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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 10.10.1931
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- 1931-10-10
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- 10.10.1931
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X- 236, lO. Oktober 1831. Redaktioneller Teil. Börsenblatt f- d.Dtfchll.Buchhandel. schieden sedes Währunpsexperiment ab. In der Handelspolitik muß eine Linie verfolgt werden, die der Aufrechterhaltung und Erweiterung der deutschen Ausfuhr ebenso Rechnung trägt wie der Ausrechterhaltung und Erweiterung des Binnenmarktes. Zugleich wurde unterstrichen, daß der wirtschaftliche Erfolg der vorgeschlagcnen Maßnahmen davon abhängt, in welchem Tempo und Umfang sie durchgeführt werden. Es wäre falsch und bedauerlich, wenn die Reichsregierung ihre Kräfte durch un organische Einzelmaßnahmen verzettelte, heißt es. In den gro ßen Zusammenhang der dargestellten Linie gehöre auch die Auf gabe der Reichsreform, die nicht etwa deswegen zurückgestellt werden dürfe, weil im Augenblick andere Aufgaben zu erledigen seien. Nach der Auffassung der Wirtschaftsverbände hängt die ganze staatliche, wirtschaftliche und kulturelle Zukunft Deutsch lands von folgenden beiden höchsten Grundsätzen ab, denen sich in dieser Stunde alle'Berufszweige, Volksschichten und Parteien unterordnen müssen: dem freiheitlichen Grundsatz der von den schöpferischen Kräften der Einzelpersönlichkeit des Arbeitgebers und des Arbeitnehmers getragenen Privatwirtschaft und dem bindenden Grundsatz der nationalen Idee und der nationalpoli- tischcn Verantwortung. Schon vorher war betont worden, daß schärfste Kritik am Platze sei gegenüber einem politisch diktierten Wirtschaftssystem, welches zwischen Kapitalismus und Sozialis mus hin und her schwankt, und zur Folge hat, daß dem Kapita lismus die Fehler des Sozialismus zur Last gelegt werden. Die deutsche Politik muß erkennen, daß es zwischen sozialistischen und kapitalistischen Wirtschaftsmethoden kein Kompromiß gibt. Sie muß sich offen und rückhaltlos zu einem Weg ganz bekennen. Nicht minder deutlich haben die Gewerkschaften aller Rich tungen in ihrer Antwort darauf die entgegengesetzten Forderun gen formuliert: 1. Sicherstellung einer ausreichenden Versorgung aller Ar beitslosen. 2. Verkürzung der Arbeitszeit — insbesondere durch Ein führung der Iv-Stunden-Woche — zum Zwecke der Mehrboschäf- tigung von Arbeitskräften. g. Erhaltung und Steigerung der Kaufkraft der Löhne und Gehälter, Sicherung des TarisrechtS und des staatlichen Schlich tungswesens. 4. Senkung der Zölle mit den, Ziel der stärkeren Anpassung der deutschen Preise und Lebenshaltungskosten an das gesunkene Preisniveau des Weltmarktes; Druck auf überhöhte Handels- und Verarbeitungsspannen. 5. Auflockerung der monopolistischen Preisbindungen in allen Stufen der Wirtschaft bei gleichzeitigem Ausbau der öffent lichen Kontrolle. 8. Öffentliche Bankenaufslcht mit dem Ziel der Verhütung von Fehlleitungc» des Kapitals und Sicherung volkswirlschaft- licher Kapitalverwciidung. 7. Rücksichtslose Kürzung der überhöhten Spitzengehältcr und Pensionen in Wirtschaft und Verwaltung. Die Durchführung dieser wirtschaftspolikischen Richtlinien muß verbunden sein mit der Abwehr aller die Währung bedrohen den Experimente, ferner mit zkelbewußter Förderung der inter nationalen Verständigung, die gerichtet sein muß ans Konsoli dierung der schwebenden Schulden Deutschlands, auf internatio nale Zusammenarbeit zur Sicherung gesunder Kapitalvertcilung und aus dauernde Lösung der Frage der internationalen Kricgs- verfchnkdung und der Reparationen. Schon der Gewerkschaftskongreß in Frankfurt a. M. hatte erkennen lassen, daß man seine Ansprüche anzumelden ent schlossen war. Die freien Gewerkschaften fürchteten ausgeschaltet zu werden. Wir haben uns vergeblich bemüht, mitzuwirken, hieß es im Geschäftsbericht Leiparts im Hinblick auf die Notverord nungen. Man hat uns empfangen, man hat uns aber nur »höf lich angehört» und hat nicht daran gedacht, uns hinzuzuziohen, obschon »andere Wirtschaftskrise ständig gebeten gewesen seien. Ja, es scheint tatsächlich so, als ob die Regierung ohne und gar gegen die Arbeiterschaft zu regieren gedenkt.«' Die Lasten der Wirtschaft würden dauernd auf die Schultern der Arbeiter ab gewälzt, daher »ist es erstaunlich, wie die Masse der Arbeitslosen bisher noch ruhig bliöb.« Die Drohung hat genügt, um in den letzten Notverordnungen mancherlei Maßnahmen Wirklich keit werden zu lassen, die als Abschlagszahlungen an die Wünsche 900 der Gewerkschaften gelten können. Freilich ändern sie an der Wirtschaftslage selbst nichts. Sie verhindern höchstens, daß eine Besserung eintreten kann. Mittelpunkt des Streites wird nun die Tariffrage. Dazu schrieb Aufhäuser am 2. Oktober im »Vorwärts«: Im Mittelpunkt der kommenden Entscheidungen aber steht die Frage des Kollektivismus. Für die Sozialdemokratie steht und fällt di« neue Notverordnung mit dem Schicksal des Tarifver trags. Jeder Einbruch in das bestehende Tarifrecht ist gleich zeitig ein Angriff ans den Bestand der Arbeiter- und Angcstellten- organisationen. Daß der Zweck der Tarisrechtsänberung im Lohn- und Gehaltsabdau liegen sollte, geht aus den Vorschlägen hervor, die gemacht wurden. Bis tief in die Reihen des Reichskabinetts ist verlangt worden, daß ein Spielraum von 2V Prozent bei den Tariflöhnen geschaffen werden soll, innerhalb dessen die verein barten Löhne durch Betriebsvereinbarungen abdingbar gemacht werben würden. Die Unabdingbarkeit der Tariflöhne aber ist für die Arbeiterschaft ein unveräußerliches Gut. Es geht nicht an, dis durch die Gesamtheit der Berufsgenossen kollektiv er rungenen Löhne innerhalb des einzelnen Betriebes oder ini Etn- zelvertrag wieder ab bauen zu lassen. Mit der Erschütterung der Unabdingbarkeit des Tarifver trages wäre der durch die Arbeiterklasse in Jahrzehnten mühsam erkämpfte und seit 1S18 gesetzlich verankerte Kollektivismus aus- gehöhlt. Die Negierung darf sich auch keinem Zweifel htngeben, daß mit der Beseitigung der Unabdingbarkeit gleichzeitig die taris- liche Friedenspflicht der Gewerkschaften zu bestehen aufgehört hätte. Der Kollektivismus ist die Voraussetzung für die organi satorische Krastentsaltung der gewerkschaftlichen und politischen Arbeiterbewegung. Darum steht das Tarifproblem tm Mittel punkt der Unternehmerkunbgebung. In ihr wird die individuelle Lohngestaltung als HauptvorauSseyung für Lohn- und Gehalts anpassung d. h. Abbau angesehen. Die TarisrechtS- und Schlichtungsfvage werden der neuen Notverordnung das Gepräge geben. Wir wünschen, daß die be stehenden Bestimmungen von der kommenden Notverordnung un berührt bleiben. Bringt dagegen die Notverordnung Änderungen, so käme sie einer Kriegserklärung an die sozialdemokratische Ar beiterschaft gleich. Will der Reichskanzler gemäß der Jndu- striellenkunbgebung Handlungen vermeiden, »die im Widerspruch zum individualistischen Wlrischastssystem stehen«, dann hätte er das Darisrecht in der neuen Notverordnung preiszugebcn. Will er eine politische Kris« und den offenen Gegensatz zu den schassen den Volkskräsie» vermeiden, dann muß er die restlose Aufrechi- erhaltung des TarisrechtS gewährleisten. Die letzten Notverordnungen (bis zum 8. d. M.) haben die Tariffrage noch nicht angepackt. Das Eisen ist zu heiß. Der Reichskanzler beabsichtigt ja nach dem Vorbild der Arbeitsge meinschaft von 1918 die beiden Parteien an den gemeinsamen Verhandlungstisch zu holen, um eine Einigung zu versuchen, die angesichts der Not in der Tat wünschenswert erscheint. Wird sie aber möglich sein? Nur mit Sorge liest man bei Aufhäuser den Satz: »Jeder Einbruch in das bestehende Tarifrecht ist gleich zeitig sin Angriff auf den Bestand der Arbeiter- und Angestell tenorganisationen.« Spitzt sich die Lage wirklich nur so scharf zu, weil die Gewerkschaften ihren Bestand als Organisationen glauben verteidigen zu müssen? Sind die Organisationen wirk lich wichtiger als die Wirtschaft? Schließlich kommt es in erster Linie doch darauf an, daß die Arbeitslosen wieder Arbeitsplätze erhalten. Wie würde 'wohl eine Befragung der Arbeiterschaft selbst, ob sie die Sicherung der gewerkschaftlichen Organisationen und Dogmen der Sicherung ihrer eigenen 'wirtschaftlichen Zu kunft vorzöge und diese für jene zu opfern bereit iväre, bei un beeinflußter, freier Abstimmung ausfallen? Die Lage ist auch deshalb so unbefriedigend, weil, wie die »Frankfurter Zeitung« in ihrem Bericht über den letzten Gewerkschaftskongreß es aus drückte, bei den Gewerkschaften »eine konservative Erstarrung« sich bemerkbar macht und »der gewohnte Trott tiefere Proble matik und geistige Regsamkeit niederzutrampeln drohe«. In den eigenen Reihen wird festgestellt, -daß der Sozialismus im Grunde nichts Positives zur Beseitigung der gegenwärtigen Notlage zu sagen habe. Im Heft 6 der vom ADGB herausge gebenen Zeitschrift »Die Arbeit« hat der bekannte Statistiker Woytinsky einen Aufsatz veröffentlicht, »Welche Wirtschaftspolitik müssen wir Sozialisten fordern?» Sein kritischer Ausgangspunkt
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