Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 14.01.1936
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Die Memoiren des katalanischen Buchhändlers Antonio Palau y Dulcet Ter Verfasser dieser »Memorias«*) hat als Mensch, als Buch händler und in seinen Werken, bisweilen in scharfem Gegensatz zum kastilischeu Spanien, Eataluüa als seine eigentliche Heimat bezeichnet, deren Hauptstadt Barcelona gleichzeitig der Ort seines Wirkens ist. Unsere Beachtung verdient dieses außerordentliche Werk jedoch als die Memoiren eines spanischen Buch- und Verlagsbuchhärrdlers. Es umfaßt die Jahre 1867 bis 1935 und bringt auf den 600 Seiten Großoktavformat eine Fülle von Taten und Berichten über die Buch händler in Barcelona, über die Kunst- und Theatervereine dieser Stadt und über mit dem Buchhandel in Verbindung stehende Ereig nisse und Einrichtungen. Gleichzeitig können diese Aufzeichnungen fiir die geschichtlichen Begebenheiten Barcelonas in der Zeit von 1867 bis 1935 als Nachschlagewerk dienlich sein. Palau beschreibt nicht nur die genaue Lage der Buchhändlerstände ab Mitte des vorigen Jahrhunderts, sondern mit peinlicher Genauig keit verzeichnet er Ausstellungen und die sie besuchenden Persönlich keiten, kirchliche Feste mit Umzügen und den Weg, den einige der selben durch die Straßen Barcelonas genommen haben, Einweihung von Theatern, Erstaufführungen von Richard Wagners Werken, Ein zelheiten iibcr große Künstler, die Barcelona aufsuchten, so über den Violinisten Sarasate, der am 5. April 1880 in Barcelona ein Konzert gab, über die Bach-Händel-Fcier am 21. Oktober 1908, bei der Albert Schweitzer eine Ansprache hielt; in geschichtlicher Folge finden aber auch andere Ereignisse Erwähnung, wie der Umbau von Straßen und Stadtvierteln in Barcelona, Einführung der Straßenbahn, Über schwemmungen, Unruhen sozialer Natur, Streiks, Ereignisse, die die Öffentlichkeit in ihrer Zeit beschäftigten, wie Verbrechen, Morde und anderes. Besonders wertvoll sind jedoch die Aufzeichnungen, die das Buchwesen, den Buchhandel und alle damit in Verbindung stehenden Dinge betreffen, nicht zuletzt, da sie aus der Feder eines Buchhändlers stammen, der sich aus frühester Neigung anfangs durch große Schwie rigkeiten hindurch zu dieser seiner »uobl« proke8iüu« durchgerun- gen hat. Fm Jahre 1867 als Sohn eines Tischlers in einem kleinen katala nischen Ort geboren, kaufte sich Antonio Palau Bücher von dem ersten Geld, über das er verfügte. Nach Übersiedlung seiner Eltern und Geschwister nach Barcelona wurde er mit acht Fahren Klempner lehrling und arbeitete an den zu seiner Zeit neuen Gasleitungs anlagen. Aus dieser Zeit schon beschreibt er die Büchergeschäfte, die er besuchte und die, wie zum Teil iu den romanischen Ländern heute noch, damals fast ausschließlich Antiquariate waren und ihre Bücher auf Tischen nnd Wagen unter Schirmplanen zum Verkauf boten. Nachdem Palau inzwischen einige Jahre hindurch wieder eine Schule besucht hatte, arbeitete er kurze Zeit bei einem Goldschmied, ging aber nach wenigen Monaten erneut als Klempner in einen Fabrikbetrieb. Seine freie Zeit widmete er einer archäologischen Gesellschaft, deren Mitgliedschaft er zeitig erworben hatte. Uber die Besuche und Besich tigungen von Baudenkmälern in seiner engeren Heimat berichtet er ebenso gewissenhaft wie über die geschäftliche Entwicklung von Bücher läden bzw. Buchverkaussständen. Diese Aufzeichnungen gehen durch das Buch hindurch neben Berichten über einzelne Werke. Immer wie der greift er die Entwicklung der wichtigsten Buchhändler Barcelonas aus und so führt er mit unbeirrbarer Genauigkeit z. B. auf Seite 119 von einem Verlagsbuchhändler die fünf aufeinanderfolgenden Ge- schäftssitzc bzw. Anschriften, Straße und Hausnummer an. Bevor er noch selbst Buchhändler geworden ist, gibt er einen Jahresbericht für Barcelona über Kunst und Bühne in Druck: »IUI ano nrtistivo v litorai-io« (1895) und vermerkt hierzu in seinen Memorias, daß, um den Druck zu bezahlen, ihm verschiedene Freunde halfen, die ihren Namen in die Zeichuungsliste eingetragen hatten. Die Subskription nimmt in der Mehrzahl der Fülle die Stelle des Verlegers ein; und zwar wird sie für die Schriftsteller von den Buch händlern besorgt, die ihren Kunden die Einzeichnungsliste vorlegeu. Im Alter von dreißig Jahren war Palau, der inzwischen eine Familie gegründet hatte, auf Grund seiner Büchersammlung in der Lage, neben seiner dem Lebensunterhalt dienenden Tätigkeit auf Jahrmärkten Bücher zu verkaufen. Etwa zwei Jahre später widmete er sich dieser Beschäftigung ausschließlich. Von dem Jahrmarktkarrcu, der als Verkaufsstand dient, siedelt sein Geschäft zunächst in einen Toreingang auf einen festen Platz über und nach einer weiteren Zeitspanne bezieht Palau ein Ladengeschäft. Dieser Werdegang, den er von zahlreichen Berufskollegen seiner Stadt berichtet, ist kennzeichnend für die Verhältnisse und den Stand des Buchhandels in Spanien, ebenso wie der Umstand, daß er »al ixual 1867—1935«. Unroelonr», lübreria Oatalonia, 1935. Or. 8° 600 8. ciuv los olros libreros« (wie die anderen Buchhändler) im Laufe der Zeit auch Musikalien zum Verkauf anbietet. Aus der Fülle von Beispielen sei hier über die Entstehung der basa Editorial Maucci angeführt, daß deren Gründer, ein Italiener, 1892 als Antiquar in einem Toreingang sein Geschäft begonnen hat. Später wurde in der gleichen Straße ein Ladengeschäft eingerichtet. Alsdann verlegte Maucci dem Geschmack der Menge entsprechende Schriften und Bücher wie kleine Novellen, Bücher bzw. Broschüren über Tascheuspielerkünstc, Magie, Traumdeutung, Liebcsbriefsteller usw. Er stellte große Auflagen her, von denen je ein Drittel fiir sein eigenes Geschäft und für seine beiden in Mexiko bzw. in Buenos Aires ansässigen Brüder bestimmt waren und legte so den Grundstein für eine in Spanien bedeutende Verlagsbuchhandlung. 1902 beginnt Palau die Herausgabe seiner Sammlung Uidliolecn Deatro ^nliAuo ^ dlockeruo und wird somit — allerdings immer noch auf dem Subskriptionswege — zum Verleger. Die Bühucnwerke von Ibsen gehören zu den ersten, die er in diese Bücherreihe aufuimmt. Später folgen weitere Sammlungen. Werke von Striudberg, Sudcr- mann, Wagner, Nietzsche sind dabei. Die spanischen Übersetzungen stammen von französischen Ausgaben, eine Tatsache, die man in Spa nien ebenso wie in Italien nur zu oft feststellen muß. Die über wiegende Mehrzahl nichtspanischer Autoren, deren Werke in Palaus »IZidliotecLS« Aufnahme finden, sind Franzosen, und hier muß ein geflochten werden, daß Palau und seine Umgebung iu Fragen, die über die Grenzen seines Landes hinausgehen, durchaus französisch gerichtet erscheint. Paris wird als das »Oerodro cls Europa« be zeichnet und i s t somit für den spanischen Gesichtskreis »Das Gehirn Europas«! Die Erklärung für diese Einstellung, die sich auf geistigem Gebiet mehr noch offenbart als in bezug auf Handel, Industrie und Technik, ist durch die geographische Lage Spaniens zu Frankreich und durch die sprachliche sowie rassische Verwandtschaft zwischen den Völkern dieser beiden Länder gegeben. In den Jahren von 1914 bis 1918 äußert sich dies in einer Stellungnahme gegen Deutschland, die den Mangel an eigner Beurteilung zeigt und die französische Propa ganda widcrspiegelt. Wenn auch Palau selbst Antiquar ist, so beschränkt sich seine Tätigkeit nicht einfach auf den Handel mit alten oder »gebrauchten« Büchern im gewöhnlichen Sinne. Im Zusammenhang mit der Ent wicklung des spanischen Büchermarktes liegen Palaus Verdienste im besonderen auf bibliographischem Gebiet. Er selbst verspottet gewisse ihn umgebende Zustände, so z. B. daß eine Altmöbelhandlung gleich zeitig mit alten Büchern handelt. Nachdem der Buchdruck iu Deutsch land erfunden wurde, entwickelte sich diese Kunst sehr schnell iu Ita lien und Spanien zufolge der verhältnismäßig höheren Stellung und emsigeren Tätigkeit der geistlichen Stände in diesen Ländern. Italien und Spanien wurden im 19. Jahrhundert zu Fundgruben für alte und erste Drucke. Noch bis Ende des vorigen Jahrhunderts schöpfte die Bibliographie aus den Büchereien dieser Länder neue bis dahin unbekannte Werke aus der ersten Zeit der Buchdruckkunst. Das allgemeiuwerdeude Interesse für einen Markt, auf dem bisweilen Wiegendrucke von Analphabeten in Jahrmarktsbuden zum Verkauf geboten wurden und die dabei entstehenden Preisbildungen haben Palau veranlaßt, unter Zugrundelegung ähnlicher Werke seinen um fangreichen »Manual clel lidrero« (Handbuch des Buchhändlers) herauszugebeu, von dem der siebente und letzte Band im Mai 1927, vier Jahre nach Jndrucknabme des ersten Bandes erschienen ist. Glückwünsche und Anerkennungsschreiben ein. Die Daten, Berichte und Briefe in Abschrift, die Palau in seinen Memorias ausührt, deuten darauf, daß er von jeher unermüdlich alles verzeichnet hat, was innerlich und auch nur äußerlich mit dem Buch, dem wichtigen Erzeugnis des kultivierten Menschen, in Zusam menhang steht. Im Geschäftsleben eines Buchhändlers mag nichts sich ereignen, das Palau nicht in seinen Memoiren erwähnt hätte, bis zu den anekdotenhaft wirkenden Erzählungen über berüchtigte Be- truasmanöver und Ladendiebstäble, über die Landplage der in Laden geschäften bettelnden »glode-trotter«, über Fälle, in denen Bücher zu Todesursachen von Menschen geworden sind. Nnd so geben die »Memorias« von Palau nicht nur ein bedeutsames Bild von den Verhältnissen auf dem spanischen Büchermarkt, sondern sie legen Zeugnis ab von der tiefen Verbundenheit eines spanischen Berufs kollegen zu dem Buch und seinem Wesen, dem er sein Leben gewidmet hat. Möge es dem jetzt 67jährigen Antonio Palau n Dulcet gegönnt sein, die von ihm geplante zweite Auslage seines dlnnunl <lel libiero zu Ende zu führen. Es soll in diesen Zeilen auch seiner Frau gedacht sein, die vor fast vierzig Jahren mutig den ersten Schritt unternahm, der ibn zum Buchhändler machte, jenem Beruf, zu dem er eine un überwindliche Neigung fühlte und in dem er sich auch über die engeren Grenzen seiner Heimat hinaus einen Namen gemacht hat. 45
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