Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 27.10.1921
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auch in der Hoffnung, bescheidene Gewinne zu erzielen. Aber seit dem Kriege erhalten die Historiker, Philosophen, die besseren volkswirtschaft lichen Schriftsteller und die Männer der ernsten Wissenschaft von ihren Verlegern nur abschlägige Antworten. Die gewöhnlichste Schwierigkeit ist heute die, daß der Absatz eines großen, gelehrten Buches über ein ernstes Thema, der vor dem Kriege die Kosten des Verlegens herein brachte, heute nicht die Hälfte derselben decken würde. Die Vervielfäl tigung aller Kosten läßt die Verkaufsfähigkeit geringer erscheinen als vor acht Jahren, besonders da gerade die Abnehmer, mit denen hier gerechnet wird, fast alle durch den Krieg verarmten. In einem weni ger hohen Grade treffen diese Befürchtungen auch bei den ernsten noch ivenig bekannten Romanciers zu. Als man die 1 Shilling-Romane noch mit den Kosten von etwa 40 Pfd. herstellte, schloß schon ein mäßiger Umsatz Verluste aus und ermöglichte Gewinne. Aber jetzt überlegt cs sich ein Verleger lange, bevor er sich zur Herausgabe eines Romans entschließt, der nicht von vornherein populär genug gehalten ist, um den Absatz von mindestens einigen tausend Stück zu gewähr leisten. Kurz, um die gute Literatur ist es schlecht bestellt. Sie »zieht« nicht. Natürlich darf man nicht erwarten, daß für uns so bald die Zeit wiederkommen wird, wo die berühmtesten Bücher ihrer Art auch die am meisten vertriebenen und die größten Quellen finanziellen Ge winnes waren. Autoren wie Dickens und Macaulay konnten nur in einer Zeit die »gangbarsten« sein, wo das gebildete Publikum maß gebend war und das Volk noch nicht so vorgeschritten war, um als Käufer eine Nolle zu spielen. Wir haben jetzt zwei literarische Absatzgebiete: eines bescheidenen Umfanges für Werke guter Art, wie Hardys und Merediths, Steven sons und Galworthys, die noch Leser finden, wie seinerzeit Thackeray, Bronts und George Eliot, und ein solches, wie es nie zuvor existierte, das Hunderttausende von Exemplaren der Werke einer Miß Corelli, eines Sir Hall Caine und Millionen solcher von Charles Garvice und Nat Gould verschlingt. Solange wir die Halbgebildeten nicht ganz bil den, wird die Zeit schlecht für gute Schriftsteller und gut für minder wertige sein. Bis jetzt hatte sich die gute Literatur sortfristen können, und erstklassigen Talenten wurde es möglich gemacht, Verleger zu fin den. Heute ist hauptsächlich sic bedroht. Dieselbe phantastische Kosten vermehrung, die auch die Aufführung literarisch wertvoller Stücke an den Londoner Theatern verhindert, da die Direktoren andere als offen sichtliche »Schlager« nicht aufzuführen wagen, nagt an dem Lebensnerv des wirklich guten Schrifttums. Sir Charles Oman schlägt als Hilfsmittel eine Reduzierung der sprunghaft gestiegenen Kriegslöhne der Drucker und Buchbinder vor. Er rührt damit an einem Problem, das von den unmittelbar daran interessierten Parteien, von denen ja keine durch den dauernden Rück gang des Verkaufes guter englischer Bücher Vorteil hat, lebhaft dis kutiert wird. Aber sogar wenn Buchdrucker und Buchbinder an dem Kampfe gegen die Nachkriegs-Verluderung teilnehmen, bleibt noch immer jener Teil des Problems zu lösen, der das Gedeihen des guten und doch spärlich verbreiteten Buches betrifft, das im Wirbel der Lieblinge der Halbgebildeten und der Brotartikcl des Buchhändlers ein kümmerliches Dasein fristet. Für die Bibliothekare ist es die Frage, ob sie die Versorger des dieses Lesefutter in Massen wahllos ver schlingenden Lesepublikums bleiben oder zu Beratern desselben wer den wollen, um das gedankenlose Jnsichhineinlesen einzudämmen. In der Mitte des letzten Jahrhunderts pflegte man Leselust und Lesewut eine Tugend zu nennen. Wir wissen heute, daß Lektüre eben sogut als Vcrfeinerin geistiger Fähigkeit, wie auch als Schlafmittel oder noch Schlechteres gebraucht werden kann. »Literatur«, sagt Lord Morley, »wird weder einen guten Bürger noch einen guten Menschen machen.« Ob die Stadt etwa durch ihre Bibliotheken ihre Bürger mit Büchern versorgen sollte, wie sie sie mit Leuchtgas versorgt, oder ob ihnen durch ihre Bibliothekare die Aufklärung übermittelt werden sollte, daß dieses Gas, so wie das andere, ebensogut als geistige Erleuchtung wie auch zum geistigen Selbstmord benutzt werden kann, bleibt eine offene Frage. Der weitreichende Einfluß einer Körperschaft, wie es die englische Bibliothekarvereinigung ist, könnte sich geltend machen in der Propa gierung der Bücher echten Wertes und damit auch die Lösung der per manenten ökonomischen Schwierigkeiten ihrer Produktion herbeiftthren. Jedoch gehört zur Prüfung der bevorzugten Werke jeder Art Literatur in öffentlichen Bibliotheken viel Takt und großes Wissen. (Übersetzt von Franz Unger j r.) Buchhändler — treibt Sport! Von Herbert Köhler, z. Zt. Duisburg. Obgleich sonst in unserem Börsenblatt nur reine Fachfragen, mögen sie technischer, kaufmännischer oder wissenschaftlicher Art sein, zur Erörterung kommen, glaube ich doch, daß es nichts schaden kann, wenn auch einmal auf ein Gebiet gewiesen wird, das rein äußerlich mit dem Buchhandel und Buchhändler nichts gemein hat. Wenn der Buch händler von Erholung nach der Geschäftszeit spricht, denkt er im all gemeinen nur an Beschäftigungen, die mit Kunst, Literatur oder Wis senschaft Zusammenhängen. Durch seinen Beruf (ich denke vor allem an den Sortimenter) ist er genötigt, in allen diesen Gebieten immer auf dem laufenden und gut unterrichtet zu sein. Wieviel Buchhändler, junge wie ältere, wird cs geben, die in ihrer freien Zeit überhaupt an eine körperliche Ausarbeitung, Kräftigung und Erholung denken? In früheren Zeiten, in denen vom jungen Buchhändler mehr als heute in bezug auf Arbeitszeit und Arbeitsforderung verlangt wurde, mar es auch schlechthin unmöglich für ihn, noch irgendwann Zeit zum Be treiben des Sports zu finden. Bei der vollkommenen Abspannung durch seinen Beruf hätten wohl kann: die besten Überredungskünste geholfen, ihn für den Sport zu gewinnen. Heute liegen die Verhält nisse zum Teil anders. Es werden aber doch noch die wenigsten Buchhändler etwas vom exakten, abgezirkelten Achtstundentag wissen. In vielen Geschäften ist die Erledigung gewisser Arbeiten nach Ge- schästsschluß nicht zu umgehen. Es wird auch heute noch genug Sorti menter geben, denen es beim besten Willen unmöglich ist, Sport zu treiben, es sei denn am Sonntag. Dieser eine Tag ist jedoch viel zu wenig zur Straffhaltung des Körpers. Und ich möchte hier gleich auf ein System Hinweisen, das sich fast in jedem Geschäftsbetriebe gut einführen ließe. In jeder Woche müßte nämlich jeder Angestellte (auch der Chef selbst) einen Nachmittag oder doch einige Stunden frei haben, um, vor allem im Sommer, ungestört mehr seinem Körper und seiner Gesundheit zu dienen. Es könnte ja so eingerichtet werden, daß trotzdem jeder seine volle Wochenstundenzahl erreicht. Gerade wir Buchhändler haben mehr als jeder andere kaufmännisch Tätige körper liche Erholung und Stärkung nötig. Sehen wir uns doch einmal in unserem Berufe um. Wie selten begegnen wir guten Augen, aufrechter Haltung, elastischem, gewandtem Körper. Wie viele fand ich schon, die noch nicht über 30 Jahre waren und doch schon vollkommen nervös (Buchhändlerkrankheit!) und abgespannt waren und in Haltung und Gang viel zu wünschen übrig ließen. Ich bin mitten in einer starken Sportbewegung ausgewachsen und habe dabei immer verfolgt, in welchem Maße die einzelnen Berufe am Sport beteiligt sind, aus welchen der Sport die meisten Jünger an sich heranzieht. Heute findet man unter jedem Stand, jedem Gewerbe, vom Landarbeiter bis zum Studenten, genug und begeisterte Anhänger des Sportspiels. Nur ein Berus steht im dunklen Hintergrund: der Buchhandel! Von einem sehr mitgliedsreichen Verein ist es mir z. B. bekannt, daß außer einem kaum noch sonst ein wirklicher Buchhändler in seinen Reihen ist. Ferner kenne ich in der »Buchhändlerstadt« Leipzig in der ganzen größeren Sport bewegung nur zwei Persönlichkeiten aus dem Buchhandel, die sportlich bekannt sind und sich durchaus für den Sport einsetzen. Diese haben allerdings auch schon Hervorragendes für den edlen Sportgedanken geleistet. So ist der eine ein vielfacher, außerordentlich talentierter und vor allem überaus gebildeter Sportsmann, nicht nur in Leipzig, sondern weit darüber hinaus bekannt. Das sind aber nur Ausnahmen, die die Regel bestätigen. Interessant ist vielleicht ferner die Statistik, daß nach meinem Wissen in unseren deutschen repräsentativen Lands mannschaften, die sich aus Angehörigen der verschiedensten Berufe zu sammensetzen, keine Buchhändler sind. Es ist tieftraurig, wie wenig Buchhändler sich überhaupt im entferntesten mit dem Sport beschäftigen und eine Ahnung vom reinen Sportgedanken haben. Und dies in einer Zeit, in der der Sport eine Macht darstellt, die ganze Städte umklammern und in Spannung halten kann! Dabei soll doch gerade der Buchhändler ein großes allgemeines Verstehen und Vertiefen in jegliche Materie sich aneignen und erlernen. Nicht nur in allen wissenschaftlichen, politischen, literarischen, künstlerischen, sondern auch in allen Zeitströmungen soll er zu Hause sein. Beim Sport kann er dabei nicht nur geistig und geschäftlich (Sport-Literatur!), sondern auch — und das ist mir das Ausschlaggebende — körperlich gewinnen. Die Bureau-Angestellten des Buchhandels haben meist schon genug Zeit, und die Sortimenter sollten wenigstens Sonntags an ihren Körper denken. Es kann sich jeder ruhig einem unserer großen Sport vereine anvertrauen, in denen heute meist systemvolle, hygienische Aus bildung und Bewegungskultur gepflegt wird. Wir müssen uns dann aber auch als Buchhändler mit der Sportliteratur vertrauter stellen, müssen in ihr beraten und einen fremden Menschen dafür be geistern können. Hat schon einmal jemand ein ganzes Fenster oder wenigstens ein Teilfenster, mit Sportliteratur gesehen? Wenn nur mehr Sportleute unter uns Buchhändlern wären, das Gebiet läge nicht so verödet und unausgenutzt, und doppelter Nutzen entstünde. Die Sportliteratur wächst zusehends an und wird immer stärker verlangt werden. Also zweierlei fehlt in unseren Reihen: Zeit, das ist das kleinere Übel, — und: Interesse, Beachtung des Körpers, — das ist das größere. Treibt Sport, denkt an ihn, und rechtzeitig! l583
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