Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 15.07.1922
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- ZeitungBörsenblatt für den deutschen Buchhandel
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Redaktioneller Teil. — Sprechsaal. 163, 15. Juli 1922. ten Jahrgang 1811. Nach seinem Tode erschien eine Anzahl ausge wählter und gesammelter Schriften von ihm ; die bei Bibliophilen wohl berühmteste Ausgabe ist jene mit Federzeichnungen von Theodor Hose mann, 1827 bis 1828 von Georg Reimer in Berlin veranstaltet. Ein Exemplar einer solchen illustrierten Ausgabe in späterer Auflage er zielte im vergangenen Monat bei einer Wiener Bücherversteigerung den ansehnlichen Preis von 180 000 Kronen; ziffernmäßig nimmt sich da gegen- das -Honorar von 25 Fricdrichsd'or, das Hoffmann für jeden Band der Phantasiestücke erhielt, gering aus; aber lassen sich Gold taler von 1815 überhaupt in österreichische Papierkronen von 1922 um rechnen? PersoullluMWeii. Adolf Detlofs i. (Vgl. Bbl. Nr. 160.) — Uber den am 4. Juli dahingeschiedenen Kollegen Herrn Adolf Detlofs in Frank furt a. M. wird uns von befreundeter Seite aus Frankfurt (Main) noch geschrieben: Der Verstorbene war der Neffe des Buchhändlers Detlofs in Basel, in dessen Hause er drei Jahre erzogen wurde und der ihn wohl auch bestimmte, unfern Beruf zu ergreifen. Er erlernte den Buchhandel in der Firma Johannes Alt in Frankfurt a. M., ging dann zu Stüber noch Würzburg, ferner zu seinem Onkel nach Basel und bekam ein Angebot in die Firma Münster nach Verona. Hier verbrachte er wohl die glücklichste Zeit seiner Gchilfenjahre, von der er gern und mit Freuden erzählte. Er kehrte dann nach Frankfurt zurück, wurde erster Gehilfe bei Alt L Neumann und machte sich dann im Mai 1881 selb ständig. Während seiner Selbständigkeit war er wiederholt in Ehren ämtern des Vereins der Buchhändler zu Frankfurt a. M. tätig, und er beklagt sich nur in seinen kurzen Erinnerungen, daß der Besuch der Versammlungen stets sehr schlecht gewesen und daß es sehr schwer gehalten hätte, die Sortimenter einer Stadt unter einen Hut zu bringen. Sein verbindliches Wesen war so recht dazu angetan, nach allen Seiten ausgleichend zu wirken, und er hat in diesen Vorstands ämtern oft unter Aufopferung persönlicher Interessen viel für den Buchhandel in Frankfurt gearbeitet. Die Verhältnisse zwangen ihn, im Jahre 1901 seine Selbständigkeit aufzugeben. Von da ab war er in verschiedenen Frankfurter Buchhandlungen tätig, bis ihn ein schweres Leiden zwang, im Jahre 1918 seine Stellung aufzugeben. Adolf Detlofs hatte eine lange Leidenszeit, die ihn nicht gerade an das Bett fesselte, ihm aber doch große Beschwerden verursachte. Harte Prüfungen und schwere Schicksalsschläge sind ihm reichlich widerfahren. So verlor er vor 16 Jahren seine Gattin; sein« beiden Söhne, die Stützen seines Alters, nahm ihm der Krieg. Bewundernsivert und vorbildlich war es, wie er diese schiveren Heimsuchungen ertrug. Kein lautes Klagen oder gar Verbitterung wurden laut, sondern es war für seine vielen Freunde stets eine Freude, ihn in seiner Leidenszcit zu besuchen und mit ihm von vergangenen Zeiten zu plaudern. Er erreichte ein Alter von 68 Jahren. öMWlll. Lagermieten der Buchbindereien Von N. C. Schmidt, Berlin. Der neue Tarif der Leipziger Buchbindereien bringt eine neue und zwar sehr wesentliche Belastung der Unkosten des Verlagsbuch- handcls. Bisher war es üblich, für das Lagern der Vorräte keine Lagerspesen in Anrechnung zu bringen; die Buchbindereien hatten als Gegenleistung die Sicherheit, daß die lagernden Bestände auch weiter bei ihren Firmen gebunden wurden. Nun brauchen heute die Buch bindereien nicht mehr nach Aufträgen zu laufen, sic sind zurzeit voll beschäftigt, ja, das Verhältnis hat sich dadurch fast umgekehrt. Dieser Zustand ist unnatürlich und wird vorttbergeheu. Wir leben in einer Zeit, in der nur mit Schlagwortcn gearbeitet wird, und nichts weiter als Schlagwort und Phrase ist es, wenn be hauptet wird, daß die erhöhten Mieten die Buchbindereien unge bührlich belasten. Als ein Beispiel dieser Phraseologie wird nachstehend ein Teil eines Schreibens einer Leipziger Buchbinderei angeführt, in dem diese die Berechnung der Lagermieten ankündigt und zu begründen versucht: »Das neue Neichsmietengcsetz und die sonstige Steigerung aller Verwaltungsspcscn für unsere ausgedehnten Lager, die zum Teil in erniieteten Räumen untcrgebracht sind, belasten nns in einem Maße, wie wir dies nie für möglich gehalten haben. Wenn wir daher heute mit der Bitte an Sie herantreten, einen Teil dieser Spesen zu übernehmen Bis auf weiteres werden wir uns daher erlauben, eine Lager gebühr von Mk. 50.— pro cbm und Jahr in Anrechnung zu bringen. Da Ihre Gesamtbestände ufw.« Nun betrug 1914 die Miete für Lagerräume in Leipzig Mk. 4.50 bis Mk. 6.50 je Quadratmeter; das erst am 1. Oktober in Kraft tretende Reichsmietengesctz wird diese Sätze um etiva 200°/, erhöhen. Am 1. Juni betrug aber bereits der Teuerungsausschlag aus den Buchbinder-Preistarif 5200°/,. Die Summe, welche die Buchbindereien möglicherweise für Lagermieten mehr ausgeben — die meisten haben ausgedehnte eigene Lager —, steht in gar keinem Verhältnis zu den heutigen Tarifpreisen, und dementsprechend betragen diese Spesen nur einen Bruchteil derselben Spesen im Verhältnis zu 1914. Es ist also unrichtig, daß das Reichsmietcngesetz eine nennens werte Mehrbelastung bringt, es wird lediglich als Vorivand benutzt, da die Gelegenheit günstig ist, diese Spesen nicht nur aus den Verlag abzuwälzen, sondern auch noch Kapital aus der Sache zu schlagen, wie wir gleich sehen werden. Es klingt in dem Briefe so nett und entgegenkommend, »einen Teil der Spesen zu übernehmen«, und der Verleger hätte nun eigent lich die verdammte Pflicht, sich noch inständigst zu bedanken! Auf einem Quadratmeter liegen 3 und oft noch mehr Kubikmeter aufge schichtet, sodaß der Quadratmeter, der nach dem neuen Neichsmieten- gesetz 20 Mark kosten mag, mit 160 Mark und mehr bezahlt wird. Nun wird man sagen: Ja, die Löhne! Gewiß, wenn diese um 20°/, erhöht werden, so werden die Tarife um 40—H0°/, erhöht! Di-e Tarife find seit 1914 stärker gestiegen als die Löhne, und der Verleger zahlt bereits mit diesen Tarifen die höheren Vcrwaltungskosten in verstärktem Maße als 1914. Nun kommt die Gegenfrage — was wollen wir denn tun? Wir sind doch machtlos, wir armen Verleger! Nein, doch nicht so ganz. Unsere*) Organisationen versagen, darüber ist kein Zweifel, das haben die Herren Reich! und Diederichs (vgl. Bbl. Nr. 98) bereits deutlich gesagt. Zunächst sollte jeder Verleger, von dem eine unangemessene Miets- cntschädignng verlangt wird, sich frei fühlen von der moralischen Verpflichtung, die bei der Buchbinderei lagernden Bestände auch dort binden zu lassen, denn die Buchbinderei leistet ihm keinerlei Gefälligkeit mehr, im Gegenteil, sie verdient recht erheblich an der Lagermiete. Grundsätzlich sollte man Konkurrenzofferten einholcn und frei vergeben. Etwa entstehende Unbequemlichkeiten müssen in Kauf genommen werden. Ferner muß endlich Ernst gemacht werden mit dem Vorschlag »Voigtländer« oder bis dahin mit einer Verlagsgenossenschast auf breitester Grundlage. Kantate 1920 ivurde eine Kommission zur Be arbeitung der Voigtländerschcn Vorschläge eingesetzt. Welche Arbeiten hat diese Kommission geleistet? Bisher hörte man nichts von ihr, oder sind Interessen vorhanden, diese Kommission nur auf dem Papier be stehen zu lassen? Weiter mag derjenige, der Platz hat, Hausbindereien einrichten; in Berlin hat eine Firma diese mit bestem Erfolge einge richtet. Hierzu gehört kein so großer Maschinenpark wie bei den Drucke reien. Gleichgültig, ob die Mark steigt oder fällt, sic hat immer nur 100 Pfennige. Von diesen 100 Pfennigen schneidet sich der Sortimenter das beträchtlichste Stück von oben herunter ab, in der Mitte drehen die Kommissionäre die Spesenwalze mit jeder Teuerung, obgleich ihr An teil sich selbsttätig mit den steigenden Bücherpreisen erhöht, immer ivciter. Von unten heraus drängen nun auch die Fabrikanten des Buches nach, sodaß das Spesenkonto, immer prozentual auf die Mark berechnet, weiter anschwillt, und wenn sich Spesenkonto von unten mit den Kommissionsspesen in der Mitte und den Sortimcnterrabattcn ver einigen, so wird -die Zeit anbrechen, wo der Verleger aufgchört hat zu existieren, und er nur noch sagenhaft der Vergangenheit angehört oder das letzte Exemplar dieser Gattung als Sehenswürdigkeit im Panoptikum ausgestellt wird. Die Lammesgeduld des Verlegers ist bewundernswert, obwohl von seinem Fell bald nichts mehr übrig ist. Woran liegt das? Ist unser Vereinswesen, sind unsere Organisationen so verfilzt, so kraftlos wie das ganze deutsche Bürgertum, oder sind Unterströmungcn vorhanden, interessiert an diesen Unternehmungen? Was sagen die Herren Dicde- richs und Reich! dazu und welche Ergebnisse zeitigten die Besprechungen auf der Thüringer Burg? Zipfelmütze herunter und anfgewacht! *) Verlegerorganisationcn; Sache des B.-V. ist es nicht. Verantwort!. Redakteur: Richard A l b e r t i. — Vertag: DerBdrsenverein der Deutschen Buchhändler zu Leipzig, Deutsches Buchhändlerhaus. Druck: N a in m L T e e m a n n. Sämtlich in Leipzig — Adresse der Redaktion und Expedition: Leipzig, Gerichtsweg 2« lBuchbändlerhausi. 984
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