Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 22.04.1857
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- 1857-04-22
- Erscheinungsdatum
- 22.04.1857
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720 Börsenblatt für den deutschen Buchhandel. ^>7 47, 22. April. eins über den internationalen Rechtsschutz gegen Nachdruck vom 23. Januar 1855: „Zum Volke kann man nicht, um das Decbictungs- recht der Ucbcrsetzung zu vertheidigen, sagen: laß Dir von Deinen Schriftstellern Bücher über solche Gegenstände, die vom Nachbar volke erfunden und entdeckt sind, schreiben und verbreite sic, ohne dessen Gcistescrzeugnisse zu benutzen, unter Deinen Gliedern. Hier tritt hindernd ein höheres Gesetz entgegen: ein jedes Volk hat seinen Beruf in der Eulturgeschichtc des Menschengeschlechts; ein Volk soll das andere ergänzen, und darum darf eine weise Gesetzgebung diese gegenseitige Ergänzung nicht dadurch hindern, daß sie die Wege der Mittheilung abschncidct." Jahresprüfung der Zöglinge der Lehranstalt für Buchhandlungslehrlinge zu Leipzig, am 19. April 1857. Die Geschichte des Unlerrichtswcsens hat unverkennbar seil dem Jahre 1830 eine neue Epoche begonnen. Bis dahin war es eine dreistufige Leiter, welche zu den höheren Bcrufskrcisen des Lebens hinaufführte: die Volksschule, das Gnmnasium und die Uni versität. Ein tüchtiger Zögling der Volks- oder, wenn man will, Bürgerschule war durch eine schöne Handschrift und Hebung im Rechnen mit hinlänglicher Wissenschaft ausgerüstet, um in die kauf männische Lehre cinzutrctcn, während Buchhändler und Apotheker, die beiden Mittelstände zwischen Wissenschaft und Gcschäftslebcn, ihre Lehrlinge am liebsten aus den untern Elasten des Gymnasiums zogen. Nur der Gelehrte mußte sich stets, mit Ausnahme weniger Autodidakten, unter jahrelanger Anstrengung durch alle drei Stufen cmporcingcn. Seit 1830 aber haben sich zwei charakteristische Mit telschulen abgczwcigt, welche durch die vorherrschend praktische Richt ung ihrer Lehrpläne ihre Zöglinge zum höheren gewerblichen oder- kaufmännischen Geschäftsleben vorbercitcn, die Realschule und die Handelsschule, jene vorherrschend von Gelehrten, diese fast ausschließlich von vormaligen Geschäftsmännern geleitet, welche mit dem unschwer erworbenen Doctortitel in den Lehrstand hinüber ge treten sind. Ja das Princip dieser beiden Mittelschulen hat sich so geltend gemacht, daß wir kaum eine Stadt von nur einiger Bedeut ung nennen können, in welcher sich nicht die eine oder die andere, oder beide zugleich vorfändcn. Leipzig aber ist die einzige Stadt Deutschlands, ja gewiß aller Eulturländer, welche eine „Lehranstalt für Buchhandlungslehrlinge" besitzt. Soll Referent aufrichtig sein, so ringt sich bei diesem Ge danken ein tiefer Seufzer aus seiner Lchrerbrust hervor; denn ein Buchhändler muß sowohl wegen seiner Stellung dem Gelehrten und Schriftsteller gegenüber eine geistige (ich sage nicht wissen schaftliche) Ebenbürtigkeit besitzen, als auch wegen des Waaren- objects, auf welches er sein Capital verwendet und womit er nicht blind speculiren kann, mit dem Waarenproducentcn eine Zcitlang auf gleicher wissenschaftlicher Bildungsbahn und zwar bis dahin vorgeschritten sein, wo der Sondcrberuf Beider beginnt, bis zur Universität. Der Buchhändler müßte zur Vollendung seiner Jugend bildung mindestens die wissenschaftliche Stufe eines Gvmnasial- Secundaners erreicht haben. Auf der anderen Seite jedoch hat Referent mit der innigsten Freude der Versammlung beigewohnt, in welcher die Lehrlinge der Leipziger Buchhandlungen ihre Jahrcsprüfung ablegten. Man kann einmal nicht zu gleicher Zeit Gymnasiast und Buchhandlungslehr ling sein. Daher muß man bekennen, daß sich die hochherzigen Gründer dieses von einer allgemeinen merkantilen Lehranstalt we sentlich verschiedenen Institutes ein großes Verdienst um die geistige Hebung ihrer Lehrlinge erworben haben. Nach dem vom Inspektor der Anstalt, Hrn. vr. Möbius, aus- gegebenen vierten Berichte belauft sich die Gesammtzahl der Lehr stunden in den zwei Elasten auf achtzehn, in welchen folgende Lehr- gcgcnständc behandelt werden: Deutsch, Französisch, Literaturge schichte und Handclswisscnschaft. Ein Privatcursus bietet daneben, in neun Lehrstunden wöchentlich, Latein, Englisch und Kalligraphie. Das Lehrerkollegium besteht aus sechs Mitgliedern, dem Inspektor Hrn. vr. Möbius und den Hrn. Ovr. Hildcbrand, Pausier, Nickels, K. Brandon und Hrn. Conrad. Nach einer einleitenden Ansprache des Jnspcctors an die verehr ten Vorsteher, an die 55 Zöglinge der Anstalt, sowie an den zahl reich versammelten, von sichtlicher Thcilnahmc erfüllten Zuhörcrkrcis, prüfte Hr. Pausier beide Classcn im Rechnen, und zwar in der Pro- ccntrcchnung, wobei die billige Erklärung hinzugcfügt sein möge, daß das drei Wochen nach dem Lcctionsschlusse gelegte Examen vor drei Wochen gewiß manche promplcrc und präciscrc Antwort geliefert haben würde. Ein besonders hohes Interesse zeigte sich bei der von dem Inspektor abgenommencn Prüfung in der Literaturgeschichte, und zwar der des klassischen Altcrthums, wobei wir rühmend er kennen müssen, daß der Unterricht als mit besonderer Sorgfalt er- thcilt und von den Zöglingen mit sichtlicher Liebe, Aufmerksamkeit und nachhaltigem Flcißc ausgenommen erschien. Nach der Prüfung hielten zwei Zöglinge der ersten Elaste, und zwar G. H. Filz (bei Hrn. E. Kummer) einen recht fließenden französischen Vortrag, worin er das Andenken des um die Anstalt hochverdienten am 9. Febr. d. I. unerwartet schnell verstorbenen Buchhändlers Hrn. Hermann Schultzc feierte, und R. Ravenstein (bei Hrn. C. F. Fleischer) mit lobcnswcrther Sicherheit einen englischen Vortrag. Hieran schloß sich ein eindringliches Schlußwort des Vorsitzen den der versammelten Deputirten des Buchhandels zu Leipzig, des Hrn. Stadtralh Fried r. Fleischer, welcher als Vorsteher der An stalt die Zöglinge zu den drei Cardinaltugendcn der Jugend, Fleiß, Gehorsam und Bescheidenheit, sowie zur Dankbarkeit gegen Lehrer und Principale ermahnte, und dies in so väterlich milder und doch zugleich ernst würdevoller Weise, daß wir die feste Zuversicht hegen, der ausgcstreute edle Samen werde seiner Zeit edle Frucht bringen. Endlich proclamirte der Herr Vorsitzende die Namen derjenigen Zög linge, welche wegen vorzüglichen wissenschaftlichen Strebens und musterhafter sittlicher Haltung von dem Lehrerkollegium der Aus zeichnung durch Prämien und ehrenvolle öffentliche Belobigung für würdig erklärt worden waren. In erster Reihe nennen wir: 1. G. H. Filz (bei Hrn. E. Kummer), welcher Molicre's Werke, 2. R. R ave n ste i n (bei Hrn. C. F. Fleischer), welcher Ko- berstcin's Literaturgeschichte, und 3. C. I. F. PH. Augustin (bei Hrn. B. G. Tcubncr), wel cher Schiebc's Univcrsallcxiko» rc. als Prämie erhielt. Durch ehrenvolle Belobigung wurden folgende Zöglinge ausge zeichnet: aus Elaste I. E. Pfalz in Michclsen's Buchhandlung. J.O.H. Schulz bei Hrn. O. A. Schulz. H. F. A. T. Uhse „ „ F. Volckmar. J.E. Weber „ „ I. I. Weber, aus Elaste II: C. F. Baumann in Baumgärlncr's Buchhandlung. L. Douffet bei Hrn. F. E. W. Vogel. O.M. Häßler „ „ F. Wagner. E. W. A. Kirst „ „ A. H. Payne. H. Schmidt „ „ E. F. Schmidt. A. Titzc „ G. Pönicke.
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