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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 20.01.1898
- Strukturtyp
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- 1898-01-20
- Erscheinungsdatum
- 20.01.1898
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- Deutsch
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15, 20. Januar 1898. Nichtamtlicher Teil. 523 Schiedsgerichte den Klassenhatz verschärfen sollen, wie von gegnerischer Seite behauptet wird, ist mir nicht erfindlich. Die Schilderungen der gegnerischen Anwälte vor dem Amts gericht rc. tragen doch wahrlich nicht zu gegenseitiger Liebe bei! Ich glaube vielmehr, daß sich die Verstötze gegen das Gesetz vermindern würden, weil die Bestrafung erleichtert würde. — Punkt 5. Die so häufig dem Volksempfinden nicht entsprechenden richterlichen Entscheidungen haben fast allgemein den Glauben erweckt, datz zumeist derjenige Recht erhielte, der den geschicktesten Anwalt besitze, einen Anwalt, der mit juristischem Scharfsinn den Vorteil seines Klienten wahrzu nehmen wisse. Nun ist ein guter Anwalt einerseits teuer, anderseits meist so mit Arbeit überhäuft, datz er sich mit dem einzelnen Falle kaum genügend beschäftigen kann. Naturgemäß werden daher auch die weniger interessanten, und vielleicht auch die weniger einträglichen Sachen mehr in den Hintergrund treten, wie es bei Handelssachen wohl die Regel sein dürfte Es tritt dann der unter 6 er wähnte Punkt ein, die Stellvertretung Ich habe persönlich einen darauf bezüglichen Fall erlebt, der typisch sein dürfte und den ich nicht unerwähnt lassen möchte. Im Ein verständnis mit meinem Chef hatte ich gegen einen Liefe ranten zwei Klagen angestrengt und mich dieserhalb mit einem der angesehensten Rechtsanwälte in Verbindung gesetzt, der auch mit mir der Ansicht war, datz der Erfolg zweifellos sei. Meine Aussagen ließ er durch einen Referendar selb ständig protokollieren. Am Verhandlungstage erschien an Stelle meines bestellten Anwalts dessen mir völlig unbe kannter Sozius, der sich zehn Minuten vor der Verhandlung noch näher bei mir zu informieren suchte und rnir zu meinem Erstaunen eröffnete, daß er die erste Klagesache für völlig aussichtslos halte. Trotzdem übernahm er die Vertretung, und das Ergebnis war das von ihm vorhergesagte. Dagegen erhielt ich in der zweiten Klage, wo der gegnerische Anwalt durch einen Referendar vertreten war. Recht, trotzdem das zweite Vergehen nicht ohne das erste denkbar war. Nun will ich gar nicht daraus folgern, daß die eigentlich bestellten Anwälte unter allen Umständen eine andere Entscheidung herbeigeführt hätten; aber es ist doch mindestens sonderbar, wenn man sich vertrauensvoll an einen Anwalt wendet, diesen eingehend über alles informiert und sich schließlich im Termin einem unbekannten Dritten gegenüber sieht, der ganz gegen teiliger Ansicht ist und den betreffenden Fall eigentlich doch nur aus eiliger Einsicht in die Akten kennt Wenn einem da das nötige Zutrauen fehlt, so ist dies wohl erklärlich. Nimmt man aber gar keinen Anwalt, so riskiert man, wegen Mangels an Routine vom gegnerischen Anwalt auf den Sand gesetzt zu werden. Bei den Schiedsgerichten sind aber über haupt keine Anwälte zugelassen. Nachdem ich nun die Gründe aufgeführt habe, die mich von der Notwendigkeit der Errichtung kaufmännischer Schieds gerichte überzeugt haben, will ich es versuchen die von geg nerischer Seite erhobenen Einwände zu widerlegen. Datz die Juristen, und ganz speziell die Anwälte, diesen Be strebungen nicht besonders geneigt sind, ist ja erklärlich und menschlich durchaus verständlich Die gewerblichen Streitig keiten sind bereits ihrer Jurisdiktion entzogen worden und jetzt sollen noch die kaufmännischen zum Teil Nachfolgen —, da hört eben ein weiterer nicht unbedeutender Teil ihrer Be- thätigung auf. Da sind zuerst die juristisch beratenen Handelskammern, von denen sich 22 gegen die Notwendigkeit (nicht etwa gegen die Zweckmäßigkeit!), 7 dafür (hierunter Danzig und Frank furt a. M.) und 5 wohlwollend darüber aussprachen. Die Handelskammern haben nun eine Unsumme von anderen, wichtigeren Angelegenheiten zu erledigen, so datz die Funk tionen der Rechtsprechung ganz in den Hintergrund treten, ja überhaupt den wenigsten Leuten bekannt sein mögen. Sie setzen sich aus den angesehensten Firmeninhabery zusammen und haben auch meist nur mit angesehenen und bedeutenden Firmen Verbindung, bei denen Streitfälle notorisch zu den Seltenheiten gehören. Der Gehilfenschaft stehen sie vollstän dig fern, wie dies auch von Gegnern anerkannt wird, und es können daher auch ihre Ansichten in dieser Beziehung nicht ausschlaggebend sein. Zudem wird das neue Bürgerliche Gesetzbuch nach Ansicht von Juristen die Streitfälle voraus sichtlich noch vermehren, so datz die Notwendigkeit erst recht vor Augen treten sollte, wie ja z. B. auch die juristische Kommission des Reichsjustizamts sich für die Einrichtung kaufmännischer Schiedsgerichte ausgesprochen hat. Herr vr. Haase in Berlin dagegen sagt: Sondergerichte bedeuten einen Rückschritt in der Kulturentwicklung. Jeder Bürger soll demselben Richter unterstehen. Gleiches Recht für alle! Und Sondergerichte seien nur da zuzulassen, wo fachmännische Vorbildung nötig sei, die dem lediglich juristi schen Richter abgehe, was bei Handelssachen nicht der Fall sei Da könne jeder kommen und eignen Gerichtsstand fordern, z B. der Schreiber seinem Rechtsanwalt gegenüber u. s. w. — Erstens dürfte der Handelsstand und speziell der Buch handel doch anderer Meinung sein, als datz für seine Streit fälle keine Fachbildung in Frage käme.*) Es würden jeden falls ganz andere Urteile gefällt werden, wenn die Richter mehr im praktischen Leben ständen und auch den ge richtlichen Sachverständigen mehr Einfluß auf ihre Ent scheidungen einräumten Zwar greifen schon die Schöffen gerichte mildernd ein, wenn sie zufällig so zusammengesetzt sind, datz die einzelnen Schöffen auch einen so selbständigen Charakter besitzen, um ihre persönliche Ansicht dem Richter gegenüber zur Geltung bringen und in der Verhand lung auch selbst Fragen zur Aufklärung an die Parteien richten zu können. Da jedoch die Wahl durchs Los erfolgt, so ist keine Garantie dafür geboten, und die Parteien kommen in der Regel überhaupt nicht viel zu Worte, weil keine Zeit dazu vorhanden ist. Was nun das »gleiche Recht für alle« anbetrifft, so wüßte ich wirklich nicht, inwiefern dies durch die Schieds gerichte beeinträchtigt werden soll. Das Gesetz mit seinen Strafen bleibt dasselbe, und es kann somit von einer Sondergesetzgebung, wie sie z. B im Verhältnis zwischen preußischer und bayerischer Militär-Gerichtsbarkeit besteht, nicht' die Rede sein. Da wir nun einmal ein besonderes Handels gesetz haben, so ist die Forderung eines dafür speziell zu sammengesetzten Richterkollegiums nach dem Muster der Ge werbe-Schiedsgerichte doch keine so ungeheuerliche Forderung, die zu solchen Folgerungen Veranlassung giebt, wie sie Herr ». Haase in Bezug auf andere Stände vorgebracht hat. Der Einwurf, datz sich die Handhabung in kleineren Städten schwieriger gestalten würde, weil jeder den andern genau kennt, ist nach meiner Ansicht gar nicht am Platze. Denn ebenso, wie nicht jede kleinere Stadt ihr Amtsgericht und ihre Handelskammer hat, braucht sie ja auch nicht ihr besonderes Schiedsgericht zu haben, sondern es können ihre Streitsachen in der nächsten größeren Stadt entschieden werden. Datz die. Wahl der Beisitzer nicht durchs Los wie bei den Schöffengerichten oder in der Weise, wie Reichstags abgeordnete gewählt werden, geschehen kann, ist selbstverständ lich. Ich denke mir vielmehr die Sache so wie bei der Börsen- vereins-Vorstandswahl. Bei den Gehilfen müßten die Vereine *) Für den Fall, datz kaufmännische Schiedsgerichte errichtet werden, hat z. B. der Vorsitzende des Vereins der Buchhändler zu Leipzig spezielle buchhändlerische Schiedsgerichte befürwortet. In den gröheren Städten würde sich dies auch ohne weiteres leicht bewirken lassen. 70*
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