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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 11.02.1907
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- 1907-02-11
- Erscheinungsdatum
- 11.02.1907
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- Deutsch
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bedenkt, daß damals der jährliche Unterhalt eines Witten berger Studenten nur 8 Gulden kostete. Dagegen hat Luther für seine zahlreichen, vielgekauften Werke niemals einen Pfennig Honorar, höchstens einige Freiexemplare erhalten. Sehr lange hat die Auffassung sich behauptet, daß es der Würde des Schriftstellers, und zumal des Dichters, nicht angemessen sei, seine Geisteskinder für bares Geld zu ver schachern. Sagt doch auch Goethe noch in »Dichtung und Wahrheit«: »Die Produktion von poetischen Schriften wurde als etwas Heiliges angesehen und man hielt es beinah für Simonie, ein Honorar zu nehmen oder zu steigern. Autoren und Verleger standen in dem wunderlichsten Wechsel verhältnis. Beide erschienen, wie man es nehmen wollte, als Patrone und als Klienten. Jene, die neben ihrem Talent gewöhnlich als höchst sittliche Menschen vom Publi kum betrachtet und verehrt wurden, hatten einen geistigen Rang und fühlten sich durch das Glück der Arbeit belohnt; diese begnügten sich gern mit der zweiten Stelle und ge nossen eines ansehnlichen Vorteils; nun aber setzte die Wohl habenheit den reichen Buchhändler wieder über den armen Poeten, und so stand alles in dem schönsten Gleichgewicht. Wechselseitige Großmut und Dankbarkeit war nicht selten: Breitkopf und Gottsched blieben lebenslang Hausgenossen; Knickerei und Niederträchtigkeit, besonders der Nachdrucker, waren noch nicht im Schwange.« Dieses patriarchalische Verhältnis hat bis in die zweite Hälfte des achtzehnten Jahrhunderts ungestört bestanden. Gerade für die Werke der sogenannten schönen Literatur war es auch innerlich begründet. Denn hier ließ sich der Erfolg nur selten mit Sicherheit voraus berechnen, und der Verlag bedeutete in den meisten Fällen ein Wagnis. So war der Dichter, solange er nicht einen berühmten Namen hatte, im Grunde genommen schon durch die Drucklegung des Werks dem Verleger verpflichtet; hatte er aber Ruhm und Ansehen gewonnen so befand er sich in der Regel in einer Lebensstellung, die ihn vom literarischen Erwerb unabhängig machte. Die studierten Männer des sechzehnten und siebzehnten Jahrhunderts — und das waren die Kunstdichter ohne Ausnahme — strebten alle einem Amte im Staats- oder Gemeindedienst zu. Selbst so freie Geister wie Fischart und Grimmelshausen endigen als Amtleute, ein Opitz als polnischer Historiograph, ein Fleming läßt sich als Junker bei der Oldenburgischen Gesandtschaft nach Rußland und Persien schicken, ein Simon Dach lebt von einer Professur, die er als Sinekure erhalten hat, ein Harsdörffer, Hofmannswaldau und Brackes als vornehme Ratsherren. Diejenigen, die als Poeten ohne Amt ihr Dasein von Geschenken oder literarischem Erwerb durch Gelegenheitsgedichte zu fristen suchen, selbst Zesen und Günther, fallen dem Elend und der Verachtung anheim. Der erste, der in Deutschland die Dichtung als Lebens beruf zu Ansehen gebracht hat, ist Klopstock gewesen. Aber auch für ihn ist sie zunächst keine Erwerbsquelle geworden. Er fand in dem Köllig von Dänemark den Mäcen, der ihn erhielt. Auf eigne Kosten ließen Friedrich V. und Christian VII. von Dänemark die Prachtausgabe der Messiade drucken, und bis zu seinem Lebensende blieb dem Dichter der dänische Gnadensold, der ihm die unabhängige Existenz sicherte. Trotzdem hat Klopstock als der erste es versucht, den Dichtern den Erlös ihrer Werke ungeschmälert zukommen zu lassen. Er entwarf den Plan einer deutschen Akademie, die den Verlag der besten Werke übernehmen und die materielle Existenz der Verfasser sichern sollte. Der Kaiser Joseph II. sollte an der Spitze stehen. Unter ihm sollten die zwölf größten Genies Deutschlands als Mitglieder je zweitausend Taler Gehalt beziehen und ihrerseits durch Stimmenmehrheit weitere vierundzwanzig Gelehrte wählen, die je lausend Taler Pension empfingen. Daneben sollten noch drei niedere Klassen bestehen, je eine für die besten Prosaschriftsteller, die besten Dichter zweiten Ranges und die besten Übersetzer. Auch ein Nationaltheater, das die dramatischen Werke unabhängig vom Geschmack des Publi kums und von den Einnahmen zu würdiger Darstellung brächte, Verteilung von Preisen und sonstigen Belohnungen literarischer Verdienste waren ins Auge gefaßt. Klopstock glaubte, daß Joseph II. dem Plan nicht ab geneigt sei; aber in Wirklichkeit hat er das Projekt nicht einmal ernstlich erwogen, und schwerlich wäre es auch von seinen Beratern gebilligt worden, da es für das reale Leben gar keinen Nutzen versprach. Der Kern des Entwurfs war die Befreiung der Dichter und Schriftsteller von der Sorge um den Broterwerb. Diese Absicht bezeugt schon an sich, daß in dieser Zeit die lite rarische Produktion zum selbständigen Beruf, zur Basis der Existenz wurde, und damit mußte zugleich das Verhältnis des Schriftstellers zum Verleger, der Literatur zum Buch gewerbe ein ganz andres werden. Abgesehen von einigen unbedeutenden Literaten, ist Lessing der erste gewesen, der viele Jahre allein vom Ertrag seiner Feder gelebt hat. Den freien, großen Stil seines Lebens rühmt Friedrich Schlegel mit Recht. Als Übersetzer, Kritiker und Dichter hat sich Lessing während seiner Leipziger, Berliner und Hamburger Zeit erhalten, ohne daß fürstliche Gunst oder ein Amt ihm Unterstützung geboten hätte. Sehr bald entstand bei ihm und den in derselben Lage befindlichen Berufsschriftstellern die Vorstellung, daß der Ge winn der Autoren in keinem Verhältnis zu dem der Ver leger stände, und er begann die Reihe jener Versuche, die den Autoren den vollen materiellen Nutzen ihrer Arbeit sichern sollten. Lessing selbst unternahm in Hamburg gemeinsam mit seinem Freunde Bode eine »Buchhandlung der Gelehrten« mit der Devise »Lx ntili xloris«, die ästhetische Werke »zum Vorteil ihrer Verfasser« drucken und so Klopstocks Plan ver wirklichen wollte. Berechtigt genug war diese Selbsthilfe der Autoren, wenn man bedenkt, daß damals der Buchhandel bei dem Fehlen eines selbständigen Sortimentsgeschäfts nicht imstande war, ihre Werke wirksam zu verbreiten, und daß der unrechtmäßige Nachdruck, sogar von einzelnen Fürsten be günstigt, den geringen Nutzen aufs äußerste schmälerte. Geliert erhielt für den Bogen seiner Fabeln »einen traurigen Dukaten«, während der Verleger Reich durch ihn ein großes Vermögen gewann. Herder fluchte humoristisch den Buch händlern: »Verbrennen sollte man euch wie Sardanapal auf euren Papierschätzen mit Weib und Kindern!« Da glaubten die Autoren zur Selbsthilfe schreiten zu müssen. Aber der Mangel an Geschäftskenntnis und kostspielige Liebhabereien, vor allem die begreifliche Abneigung der Buchhändler trugen dazu bei, daß selbst Werke wie die »Hamburgische Drama turgie«, Gerstenbergs »Ugolino«, Klopstocks »Hermanns schlacht« keinen Gewinn brachten, und der Nachdruck war auch hier zur Hand. So ging das Unternehmen Lessings und Bodes schnell zu gründe, und die bescheidenen Mittel Lessings wurden »bis auf den letzten Heller« eingebrockt. Auch spätere Unternehmungen derselben Art, wie die »Dessauische Verlagshandlung für Gelehrte und Künstler«, ferner ein Versuch des berüchtigten Bahrdt, mit seinem Heidenheimer Philanthropin eine Buchhandlung zu ver binden, und ein gemeinsames Unternehmen Bürgers und Göckingks scheiterten. Dagegen schien ein andrer Weg den Dichtern das ersehnte ungeschmälerte Einkommen aus ihren Werken zu verheißen: die Subskription. Auch hier war Klopstock der Pfadfinder. Seine
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