Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 24.09.1938
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- 1938-09-24
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Johann Jakob Kanters Werbung fürs Buch Eine Betrachtung in seinem zweihundertstcn Geburtsjahre Johann Jakob Kanter (geb. 24. November 1738, gest. 18. April 1786) ist einer der zahlreichen Ahnen der berühmten Königsberger Buchhandlung Gräfe und Unzer, die ihre Geburtsstunde im Jahre 1722 erlebte, während ihr Doppelname allerdings erst seit 1832 in der Geschichte des deutschen und im besonderen des Königsberger Buchhandels in Erscheinung tritt. Die Jubelschrift über dieses Haus, die der Staatsarchivrat vr. K. Forstreuter im Jahre 1932 heraus gab, hat diesen Mann einen »seltenen Mann« genannt, dessen Gestirn »meteorartig aufstieg und wieder versank«, und beinahe ist mit diesen wenigen Worten auch schon aufgedeckt, daß Kanter sich sicher lich auch lebhaft mit werbliche« Dingen befaßt hat. Denn es ist in der Tat so, daß gerade derartige im Wirtschaftsleben stehende Männer fast immer einen scharfen Blick haben für die geheimnisvolle Macht der »Reklame« — die wir heute Werbung nennen —, und ihren meteorartigen Aufstieg mit ihr erringen. Wie war es bei Kanter? Nur eine kleine Notiz aus Seite 58 der genannten Jubelschrift spricht von Kanters Stellung zur Wer bung, dort heißt es: »Für Kanters Unternehmungslust und moderne Einstellung spricht die Übernahme eines Jntelligenzblattes. Kanter wußte in Marienwerder wie in Königsberg die Zeitungen als Mittel zur Reklame zu schätzen«. Von dieser Werbung mit Hilfe der Zeitungen soll später die Rede sein, zunächst wollen wir einmal besehen, wie Kanter als Buchhändler für bas Buch zu werben versuchte. Kanters Buchhandlung Kanters Buchhandlung hatte zuerst ihren Sitz in dem väter lichen Hause, das in der Altstädtischen Schmiedegasse gelegen war. Sehr bald aber mietete er das Löbenichtsche Rathaus in der Krummen Grube, das nach dem großen Brande des Jahres 1764 neuaufgebaut war und in dessen Erdgeschoß nun die Buchhandlung einen würdi gen Platz fand. In der Jubelschrift lesen wir über die innere Aus gestaltung des Ladens folgenden kennzeichnenden Satz: »Wie Kanter seine Kataloge und auch seine Zeitung gefälliger druckte als der in dieser Hinsicht sehr nüchterne Hartung, so wußte er auch sein Ge schäft in einer Weise auszustatten, die bisher in Königsberg unbe kannt war, und er bot dazu die Bücher in einer so unverbindlich ungeschäftlichen Art an, die alle anzog«. Der preußische Historiker und Schriftsteller Bazko, der selber ab und zu in Kanters Laden freiwillig als Laöendiener wirkte, weil er sich in diesem Laden so wohl fühlte, hat uns die Innen einrichtung des Ladens noch näher beschrieben; er sagt darüber: »In dieser Buchhandlung war das Eomtoir von Berlins ersten Künst lern (Fritsch, Rohöe und Madame Theerbusch) mit einigen Gemälden der berühmten Gelehrten Berlins und dann auch durch unseren ge schickten Portvaitmaler Becker mit den Bildnissen verschiedener Preußischen Gelehrten wie Kant, Hamann, Willamov, Lindner, Bock u. a. m. geschmückt«. Frau F. Magnus-Unzer, die in ihrem Buche »Beiträge zur Ge schichte des Königsberger Buchhandels« naturgemäß auch eingehender über Kanter spricht, berichtet uns, daß in dem Laden auch noch holz geschnitzte Büsten von verschiedenen Geisteshelden der Antike gestanden hätten nnd daß es Kanter gerne sah, wenn die Gelehrten der Universitätsstadt Königsberg und durchreisende Gelehrte aller Länder und Staaten seinen Laden nicht als Laden, sondern als eine Art Museum betrachteten. »Kanters Laden war«, so sagt die Jubelschrift an einer Stelle, »mehr als ein Geschäftshaus. Es war der Ort, wo man sich die Bücher ansah und seine Meinungen über Bücher austauschte«. War das eine Spekulation Kanters, eine geschickte »indirekte Werbung« für seine Buchhandlung? Dr. Forstrcuter verneint das, denn er fügt seinem Satze gleich an: »Diese enge Fühlungnahme mit der gelehrten Welt entsprang nicht allein dem geschäftlichen Interesse Kanters: im Gegenteil: die Freigebigkeit Kanters wird sich ge schäftlich ungünstig ausgewirkt haben. Mag diese Spekulation, wie der Ausgang lehrt, aber auch verfehlt gewesen sein, so wurde Kanter doch auf der anderen Seite durch den ständigen Umgang mit den Literaten und durch die Hilfe, die er ihnen angedeihen ließ, be friedigt . . . Denn er liebte am literarischen Leben den äußeren Glanz, die öffentliche Achtung, die damit verbunden war«. Nur so ist es zu verstehen, daß Kanter sich persönlich beleidigt fühlte, wenn einer seiner Bekannten sich einmal mit seinen Bücher- wttnschcn an eine andere Buchhandlung und nicht an ihn wandte: es ging ihm hierbei nicht um den etwaigen Ausfall an geldlichen Einnahmen, sondern um etwas ganz anderes, nämlich darum, daß er derjenige Buchhändler in Königsberg war, dem man sich als einem gewissen Mäzen der Wissenschaft und Künste mit allen Wün schen und Fragen stets anvertraute. Er selber lebte so stark in dieser Gedankenwelt, daß er seinen Buchladen einmal als den »idealen Buch laden« bezeichnet hat. An zwei Tagen der Woche stand der Laden allen Studenten der Universität als Lesesaal zur Verfügung, und sie konnten hier in zwangloser Weise mit den Gelehrten bekannt werden, die in Kanters Laden regelmäßig oder vorübergehend sich einfanden. Aus einem großen Tisch wurden an jedem Posttag die neu angekommcnen Bücher ausgelegt, die völlig ungezwungen eingesehen werden konnten. An diesem »offenen Tisch« bei Kanter gewöhnte sich u. a. Kant an, wenig Bücher zu erwerben und statt dessen in den verschiedenen Buch handlungen nur die neuesten Bücher einzusehen, ohne sie zu kaufen. Ob Kanter von Anfang an gewollt hat. daß sein Laden weniger zum Verkauf diente als vielmehr dazu, die junge und ältere gelehrte Welt seiner Stadt zu versammeln, das läßt sich nicht nachprüfen. l)r. Forstreuter sagt an einer Stelle, im Zusammenhang mit Kants Aufenthalt bei Kanter: »Der reine Geschäftsmann hätte an einem solchen Kunden schwerlich eine reine Frende gehabt: Kanter aber fand Gefallen an dieser Hilfestellung für.die Wissenschaft und ließ sein Sortimentslager gern als Novitätenbibliothek benutzen«. Aller dings mußten schließlich diesem Wunsch, »die Männer der Geistes welt an die Tafel seines prächtigen Hauses zu ziehen und ihnen auch die reichgedcckte Tafel seines Bücherladens zur Verfügung zu stellen«, irgendwie auf einem anderen Felde der Kanterschen Tätigkeit ge schäftliche Verdienste gegenüberstohen, die ihm erlaubten, das eben Gesagte burchzuführen. Kanter hätte diesen Ausgleich als Verleger schaffen können, und er ist ja auch Verleger geworden, aber es ist das Tragische an ihm. daß gerade das Sortiment am stärksten seinem ganzen Wesen entsprach, weil er mit ihm am stärksten auf die Öffentlichkeit wirken konnte. Hat sr als Sortimenter für sich selber kaum die Er folge buchen können, die man ihm gönnen durfte, so bat er dennoch dem Buch an sich einen sehr großen Dienst erwiesen. Denn er schuf dem Buch in seiner Buchhandlung einen Rahmen und Hintergrund, wie sie würdiger kaum zu denken sind, und damit allein schon tat er sehr viel, um das Buch als eine Macht des Geistes auf die Höhe zu erheben, die es auch äußerlich haben muß. um für sich selber sprechen zu können. Kanters eigene Zeitung als Werbeträger Die erste öffentliche Ankündigung, die Kanter über seine Buch handlung in Königsberg erscheinen ließ, mar eine Anzeige in den »Königsbergischen Nachrichten« vom 27. Dezember 1766. Drei Jahre später war in Kanter bereits der Plan gereift, eine eigene Zeitung ins Leben zu rufen, und am 3. Februar 1764 erschien auch schon deren erste Nummer. Nach zeitgenössischen Berichten nahm sie eine besondere Stelle in der Kulturgeschichte des 18. Jahrhunderts ein, denn sie trug viel dazu bei. die isolierte Stellung Königsbergs im Reiche der Intelligenz anfzuheben. Vor allem aber hatte sic, nach Kanters Willen, die Aufgabe, literarische Bedürfnisse zu wecke» und die Massen für höhere Interessen zu gewinnen, um so den Bücherverkanf zu fördern. Im Anfang erschien die Zeitung wöchentlich zweimal, und zwar Montags nnd Freitags, je einen halben Bogen Onart groß: ihr Preis betrug vierteljährlich zwei Gulden. Zn den ersten Mitarbeitern der bald sehr berühmten Zeitung gehörten Kant und Hamann; der letztere besorgte anfangs die Redaktion. Später beteiligten sich an dem Blatt als Mitarbeiter auch noch Herder, Schcsfner und Hivpel nnd daneben als Persönlichkeiten, die nur einem engeren Kreise bekannt waren: Lauson. Joh. Brahl. Abr. Jakob Venzel. Ehr. Ludwig Stahlbanm. Crichton, aus dem Auslände Lambert, Namler, Velotz. Lindner und andere mehr. Zuweilen bestieg Kanter selbst den Pegasus, »damit es dem Blatte nicht an dem poetischen Ingrediens fehlte, das da mals schmerzlich vermißt worden wäre«. Auf diese Art verstand es Kanter, sich in enge Verbindung mit den bedeutendsten Geistern Königsbergs und anderer bedeutsamer deutscher Städte zu bringen und damit zugleich in den Mittelpunkt des literarischen Lebens der damaliacn Stadt Königsberg zu gelangen. Was die Zeitung anbelangt, so erlebte diese ihre Blütezeiten in den Jahren 1765—67 und 1776—77, als sie von dem ruhigen nnd ver ständigen Scheffner sowie von dem genialen A. Jakob Penzel ge- 746
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