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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 15.04.1930
- Strukturtyp
- Ausgabe
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- 1930-04-15
- Erscheinungsdatum
- 15.04.1930
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- Deutsch
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X- 89, 15. April 1930. Redaktioneller Teil. Börsenblatt f. b.Dtschn. Buchhandel. erreichen kann, wenn man die Wege zu finden weiß.) Jedenfalls: am Morgen nach jener ersten Besprechung mit der Presse stand in allen Zeitungen der Stadt Braunschweig, ganz gleich, welcher Partei sie dienstbar sind, der erste Artikel über den kommenden Tag des Buches. Und von da an tröpfelte es eigentlich ständig. In der Sonntagsnummer, acht Tage vor dem Tag des Buches, stand in allen Zeitungen ein Bild der Festpostkarte von Günther Clausen: Till Eulenspiegcl in einem Kastenwagen, gezogen von einem Schim mel, im Hintergründe die Türme von Braunschwcig. Natürlich gehen solche Vorbereitungen nicht ab ohne viel Arbeit. Der Vorsitzende des Ortsvereins, Kollege Hargens, unt» neben ihm besonders Kollege Stantze wissen, was sie in den Tagen haben tun müssen, bis alles wenigstens einigermaßen sichergestellt war. Das Vergnügen hat natürlich auch allerlei Geld gekostet, und obwohl die Buchhändler wirklich nicht viel Geld übrig haben, wurden doch gleich in der ersten Sitzung von den Kollegen und aus der Ortsvereinskasse rund 2000 RM. gezeichnet als Sicherheitsfonds. Wir werden den Be trag nicht ganz verbraucht haben, immerhin: »Tue Geld in Deinen Beutel, wenn Du werben willst«. Inzwischen war auch ein Ortsausschuß gegründet, bestehend aus Vertretern einer Reihe von Organisationen mit kulturellen Be langen. Aber die Arbeit geschah in dem kleinen Kreise. Als ich am Tag des Buches kurz vor 10 Uhr zum Bahnhof ging, fiel mir die große Bewegung in den Straßen auf. Auf dem Schloß platze standen schon wartende Menschen. Überall traf ich auf Väter und Mütter, die mit ihren Kindern zum Schloßplatz zogen. Da Ferien waren, war das ja ein leichtes Ding. An der Hauptpost ist alles schwarz von Menschen (buchstäblich!). Eben frage ich mich: was ist denn da los?, da taucht aus dem Gcwühlc ein Schimmel heraus und hinter ihm ein zweirädriger Karren, und in diesem: Till Eulenspiegel, wie er leibte und lebte. Um den Karren herum mit Geigen und Gitarren eine Anzahl junger Menschen in der Klei dung fahrender Spielleute des Mittelalters. Ich konnte ein sehr vergnügtes Schmunzeln nicht unterdrücken. Dieser Trubel! So zog der Eulenspiegel durch die eine Hälfte der Stadt. (Die Bilder zu diesen Zeilen werden zur Genüge die Wahrheit des Ge sagten beweisen*). Auf dem Schloßplatz standen sechs Buden mit Büchern. Sofort drängte sich vor ihnen die Schar der Menschen. Aber das mit den Buden, das müssen wir Buchhändler noch lernen. Es gibt hier ein Buden-Original, von dem können wir jedenfalls lernen. (Schmähten Sie nicht, Herr Kollege!) Schwarz voll Menschen war der Schloß platz, als Eulenspiegel seinen Einzug hielt. Mit Mühe nur konnte die Polizei seinem Gefährt den Weg bahnen. Es sei hier gleich ge sagt, daß sic so etwas wie einen großen Tag hatte. Auch sie hat sich verdient gemacht um den Tag des Buches. Alles ist tadellos verlaufen. Eulenspicgel stieg von seinem Wagen und besichtigte die Buch händler-Buden. Um ihn herum Braunschweigs Jugend, die ihn nach seinen letzten Streichen fragte, und es ergab sich, daß sie mehr davon wußte als er selbst. Fröhliche Weisen ertönten plötzlich über den weiten Platz. Die Reichswehrkapelle spielte. Nach ihr verstand ein Kasperletheater die anwesende Jugend zu erfreuen. Und wie! *) Leider müssen wir uns auf eins beschränken, das den Eulen- spiegclwagen und einen Teil der Verkaufsbuden zeigt sowie auch einen kleinen Begriff gibt von dem Trubel, der in der Stadt herrschte. D. Schriftltg. Herrlichstes Wetter war uns bis dahin beschert. Am frühen Nachmittag fielen einige Tropfen, aber das Unheil ging vorüber. Als ich gegen halb drei vom Bahnhof kam, merkte ich, daß auch die Sammlung im besten Zuge war. überall tauchten die kleinen Mädchen auf und rappelten mit ihren Büchsen. Infolge der zu späten Benachrichtigung der Schulen durch den Minister war es fraglich, ob es mit der Sammlung wirklich klappen werde. Voll kommen geklappt hat die Geschichte ja vielleicht noch nicht. Wir hatten nur Mädchen aus den Volksschulen, und auch da nur aus einigen. Immerhin war es den Lehrern gelungen, mehr als 300 Mädel heranzuziehen. Sie haben etwa 1000 RM. zusammengebracht. Man wird sagen, das sei nicht sehr viel, und wir geben das auch gerne zu, wir zweifeln aber auch nicht, daß der Betrag erheblich höher geworden wäre, wenn uns die Schülerinnen des Lyzeums geholfen hätten. Jedenfalls sind wir mit dem Erzielten schon recht zufrieden. Alle Beteiligten sehen das, was in diesem Jahre ge schehen ist, als ihre Lehrlingsarbeit an, und sie alle haben die Ab sicht, es bei der nächsten Gelegenheit noch besser zu machen. Der Schloßplatz war vorübergehend leerer geworden, aber zu jeder Zeit standen vor den Buden Dutzende von Kindern und Er wachsenen, um zu sehen und — wahrhaftig — auch zu kaufen. Im Laufe des Nachmittags wurde das Gedränge wieder stärker. Reihen weise stand man vor den Buden. Den Vogel abgeschossen hat zweifellos die Firma Westermann mit ihrer Bude. Es war eine Wurfbude. Für 30 Pfennig erhielt man drei Stosfbälle, in einiger Entfernung wurde ein Buch aufgestellt, und wer dies Buch mit drei Wurf dreimal traf, der konnte sich eins der Bücher, die dafür bestimmt waren, aussuchen. Na, das war ein Betrieb. Man glaube aber nicht, daß es so ganz leicht gewesen wäre, ein solches Buch sich zu erwerfen. Ein Künstler aus dem Ausschuß erwarf sich mit sechs Würfen, also mit 60 Pfennig, ein Buch. (Zur Beruhigung etwa besorgter Kollegen sei gesagt, daß dem Ladenpreis bei der Gelegen heit keine Gewalt angetan worden ist, es handelte sich durchweg um Bücher in der Ausstattung einer vergangenen Zeit, für die kein Ladenpreis mehr besteht.) Auch durch Würfeln konnte man ein Buch erwerben. Zweifellos war das Gedränge vor diesen Buden am allerstärksten, aber auch vor allen anderen Buden war es stark, und jeder der Kollegen, die eine Bude übernommen hatten, hat mir gesagt, er hätte nicht ge dacht, daß auch nur annähernd soviel verkauft würde, als wirklich verkauft worden ist. Inzwischen rüstete sich Till Eulenspiegel zu seinem Zuge durch die andere Hälfte der Stadt. Ja, meine Herren, so etwas muß man eben gesehen haben. Da wackelte einfach die Wand. Die ganze Mittelstadt schwarz vor Menschen. Der Hagcnmarkt rund herum von Menschen besetzt. Hoch zu Roß vier Schupoleute. Till erschien etwas verspätet, aber geduldig wartete die Menge. Dies Hallo, als er endlich aus der altertümlichen Hagenschenke heraustrat und sein Gefährt wieder bestieg. Vorweg und hintennach je zwei berittene Schupos. Um den Karren wieder die fahrenden Spielleute in Ko stümen. Es war eine Triumphfahrt. Auf dem Schloßplatz sammelten sich jetzt Tausende: alle Stände waren da. Kasperle spielte wieder einmal. Um 5 Uhr machte die Tanzgruppe einer Schule Volkstänze, etwas später spielte die Jugend ein Volksstück. Das hochgelegene Portal des Schlosses machte diese Aufführung weithin sichtbar. Mehrere Flugzeuge kreisten über dem Schloß. Sie warfen 50 Gutscheine herab, die aus allen Enden und Ecken der Stadt zu den betreffenden Buchhändlern gebracht wurden.
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