98, 2S. April 1907 Künftig erscheinende Bücher. In diesen Tagen erscheint: Stegreifkinder' Gedichte von Waldemar Staegemann. Preis: Elegant gebunden M- 2.- ord., M. 150 no., M. 1.Z5 bar. Freiexemplare 11/10. Der Verfasser dieser teils ernsten, teils sehr lustigen und übermütigen Gedichte, vr. Waldemar Staegemann, ist der Sohn des bekannten vor kurzem verstorbenen Direktors des Leipziger Stadttheaters Max Staegemann. Der Autor wirkt hier in Berlin als erster Leld und Liebhaber am Kgl. Schauspielhaus, und sein schönes, vielseitiges Talent kommt auch in diese,? seinen Musenkindern zum Ausdruck. Jedes seiner Gedichte zeigt einen Griff ins frische Menschenleben, der jeden Leser fesselt und anregt und ihm Freude und Genuß verschafft. Namentlich werden seine humoristischen Gedichte in sächsischer Mundart von denen wir nachstehend eines folgen lassen, dem jungen Dichter viele neue Freunde erwerben. Das erglärt sich schon alleene Aus der Ieberzahl der Be^ne. So e Ferd, das lvoft uff vieren An mir, solln's mit zween regieren? Nu, wen's Ferd emal erwischt, Den nutzt ooch kee Ziechel nischt. Daß de die in Fingern hast, Is ne ganz unneetche Last! Mit den Länden wär'sch noch 's Beste Mer hielt sich an' Sattel feste: Da hat mer e sichern Lalt, An mer rutscht nich gar so bald! Das hat sich brillant bewährt Bei den Daddersalschen Ferd. Denn uff diesen bock'chen Schinder War das ooch mehr oder minder Scheen, denn ich lag alle Stunden Sicher an de zwels mal unden! Zehn Minuden uffem Ferde, An er fuffzich uff der Erde! And wenn ich nu unden war, Riß das Vieh nich etwa gar Aus, un machde nu den Wilden! Nee, mit e ganz sanften, milden Blick kam's langsam an mich ran, Guckte mich, un roch mich an, Als bedauerte es sehr, Daß 'ch schon wider unden wär'! Das hat mich erseht debrimirt! Nee, da war ich heechst bigiert: Is e Ferd schon so gemeene Von Gemied, da dank' ich scheene. Die Reiberei (^V^enn uff Staduen und Bildern So nadurgedrei se schildern, Wie e Feldherr uff en Ferde Sitzt mit wirdicher Geberde, An, ob's Roß ooch beimt und miedet, Oben bleibt wie angeniedet; Da bedracht' ich mir den Mann And bewundre, wie er'sch gann. Nee, ich brächte das nicht fertch! Ich wär' jederzeit gewärtch. Wenn mei Gaul sich so benähme, Daß ich schleinigst rundergäme! 'S is ooch nämlich nich so leichte, Wie ich selbst mich ieberzeichte, Denn ich habe 's ooch erlebt, Wie 's is, wenn mer anstatt reiben Ohne weidre Fermlichgeiden Zwischen Limmel un Erde schwebt. Wie ich hier zun erschien Mal Ritt in unfern Daddersal, Lab' ich's deidlich weggegricht, Wie mer Lals un Beene bricht! So e Ferd, das hat in Stillen Nämlich ooch e eechnen Willen. Wenn das emal sagt: So is es! Is es ooch was ganz Gewisses, Daß es den, der oben sitzt. Wenn e uffmuckt, nundersliht. Wenn ooch viele das verlachen, Da derbei is nischt zu machen! Wir bitten, sich für das hübsch ausgestattete Büchlein, dessen Inhalt sich ausgezeichnet zu Vorträgen eignet, zu interessieren. Wir sind überzeugt, daß der Absatz bei der bekannten Persönlichkeit des Autors leicht und lohnend Lochachtungsvoll Berlin 68. *) Früher Verlag von Duncker L Lumblot in Leipzig. A. Lofmann 6c Comp.