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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 26.02.1877
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1877-02-26
- Erscheinungsdatum
- 26.02.1877
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- Deutsch
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an Autorität und auch de» Grund verloren hätte, Stephanus wei ter zu verfolgen. Dagegen mußte dieser schon wegen seiner ganzen lünstigen Thätigkcit daraus dringen, die Angabe sämmtlicher Stellen seinen Feinden herauszupressen, und man wird es ihm nicht als Eigensinn anslegen können, wenn er auch dem König gegenüber immer an diesem Verlangen festhielt. War die Sache zu seinen Gunsten entschieden, so konnte er unendlich freier seinem leiden- schastlichen Drange nachgehcn, Bibelausgaben zu veranstalten, und selbst den Theologen Zugeständnisse machen. So lange aber alles in der Schwebe blieb, waren alle Zugeständnisse vergeblich, wie der weitere Verlaus der Angelegenheit deutlich zeigt. Die Theologen versuchten, nachdem ihr letzter Plan, die obambrs urcksnl« zu Hilse zu nehmen, gescheitert war, durch den Beichtvater des Königs, Guian- court, auf den König einzuwirken. Wirklich gelang es, dem König nach seiner Rückkehr von Turin ein Schreiben abzulocken, worin der Veckaus der Bibel verboten wurde, freilich abermals unter der Be dingung,daß die noch rückständigen ketzerischen Stellen namhaft gemacht würden. Wenn diese Bedingung den Wünschen der Sorbonne auch nicht entsprach, so konnte der übrige Inhalt des Schreibens doch dazu benutzt werden, Robert Stephanus gefügiger zu machen. Dieser hatte aber bereits Kenntniß von dem Inhalt des Schreibens bekommen. Gurancourt zog den Bischof von Senalis noch hinzu, um ans Stephanus einzuwirken und ihm beizubringen, daß er selbst bei der Sache nichts gewinnen könne, und daß es das Gescheidteste für ihn sein würde, Frieden zu machen. Robert Stephanus sagte endlich zu. Ob er dabei auf sein Verlangen, daß Jene die übrigen Stellen der Bibel noch namhaft machten, ausdrücklich verzichtet hat, bleibt ungewiß. Wahrscheinlich wollte er, ehe er sichere Garantien gegen neue Ränke hatte, diese Waffe nicht prcisgeben. Die Verstän digung zerschlug sich auch bald wieder, da beide Theile schon zu viel Haß und Mißtrauen gegen einander eingesogen hatten. So blieb denn Stephanus nichts anderes übrig, als Frankreich zu verlassen und einen anderen Ort anszusuchen, wo er in Sicherheit sein Streben weiter verfolgen konnte. Wohl besaß Stephanns einen Schutzbricf des Königs, der jede gerichtliche Procedur gegen ihn auf Grund der von ihm gedruckten Anmerkungen zur Bibel, Jnhaltstafeln, Psalmen und Neuen Testa mente, sowie anderer von ihm gedruckter Bücher untersagte und verbot, ihn irgendwie zu beunruhigen oder zu belästigen, aber er traute demselben doch nicht recht. „Wohl durste ich ans de» Schutz des Königs hoffen", schreibt er in der erwähnten Vertheidigungs- schrist, „aber ich hatte es mit giftigen Thieren zu thun und mußte es für das Beste halten, ihrer hartnäckigen Bosheit auszuweichen. Sie konnten den König nach Belieben betrügen und ungestraft seiner Befehle spotten, sie konnten die Ohren der Prinzen mit falschen Be richten füllen, und straflos anzetteln, was ihnen beliebte, und das Ende war nicht abzuschen. Und wenn cs Vernunft und Gründe vom Himmel regnet, so kriechen sie darunter weg und gehen um so hartnäckiger ans ihr Ziel los. Sie sind wie eine Hydra, der man einen Kopf abschlägt, um sieben neue wachsen zu sehen." So blieb Stephanns nichts anderes übrig, als zu gehen. Wie schon erwähnt, ersah er sich Genf, wo er hoffen konnte, die Aufgabe seines Lebens zu erfüllen. Daselbst gründete er auch eine Druckerei, ans welcher besonders neue Ausgaben der Bibel, neue Auflagen früherer Verlagswerke, Lexika und Grammatiken, sowie die er wähnte Berthcidigungsschrist hervorgingen. Doch zu der Höhe, die er in Paris erlangt hatte, vermochte er sich nicht wieder hinauszu- schwingcn. Lange war ihm auch nicht beschielten, in Gens zu bleiben, denn schon nach siebenjährigem Aufenthalte daselbst ereilte ihn der Tod; er starb am 7. September 1559, erst 56 Jahre alt. Längst steht die wissenschaftliche Bedeutung des Mannes fest, der als Humanist so Großes zur Wiederbelebung der elastischen ! Studien geleistet; danken müssen wir aber dem Verfasser, daß er uns denselben auch als leuchtenden Charakter in den Widerwärtigkeiten des Lebens gezeigt hat. Misccllen. In der zweiten Hülste des folgenden Monats wird im Verlage von Hrn. Georg Stilke in Berlin ein neues periodisches Unter nehmen erscheinen, welches den Titel führt: „Nord und Süd", eine deutsche Monatsschrift, und von Paul Lindau heraus- gegeben wird. Der Inhalt dieser Zeitschrift wird bestehen aus: No vellen und Erzählungen, wissenschaftlichen Aussätzen, Essais aus den verschiedenen Gebieten der Literatur und Kunst, Charakteristiken, Skizzen re. Die Kritik, welche unmittelbar an ein schriftstellerisches oder künstlerisches Ereigniß des Tages anknüpst, und die Behandlung aller solcher Frage», die nur ein vorübergehendes Interesse haben, sind ausgeschlossen. Der eigenartige Charakter der neuen Monats schrift „Nord und Süd", welche mit keinem bestehenden Unternehmen inConcurrcnz zu treten beabsichtigt und, wie schon der Titel sagt, ein paritätisches und gcmeinschastliches Zusammenwirken aller geistigen Kräfte unseres Vaterlandes ohne politische Begrenzung anzustreben sucht, wird sich am besten ans dem Inhalt der ersten Hefte erkennen lassen, zu welchen lediglich die hervorragendsten unter den deutschen Dichter» und Gelehrten Beiträge geliefert haben. Jedem Heft, das 8 Bogen (Groß-Lexikon-Octav) stark sein wird, soll das Portrait eines Mitarbeiters oder eine Skizze von der Hand eines hervorra genden Künstlers bcigegeben werden. Der Abonnemcntspreis wird 5 Mark pro Quartal betragen. Personalnachrichtcn. Hugo Graf ff. — „Heute noch auf stolzen Rossen, morgen durch die Brust geschossen" — wie in der Schlacht, so am Schreib- pulie schneidet die Parze manchen Lebenssaden unvermuthet ab. Was sind die besten Bürgschaften der Lebenssicherheit, kräftigstes Alter, ein sorgenfreies, glückliches Familienleben auf einer der traulichsten Stätten unserer lieben deutschen Heimath? Nichts. Plötzlich, jeglicher Voraussicht spottend, bläst ein Lustzug auch die scheinbar vollkommen sichere Lebcnsflamme aus. Wahrhaftig, eine Trauerkunde tvie die über Graf's plötzlichen Tod ist im Stande, das berechtigtste Sicherheitsgesühl über die Dauer des eigenen Seins z» erschüttern. — Weil ich ihn kannte, weil er mir herzlich lieb war, drängt es mich, ein kleines Bild des Verstorbenen zu zeichnen, ihm ein letztes Zeugniß meiner Achtung zu zollen. Im Jahre 1857 stellte sich mir ein freundlicher junger Mann als Hugo Graf vor. Der junge Mann gefiel mir in allem aus den ersten Blick, ich engagirte ihn für den ersten Posten in meiner Sortimentsbuchhandlung, und der gewöhnlich entscheidende erste Eindruck hat mich in der That auch hier nicht getäuscht. Seitdem ist Herr Graf über 7 Jahre lang, bis er nach Cannstatt abging, um die Boshenyer'schc Buchhandlung daselbst zu übernehmen, mir treu zur Seite gestanden, immer derselbe, geradezu musterhaft in allem, wie in der Arbeit und im Geschäftsverkehr, so im Privatleben. Wer ihn sah, gewann ihn lieb. Alle rühmten seine unveränderlich gleiche Zuvorkommenheit gegen Jedermann; seine Accuratesse und Sicher heit gewannen ihm das allgemeine Vertrauen. Und schnell waren 7 Jahre vergangen. Ich habe Herrn Gras seitdem nicht mehr gesehen, gehört aber habe ich öfter von ihm und mich des sichtlichen Ge deihens seines Geschäftes und seines wachsenden Wohlstandes ge freut. — Nun ist er nicht mehr. Der deutsche Buchhandel aber ver lor in dem wackern Manne eines seiner achtbarsten Glieder. So unermüdlich thätig, so treu und ehrlich, wie Graf es war, zu sein, wird inimer rühmlich bleiben, Denen, die ihm nacheifern, immer Segen bringen. Ehre seinem Andenken! Tesche», 15. Februar 1877. Karl Prochaska.
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