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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 06.05.1927
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- 1927-05-06
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- 06.05.1927
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X- 106, 7. Mai 1927. Redaktioneller TeÄ. der Beteiligten ist; der Arzt, der neue Methoden der Operation herausbildet, ist in der gleichen Lage; aber auch der gewerbliche Erfinder ist in Deutschland nur für l8 Jahre im ibesten Falle in dem Genuß seines geistigen Produkts durch Patent gesichert. Wie geht es jenen Wohltätern der Menschheit, die Heilmittel zu sammenstellen, durch deren Gebrauch die Welt von zerstörenden Seuchen befreit wird? Vielfach scheuen sie sich, aus menschlichen Erwägungen heraus, ihre Erfindung überhaupt schützen zu lassen; aber auch der Erfinder des «geschützten Diphtherie-Serums hat nur 1ü Jahre lang die Früchte seiner so überaus segensreichen Arbeit genossen. Zuzugebcn ist, daß es bei den Künstlern, bei den wissenschaftlichen Schriftstellern anders als bei den erwähnten Er findern liegt, daß hier vielfach der Lebensunterhalt lediglich durch geistige Produktion gewonnen wird, während der sonstige geistig« Pfadfinder andere berufliche Einnahmen, Beamtengehälter usw. bezieht, daß die Rückwirkung z. B. der gewerblichen Patente auf die Allgemeinheit sich ganz anders auswirkt als der Urheberschutz. Aber ein irgendwie erträgliches Verhältnis muß doch zwischen :den hier in Betracht kommenden Gruppen «bestehen, und tvenn man dies zugibt, dann wird man nicht leugnen können, daß mit der 30jährigen Schutzfrist bereits überaus weit gegangen ist. Zwei Vorschläge bedürfen noch der Erwähnung: der jenige, nach Ablauf der 30jährigen Schutzfrist zioar Freiheit ein- tretcn zu lassen, aber den Verleger zu verpflichten, dem Autor oder seinen Erben eine Lizenzgebühr zu zahlen, und derjenige, eine solche Lizenz zugunsten eines geistigen Kulturfonds einzurich ten, der wiederum zur Unterstützung von Wissenschaft und Kunst verwendet wird. Gegen die Zwangslizenz für die Erben spricht insbesondere das Interesse der Allgemeinheit am vollen Genuß des ihr mit Recht zustehenden geistigen Eigentums; gegen den Kulturfonds sind verwaltungstechnische Nachteile ins Feld zu führen. Die Einnahinen würden sehr gering sein, ihre Verteilung würde einen Tropfen auf einen heißen Stein bedeuten und un endliches Schreibwerk und sehr erhebliche Verwaltungsausgaben mit sich bringen. Hier, wie bei Behandlung der ganzen Materie, gilt das Gleiche; für die Kunst, die Wissenschaft, für die notleidenden Erben großer Männer zu sorgen, ist Pflicht der Allgemeinheit, die er wachsenden Ausgaben müssen aus allgemeinen Mtteln fließen; der Verlängerung der Schutzfrist bedarf es nicht, um in dieser Hinsicht das Erforderliche zu tun, sie ist auch «ein ganz ungeeig netes Mittel, um wirksame Erfolge zu erzielen. Zur Aufklärung der Lebenden. Erwiderung an Will Vesper. Der Aktionsausschuß zur Einführung der fünfzigjährigen Schutzfrist veröffentlicht einen offenen Brief von Will Vesper an den Präsidenten des Reichsgerichts. Vesper führt an, daß man zu der Sache nur dann Fühlung nehmen soll, wenn man wahr haft unterrichtet ist; dieses Unterrichtetsein möchte ich Herrn Will Vesper vollständig absprechen, weil er keinen überblick über die Literatur hat, ich meine hier darüber, was für Bücher denn wirk lich verlangt, gekauft und gelesen werden. Meines Erachtens müßten zunächst die erfahrensten Sortimcntsbuchhändler und Bibliothekare zu der Notwendigkeit der Verlängerung der Schutz frist gefragt werden. In zweiter Linie kämen erst die Verleger, insofern sie die Feststellungen der Sortimenter und Bibliothekare nach den wirklichen Absatzzisfern und nach den Jahren seit Ver öffentlichung bekanntgeben. Die Menge der lebenden Schrift steller in di« Wagschale der Entscheidung zu werfen, wäre voll ständig verkehrt. Nach den Feststellungen der Sortimenter und Bibliothekare würde man sehr schnell und deutlich ersehen, ob die Notwendigkeit einer Verlängerung der Schutzfrist vorliegt. Die Autoren können gar nicht darüber gefragt werden, denn sic sind zu sehr Partei und haben selten das richtig« Urteil über die Wirlung ihrer Schriften. Hier möchte ich noch gleich ansügen, daß die Furcht der Lebenden vor den toten Dichtern und Schrift stellern ganz unbegründet ist, zumindest aber übertrieben. Jeder Buchhändler wird bestätigen, daß mindestens 7S Prozent aller Literatur, die gekauft wird, von lebenden Autoren stammen. Der Sortimenter und der Bibliothekar werden den lebenden Dichtern und Schriftstellern die Augen öffnen können, daß es einer dreißigjährigen Schutzfrist gar nicht bedarf, um die Werke be deutender Dichter vollständig in Vergessenheit geraten zu lassen. Als Beispiel füge ich hier Spielhagen an, der zu Anfang dieses Jahrhunderts noch von Melke in seiner Geschichte des Romans als der größte lebende Schriftsteller gefeiert wurde, der 1911 starb und lange schon nahezu vollständig vergessen ist. Ich nenne Paul Hcyse, von den, Cotta vor 4 Jahren eine neue Ausgabe der Novcllenbände hcrausbrachte, damals sagte mir ein Münchner Kollege: »Heyse wird nicht mehr gelesen». Paul Heysc 1830—1914 ist stark gelesen worden, viele Generationen haben sich an ihm er freut, und heute? Aus diesen zwei Beispielen kann man schon schließen, daß die meisten Werke vor Beendigung der dreißig jährigen Schutzfrist schon vergessen sind. Diese Beispiele können beliebig ivelt vermehrt werden. Wem diese beiden Namen nicht recht sind, dem nenne ich Gclbel 18l5—1884, frei seit I9lk>, Kinkel 1815—1882, frei seit 1913, Freiligralh 1810—1876, frei seit 1907. Was wird von diesen Dichtern heule noch gelesen? Ist es so viel, daß aus dem Ertrag ihrer Schriften ein Urenkel erzogen werden könnte? Ich glaube nicht daran. Wie steht es mit Martin Greis 1839—19N, der erst >942 frei wird? Nach meiner Erfahrung ist hier der Absatz zurzeit ganz verschwindend klein. Sicht man sich weiter um nach neueren Autoren, die in den Jahren 1904—1924 gestorben sind, von denen ich viele nennen könnte, die zu ihren Lebzeiten außerordentlich geschätzt, viel gelesen und bewundert wurden, die alle heute noch geschützt sind, so kann ich scststellen, daß sie mit ihrer ganzen Produktion heute schon nicht mehr gelesen lverden. Damit will ich nicht gesagt haben, daß sie vollständig vergessen wären. Jedenfalls werden sie der artig wenig gelesen, daß man mit Bestimmtheit sagen kann: diese Schriftsteller und Dichter bedürfen keiner fünfzigjährigen Schutz frist. Es ist mir klar, ebenso wird es den meisten Schriftstellern gehen, die heute für ihre Werke eine fünfzigjährig« Schutzfrist erstreben wollen. Um diesen nicht zu nahe zu treten, will ich keinen Namen nennen. Ich muß aber «besonders daraus himveisen, daß die Dichter, di« jetzt frei geworden sind, Gottfried Keller, Theodor Storni und Gustav Freytag, aus ganz anderm Holz geschnitzt waren als diejenigen Dichter und Schriftsteller, dle heute als Literaturfürsten ongesprochen sein möchten. Zur Beurteilung der Schutzfrist kommen auch noch andere Ge- j sichtspunkte in Frage, von denen ich heute nur einen erwähnen will, der nicht allzu selten zu beobachten war: Die Verleger waren s häufig nicht «die richtigen Bewahrer der Schätze ihrer Autoren. ,! Viele Dichter wurden erst dadurch, daß sle frei wurden, in wür-' digen Ausgaben dem deutschen Volke angeboten. Auch heute könnte ich noch geschützte Dichter nennen, deren Werke nicht in einer würdigen Ausgabe vorliegen. Elberfeld. Martin Hartmann. Offener Brief an Herrn Robert Boigtländer. zZt. Wiesbaden, den 12. April. Hochverehrter Herr Voigtländer! Ihr Vorwurf: »in schwankender Zeit auch schwankend ge sinnt» zu sein, trifft mich schmerzlich. Habe ich wirklich diesen Anschein envcckt? Habe ich mich sogar mit der Znmngslizenz einverstanden erklärt? Hier in der alten Bädcrstadt, die ein »Gustav Freytag-Denkmal» —ziert, kann man nicht sagen, denn es ist, ofsengestanden, scheußlich, — die aber sicher dadurch zeigte, daß sie den großen deutschen Dichter so hoch einschätzt, wie Sie es tun, habe ich keine Unterlagen, um sestzuskellen, ob Sie mich mißver standen haben oder ob ich mich mißverständlich ausgedrückt habe. Ich bin nach wie vor ein Anhänger der bestehenden Schutzfrist aus allen dafür angegebenen Gründen und besonders aus dem Wunsche heraus: quists nvv morsre. Aber als Vorsitzender der »Vereinigung schönwissenschaftlicher Verleger» muß ich auch denen Gelegenheit geben, dle für die SO Jahre sind, ihre Ansicht den Kollegen zu übermitteln, und ich habe die Verpflichtung, aus deren Wunsch ihre Gründe zu veröffentlichen. Ist das Wankelmut? Und gegen die Awangsltzenz bin ich doch deutlich genug ausgetreten,
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