Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 13.04.1915
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1915-04-13
- Erscheinungsdatum
- 13.04.1915
- Sprache
- Deutsch
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id39946221X-19150413
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id39946221X-191504139
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-39946221X-19150413
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungBörsenblatt für den deutschen Buchhandel
- Jahr1915
- Monat1915-04
- Tag1915-04-13
- Monat1915-04
- Jahr1915
-
487
-
488
-
489
-
490
-
491
-
492
-
-
-
-
- Links
-
Downloads
- PDF herunterladen
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
83, 13. April U9I5. Redaktioneller Teil. digen Frieden sahen alle einem Aufschwung des jungen neuen Kaiserreiches entgegen. Anders heute! Wir stehen noch inmitten des gewaltigen Bölkerringens, bei dem nicht abzusehen ist, wann es enden wird. Gewiß haben wir alle das feste Vertrauen auf unsere gerechte Sache und auf eine siegessichere Zukunft, aber bis da hin wird es Wohl noch viel zu tun geben. Viele von unseren Freunden und Kollegen sind hinausgezogen, um mit ihrem Leben einzustehen für den Schutz und die Größe des Vaterlandes. Aber nicht allen ist es vergönnt, die Feder mit dem Schwert zu vertauschen, und manchem wird das stille Warten und Hoffen zu Hause fast unerträglich. Nicht umsonst sind viele zurückge blieben: auch wir alle, die wir noch hier sind, haben unsere Aufgabe, mit zu kämpfen! Man will uns aushungern, man will uns wirtschaftlich vernichten! Dagegen müssen wir hier kämpfen, auf daß unsere Helden, wenn sie, so Gott will, bald als Sieger heimkehren, das Vaterland auf wirtschaftlicher Höhe, wie sie es verlassen haben, wiederfinden und möglichst ein jeder auf seinen alten Posten zurückkehren kann. Für uns Zurück gebliebenen alle gilt das Wort des eisernen Kanzlers: »Wir sind nicht auf dieser Welt, um zu genießen, sondern um unsere Pflicht zu tun«. Dem deutschen Buchhandel ist eine große Pflicht erwachsen. Der Weltkrieg zeigt uns auch die Größe der papierenen Macht. Mit gedrucktem Wort sind Lug und Trug von unseren Feinden überallhin verbreitet worden, in England rüstet man sich unter Führung des Premierministers und einflußreicher Staatsmän ner zu einem neuen Feldzug auf dem Papier, um das neutrale Ausland zu gewinnen. Da mutz es nun unsere Aufgabe sein, mit den Waffen des Geistes und wieder mit dem gedruckten Wort derWahrheit uns überall Eingang und Geltung zu verschaf fen. Schon hat der deutsche Buchhandel mit Nachdruck einge setzt, dahin zu wirken, ich denke unter vielem anderen nur an die prächtigen Kriegsaufsätze des Engländers H. St. Chamber- lain, und an das herrliche Werk des geistvollen neutralen Aus länders Sven Hedin, der mit Worten, wie sie kein Deutscher schöner finden könnte, von unserem Kaiser, von unseren Heer führern und von dem ganzen Volk in Waffen die Wahrheit mit lauter Stimme hinausruft. In diesem Sinne wollen wir vom Mittelpunkt des ganzen deutschen Buchhandels aus wir ken. Nicht umsonst hat unser Verein auf der Bugra in der Halle des deutschen Buchhandels den Raum gewählt, der ihm dank der Erkenntnis der Absicht auch von dem Direktorium einge- räumt wurde. Oben Berlin, unten Stuttgart, München usw., da zwischen Leipzig und in dessen Mitte unser Ehrenraum mit dem Plan des Leipziger Buchhändler-Viertels, wo man so recht sehen konnte, wie der Buchhandel der ganzen Welt über Leipzig geht; ca. 67 Millionen llg Bücher im Werte von ca. 270 Millio- nen Mark sind 1913 über Leipzig expediert worden. Wenn wir bisher die ganze Welt mit den Erzeugnissen des Geistes ver sorgt haben, so wollen wir hoffen, auch jetzt an unserem Teil mitzuwirken, die Wahrheit überallhin zu verbreiten. Deutsch land in der Welt voran; im deutschen Buchhandel: Leipzig voran! Mit tiefem Weh gedenken wir aber heute besonders derer, die nicht mehr wiederkehren. Schon mancher Berufskollege ist gefallen, aber wir empfinden am schmerzlichsten den Verlust unserer eigenen Mitglieder. Wohl ist die Zahl nicht groß, aber die zwei Männer, die wir besonders beklagen, standen uns besonders nahe: Wolfgang Koehler und Wolsgang Grunow! Beide Leipziger Kinder, mit gleichem Vornamen, beide Schüler des Nikolai-Gymnasiums, fast gleichaltrig, beide aus alten, hochangesehenen Buchhändler-Familien, in denen die Firma vom Großvater und Urgroßvater her auf Enkel und Urenkel vererbt war und auf weitere Geschlechter übergehen soll; beide hinterlassen Söhne und haben letztwillig den Wunsch ausge sprochen, diesen die Firmen zu erhalten. Gebe Gott seinen Segen, daß dieser Wmrsch in Erfüllung gehen möge, und daß die dem Vaterland gebrachten großen Opfer den Kindern Früchte zum Heile unseres Berufes bringen! Wolfgang Grunow erlag seiner schweren Verwundung nach längerem Leiden, mit ihm fiel von seiner Firma sein Prokurist und sein Kassierer; ein anderer älterer Angestellter fiel verwundet in französische Ge- fangenschast. Die in unseren Kreisen hochgeschätzte Firma ist schwer betroffen, und wir betrauern diese Verluste, betrauern das liebe Vereinsmitglied. Am schwersten traf uns im Vorstand der Tod des lieben Freundes und 1. Vorstehers Wolfgang Koehler. Wer Gelegen heit hatte, ihm näherzutreten, mußte ihn lieben und achten, das ging gar nicht anders. Seine herzgewinnende Fröhlichkeit, seine vornehme Art, mit der er auch die Meinung anderer, bei Wahrung seiner eigenen Überzeugung, gelten ließ, sicherten ihm aller Herzen, wie uns auch eine Reihe von Zuschriften von be freundeten Berufsvereinen und aus der Gehilfenschaft bewiesen hat. Er gehörte unserem Vorstand seit 1910 an, zuerst als Schatzmeister, zuletzt als Vorsteher, als solcher leider nur zu kurze Zeit. Mit Lust und Liebe hing er an seinem Beruf und unseren gemeinnützigen Bestrebungen; er war immer zu haben, wenn es seines Rates bedurfte, und unermüdlich im fröhlichen Schaffen. Ernst und klar überlegend bei wichtigen Geschäfts und Berufsfragen, war er übersprudelnd heiter im fröhlichen Kreise, und wie er geliebt und geschätzt wurde, so hing auch er an allen, die ihm nähergetreten waren. Noch im Juli, als er in seiner Eigenschaft als Hüttenwart des Deutschen und Österreichischen Alpenvereins die Leipziger Hütten revidieren wollte, übergab er mir einige Vereinsakten zur Erledigung, aber als er sich von mir verabschiedete, hielt es ihn nicht, er wollte, wie in einer Vorahnung, noch allen Vorstandsmitgliedern Lebewohl sagen und bat uns zu einer kurzen Besprechung. Als er von seinen in Aussicht genommenen Kletterpartien sprach, baten wir ihn, wie im Scherz, nicht zu gefährliche Par tien zu machen, denn der Leipziger Verein hätte ein Anrecht auf ihn. Wie ganz anders ist es gekommen! Mit einem frohen »Bergheil!« trennten wir uns von ihm — für immer! Von edelster Begeisterung erfüllt, zog er ins Feld; seine Feldpostbriefe sind ein mächtiges Crescendo glühendster Vater landsliebe; am 2. Mobilmachungstag traf er bei seinem Regi ment in Dresden ein und meldet glücklich die hohe Ehre nach hause, daß er zum Regimentsstab als Ordonnanzoffizier befoh len sei, und das Kriegstagebuch, das leider in der Schlacht der- lorengegangen ist, zu führen habe. Am 8. August rückte das Regiment aus, und nach 45stündiger Bahnfahrt meldet er nach den ersten Märschen am 13. August, wie alles herrlich klappe, und schreibt dann weiter: »Die Stimmung, in der wir alle und ganz Deutschland sich jetzt befinden, wird mir mein ganzes Leben lang unvergeßlich bleiben. Wir sind doch ein großes, herrliches Volk, wenn wir im ernsten Augenblick Kraft und Energie zu so wuchtiger Größe finden. Unser Volk, einig bis zum letzten Arbeitsmann, von seiner weltgeschichtlichen Auf gabe durchdrungen in einer Weise, wie ich es in glühendster Liebe zum Vaterland doch nie für möglich gehalten hätte. — Das ist das große Leuchten, das Glück, das uns hinausbegleitet und in unseren Seelen sitzt, so daß sich jeder von uns sagt: auch wenn dir stegesfrohe Heimkehr nicht beschicken ist — den Augenblick hast du unwiderruflich mit erlebt, der gewisser maßen Vorbedingung und Vorbote des Sieges ist.« Dann kam der Einmarsch in Belgien, wo er oft mit seinen Kameraden im Straßengraben schlief; am Abend vor dem ersten Gefecht, Ende August, schreibt er, daß sein Regiment die stark befestigte Maaslinie erstürmen solle, und wenige Tage später erzählt er, daß sie einen ganzen Tag bei Dinant gekämpft haben. Dann folgen 114 Wochen die Gewaltmärsche, immer durch Schar mützel unterbrochen, und am 5. September nach einem wunder bar feierlichen Feldgottesdienst am Abend, bei dem »Wir treten zum Beten« und »Nun danket alle Gott« mächtig über die weite Marne-Ebene dahinbrauste, erfuhr das Regiment den Fall von Reims. Noch in derselben Nacht wurde weitermarschiert, und am nächsten Tage bei Sempuis ist er gefallen. Mit seinem Regimentskommandeur auf einer Anhöhe stehend, hatte er dem rückwärts verdeckt liegenden Telephonmelder die Komman dos zu vermitteln; eine über die Stellung hinwcgsausendc Gra nate ritz die beiden Offiziere hinab in die sandige Düne, wo sie sofort tot waren. Abends 9 Uhr war die Beerdigung. An einer bevorzugten Stelle wurde er auf dem Friedhofe dicht an der 489
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
- Doppelseitenansicht
- Keine Volltexte in der Vorschau-Ansicht.
- Einzelseitenansicht
- Ansicht nach links drehen Ansicht nach rechts drehen Drehung zurücksetzen
- Ansicht vergrößern Ansicht verkleinern Vollansicht