Suche löschen...
Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 14.05.1913
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1913-05-14
- Erscheinungsdatum
- 14.05.1913
- Sprache
- Deutsch
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id39946221X-19130514
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id39946221X-191305140
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-39946221X-19130514
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungBörsenblatt für den deutschen Buchhandel
- Jahr1913
- Monat1913-05
- Tag1913-05-14
- Monat1913-05
- Jahr1913
- Links
-
Downloads
- PDF herunterladen
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
.är rOS, 14. Mai 1913. Redaktioneller Teil. ten cinbützt, ist auch nicht annähernd zu schätzen. Bei den jün geren Leuten aber zeigt sich eine Überhitzung der Gemüter, dis bei der vorhandenen Neigung, Einzelfälle zu verallgemeinern, den auf soziale und berufliche Hebung des Gehilfenstands ge richteten Bestrebungen viel mehr schaden als nützen kann. Ich erinnere nur an den Fall in Leipzig, wo ein Gehilfe sich kürzlich weigerte, eine ihm ganz fraglos zustehende Arbeit zu leisten, nur weil er glaubte, die streikenden Markthelfer stützen zu müssen. Und ich denke an einen Fall aus meiner eigenen Praxis, wo ein Lljähriger Gehilfe, der nebenbei ein Gehalt von «L 160.— bezog, es strikte ablehnte, an einer zwölf Tage, jeden Tag zwei Stunden dauernden, unbedingt notwendigen überarbeit des gan zen Personals teilzunehmen, da ihm die Überstunden nicht ver gütet werden sollten. Dabei bestand während des ganzen übri gen Jahres achtstündige Arbeitszeit, Anspruch auf zwei Wochen Urlaub, auf eine Urlaubs- und eine Weihnachtsgratifikation. Das sind doch Fälle, die zu denken geben. Auch sonst sind noch genug negative Erfolge zu verzeichnen. Man kann es ruhig aussprechen: Die A. V. wird von der Prinzipalität des Buchhandels als das betrachtet, was die sozialdemokratischen Gewerkschaften für die Industrie sind. Die sen Ruhmestitel teilt mit ihr keine der anderen kaufmännischen Angcftellleu-Jnteressenvertretungen, und doch haben einige davon Erfolge zu verzeichnen, deren Segnungen auch der Buchhand- lungsgehilsenschaft zugute gekommen sind, überhaupt ist das Ansehen, das die Gehilfenschaft früher in den Augen der Prin zipale genoß, ganz beträchtlich gesunken. Ja ich möchte sogar soweit gehen, zu behaupten, daß in zahlreichen Fällen die gegen seitige Achtung mangelt. Diesen Zustand, diese stets kampfbereite tzui vivo-Stellung auf beiden Seiten gefördert zu haben, kann die Leitung der All gemeinen Vereinigung als ihr Verdienst in Anspruch nehmen. Daß aber die Gehilfen, ihre Mitglieder, die Kriegskosten bezahlen, sollte sich jeder klar machen, wenn er es nicht schon, wie so viele, am eigenen Leibe schmerzlich empfunden hat. Denn maß los ist der Hatz, den die Allgemeine Vereinigung durch die schroffe Herborkehrung ihrer gewerkschaftlichen Tendenzen geerntet, und er geht bei einzelnen Firmen soweit, datz kein junger Mann en gagiert wird, der Mitglied der Allgemeinen Vereinigung ist. War es notwendig, die Erbitterung soweit zu treiben? Die Fir men sind auf die Mitglieder der A. V. nicht angewiesen. Sie finden Kräfte genug. Manchem Gehilfen aber ist dadurch eine Stellung entgangen oder er wurde vor die Alternative gestellt, zu verzichten oder ein Renegat zu werden. Immer, wenn ich einen der berühmten Artikel in der »Buchhändler-Warte« lese, worin eine Firma gebrandmarkt wird, frage ich mich: ob denn dieses Vorgehen wirklich dem Wohle der Gehilfenschaft dient? Besonders, wenn persönliche Angriffe erfolgen, die auf schiefen Urteilen unreifer junger Leute basieren. Man soll doch bedenken, daß wir der wirtschaftlich schwächere Teil sind, der bei dem vor läufig nur unvollkommenen und lockeren Zusammenhalt der Ge hilfenschaft nicht daraus pochen darf, mit Gewaltmatzregeln etwas zu erreichen, außer einer ständig wachsenden unerquicklichen Spannung zwischen Prinzipal und Angestellten, bei der für beide Teile nichts Gutes herauskommt, und datz Fleiß, Tüchtigkeit und Wissen noch immer Guthaben sind, die sich gut — und heute besser als je — verzinsen. Datz aus solchen unerquicklichen Verhältnissen beiden Teilen schwere Nachteile erwachsen müssen, liegt auf der Hand. Beide sind aufeinander angewiesen: Wir brauchen die Chefs, und sie brauchen uns. Der eine ist ohne den anderen nicht denkbar. Beide schädigen sich, wenn sie sich auf ihren Standpunkt ver steifen und Kompromisse hartnäckig ablehnen. Der Prinzipal kann nicht überall zugleich sein. Das Wohl und Wehe seines Geschäfts, seiner Existenz liegt mehr oder weniger in der Hand seiner Angestellten. Ein tüchtiger Gehilfe wird immer mehr verdienen, als er an Gehalt bezieht, und es ist nicht nur sozial gerecht, sondern auch kaufmännisch klug, ihn seinen Leistungen entsprechend zu entlohnen. Sieht ein Angestellter, datz er mit seinem Eifer und Fleiß etwas erreicht, so wird jede Aner kennung ihm ein Ansporn sein, immer mehr zu leisten. Und das kommt dem Chef doch in erhöhtem Maße zugute. Soweit mein, von der Redaktion der »Buchhändler-Warte« als mißglückt angesehener Versuch. Inzwischen ist nun der Ar tikel »Am Scheidewege« erschienen, und hat in der »Buchhändler- Warte« (Nr. 30) eine Erwiderung gefunden, die allem Hohn spricht, was man literarischen Anstand und Sachlichkeit nennt. Die Herren in Berlin scheinen die kritische Veranlagung und die geistige Kapazität ihrer Anhänger doch arg niedrig einzu schätzen, sonst hätten sie es nicht gewagt, ihnen dieses Gericht vor zufetzen, wo es doch jedem möglich ist, Original und Erwiderung zu vergleichen. Jedenfalls, und damit komme ich wieder auf mein ursprüng- iches Thema zurück, hat die Leitung der A. V. die Gehilfenfrage auf ein Gleis geschoben, das in der schroffen Betonung des an sich ja vorhandenen, aber mehr oder weniger latenten Interessengegen satzes zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer und in dem in Permanenz erklärten Kamps »auf gewerkschaftlicher Grundlage« endigt. Alle diese Bemühungen sind ein Sturm im Wasserglas und ein Schlag ins Gesicht jedes Buchhandlungsgehilfen, der noch eine Spur von Standesbewutztfein, nicht Standesdünkel, wie es die Vereinigungspäpste zu nennen belieben, besitzt, und der noch den Wille» in sich fühlt, kraft seiner Fähigkeiten, seines Wis sens, seiner Schaffenslust seinen Weg zu machen, und nicht im Schlepptau einer in Dogmen verbohrten Gruppe von kurzsichtigen Gewerkschaftlern, die ihm Mindestgehälter, Arbeitsverträgc, Streikzwang u. dergl. bescheren will. Darüber sollte sich die Gehilfenschaft einmal klar werden und entscheiden, ob die Allgemeine Vereinigung die gegebene Vertretung ihrer wirklichen Interessen ist, ob die von ihr im Eilteutpo betriebene Verelendung und Proleiarisierung des Buch handlungsgehilfenstandes das Ideal der Interessenvertretung dar stellt. So war die Artikelüberschrift »Am Scheidewege« ge meint! H. Dotzenrodt. III. Wenn der vorstehende Artikel nicht das Thema erneut zur Erörterung stellen würde: die sogenannte Entgegnung in der »Buchhändler-Warte« Nr. 30 hätte uns nicht veranlaßt, darauf zurückzukommen. Wir verlangen gewiß nicht von den »sozialpolitischen« Artikelschreibern der Allgemeinen Vereinigung mit Schokolade begossen zu werden, und wissen, daß dem Verständnis einzelner Grenzen durch jene natürliche Be gabung gezogen sind, die es kaum nötig macht, sich dumm zu stellen. Was man aber von jedem Gegner billiger weise verlangen kann, ist soviel Ehrlichkeit, datz er dem anderen nicht Dinge unterstellt, die er nicht behauptet hat, und wenigstens bemüht ist, auf den Kem der Sache einzugehen. An dernfalls wird diese Art der Polemik — um mit den Worten des Artikelschreibers in der »Buchhändler-Warte« zu reden — von den Lesern »nach ihren inneren Wert ohne Kommentar Wohl schon richtig gewürdigt wer- d e n«, da es sich weit leichter behaupten läßt, in allen Fällen des Lebens Bescheid zu wissen, als in der Praxis auch nur den dritten und vierten Fall auseinanderzuhalten. Wir haben von vornherein nicht den Anspruch erhoben, Verständnis in den Kreisen zu finden, denen es dazu an jeder Voraussetzung fehlt. Wohl aber haben wir es für unsere Pflicht gehalten, vor einer Entwicklung zu warnen, die nur geeignet ist, die Gegensätze zwischen Chefs und Gehilfen zu verschärfen, statt zu Überdrücken, weil das, was beide von einander trennt, nie so be deutungsvoll werden darf, wie das ist, was sie auf einander hin weist. Noch sind die Gehilfen die natürlichen Verbündeten der Chefs, deren Wohl und Wehe so bestimmend für ihr eigenes ist, daß wir sie kampflos keiner Vereinigung ausliefern dürfen, der der gewerkschaftliche Kampf als das erstrebenswerteste Ziel erscheint. Denn es ist ganz einfach nicht wahr, wenn jetzt behorchtet wird, daß die A. V. »schon lange« ihre Ziele in dieser Richtung ver folge und keinerlei »Wandlung« in der letzten Zeit erfahren habe. Es hätte unter den alten Verhältnissen weder neuer Satzun gen noch der Aufstellung eines »sozialpolitischen Programm-Ent wurfs« bedurft, und auch vr. Pfirrmann, der neue Geschäfts führer der A. V., hätte sich sein Programm in der »Buchhändler-
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
- Doppelseitenansicht
- Vorschaubilder