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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 21.11.1843
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1843-11-21
- Erscheinungsdatum
- 21.11.1843
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- Deutsch
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3533 101 3534 stehen; mochte man nun glauben, ihr den Charakter einer leicht erlernbaren Kunst lasten zu wüsten oder in der Aus bildung ihrer technischen Vorlheile nicht weiter gehen zu kön nen; kurz es geschah nichts zur Herbeiführung und Beschleu nigung eines neuen Fortschritts, wogegen sich gerade die, so sich durch die Lithographie berühmt und beliebt gemacht, am meisten stemmten. Nichts von tiefgreifender Bedeutung er schien im Gebiete der Lithographie, deren Anwendung sich beinahe ausschließlich auf wichtige Gegenstände beschränkte, denen selbst die gewandteste Ausführung keinen absonderli chen Reiz zu geben vermochte. Zwar kamen einige inter essante Blätter heraus, als die Geburt Heinrichs kV., von Achille Deveria nach dem Originalbilde seines Bruders Eugöne im Lurembourg ausgeführt, der Löwe und Tieger von Eugöne Delacroix u. s. w.; allein diese Arbeiten waren nicht im Stande, der Lithographie abermals einen bedeutenden Impuls zu geben, den sie von Herrn von Le in üd erhalten sollte. Diesem vorzüglichen Lithographen war es Vorbehalten, seine Kunst auf die höchste Stufe der Voll endung zu bringen und darin eine bis jetzt unerreichte und wohl schwer zu übertreffcnde Meisterschaft zu zeigen. Der Anlauf zu neuem Fortschritt verkündigt sich schon in seinen ersten Arbeiten, die jenen unruhigen, mächtigen Drang offenbaren, der zu rastlosem Streben und Suchen hin treibt. Wer sucht, der findet, sagt ein christlicher Spruch; jeder echte, urkräftige Gedanke findet die Form, in der ec sich ausdrückt, die sich gleichsam fest auflegt auf das Bild, wel ches in der Tiefe des Gemülhs ruht und sie bedeckt, und klatscht sich, so zu sagen, im Styl wie in der Zeichnung ab. Herr v o n Lem üd fand alsbald die seiner Idee entspre chende Behandlungsweise, die seinen Arbeiten einen so ent schieden charakteristischen Ausdruck giebt, daß man nicht mehr nach dem Namen ihres Urhebers zu suchen braucht. Keiner brachte bis jetzt der Lithographie so große Vorzüge und gab ihr so kräftiges Relief. In der Hand des Herrn von L e m ü d scheint der Griffel auf dem Steine nicht mehr um zubiegen oder zu zerfließen, sondern läßt einen scharfen, festen Strick darauf zurück, und ganz verwundert betrachtet man den leichten, beweglichen Schwung der Zeichnung, die sichere und scharfe Angabe der Formen, die charakteristischeWahrheit, den feinen Ausdruck und die durchgeführle Modellirung der Köpfe, die sorgfältige Ausführung der Gewänder und Stoffe, die treffliche Haltung der Gründe und Masten und die glück liche Abstufung der verschiedenen Pläne durch eine genaue Beobachtung der Luftperspektive. In den Werken des Herrn von Lemüd nähert sich die Lithographie so sehr der Malerei, und giebt einzelne wunderbare Farbenwirkungcn so glücklich wieder, daß man wohl annehmen darf, hiermit sei das Höchste geleistet, um so mehr, da dieser Grad von Kraft und Vollendung nur mit äußerster Mühe und Noch zu erreichen war. Zu welcher Behandlungswcise auch der Kupferstecher greifen mag, ec ist seines Resultates gewiß; denn was er mit dem Grabstichel oder der Nadel eingegra- oder mit dem Eisen geschabt hat, giebt ihm die ehrliche Me- tallplatie unversehrt in treuem Abdruck wieder; selten gelingt cs dagegen dem Lithographen, nebst dem allgemeinen Effekt, den Zauber des Helldunkels, der harmonischen Be leuchtung und feinen Charakteristik auch den eigenthüm- lichen Vortrag, das Glatte oder Markige, das Leichte oder Derbe des Pinsels vermittelst der chemischen Kreide oder Dinte täuschend herauszubringen, der treulose Stein giebt nicht wieder von sich, was ihm als thcures Vermächtniß an- vectraut wurde. Was der Zeichner auch aufbietet, seine Ar beit aufs höchste zu vollenden, so kann er doch nie des Ge nusses sich erfreuen, seine Zeichnung in eben der Haltung, Kraft, Reinheit und Feinheit, wie er sie schuf, auf Papier übertragen zu sehen: die zarten, durchsichtigen Nüancen, die Licht und Luft angeben, gehen beim Druck entweder ganz verloren oder erscheinen in anderer, unvollkommener Ge stalt; die Mezzatinten werden unsichtbar, das Helldunkel kommt unrein und verfehlt durch den Mangel transparenter Klarheit seine Wirkung; es kommt immer noch etwas Tüch tiges zum Vorschein, allein die größten Feinheiten und Zart heiten werden nicht mit abgedruckt. Es fordert allerdings.ein geübtes Kenner-Auge, um die Ar beiten des Herrn von Lemüd nach ihrem vollen Werthc zu würdigen; aber es hält nicht schwer, zu erkennen, welches bedeu tende technische Können undWissen derKünstler in der Ausfüh rung seiner Werke an den Tag legt; was jedoch noch leich ter zu erkennen, ist das energische, tiefe und wahre Gefühl, welches sich in seinen Leistungen kundgiebt und mit magne tischer Kraft auf den Beschauer wirkt, wie gewisse Persön lichkeiten , von denen man sich unaussprechlich angezogen fühlt, ehe man sich ihren vollen Werth und Gehalt klar ge macht. Jedes seiner Motive weiß er charakteristisch und passend zu behandeln, und jede seiner Figuren ist von wah rem, ergreifendem Ausdruck. Mit welcher bangen Hast die kleinen Gartendicbe auf den Kirschbaum klettern, und mit welcher Naschgicr sie die schmackhaften Früchte wegrapsen! Wie die nichtsnutzigen Waldstreuner sich ärgern und fürch ten vor der grimmigen Eule, die ihnen mit den Krallen zu Leibe will, weil sie ihr die Jungen aus dem Neste nehmen! Wie fein gegeben ist die arglos lallende Redseligkeit dessen, dem der Wein Herz und Zunge gelöst, und die schlaue Ironie dessen, der nüchternen Muthcs sich die unbewachten Augen blicke der Trunkenheit zu nutze macht! Welch geistvolles, sprechendes Leben in den beiden Figuren, die der Kaffee in stilles Brüten und Nachdenken versenkt hat! Jeden See- lcnschmerz, jede Gemüthspcin versteht der Künstler wieder- zugebcn; alle Widerwärtigkeiten und Drangsale unverdien ter Gefangenschaft sind auf dem blassen Gesichte seines Ein gekerkerten zu lesen, und in den finsteren, schwermüthigenZü- gen seines Ho ff mann spiegelt sich der Widerschein phan tastischer, unheimlicher Träumereien. Wer erkennt nickt gleich den kleinen Vagabunden mit dem feinen Lächeln, dem scharf und keck in die Welt blickenden Auge, der aus Drang zur Kunst seinen Aeltern davongelaufen und mit einer Bande Zigeuner umherzieht? Kräftiges Gefühl und ent schiedene Charakteristik zeigen sich bereits in diesen ersten Ar beiten des Herrn von Lemüd; aber so lebendig und eigen- thümlich auch die darin sich aussprechende Auffassung, so nimmt sie doch in den nächstfolgenden Werken einen un gleich höheren Schwung und vcrsteigt sich zur höchsten Poe sie. Wunderbar ist in seinem Meister Wolfram der Ausdruck der reinsten musikalischen Begeisterung und der höchsten Virtuosen-Extase, wo das erfüllte Künstlerherz sein 241»
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