Amtliches Blatt des Börsenvereins. Ä2. Freitags, den 30. Juni 183?. Aktenstücke und Briefe zur Geschichte der Deputation der Deutschen Buchhändler beim Wiener Congrcsse, im Jahre 1814. (Fortsetzung.) Denkschrift über den Büchcrnachdruck. (Fortsetzung.) Vertheilt nicht der Verleger die auf Honorar und Druck verwandten Kosten und den zu hoffenden Gewinn auf sä mmtliehe Exemplare? Folglich kann er unmöglich mit jedem derselben das Verlagsrecht zugleich abtretcn wollen. Das letztere hat einen ganz andern Preis. Wer das Buch nachdruckt, der maßt sich den Ertrag von ganz verschiedeneil Waaren an, deren er doch nur Eine gekauft hat. Wer eine Arzeney in der Apotheke bezahlt, hat da durch nicht das Apothckerrecht erworben. Die Vervielfältigung ist unrechtmäßig, sie geschehe auf welche Art sie wolle. Wenn der Käufer seinen Vorthcil dabei fände, ein Buch nicht nachzudrucken, sondern es tau sendmal abschreiben zu lasten, so würde er immer auf gleiche Weise das Verlagsrecht beeinträchtigen. Wenn Schiller die Abschrift eines seiner Meisterwerke an die Bühne zu Berlin oder Wien verkauft, so crtheilt er ihr das Recht, sein Trauerspiel zu lesen und aufzuführcn, oder es zu zerreißen, zu verbrennen, keineswegs aber die Abschrift zu vervielfäl tigen und sic für eigene Rechnung weiter zu verkaufen. Das selbe Verhältnis findet sich zwischen dem Verleger eines Buches und dem Käufer. Der Director einer Bühne darf Schiller's Werk von dieser Bühne herab so vielen Zuschauern mitthei len, als das Schauspielhaus saßt; der Besitzer eines Buches darf cs jeder Versammlung verlesen, oderauch so vielen Freunden leihen, als die zum Lesen erforderliche Zeit nur immer'gestattet; doch beide finden hier die Grenze ihres 4r Jahrgang. ! Rechts, in so fern es Mittheilung betrifft. Dasselbe gilt von der Musik des Componisten. lieber die Rechte des Dichters und des Tonkünstlers ist in solchen Fallen längst I entschieden worden ; warum sollte nur der Schriftsteller, der sein Werk unter gleichen Bedingungen drucken läßt, die selbe Gerechtigkeit vergebens anflehn? ist der Druck nicht auch im Grunde eine Abschrift? Findet nicht überall gegen den, der seines Eigenthums zum Schaden Anderer sich bedient, bald die Negatorien klage, bald die Klage cks ckamno iuleoto Statt? Giebt es nicht Falle, wo blos propitsr eiainuuni puivativum, in «ola interoepUious luvrl couslsteus, actio ckolr angcstcllt werden darf? Die Sophisten sprechen drittens Der Nachdrucker thue nichts weiter, als was der Nachahmer einer Fabrik waare, eines Zeuges oder eines Kunstwerks thue. Dieser Vergleich ist unpassend. Wer ein Zeug nach macht, der kann ihm doch nur die Form des Nachgeahmten geben, die Materie aber darf er dem Erfinder nicht ent wenden, er muß sie selbst herbeischaffen und eben so müh sam verarbeiten als Jener. Wer aber ein Buch nachdruckt, der kümmert sich wenig um dieForm; dieselbe Materie, derselbe Grundstoff ist es, dessen er sich bedient; denn Papier und Druck machen nicht das Wesentliche eines Buches. Der nachbildende Fabrikant hat dieselben Unkosten, die der vorbildende aufwendcn mußte; nicht so der Nachdrucker, der nichts wagt, der nur das oominoänm sich zueignet, ohne das iucommockum zu tragen. 87