine gefährliche Gistquelle ergießt sich täglich und wöchentlich durch unsere öffentlichen Blätter in alle Kreise und Schichten des Volkes. Wie aber ist dem abzuhelfen? Eine Beschränkung der Preß freiheit wäre eine Arzenei, die so schlimm wäre als das Uebel. Aber es gibt auch noch andere weniger verzweifelte Mittel. 1) Der straf bare Schwindel, d. h. die Ankündigung verbotener Dinge und die offenbar betrügerische Annonce könnten durch strengere Hand habung der Justiz und Polizei, wo nicht ganz unterdrückt, so doch sehr wesentlich eingeschränkt werden. Das, sowie die Frage, in wel cher Weise 2) etwa durch neue oder geschärftere Strafbestimmungen die Ankündigungen von Hilse bei Erschleichung von Doctordiplomen, Staatsprüfungen, die Anlockungen zu verbotenem Schuldenmachen u. dgl. bekämpft werden könnten, wollen wir der ernsten Erwägung der Herren Juristen und Criminalpolitiker überlassen, nur möchten wir ersteren ein etwas Ihatkräftigeres Einschreiten wünschen, damit es ihnen nicht so ähnlich ergehe wie mit dem Gründungsfchwindel, wo der Brunnen zugedeckt wurde, nachdem das Kind hinein- gesallen war. Worauf wir aber am meisten Gewicht legen, ist 3) dieSelbst- hilse des Publikums, wenigstens aller anständigen, wohl meinenden und einsichtigen Leute, und 4) die Selbsthilfe und Selbstcensur aller anständigen Zeitungen und Journale ohne Unterschied der Tendenz und Parteistellung. Diese beiden Punkte sind es vornehmlich, aus die wir mit unserer Darstellung einzuwirkcn wünschten. Wenn alle wohlmeinenden, einsichtigen und anständigen Leute, Hoch und Gering, aus ollen Ständen und Be- rnssclassen, gegen dieses wuchernde Unkraut mit der ganzen Energie des Unwillens, den cs verdient, sich erheben und sich die Bekäm pfung desselben, jeder in seinem Kreise, durch Belehrung, Aus klärung und Ermahnung zur Pflicht machen: so muß doch die Ein
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