Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 09.04.1923
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- ZeitungBörsenblatt für den deutschen Buchhandel
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Redaktioneller Teil. X° 82, 9. April 1923. er im Eifer des Unterrichts ihn hart behandelt habe und daß Lwdwigs dankbare Anhänglichkeit ihn rühre«. Im Schulentlassungsschein von Fcllhcim vom 16. Juni 1853 werden Ludwigs Geistesgaben als »sehr viele« bezeichnet, und die einzelnen Fächer sind sämtlich mit »vorzüg lich« ausgcfüllt. Heß empfiehlt ihn am 27. September 1858 warm, und so ausgerüstet nimmt Ludwig sein erstes und einziges Engagement als Gehilfe au in der Kuhlmeyerschcn Buchhandlung (H. H. Feddersen) in Licgnitz mit 150 Talern Gehalt jährlich und 10 Talern Weihnachtsgeschenk bei freier Wohnung und Kost, nebst Ncisespesenvergütung. Charakteristisch für die Zeit ist folgende Stelle im Briefe des Chefs: »Betreffs Feurung und Licht bemerke noch, daß diese Ausgabe bei Ihnen gar nicht sehr in Betracht kommen kann, da der größte Thcil Ihrer Zeit ja im Geschäft zugebracht wird«. Die ganze Tätigkeit im Lieguitzcr Geschäft erstreckte sich für Noscnthal vom 1. Februar 1859 bis 16. Mai desselben Jahres, dann geht er wieder unter Anerkennung der geleisteten Dienste. Vom 1. Juni 1859 datiert das Zeugnis seiner Gehilfenprüfung zu Memmingen. Am 18. November 1862 wird ihm das Gewcrbe-Prüfungszeugnis zum selbständigen Betrieb der Buch handlung mit der Note 2 zu Augsburg ausgestellt, am 26. Februar 1863 die Konzession für den Buch- und Antiquariatshandel zu Fell heim. Im Juni dieses Jahres kündigt Nosenthal bereits seinen Kata log 1 an: Katholische Theologie mit Anhang: Manuskripte, Marienliteratur usw., ca. 3000 Werke. Am 10. April 1 867 (also gerade vor 56 Jahren) wird Nosenthal die Legitimation ausgcfertigt für die »persönliche Antiquariats-Buch- Handlungs-Concession« für die Stadt München, am 4. Mai folgt die Ansässigkeitsmachung als Bürger und Buchhändler daselbst. So hatte Ludwig Nosenthal den Platz erreicht, von dem aus sein Aufstieg ans- gchen konnte. Bei Gelegenheit der vorher erfolgten Etablierung in Fcllhcim wird Nosenthal ein Vermögens- und Leumundszeugnis aus gestellt, in dem es heißt, »daß er einen guten Lebenswandel geführt, durch Fleiß, Mäßigkeit und Sparsamkeit sich ausgezeichnet und min destens 5000 fl. Vermögen besitze«. Es ist öcr typischeWeg für den intelligenten israelitischen Geschäfts mann, den Ludwig Nosenthal auch gegangen ist. Der Vater im kleinen abseits gelegenen Orte handelnd, der Sohn etabliert sich daselbst auf kurze Jahre; hat er dann schwimmen gelernt und sich etwas Kapital erworben, so geht es in die nächste Provinzstadt, dann in die Resi denz, dann nach Paris, London, oder nach Amerika. Auch Nosenthal plante, eine Filiale in New Aork zu gründen, ein Projekt, -das nicht zur Ausführung kam. In den achtziger Jahren namentlich, als die drei Brüder noch gemeinsam das Geschäft innehattcn, übernahm der jüngste, der jetzige Hofantiqnar Jacques Nosenthal, die Reisen nach Paris und London und pflegtö die geschäftlichen Verbindungen mit Frankreich und England, aber auch Ludwig selbst war ein häufiger Besucher Italiens und Spaniens, und zahlreiche wohlgcfüllte Bücherkisten aus diesen Ländern landeten in der Hildegardstraße. Noch in schon reiferen Jah ren war er ein gern gesehener Gast ans Schlössern und in Klöstern, deren Insassen einzelne wertvolle Objekte oder ganze Sammlungen ab geben wollten. Ich erinnere mich des letzten Besuches von Nosenthal in meinem Geschäfte. Leise in Gummischuhen trat Ludwig ein, bedachtsam nahm er das Halstuch ab, nahm Platz vor dem Leltenhciten-Schranke; nnmerklich den Kopf ein wenig wiegend, wiederholte er lispelnd die Titel der Bücher, die er erfaßte; das scharf vorspringende Profil, von der goldenen Brille überdacht, hob sich von dem grünen Vorhang des Bücherschrankes reliefartig ab, fast mehr der Typ des Gelehrten als des Händlers — so war der Eindruck, den er dem Beschauer hinterließ. Noch vordem Ludwig seine beiden Brüder Jacques und Nathan 1872 zu Teilhabern ausgenommen hatte, erfolgten umfangreiche Ankäufe, so die Bibliothek des Benediktinerklostcrs St. Veit bei Neumarkt a/Nott, die Stadtbibliothek Lcutkirch in Württemberg, die Bibliothek der Familie Hoermann von Gutenberg, die Bibliothek des Jesniten-Kollcgiums Landsberg (Schwaben), die Bibliothek des Freiherrn Karl Maria von Aretin, die Bibliothek des Rittergutes Lobris in Schlesien. Bei der teilweisen Erwerbung zweier bekannter Samm lungen war ich selbst gegenwärtig. Es handelte sich um die Inkunabeln der Stadt Heilbronn, die zwischen Ludwig Nosenthal, Heß in Erlangen und K. Th. Völckcr in Frankfurt, letzterer durch mich vertreten, ver steigert wurden, und später um die große Auktion der Bibliothek des Klosters Buxheim Anfang der achtziger Jahre, bei der Noscnthal nach der Versteigerung noch den ganzen „»katalogisierten Teil der Samm lung übernahm, der fast ein Zimmer anfüllte. Die Gebiete, die das Noscnthalsche Geschäft kultivierte, waren, von der katholischen Theo logie ausgehend, protestantische Theologie, NeformationSschriften, alte Jurisprudenz und Medizin, typographische Seltenheiten, Holzschniti- wcrke, Ornamentik, Einbände, Wiegendrucke, deutsche und ausländische Literatur, Handschriften, Heraldik, Genealogie, Porträts und Kupfer stich«. Auf einige besonders wertvolle Kataloge verweise ich am Schluß des Artikels. Es erübrigt sich noch auf einige Daten des äußeren Geschäftsganges hinznweisen. Am 1. Mai 1895 traten die Brüder Nathan und JacqneS ans dem Ludwigschen Geschäfte ans und gründeten in München ihre eigenen Häuser. Nathan starb vor einem Jahre; er hatte die Eigen tümlichkeit, nach Teilung des gemeinsamen Geschäftes nichts Neues zu erwerben, sondern befaßte sich nur mit dem Ausverkauf seines umfang reichen Lagers. Im Gegensätze hierzu baute sich Jacques ein eigenes Geschäftshaus in der Briennerstraße und spezialisierte sich vorwiegend auf den Vertrieb kostbarer Manuskripte, Inkunabeln, Seltenheiten und werlvoller Stiche alter Meister; kam doch durch ihn die Mayersche Dürer-Sammlung im Verein mit Cassirer in Berlin zu Versteigerung. Im Jahre 1905 nahm der Vater Ludwig seine drei Söhne Adolf, Nor bert und Heinrich als Teilhaber auf, und im Juni dieses Jahres zog er sich nach 67jähriger buchhändlerischer Tätigkeit vom Ge schäft zurück, mit ihm sein ältester Sohn Adolf, nachdem er 30 Jahre lang fleißiger Mitarbeiter im väterlichen Ge schäfte gewesen war; er war mit im Felde und sammelt jetzt bibliographische und kunsthistorische Werke. Die beiden Söhne Norbert und Heinrich teilten das väterliche Erbe in der Weise, daß Nor bert das Ctammgeschäst in der Hildegardstraße behielt, während Hein rich ein eigenes Geschäft in München gründete und sich hauptsächlich dem Verkauf literarischer Seltenheiten widmet. Durch Ludwig Nosenthal trat München mit Leipzig, Berlin, Frankfurt, Stuttgart (letzteres in bezug auf den Knpserstichhandel) in gleiche Linie, ja übernahm im Hinblick auf Inkunabeln und Handschrif ten die führende Nolle. Die Wissenschaft verdankt dem Noscnthalschen Antiquariate manche Anregung und Entdeckung. Ich erinnere an die Auffindung der wertvollen Globuskarte mit der Schiffstour der Magel lanschen Weltumsegelung von 1523, an den Vcrrazauo-Weltglvbus von 1530, den Nosenthal in Paris fand. Ein seltener unbekannter Holz druck des Endkrist gehört zu den Rosenthalschen Funden, der von H. Tittrich eingehend gewürdigt worden ist. Erinnert sei an die Auffin dung des »Kli88ale speeiale«, in dem Hupp, Misset und Stein einen Versuchsdrnck Gutenbcrgs und einen Vorläufer des Psalteriums von 1457 erkannten. Die 47 Blatt umfassende sogenannte Mantegna-Spi-el- kartc des Baccio Baldini aus bcm 15. Jahrhundert wurde durch Nosen thal nach dem Auslande verkauft. Ludwig selbst schrieb über Hans Behams alttestamentliche Holzschnitte und deren Verwendung zur BU- chcrillustration 1529—1612. Im Münchner Altertumsverein und in Fachblättern hat Nosenthal gelegentlich manches von bibliographischem Interesse mitgeteilt, besitzt er doch eine bibliographische Handbibliothek von seltener Vollständigkeit. Als seine Schüler, außer den Brüdern und Söhnen, zählt Ludwig auf: I. Halle, Emil Hirsch in München, als zeitweise Mitarbeiter: Lesser in Breslau, der verstorben, Martin Breslauer in Berlin, Mar von Bochn in Berlin; Max Ziegert, Frank furt a. M (derzeit Miltenberg a. M.). Der Kundenkreis, der natürlich international geworden ist, -darunter mancher berühmte Name, wird dem 83jährigen ein dankbares Andenken bewahren und die jüngeren Kollegen werden ein Vorbild finden, wie burch rastlose Tätigkeit und durch Selbstbildnng ein Resultat zu erzielen ist, wie es die Lebensarbeit Ludwigs darstellt. Freilich macht es die Ar- beitsfreudigkeit nicht allein, cs gehört ein innerer Drang dazu, den der Antiquar haben muß, eine Liebe zum Buch, eine angeborene Begabung für den Beruf, der sich nicht bloß erlernen läßt, die Noscnthal ohne Zweifel in hohem Maße besessen hat und die ihn führte zu dem, was er geleistet hat. Wenigstens bei den bedeutenden Antiquaren der alten Schnlc findet man diese Eigenschaft meist; so geartet waren: Albert Cohn. I. A. Stargardt, List, Weigel, Lempertz, Baer, um einige Namen zu nennen. Diese Vorbilder verblassen langsam für die junge Generation, denn der Typ des Antiquars des zwanzigsten JahrlMiderts hat sich ge ändert und verändert sich noch. Das langsame Anwachsen des Lagers, von sachkundiger Hand vorbereitet und ausgewählt, hält mit dem be schleunigten Tempo der Zeit nicht Schritt. Alles drängt auf raschen Umsatz mit Nekordpreisen und Massenbetrieb; K. W. Hiersemann fand schon bewunderte Achtung durch seine großzügige kaufmännische Art der Geschäftsführung, jetzt soll K. F. Koehlers Antiquarium 125 Kräfte im Antiquariat beschäftigen. Früher arbeitete ein bedeutender Antiquar mit zwei bis drei Gehilfen und einem Packer, selbst ein so großes HauS wie Baer L Co. kan, mit so wenigen Hilfskräften aus. Die Zeiten scheinen vorbei zu sein. Wer weiß, ob nicht in kurzer Zeit sich Antiqua riate Zusammenlegen, wie es jetzt im Verlag geschieht und es sich auch teilweise im Sortiment anzubahncn scheint. In feinem eigentlichen Wesen mag das Antiquarintsgeschäft diesem Zuge der Zeit wider- strcl'en — aber wir erleben so inanche Wandlung, warum nicht auch Ich erwähne zum Schluß noch die hauptsächlichsten Kataloge, die du? Noscnthalsche Geschäft herausgegeben hat: Nr. 11. 69: Ornamentstiche 1872. 1892; Nr. 16: Libliotkeea ms§iea 1873; Nr. 17. 26. 37: Katho lische Theologie in -deutscher Sprache 1873. 1877. 1883; Nr. 2. 3a. 61; vibliotbe-ca musiea 1878. 1879. 1889; Nr. 28. 34. 35. 36. 41. 49. 60. 62.
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