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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 06.01.1945
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- 1945-01-06
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- 06.01.1945
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Die ganze Jugend und die frühen Mannesjahre Speiuanns »varen durch ein quälendes Asthmaleiden überschattet, wodurch er zum vor zeitigen Verlässen der Schule gezwungen wurde. Nach dem damaligen Stand der Heilkunde suchte man die Gegenwirkung in Aufenthalten im Süden, und so verbrachte Spemann mehrere Winter am Genfer See, an der Riviera und in Rom, und diese Reisen wurden bestimmend für sein ganzes Leben. Dazu trat ein für die gesamte Entwicklung entscheidender Aufent halt in Zürich, wo Spemann durch die Vorlesungen der beiden im Exil lebenden Schwaben Johannes Scherr und Friedrich Theodor Vischer die stärksten Eindrücke empfing. In Rom schloß sich Spemann eng an die jungen deutschen Archäologen an. die damals auf dem Capitol hausten, und trat in ein warmes Freundschaftsverhältnis zu Reinhard Kekule von Stradonit; und Richard Schone, dem späteren bekannten General direktor der preußischen Museen. Die Wahl des Buchhandelsberufes erfolgte auf Rat eines Ver wandten und war eigentlich mehr eine Verlegenheitslösung. Spemann machte eine kurze Lehre bei. dem Stuttgarter Verleger Carl Hoffmann durch, volontierte einige Monate in dem Kommissionsgeschäft von F. Volckmar in Leipzig und trat schließlich im Jahre 1868 als Teilhaber in die altangesehene Hofbuchhandlung von Julius Weise in der König straße in Stuttgart ein, die er schon nach einem Jahr allein übernahm und rasch einer neuen Bljite entgegenführte. Im Jahre 1873 gründete er seinen Verlag W. Spemann. Nach sehr teurem Lehrgeld, das er mit dem großangelegten, doch erfolglosen Lie ferungswerk „Das Kunsthandwerk“ bezahlen mußte, gelang ihm ein großer Wurf mit dem berühmten Prachtwerk „Germania“, einer illu strierten deutschen Kulturgeschichte, die Johannes Scherr in seinem Auftrag geschrieben hatte. Die ganze Anlage des Werkes, namentlich seine künstlerische Ausgestaltung durch die ersten Maler und Zeichner der Zeit, waren das. persönlichste Werk des Verlegers. Auf diesem Er folg baute sich folgerichtig und dabei überraschend vielseitig die ganze weitere Arbeit Spemanns auf. Immer wieder unterbrochen durch schwere gesundheitliche Nieder brüche, die meistens ihre Ursache in einer geradezu vulkanhaften Tätig keit und einer rücksichtslosen Überbeanspruchung des im Grunde zarten Organismus hatten, flutete nun eine großartige verlegerische Tätigkeit dahin, und nach zehn Jahren war der Verlag W. Spemann berühmt und über die Reichsgrenzen hinaus ein fester Begriff geworden. Die Haupt werke dieser Zeitspanne sind „Hellas und Rom“ von Jakob von Falke, „Die Erde und ihre Völker“ von Friedrich von Hellwald, die „Illustrierte Musikgeschichte“ von Emil Neum.ann, „Spemanns Schatjkästlein des guten Rats“, die bald führenden Monatshefte „Vom Fels zum Meer“, die blauen Bändchen der bald nachgeahmten Collection Spemann, die allbeliebten Jugendzeitschriften „Der gute Kamerad“ und „Das Kränz chen“. das noch heute bestehende Jahrbuch „Das neue Universum“, Kürschners Taschenlexikon und Quartlexikon, das von Kürschner her ausgegebene Riesenwerk der „Deutschen National-Litteratur“ und schließ lich die ebenfalls von Kürschner besorgte Neuausgabe des Piererschen Konversationslexikons, die mit einem Universalsprachenlexikon ver bunden war. Neben diesen weitverzweigten Unternehmungen, die fast sämtlich der Planung Spemanns entsprungen wareh, wurde ein bedeu tender, streng “wissenschaftlicher archäologischer Verlag aufgebaut, des sen Mittelpunkt Reinhard Kekule war. Der Verlag Spemann war in den siebzehn Jahren seines Bestehens so rasch gewachsen, daß sein Gründer, dem aus zwei überaus glücklichen Ehen mittlerweile sechs Kinder erblüht waren, das Bedürfnis der An lehnung fühlte und sich am 1. Januar 1890 mit den Gebrüdern Kröner feil dem Verlag der Union Deutsche Vcrlagsgesellschaft zusammenschloß. |)ieser Schritt war ein verhängnisvoller Mißgriff, denn die eigentliche Ichöpferische Kraft Spemanns konnte sich nur in völliger Freiheit ent halten; sie wurde durch das System einer Aktiengesellschaft mit Stimm recht, Satjung, Aufsichtsratssi^ungen, Protokollführung usw. völlig Jahmgelcgt, und seine an frühe Selbständigkeit gewohnte, leidenschaft liche Natur vermochte keinen Zwang zu ertragen. So löste er sich nach schweren Kämpfen im Herbst 1897 aus dem völlig unfruchtbaren und unerquicklichen Verhältnis, wofür er aber auch einen hohen Preis be zahlen mußte: sein ganzes bisheriges Lebenswerk verblieb in der Union, mit Ausnahme des archäologischen Verlages. Der nun neuaufgebaute Verlag W. Spemann zeigte als Kernstücke das Lieferungswerk „Das Museum“ (eine Art Bilderatlas zur Kunst geschichte in hervorragenden Wiedergaben), die Illustrierte Prachtaus gabe von Hcrman Grimms „Leben Michelangelos“, die „Griechische Kul turgeschichte“ und die „Weltgeschichtlichen Betrachtungen“ von Jacob Burekhardt, die überaus eigenartigen und erfolgreichen „Goldenen Bücher“ (eine Art Hauskunde auf den verschiedensten Gebieten) und schließlich die Abreißkalender (Spemanns Kunstkalender und Alpen kalender), die rasch Nachahmung fanden. Der Aufstieg Spemanns fiel zusammen mit der Erfindung der neuen Reproduktionsverfahren, der Strich- und der Netjätjung und des Kunst druckpapiers. Dieses Zusammentreffen war für seine ganze Verlags erzeugung entscheidend; dachte er doch weniger in Begriffen als in Bil dern. So lag denn seine ganze Stärke in der künstlerischen Verbindung von Text und Bild; mit allen Kräften suchte er die Volksbildung durch das Mittel der Anschauung zu heben. Als Spemann am 29. Juni 1910 die Augen schloß, war nicht nur eine der fesselndsten und Schöpferischsten deutschen Verlegerpersönlich keiten dahingegangen, sondern auch ein Mann, der außerordentlich viel für das künstlerische Leben seiner Wahlheimat und für die künstlerische Volksbildung seines Vaterlandes getan hat. Er schuf die alle drei Jahre stattfindenden großen Stuttgarter Musikfeste, zu denen die ersten Künstler verpflichtet wurden. Er sammelte selbst in seinem großen Hause auf dem Reinshurghügel einen bedeutenden Kunstbcsitj; sein Haus stand gerade den Künstlern und Kunstfreunden immer offen, und unendlich viel hat er, seihst stets still im Hintergrund bleibend, nament lich für das Schaffen seines von ihm hochverehrten Freundes, des Bild hauers Adolf Donndorf getan, für den er sogar Sitzungen bei Bismarck und Moltke zu erwirken wußte. Mit seiner Weltoffenheit, seiner selbsterworbenen, umfassenden Geistes- und Herzensbildung, seiner merkwürdigen Mischung von bren nendem, an Goethe und Schiller genährten Idealismus und unterneh mender Zielstrebigkeit und spekulativem Wagemut ist Spemann einer der eindrucksvollsten Vertreter jener nun dahingesunkenen Schicht deutschen Großbürgertums gewesen, das, war es zwar unpolitisch,.uns doch eine Fülle edelster Kulturwerte geschaffen und den Humus mit gebildet hat, von dem wir heute noch zehren. Alles Kleine war diesem Manne fremd, er dachte in großen Maßstäben, er vergaß sich selbst völ lig und sah nur die ihm geschenkte und auferlegte schöpferische Ver pflichtung. Eine ausführliche Lebens- und Werksgeschichte aus der gleichen Feder ist unter dem Titel „W'ilhelm Spemann. Ein Baumeister unter den Verlegern“ im Engelhornverlag Adolf Spemann in Stuttgart erschienen. Literatur und Film Das Programm des deutschen Filmschaffens im Jahre 1945 wird soeben der Öffentlichkeit bekanntgegeben. Neben Rundfunk und Presse ist der Film heute zum aktiven Kulturträger in Deutschland geworden. Der Film hat die Aufgabe, im sechsten Kriegsjahr durch intensivste Be mühungen die Lücken weniger fühlbar werden zu lassen, die durch de.n Ausfall der Sprechbühne und die Einschränkung def Konzerte ent standen sind. Es ist ihm aufgegeben, das Gesicht unserer Gegenwart in künstlerischer Durchdringung de6 Lebens zu spiegeln und die großen Bindungen an die geistige Tradition Deutschlands aufzuzeigen. Das neue Programm umfaßt trotj der Beschränkungen die Zahl von zweiundsiebzig Spielfilmen, von denen fünfzig bereits fertiggestellt sind und zweiundzwanzig sich noch in Arbeit befinden. Die Farbfilm-Her stellung ist gegenüber dem Vorjahre von vier auf sieben Farbfilirie an gestiegen. Interessante Verfilmungen literarischer Vorlagen sind auch dieses Mal wieder vorgenommen worden. Nach Sudermann und Halbe werden jetjt mehrere Werke von Theodor Fontane verfilmt. Aus den Gebieten des Schrifttums und des Theaters werden u. a. nachstehende Filme zur Aufführung gelangen: Am Abend nach der Oper (nach der Erzählung „Der Fund“ von Franz Nabl). Mit meinen Augen- (nach dem gleichnamigen Theaterstück von H. H. Zerlett). Der Fall Molander (nach dem Roman „Die Sternengeige“ von Alfred Karrasch). Die Fledermaus (nach Motiven der Strauß-Operette). Der stumme Gast (nach der Novelle „Unterm Birnbaum“ von Theo dor Fontane). Das Gesetj der Liebe (nach einem Roman von Fred Andreas). Ich glaube an dich! (nach dem Roman „Mathilde Möhring“ von Theodor Fontane). Der Kaufmann von Venedig (von Shakespeare). Die Kreuzeischreiber (nach der gleichnamigen Komödie von Lud wig Anzengruber). Das fremde Leben (behandelt einen dramatischen Stoff). Das Leben ruft (nach dem Schauspiel „Mutter Frde“ von Max Halbe). Das alte Lied (nach Motiven der Romane „Irrungen, W'irrungen“ und „Stine“ von Theodor Fontane). Münchnerinnen (nach dem gleichnamigen Roman von Ludwig Thoma). Der Puppenspieler (in Anlehnung an Storms Novelle „Pole Pop- penspäler“). Sag’ die Wahrheit! (nach einer Komödie von S. Vaszary). Der grüne Salon (nach dem gleichnamigen Roman von Hertha v. Gebhardt). Ein toller Tag (nach Beaumarchais’ Lustspiel, das als Mozart-Oper „Figaros Hochzeit“ volkstümlich wurde). Tierarzt Dr. Vlimmen (nach dem gleichnamigen Buch von A. Root- haert). Wir beide liebten Katharina (behandelt das Thema von Shake speares „Der Widerspenstigen Zähmung“). Für jedem der zweiundsiebzig Spielfilme steht auch ein Kulturfilm zur Verfügung. Die Soeben bekanntgegebene Produktion der neuen Kul turfilme des Jahres 1945 zeigt, wie interessant und vielseitig der Kultur film auch weiterhin sein wird. Neben Filmen über Probleme unseres Alltages, über Heimat und Landschaft, Wissenschaft und Technik wer den auch solche über Kunst und Kulturgeschichte' gezeigt. Zur Auffüh rung kommen u. a. Filme aus der Welt Albrecht Dürers, über die Tech nik von Holzschnitt, Kunferstich und Radierung sowie über die Litho graphie. S/r. Börsenbl. f. d. Dt. Buchh. Nr. 1, Sonnabend, den 6. Januar 1945 3
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