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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 07.10.1914
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1914-10-07
- Erscheinungsdatum
- 07.10.1914
- Sprache
- Deutsch
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
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Börsenblatt f. L. Dtschn. vuchhan^ Redaktioneller Teil. ^ 233, 7. Oktober 1914. die Meldungen aus dem deutschen großen Generalstab sich stets als unbedingt zuverlässig erwiesen hätten. Enthalten diese doch immer nur die nackten Tatsachen, unerschütterlich und bündig fest- gestellt, nicht mehr und nicht weniger. Die Haltung der Presse ist oder soll selbstverständlich streng neutral sein. Doch kann man nicht gänzlich die Sympathien für Deutschland verleugnen, ob wohl jetzt fast noch mehr als früher die Meldungen der vereinigten Telegraphenbureaus Aufnahme finden. Diese Herren möchten ja am liebsten Deutschland wenigstens telegraphisch vernichten. Nichts wird gespart, was Deutschlands Ansehen schaden könnte. Anfangs war es die Verletzung der Neutralität Belgiens, dann kam die Schreckensnachricht von Löwen, die sich ja später als ungeheuer übertrieben erwies. Ferner gingen Berichte über die Grausamkeit der deutschen Soldaten im Osten und Westen ein. Meines Erachtens hätte man deutscherseits diese Geschichten noch kräftiger und kategorischer widerlegen müssen, damit das Gerede endlich verstummt. Aber schon die Menge und die übertriebenheit der Anklagen mußten Verdacht erwecken, was auch in den Zeitun gen betont worden ist. In einer Schilderung von Löwen als Kunststadt schreibt der bekannte Kunstforscher Dozent Aug. Hahr zum Schluß: »Der bedauernswerte Vorfall ist als Notwehr be zeichnet worden. Und von der deutschen Heeresleitung glaube ich wirklich, daß sie in der Regel nicht nach den Prinzipien der Vandalen handelt. Die folgenden Perioden des Krieges dürsten dies bestätigen«. Das »Schwedische Telegrammbureau« hat neu lich dem hiesigen belgischen Gesandten die Aufnahme eines Be richts des belgischen Regierungskomitees über deutsche Grausam keiten verweigert und wurde deswegen von der sozialdemokrati schen und linksliberalen Presse heftig angegriffen. Diese Presse kokettiert nämlich immer noch mit französischen Sympathien und wacht ängstlich darüber, daß die Neutralität nicht verletzt wird, was sie jedoch nicht hindert, ganz offen gegen Deutschland Partei zu nehmen und keine Gelegenheit zu versäumen, um Deutschland einen Eselstritt zu versetzen. Die Ereignisse haben nämlich diesen Propagandisten des ewigen Weltfriedens erheblich in die Suppe gespuckt. Und daß gerade Rußland, dessen angebliche Friedens liebe ihnen bisher die vornehmste Waffe im Kampf gegen die schwedische Heeresvermehrung gewesen ist, als Friedensstörer entschleiert wurde, ist ihnen besonders Peinlich. Sonst veröffent licht diese Presse »ikn Interesse der Neutralität« mit fetten Buch staben und sichtlichem Entzücken die sensationellsten und gehässigsten Meldungen aus Paris und London, und man staunt, welche Leicht gläubigkeit den Lesern zugemutet wird. Alles ist ja Lüge. Jeder, der Deutschland und den deutschen Soldaten auch nur ein bißchen kennt, weiß, daß das Gerede von Grausamkeiten und Vandalis mus nur tendenziöse Unwahrheit und schamloseste Verleumdung ist. Aber die große Menge wird kaum verstehen, die Wahrheit von der Lüge zu trennen, besonders wenn man, wie ein schwedisches Sprichwort sagt, auf einen Stein spuckt, bis er naß wird. Das Thema ist natürlich jetzt die Beschießung von Reims. So ent hält die große Zeitung »Dagens Nyheter« in Stockholm heute, am 23. September, mehr als 21t Spalten über die Zerstörung der Kathedrale, die natürlich aus Paris und London in den schwär zesten Farben geschildert wird. Gegen diesen Wortschwall und diese Schwarzmalerei erscheinen die Entgegnungen aus Berlin nur schüchtern und schwach, obwohl sie unzweifelhaft die Wahrheit sagen. So wird von englisch-französischer Seite berichtet, die deutschen Soldaten hätten die gan zen Weinvorräte des Marnetals ausgetrunken. Der Weg der Ar- meen sei durch Unmengen leergetrunkener Weinflaschen gekenn zeichnet. Ein deutscher Major sei an einem Weinfaß in Epernay unter seinen Soldaten rettungslos betrunken aufgefunden worden u. dgl. Der Korrespondent, offenbar ein Franzose, sagt: So gut diszipliniert, wie die Armeen der Verbündeten sind, können sie nie in die Demoralisierung der deutschen Horden verfallen. Das ausgeplünderte Marnetal zeugt von dem Tiefstand der deut schen Armee. Zum Schluß erzähl! er als schreienden Gegensatz da zu, daß die Engländer während des Marsches durch die franzö sischen Weingebiete nur eine Tasse Tee verlangt hätten und daß in Rußland alkoholhaltige Getränke gänzlich verboten seien. Freilich ist diese Zeitung eine der gehässigsten in Schweden, aber man staunt doch über diese grenzenlose Gemeinheit. Eigentümlich 149« mutet ein in derselben Nummer veröffentlichter Brief des russi schen Revolutionärs Fürsten Krapotkin an Professor Steffen an. Dieser Brief zeigt, wie der Haß mit Verstand und Besinnung da- vonläust. Der Fürst der Revolutionsmänner schreibt darin u. a., daß »Deutschland nach 187V eine ständige Drohung gegen jeden europäischen Fortschritt gewesen ist. Die Zivilisation Europas wird jetzt von Deutschland bedroht. Bieten wir doch zuerst dieser Gefahr die Spitze.« Die Höhe erklimmt er jedoch mit der Behauptung: »Jeder, der Rußland und die modeme russische Be wegung kennt, weiß, daß die Autokratie niemals in der Gestalt, die sie vor 1965 hatte, wieder hergestellt werden wird, und daß die russische Konstitution niemals eine so imperialistische Form, einen so imperialistischen Geist annehmen wird wie die parlamen« taristische Staatsverfassung Deutschlands«. Ferner erzählt er, daß die Revolution in Finnland schon vollendet sei und in einer hochdemokratischen Autonomie bestehe. Zum Schluß heißt es je doch zweifelnd: »Sollten sich aber meine Prophezeiungen als irr tümlich Herausstellen, obschon ich, wie jeder denkende Russe, davon überzeugt bin, nun gut, — dann ist die Zeit gekommen, Rußland in derselben Weise zu bekämpfen, in der jetzt das freiheitsliebende Europa bereit ist, die Kriegslust Deutschlands niederzuschlagen«. Pikanter wird die Sache noch dadurch, daß der Überbringer des Briefes der bekannte russische Revolutionär Burtseff (der Entlar vet Azews) ist. Er befindet sich jetzt in Stockholm auf der Reise nach Rußland, wo er für die Freiheit wirken will. In einer Unterredung erklärte er, er glaube an die Siege der Verbünde ten und daran, daß ihr Sieg der ganzen Menschheit nottue. In derselben Nummer wird auch erzählt, die Deutschen hätten in Brüssel jeden, der eine belgische Zeitung läse, mit Erschießen be droht. Die deutsche Schreckensherrschaft werde in den südlichen Dörfern fortgesetzt. In der letzten Zeit scheint Frankreich sich auch mit einem be kannten nordischen Journalisten liiert zu haben. Wenigstens wer den die hiesigen Zeitungen mit seinen Korrespondenzen bombar diert. Es ist der Däne Franz von Jessen, der sich früher als ein fanatischer Russenfreund und Schwedenfresser bemerkbar gemacht hat. Jetzt hat er sein Quartier in Frankreich, wie es scheint in Bordeaux, aufgeschlagen und schickt von dort gehässige Nachrich ten an skandinavische Zeitungen. Sogar im Grunde deutsch freundliche Blätter haben seine Berichte veröffentlicht. In einem derselben wird unterm 18. September berichtet, er habe von ge fangenen Deutschen in Bordeaux erfahren, der Krieg sei in Deutschland »unpopulär«. Die Verpflegung finge an zu versagen. In einem anderen Bericht spricht er von der Demoralisierung der deutschen Soldaten. In dem norwegischen Blatt »Tidens Tegn«. (Zeichen der Zeit) war neulich eine vielbeachtete »Bitte an die Großen« zu lesen. Es wird darin gebeten, uns mit den schauder haften Schilderungen tierischer Grausamkeiten zu verschonen und ausgeführt, daß doch keiner glaube, Deutschland, England, Frank reich, Rußland oder Österreich für vereinzelte unmenschliche Aus schreitungen, die in jedem Krieg Vorkommen, verantwortlich machen zu können. In allen Armeen gäbe es Abschaum der Menschheit, und keine Regierung treffe die Schuld an den Un taten dieser Menschen. Die schwedische Presse hat sich der Bitte angeschlossen, übrigens enthalten die schwedischen Zeitungen täglich eine Menge sympathischer Schilderungen über Deutsch land, deutsche Einrichtungen, deutsche Kultur und die Männer des Tages. Ein amerikanischer Journalist, Mr. R. Lewis, ist so eben aus Belgien in Stockholm eingetroffen und widerlegt in »Dagens Nyheter« kräftig die Schaudergeschichten von deutscher Grausamkeit und Barbarei. Ähnlich spricht sich im »Astonbladet« ein russischer Arzt, vr. Eisenmann, aus. Er ist seit 12 Jahren in Berlin wohnhaft und begibt sich jetzt nach Rußland, um der Armee seine Dienste anzubieten. Er hat nur lobende Worte über Deutsch land und die Behandlung der Russen. Wiederholt haben bekannte englische und französische Schriftsteller ihre Meinung über den Krieg in schwedischen Zeitungen veröffentlicht. So hat neulich der englische Schriftsteller Galsworthy einen Artikel in »Dagens Nyheter« er scheinen lassen, in dem er natürlich speziell englische Auffassungen vertritt und u. a. von einem »Triumph des autokratischen Mili tarismus über Frankreich, die Wiege der Demokratie,« spricht. Nur
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