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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 30.01.1926
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- 1926-01-30
- Erscheinungsdatum
- 30.01.1926
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jdß 25, 30. Januar 1926. Redaktioneller Teil. gebrauche absichtlich das Fremdwort sür das fremd« Gewächs — aus 70 v. H. der dem Wert der deutschen Literatur ausgeschlossenen Ausländer ausübt, das wäre keine weise Politik sür den deutschen Autor wie Verleger. Kein anderes Kulturvolk kennt Doppelschristigkeit, sie ist ein Unding und kann bei einem hochstehenden Volke niemals ein Dauerzustand werden. Sie kann nur als Spaltpilz, deren wir wahrlich nur zu viele haben, wirken, daher ist es nicht gleichgültig, ob die deutsche Gelehrteuwelt ausgcfordert wird, für wissenschaft liche Werke grundsätzlich Antiquadruck anzustreben. Die Wirkung dieser Aufforderung wollen wir ruhig abwartcn. Im Schrifttum eines Volkes setzt sich nur durch, was eine wirklich führende literarische Schicht vertritt. Diese dünne Schicht aber ist nichts auf die Dauer ohne die Volksgemeinschaft, ohne das Volk, aus dem sie Kraft und Leben empfängt. Glaubt man nun etwa, daß ein 80-Millionenvolk sich seine mit ihm verwachsene Schrift jemals nehmen lassen könnte? Der Dichter hat es klar erkannt: Deutschen Volkes Seele trifft nur ein Wort in deutscher Schrift. Was bedeuten denn im Leben eines Volkes bis 3 Ge schlechter, die bisher bei uns erst eine eigentliche Doppelschriftig- keit haben entstehen sehen? Sie kann ebenso schnell und schneller wieder verschwinden und wivd es, wenn wir uns endlich auf uns selbst besinnen"). Wir haben heute mit feindlich gesinnten Völkern ringsum wahrlich allen Anlaß, klaren Kopf zu behalten. Daß man mir, nach der Methode »Haltet den Dieb-, anhängt, die Rolle des Ausrotters spielen zu wollen, läßt mich kalt. Die Lateinschrift werden wir, wo sie hingchört, für fremdsprachlich« Texte, niemals entbehren können. Und wenn sich Wcrldruckcrcien, die sich ganz auf Antiquasatz naturwissenschaftlicher Werke eingerichtet haben, auch allmählich werden umstellen müssen, so verschlägt das gar nichts gegenüber der volkswirtschaftlichen Verschwendung und Be lastung der Bücherkäufcr durch den Lateindruck deutscher Werke. Die Abnutzung der Schriften vollzieht sich leider sehr schnell, sodaß allein schon die entsprechenden Abschreibungen die Mittel für die Umstellung ausbringen. Welche Opfer unsern Bücherkäufern aber der Antiquadruck bei ihrer verminderten Kaufkraft auserlegt, dafür will ich hier nur ein Beispiel ansühren. Das aus dem Englischen übersetzte Buch von Henry Ford »Mein Leben und Werk-, in auffällig großer Lateinschrift ge druckt, kostet gebunden 8 Mark. In gleichgroßer deutscher Schrift würde es nur drei Viertel des Umfanges gehabt haben und hätte zu 7 Mark geliefert werden können. Wäre aber eine normale Korpus Fraktur, die übliche, gediegene deutsche Ausstattung, ge nommen, so hätte der Umfang auf zwei Fünftel und der Preis auf 6 Mark ermäßigt werden können, es wäre immer noch ein ansehnlicher Band geblieben, und statt 25 000 Menschen (?—25 Auflagen bisher!) hätten vielleicht 35 000 das Buch kaufen können. Jedenfalls haben 25 000 Käufer dieses einen Buches 50 000 Mark mehr für die teurere Ausstattung in Lateinschrift aufwenden müssen, als sie bei wohltuenderer Lesbarkeit in deutscher Schrift zu zahlen gehabt haben würden"). — Nicht immer werden sich durch deutschen Druck gleich große Umfangs- und Preisermäßigungen erzielen lassen. Trotzdem handelt es sich sicherlich um mehr als ein Dutzend Millionen Reichsmark, die alljährlich heute den deutschen Bücher- käuscrn mehr als nötig auferlegi werden Lurch Antiquadruck. Bei meinen Umrechnungen habe ich selbstverständlich das Honorar der Die Behauptung, das! wir seit der Zeit des Humanismus oder gar seit der Erfindung der Buchdruckerkunst immer Doppelschristig keit gehabt hätten, ist nichts als ein Bcschönnngsncrsnch. Tie deutschen Humanisten haben den Versuch, auch Deutsches in Antiqua zu drucken, so schnell und gründlich wieder aufgegeben, daß schon im 18, Jahr hundert peinlich darauf gesehen wurde, nur Fremdsprachiges in Anti qua zu drucken. Das ging so weit, daß Fremdwörter im Stamm aus Antiqua, in den deutschen Endungen aber aus Fraktur gedruckt wurden. Erst im 18. Jahrhundert kehren einzelne Versuche wieder. Wielands Erfahrungen damit erwähnte ich bereits. Goethe ging es nicht besser, die köstliche» Äußerungen der Frau Aja darüber sind bekannt, und Goethe selber hat dann die deutsche Schrift als »Offenbarung deutschen Gemütes« gepriesen. "> Aus Vorlage dieser Stelle bes Aufsatzes teilte uns der Ver lag Paul List in Leipzig mit, daß sie ihm keinen Anlaß zu einer Er widerung gibt. Red. d. Bbl. Verfasser in gleicher Gesamthöhe angenommen, wie auch meine Firma das Bogcnhonorar stets nach der vermehrten Buchstabcn- zahl umgercchnel hat. Da ferner in vielen Fällen ein durch Preis senkung eintretender erhöhter Absatz auch Honorarerhöhung be deutet, so kommt der Versasser bei Frakturdruck mindestens nicht zu Schaden. Ebenso wie die wirtschaftliche wird leider auch die nationale Bedeutung der Sache verkannt. Wir möchten nicht die natio nale Gesinnung derer anzweiseln, die sür Antiqua eintrcten, aber die von ihnen beliebte erregte Verallgemeinerung, daß Ein trcten sür die Lateinschrift und nationale Gesinnung überhaupt nichts miteinander zu tun hätten, müssen wir ablchnen. Wir können nicht, schnell fertig wie sie, die sich immer noch auf Jakob Grimm berufen, obwohl dieser verdiente Meister gerade in dem einen Punkte durch die erst nach ihm aufgekommene Schrift forschung überholt ist, von einer »sogenannten» deutschen Schrift reden und behaupten, die Lateinschrift sei ebensogut eine deutsche Schrift. Kein anderes Kulturvolk hat, wie das deutsche achtzig Jahre nach Gutenbergs Erfindung, sich eigens sür den Buchdruck eine besondere, dem gesteigerten Lesebedürsnis ebenso wie seiner Sprache und der neuen Technik genial angepaßte Stilart der mittelalterlichen geschriebenen Schrist geschaffen, die erste und einzige nationale, unddoch die internationale Grundlage wahrende Druckschrift. Es ist die heute vor vierhundert Jahren, 1525 in Nürnberg, der Stadt der Schreib- mcister, der Goldschmiede-, Gravier- und Holzschneidekunst, im Zusammenwirken dieser dort in höchster Blüte stehenden Künste in Spiegelbild-Arbeit geformte, unter Albrecht Dürers Patenschaft eigens für den Buchdruck endgültig gestaltete deutsche Druckschrift, die man im engeren Sinne meint, wenn man heut« von Fraktur (Bruchschrist) schlechtweg spricht. Sie hat mit dem Stil der lediglich den Handschriften nach gebildeten ersten, gotischen Druckschriften kaum etwas mehr gemeinsam, sie ist die einzige wirklich moderne Druckschrift in der ganzen Welt, das heißt die einzige von vornherein ausschließlich für den Buch druck gestaltete und der Physiologie des Lesevorganges vollendet angepaßte Schrift, die noch heute in allem Wesentlichen unverändert in unseren Zeitungen wie in unserer Literatur herrscht. Alle anderen Kulturvölker haben sich nach und nach dem Rückgriff eines in geschichtlichem Irrtum befangenen Humanismus aus die aus ganz anderer Technik entwickelte »Antiqua« unterwor fen und sind zu einer längst überwundenen Entwicklungsstufe der Mönchsschrift des 10. Jahrhunderts zurückgekehrt, weil sie es zu keiner modernen nationalen Druckschrift brachten. Es wäre Bar barei, die sich selbst richtet, das deutsche Volk zwecklos auf diese Stufe zurückzuschrauben, und es ist das reinste Satyrspiel, moderne Menschen, die sonst dem Entwicklungsgedanken und jedem Fort schritt huldigen, hier die schwärzeste Rückwärtserei vertreten zu sehen. Aber Scherz bei Seite. Wo höhere Dinge auf dem Spiele stehen — und das ist hier der Fall — da kann auf die Dauer ein von unsrer in tausendjähriger Entwicklung zu fester natio naler Form gelangten Schrift abweichender persönlicher Geschmack einer kleinen Minderheit, wenn sie sich an die Öffentlichkeit wen den, nicht sich in hemmungslosem Subjektivismus über das Gebot der Volksgemeinschaft hinwcgsetzen. So richtig es ist, daß die anderen Völker sich trotz ihres heute ausschließlichen Gebrauches der Antiqua alle national geschlossener entwickelt haben als wir, so unzutreffend ist die Folgerung, daß wir das nun auch fertigbringen müßten. Ja, wenn solche Preis gabe unsrer Schrift für unsere Kulturaufgabe nötig wäre, wie der Verzicht in dem kleinen Ausnahmefalle bei Landkarten mit Linien gewirr! Aber unsre eigene Schrift ist ja für unseren wirklichen Austausch mit dem Auslande nicht nur kein Hindernis, sondern eine Förderung, und sie ist als sichtbares Einheitsband aller Deutschen, weil jedem täglich vor Augen, unersetzlich. Doch davon am Schluß. Wir dürfen hier nicht übersehen, daß kein anderes Kulturvolk so wie das unsrige durch unsre offenen, heute schutz losen Grenzen nach allen Seiten inmitten Europas dem Herein fluten fremden Blutes und tausendfältiger Einflüsse ausgesetzt gewesen ist und noch ist. Das hat uns nicht nur im guten Sinne vorurteilslos gemacht, sondern der Gefahr ausgesetzt, uns pervers 127
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