Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 16.02.1876
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- 1876-02-16
- Erscheinungsdatum
- 16.02.1876
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570 Nichtamtlicher Theil. 38, 16. Februar. ihren Autoren nicht nur vom Verlangen nach Gewinn, sondern vom > Bewußtsein ihrer hohen Berufes zugleich geleitet wurden. Das buchhändlerische Leben ist ost rauh, stets voll Mühe und Arbeit und in den meisten Fällen nur mit langsamem, der Anstren gung wenig entsprechendem Gewinn verbunden. Die Rennbahn des vorwärts hastenden Glücksjägers kann nie aus die Dauer der Schauplatz einer buchhändlcrischen Thätigkeit sein, ohne daß der Reiter bald erfährt, daß sein Roß solchem Rennen nicht gewachsen ist. Da dies so ist, sollen wir uns um so weniger jenes Bewußtsein rauben lassen, das jene alten Verleger beseelte: daß wir nicht nur für den Augenblick und seinen Ertrag arbeiten, sondern daß wir Glie der eines Ganzen sind, das als Culturfactor mit vornan schreitet und von dessen Segnungen wir, sobald wir unsre Pflicht gethan, uns als Miturheber betrachten dürfen. So wird die Beschäftigung mit der Geschichte unseres Standes, die uns solche Lehren gibt, uns zur Wohlthat, und mit Freuden begrüßen wir darum jeden Beitrag zu derselben und sind Dem dankbar, der einen jener Tüchtigen aus der Halbvergesscnheit wieder ans Tageslicht fördert und uns menschlich näher bringt. Als ein solcher aber tritt uns die Person Johann Christian Dieterich's in Göttingen, dessen Name allerdings so schon einen guten Klang hat und dessen Buchhandlung noch heute in Ehren be steht, mit individueller Lebendigkeit aus einem kürzlich veröffentlich ten Briefwechsel entgegen. Es sind die „Briese von und an Gottfried August Bürger, ein Beitrag zur Literaturgeschichte seiner Zeit", die Adolf Strodtmann aus dem Nachlasse Bürger's und anderen, meist handschriftlichen Quellen herausgcgeben (Berlin 1874, Gebr. Paetel). Wir verdanken Strodtmann bereits eine sehr anziehende Charakteristik des Verlegers von Heinrich Heine, des Ham burger Campe, die in seiner Biographie dieses Dichters enthalten ist (abgedruckt im Börsenbl. 1874, Nr. 114), und sind ihm aufs neue für die treffliche, mühevolle Ausgabe des Biirger'schen Briefwechsels zu Danke verbunden, nicht nur als Literaturfreunde, sondern auch als Buchhändler speciell. Denn nicht nur wird durch sie das von Zelo ten arg entstellte Bild des Sängers der Leonore, wie es leider vielfach in der Literaturgeschichte figurirt, wieder hergestcllt in un getrübter Wahrheit, sondern er eröffnet uns auch nebenbei einen so anschaulichen Einblick in den Verkehr des genialen Dichters mit seinem Verleger, wie wir es uns kaum besser wünschen könnten. Es ist bekannt, daß Strodtmann an einer eingehenden Biographie des Dichters arbeitet aus Grund dieser Briese und können wir von dieser „Rettung" nur das Beste erwarten. Mir sei in unserm Interesse vergönnt, aus dem reichen Material das uns ganz speciell Jnteressi- rende, das den Verkehr zwischen Dieterich und Bürger Betreffende herauszulöscu. Es ist dies keine müßige und leichte Arbeit und hoffe ich, die meisten meiner Leser werden es mir Dank wissen, wenn ich ihnen erspare, die 4 Bände, welche auf ca. 1500 Seiten 900 Briefe enthalten, selbst durchzustudiren und dies Bergmannswerk zu voll ziehen: einfach weil sie keine Zeit dazu finden würden. Daß die Lectüre dieses Briefwechsels je langweilig würde, soll damit nicht gesagt sein. Im Gegentheil, er ist anregend, fesselnd fast aus jeder Seite, dramatischer Pulsjchlag belebt die Zeilen. Und wie der breite Weg der Landstraße zwar bequemer, ein Umweg aber, der iiber Thäler und Höhen, an wilden Felsgruppen und lieblichen Wicsengründen, munteren Bächen und brausenden Wasserstürzen hinführt, unendlich lohnender und anziehender ist, so verhält sich der Pilgergang durch solchen Briefwechsel zu der brcitgetretenen Heerstraße der historischen Darstellung. Dann ist cs ein eigener Reiz, die verschiedenen Correspondenzen scheinbar ziel- und planlos in Bezug aus das Ganze in bunter Reihe an uns vorüberzichen zu sehen und dennoch am Schluß ein vollständiger harmonisches Ge mälde vor uns zu habe», gleich wie sich am Webstnhl die bunten Fäden, die hin und her huschen, schließlich zu einem wohlgeordneten Ganzen zusammensügen. Auch das, was der Briefwechsel aus unser Thema Bezügliches enthält, erscheint, wie es der Zufall uns erhalten hat, bunt und kraus; dennoch glaube ich den Versuch wagen zu dürfen, aus den vielerlei Notizen undErwähnungcn, die, aus Dieterich Bezug habend, in den vier Bänden zerstreut sind, den 34 Briefen Bürger's an Dieterich und den 2 Briefen von diesem selbst an den Dichter, welche uns leider nur erhalten, ein leidlich anschauliches Bild ihres gegenseitigen Verhältnisses zusammenzustellen. Einige wenige dieser Briefe waren bereits mit anderen früher, theils im 2. Bande von Hoffmanu's von Fallersleben Findlingen, theils im Juniheft von Westermann's Monatsheften 1872, veröffentlicht worden, ohne jedoch im entferntesten uns von dem Vortheil sein zu können, wie jetzt das gesammte von Strodtmann geordnete Material. Unser Stoff gruppirt sich innerlich wie äußerlich in drei Perio den, er erstreckt sich über die ganze Dauer des veröffentlichten Brief wechsels, von Anfang der siebziger Jahre des vorigen Jahrhunderts bis 1794, Bürger's Todesjahr. Da sich die drei Perioden an bedeutsame Wandlungen in Bürger's Leben anschmiegen, will ich ihre Markirung dem Gang der Darstellung überlassen. Bürger hatte sich 1768 von Halle, wo er in Gemeinschaft mit dem durch Lessing's Briefe zu trauriger Berühmtheit gelangten, begabten Philologen Klotz ein flottes Leben geführt, statt Theolo gie zu studiren, nach Göttingen gewandt und einem etwas ernsteren juristischen Studium ergeben. Die Göttinger Studienjahre waren für Bürger entscheidend, denn in ihnen entpuppte sich aus dem jun gen Wüstling jener Feuergeist, der ihn schnell zum berühmten Dich ter machte, zu einem Lyriker von einer unmittelbaren Lebendigkeit und unwiderstehlich hinreißender Frische der Darstellung und des Ausdrucks, wie ihn Deutschland nie zuvor gehört. Mittellos, aus gegeben von den Seinen, trägt ihn die Lebenslust und sinnliche Frische seiner Natur über die Leiden, Kläglichkeiten und Entbehrun gen feines jungen Lebens hinweg, gestützt und gehalten von Freun den wie Gleim und Boie, dem Vater des Göttinger Hainbundes. Mit Hilfe des Letzteren erhält er auch im Jahre 1772 die Amt- mannsstclle in Altengleichen (Gelliehausen). Es ist dasselbe Jahr, das wir als Anfangspunkt seines Verhältnisses zu Dieterich ansehen müssen, da wir keinen Anhalt haben, ob dasselbe schon in Bürger's GöttingerJahrcn einen oberflächlichen Anfang genommen. Daß dies im höchsten Falle nur sehr oberflächlich gewesen sein kann, erhellt daraus, daß Bürger in den ersten Erwähnungen der Jahre 1772 und 73 ihn nicht wie später stets richtig Dieterich schreibt, sondern ihn den Buchhändler Didrich nennt. Noch sei, ehe wir uns dieser Zeit der Anknüpfung näher zu wenden, ein Blick auf die damalige Literaturperiode geworfen, die den Hintergrund der zu betrachtenden Einzelheiten bildet. Es ist die Zeit des Sturmes und Dranges, in die wir treten. Der vaticanische Thron des Gottsched'schen Ehepaares ist gestürzt und der Götze des französischen Ungeschmacks in der Literaturzertrümmert. Als mächtige McteoresindKlopstock, — Herder, — Lessing aufgcgangcn: inmancher Beziehung zwar entgegengesetzte Geister, aber gleich deutsche und refor- matorische, welche die Bande der französischen Beeinflussung nicht nur lösen, sondern eine neue aus deutschem Geist und Wesen hcrausgeborenc Literatur anführcn. Neben ihnen erbleicht aus isolirterer Stelle das Gestirn des sranzösirenden Wieland. Frischer, Begeisterung weckender Lusthauch weht von England herüber und wie für Shakespeare, be geistert man sich für Ossian, für die Percy'schen Relics. Der neue zählende Geist, der nach Gestaltung, Formgebung ringt, findet in ihnen verwandte, vollendete Vorbilder. Von Shakespeare begeistert, von Lessing geführt, bringen die Dramatiker des Sturmes und Dran-
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