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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 03.09.1908
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1908-09-03
- Erscheinungsdatum
- 03.09.1908
- Sprache
- Deutsch
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- Saxonica
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^ 205, 3. September 1908. Nichtamtlicher Teil. Börsenblatt s. d. Dtschn. Buchhandel. 9295 In jede Hiitt' dringt Hebels Schatzkästlein: Behüt Dich Gott, es war' ja schön gewesen, Doch leider Gotts, es hat nicht sollen sein. Versprochen hat er uns gar viel Genüsse. Er sprach vom »Seewein» und vom -Zeppelin- Und daß ein Jeder von uns fliegen müsse, Mit diesem über'm Bodensee dahin. Doch ach dem Seewein fehlt das feurig Wesen, Und's Steuer brach dem guten Zeppelein: Behüt Euch Gott, es wär so schön gewesen, Behüt Euch Gott, es hat nicht sollen sein. In bester Stimmung wurde nun die Fahrt nach der idyllisch gelegenen Insel Mainau unternommen, wo man zunächst die Gartenanlogen besichtigte. Ein schweres Ge witter zwang dann die Gesellschaft, ein schützendes Dach aufzusuchen. Bald aber zeigte der Himmel wieder ein freundliches Gesicht, so daß die Heimfahrt nach Konstanz fröhlich und ungestört erfolgen konnte. Ein Teil der Kollegen verlebte hier noch einige Stunden gemütlichen Beisammen seins, ein anderer Teil trat noch am Abend die Heimreise an. Manche haben am Montag noch eine kleine Seereise gemacht. Alle sind gewiß mit dem befriedigenden Gefühl von Konstanz geschieden, einen frohen, genußreichen Tag im Kreise lieber Kollegen verlebt zu haben. Der Dank hierfür gebührt vor allem den wackeren Kollegen Ackermann und Geß. E. Kundt, I. Schriftführer. Neue deutsche Buchkunst. Von Paul Westheim. (Vgl. Nr. 1?4, 185 d. Bl.) III. Melchior Lechter. Ros» va^stio»! Weltabgeschiedenheit. Jnsichversunkene Mystik. Heim liches Dämmerleben. Raunen und Rauschen. Weihe. Visionen aus der Tiefe, aus dem Übersinnlichen, aus psychischen Urgründen. Lechters Kunst hat ihren Bezirk weit, weit hinter den gepflegten Wiesenpfaden profaner Alltagsanschauungen. Sie hat etwas Astrales, etwas, was aufjauchzt und aufbraust in Sehnsucht und Inbrunst, etwas, was sich verzehrt in Er lösungsträumen, etwas, was rein keusch, abgeklärt, ehrwürdig und zugleich spröde sein möchte. Im geheimnisraunenden Dämmerzauber der Agidien- kirche in Münster soll der Junge in ehrfürchtiger Scheu dem Maler Settegast bei der Arbeit zugesehen haben. In der weihevollen Stimmung der Kirchenstille erwachte in ihm ein Gefühl für die Heiligkeit aller Kunst. Was er da vor sich entstehen sah, war von Steinles milder Art. Und je tiefer man hineinschaut in die Gestaltungen seiner Hand, um so stärker fühlt man den Hauch der Gesinnung, der einst die Nazarener beseelte. Wohlverstanden, die Gesinnung und nicht die Leistungen. Man muß die römischen Briefe eines Cornelius oder die gelegentlichen Äußerungen dieses Künstler kreises kennen, um die Gewalt eines verzehrenden Dranges nach Weltunberührtheit und mystischer Weihe ganz zu würdigen. Und man muß sich eine solche Gesinnung, die bei jenen so oft nur in großen Worten Ausdruck erhielt, beigesellt denken dem Gestaltungseifer eines gotischen Klein meisters. Die Entmaterialisierung des Stofflichen, die mystische Romantik des Phantastischen, verbunden mit einem modernen koloristischen Gefühl, sind die Elemente, die den Lechterschen Werken den sonoren Ton geben. Wenn eine solche Begabung hinüberstrebt in das Gebiet des Buchgewerbes, so ist es einleuchtend, daß ihr nur ein beschränkter Aktionsradius beschicken sein kann. Ihr Ideal muß notwendigerweise ein anderes sein als die Ziele, die wir Tag um Tag verwirklicht sehen möchten. Was hier ge schaffen wird, hat seinen Wert in sich, kann aber niemals Vorbild sein. Und es verlangt Voraussetzungen, die wiederum nur diese Art der formalen Lösung erlauben. Lechter müßte zweifelsohne seine feinsten, persönlichsten Reize opfern, wenn er irgend einem Märchen, einer klaren, frischen Novelle, Lyrik voll stillem weltfrohen und stnnenwahren Rhythmus, voll erkenntnisweher Klage die Form geben sollte. Und wenn man ihn veranlaßte — es ist wirklich geschehen —, einen Umschlag für ein Wäschepreisbuch zu entwerfen, so be weist das, wie gering eigentlich selbst unter den Besseren der Takt für stilistisches Empfinden ausgeprägt ist. Lechter kann sich nur ungehemmt auswirken, wenn ihm aus der Dichtung die eigene Note der weihevollen Gelassenheit entgegenklingt. Er führt ein Instrument, das nur einen Ton von sich zu geben vermag, den aber gibt es stark und rein. Er fand ihn in dem »Kreis der Blätter für die Kunst«, jener kleinen Lyrikergemeinde, die sich und ihre Dichtungen der Umwelt gegenüber in geheimnisvolle Schleier zu hüllen verstand. Lamprecht hat dieses Gebaren in seiner »Deut schen Geschichte« weidlich bespöttelt. Jedenfalls erstrebten die Dichter, die sich hier zusammengefunden hatten, eine lyrische Formkunst, die sich über alles Begeben und Ge schehen zu erheben suchte. Auch hier wurde der Kultus einer weihevollen Mystik getrieben; jeder Reim sollte auf einen sakralen Sockel gehoben werden. Zwischen, über und hinter den Dingen quollen traumhafte, visionäre Erkennt nisse hervor, denen Gestalt gegeben werden sollte. Erschei nungen wurden aufgelöst in Klänge, Töne, Rhythmen, Farb- akkorde, Erinnerungen und im Höchstfall Assoziationen. Nicht das Leben, nicht den Traum, den »Traum vom Leben nie geahnter Wesen« (Hosmannsthal) müssen wir in ihrer Kunst suchen. Stephan Georges Dichtungen sind — um einen Ausdruck der Blätter für die Kunst zu gebrauchen — »Wirk lichkeiten, die wie Traumbilder betäuben«, während andere »Traumbilder sind, die wie Wirklichkeiten bezaubern«. Un bedingt eine Dichterwelt und eine Gefühlssphäre, in der sich das Lechtersche Sinnen heimisch fühlen mußte. Aus ihren Wortformungen züngelte ein Geist heraus, der auch die vielfältigen Verzweigungen seiner Linie durchpulst. Nichts war natürlicher, als daß er sich zu dieser weltabgewandten Gruppe stellte, um ihre Schöpfungen in die artgerechte Form zu gießen. 1896 setzt diese Tätigkeit mit Stephan Georges »Jahr der Seele« ein. Lediglich mit der Type sucht er das Wesen dieser Dichtungen zu erfassen. Blaue und rote Initialen sind geschmackvoll eingeflochten. Die ganze Qualität eines solchen Bandes erkennt man sehr gut an einem Vergleich mit der 1904 erschienenen neuen Auflage. Der zartgrau grüne Schnitt der ersten und der gewöhnliche rote der zweiten Ausgabe deuten schon äußerlich diesen Unter schied an. Ein Jahr später erscheint im Diederichsschen Verlag Maeterlincks: Schatz der Armen. Das übliche läng liche Format ist hier zugunsten eines festgefügten Satz spiegels einer nahezu quadratischen Gestaltung geopfert. Die Type verlangt ein langsames, sorgsames Lesen, wie es diese tiefdeutigen Essays erfordern. Initialen, ein paar Vignetten voll gewaltiger Prägnanz sind Reflexe dieser lautlosen Psychespekulationen. Und als Introduktion steht vor dem Ganzen ein graphisches Vorspiel, gefügt und gewirkt aus abgrundtiefen, erlösungsheißen Tönen. Nicht etwa eine Illustration, eher ein Bekenntnis von dem Eindruck, den ein dem Denker kongenialer Leser davontrug. Lechter bietet oft solche Erkenntnisse. Immer bleibt er sich aber bewußt, ein Stück Flächenkunst zu geben, eine buchgewerbliche Aufgabe bewältigen zu müssen. Und als Wichtigstes erscheint ihm die Notwendigkeit, für seine Zeichnung die Strichführung zu 1213»
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