Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 02.12.1857
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- 02.12.1857
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Nichtamtlicher Th eil. Rechtsfälle. (Schluß aus Nr. 147.) Bei dieser Sachlage waren also, zwei erhebliche Fragen zu ent scheiden. Die erste war die, ob Musterzeichnungen unter den Schutz des Gesetzes gegen Nachdruck resp. unerlaubte Nachbildung fallen. Der§. 18. des preußischen Gesetzes vom 11. Juni 1837 schützt: „geographische, topographische, naturwissenschaftliche, archi tektonische und ähnliche Zeichnungen und Abbildungen, welche nach ihrem Hauptzwecke nicht als Kunstwerke (über welche der §. 21. disponirt) zu betrachten sind." Der erste Richter rechnet zu diesen „ähnlichen Zeichnungen" auch solche, welche nur industrielle Zwecke im Auge haben, sofern sie nur auf eigener Erfindung, einer eigenen Idee und eigenem Ge schmack beruhen, also eine Kunstthätigkeit voraussetzen, was bei Musterzeichnungen der Fall sei. Der zweite Richter meint dagegen, sie müßten als graphische Versinnlichungen wissenschaftlicher Ideen auftreten. Der Ober-Staatsanwalt endlich will alle die dahin rechnen, welche technische Zwecke verfolgen, aber in denen irgend welche aüs origi- ^ neller Conception hervorgegangene, zugleich für die Wissenschaft,, die Baukunst, die Technik oder andere Zwecke des praktischen Lebens nutzbare Ideen sich ausprägen. Obwohl cs schwer sein wird, die Grenze zu finden, so scheint eine weitere Auslegung wohl gerechtfertigt, die Beschränkung des Appellationsrichtcrs also nicht annehmbar. Jolly, Lehre vom Nachdruck, Heidelberg 1852, fordert S. 129 , von einem Werke, wenn es durch die Bundesgesetzc gegen den Nach-! druck geschützt sein soll, daß es seiner ganzen Anlage nach dazu be-, stimmt sein müsse, eine Befriedigung des artistischen Sinnes hervor- ^ zurufen. Aber auch in dieser Beschränkung rechnet er die industriel len Muster unter die geschützten Objecte (S. 136). Eisenlohr, das literarisch-artistische Eigenthum, Schwerin 1855, ^ rechnet im Sinne der Nachdrucksgesetze die Werke zu solchem Eigen thum, welche die Prüfung des gebildeten Geschmackes bestehen (§. 38.). Unter dieser Voraussetzung rechnet er neben den topographischen, geographischen u. s. w. Zeichnungen auch zu anderen Zwecken be stimmte, wie Modejournale, Stickmuster und andere Muster dazu (§. 40.). Offenbar nun liegt ein wesentlicher Unterschied darin, ob die Nachbildung nach dem Originalmuster, oder nur nack den darnach gefertigten industriellen Fabrikaten, die ein solches Muster tragen, erfolgt ist. Die bekannte Frage über den Musterschutz hat, so viel! bekannt, immer nur diese letzteren Nachbildungen im Auge, während ! es sich hier um eine Nachbildung nach dem Originalmuster handelte. Die zweite Frage war aber die, ob die vorliegende Nachbildung strafbar sei, da sie zwar in Preußen, aber nach einem englischen Original erfolgt war, dessen englischer Eigenthümer die Beding ungen des Schutzes des englisch-preußischen Staatsvertrages nicht er füllt hatte, während aber in Preußen gleichfalls ein Eigenthümer dieser Muster existirte. Das nachfolgende Urtel des Ober-Tribunals vom 15. Juli 1857 (Nr. 835. I.) hat diese Frage allein ins Auge gefaßt, und verneint, die Beschwerde also zurückgewiesen. Das Ur tel lautet vollständig. Es ist zwar festgestellt, daß das Eigcnthum der drei Muster zeichnungen, deren Nachbildung und Publication in seiner Muster- und Modezeitung durch den Angeklagten Gegenstand des vorliegen den Processcs ist, dem Buchhändler Schäfer zu Berlin zusteht, und daß dieselben zuerst von ihm in seiner zu Berlin erscheinenden Mu sterzeitung publicirt worden sind. Es ist aber ferner festgestellt, daß der Schäfer vermöge eines besonderen Abkommens mit dem Heraus geber der in London erscheinenden Modezeitung:„tl>eMark wblo oto." demselben die Publication jener Musterzeichnungen auch in dieser Zeitung gestattet hat, daß er demselben zu diesem Zwecke die betref fenden Platten übersendet hat, und daß endlich die Nachbildung des Angeklagten nach den in dieser Londoner Modezeitung erschienenen Originalien, nicht aber nach den zuvor in der Schäfer'schen Muster zeitung zu Berlin erschienenen, bewirkt ist. Nach dieser Lage der Sache nun kommt es auf eine Erörterung der in den Instanzen streitig gewesenen und durch die Nichtigkeits beschwerde auch zur Entscheidung in dieser Instanz gebrachten Frage nicht an, ob Musterzeichnungen überhaupt, und insbesondere also die vorliegenden zu denjenigen Productionen gehören, denen, außer den eigentlichen im §. 21. des Gesetzes vom 11. Juni 1837 gedachten Kunstwerken, der §. 18. ikicl. unter der Rubrik „geographische, to pographische, naturwissenschaftliche, architektonische und ähnliche Zeichnungen und Abbildungen" für Preußen den Schutz gegen Nach druck gewährt. Der Nachdruck ist eine strafbare Verletzung des literarisch-arti stischen Eigenthumsrechts durch den Eingriff in das aus diesem Rechte folgende ausschließliche Vervielfältigungsrecht. Es wird da her gegen den Autor oder gegen denjenigen verübt, welcher Rechts nachfolger desselben geworden ist, also das selbstständige Verviel- fältigungsrechl erworben hat. Im vorliegenden Falle hat der gedachte Herausgeber der Lon doner Modezeitung ein selbstständiges Vervielfältigungsrecht erwor ben und ausgeübt. Es ist nicht zu untersuchen, ob dieses Recht auf einem förmlichen Rechtstitel beruht hat, oder nur proosrie erworben ist. Die Acten geben dafür keinen Anhalt, vielmehr kann es nach der Feststellung, daß die Publication jenes englischen Herausgebers auf einem besonderen Abkommen mit Schäfer beruht, und nach den demselben von diesem zu dem Zweck überlassenen Platten stattgefun den hat, keinem Zweifel unterliegen, für die hier allein vorliegende Rechtsfrage jenen Englischen Herausgeber als Rechtsnachfolger des Schäfer für England zu erachten. In solchem Falle aber ist es nvth- wendig, den Umfang der Rechtsverletzung durch den Nachdruck resp. die unbefugte Nachbildung in einem beschränkteren Sinne aufzu fassen. Es ist denkbar und geschieht häufig, daß das literarisch-ar tistische Eigenthum von verschiedenen Verlegern in verschiedenen Ländern erworben wird. Die Ausdehnung des Vervielfältigungs rechts ist alsdann für jeden derselben in soweit vorhanden, als es durch die Gesetze seines Staates und die Staatsverträge mit fremden Staaten geschützt ist. Gegen ihn findet daher ein Nachdruck resp. unerlaubte Nachbildung nicht statt, wenn sie in einem Lande ge schieht, in welchem er durch Staatsverträge nicht geschützt ist, oder wenn sie unter Umständen geschieht, unter denen der sonst gewährte Schutz nicht staltfindet. Es gibt nun einen anderen Maaßstab für die Feststellung des Nachdrucks resp. der unerlaubten Nachbildung nicht, als der Beweis, daß nach einem bestimmten Producte des Ver vielfältigungsrechts nachgedruckt oder nachgebildet sei, in sofern nicht — was selten der Fall sein wird — das Originalwerk selbst unbe fugterweise dazu benutzt ist. Sobald nun aber derjenige Heraus geber oder Verleger, dessen Product in solcher Weise nachgedruckt u. s. w. ist, in dem Staate des Nachdruckers nicht geschützt ist, oder doch die Bedingungen des Schutzes nicht erfüllt hat, liegt ein straf barer Nachdruck nicht vor. Nun könnte es zwar scheinen, als ob alsdann doch Nachdruck rc. gegen denjenigen Herausgeber oder Ver leger vorhanden sein müsse, welcher in eben diesem Lande des Nach-
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