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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 23.08.1869
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1869-08-23
- Erscheinungsdatum
- 23.08.1869
- Sprache
- Deutsch
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
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Weiten sich seine Lippen zu einem milden Lächeln, bei Seite wirft er den Speer, und zu einem winzigen Ball gerollt verschwindet die ganze feindliche Macht in dem Schlund des — Papierkorbs! Ich könnte ihn umarmen, diesen Freund, und ich fühle mich immer ihm nahe, wenn ich eine in Sinn und Form anständig er ledigte Gcschäftsangelcgenheit vor mir habe. Aber er ist mein Freund, und da nicht alle Mitträger meine Freunde sind, so sind auch nicht alle, wie er. Ach, welche blutig-rothen und gallig-schwar zen Dintenströme ergießen sich durch unser Reich, gezeugt aus Fie berhitze und Hämorrhoiden-Noth, aus grünem Uebermutb und grauem Unverstand! Sic durchbrechen ihre Ufer mit Differenzen, sie schwem men Klötze von Grobheiten ans das geackerte Land der Facturen, ja sie unterwühlen und zerstören ganze Conti! Aber halt! wo gcrathe ich hin? Zu rechterAeit fällt mein zerstreu ter Blick auf einen Rcchnungsfctzcn und mit des Hrn.A.G. B. inW. eigenen Worten verabschiede ich meine Klage: „Was ist das für Quallm? ich Hab Sie alles am 18. Mai 1869 rittur gesandt, wir sind Quitt und bitte mich ferner nicht mehr zu inkomoticren!" Nein, nein, ich will Euch nicht „inkomoticren", die Ihr Per sönliches und Geschäftliches, Vcrdauungs-und Saldo-Beschwerden stets durcheinander mengt wie Kraut und Rüben, die Ihr die Auf deckung von Differenzen manchmal mit scherzhaften, meist mit gröb lichen, stets aber ungehörigen Bemerkungen begleitet; — beohrfcigt den geschäftlichen Anstand ruhig weiter, — wir sind „Quitt"! Doch wenn Ihr gewisse Rechtsfragen mit unsanften Fingern berührt, wenn Ihr Eure Forderungen auf eine nur von Eurem Vor- thcil oder dem augenblicklichen Erforderniß dictirte, im Princip falsche Ncchtsanschauung gründet, wennJhr damit erzwingen wollt, was nur durch das gegenseitige Geschäftsinteresse bemessen wird, so — kann man wohl zu dem verzweifelten Schritt getrieben werden, vor den grünen Tisch desBörsenblatt-Tribunales zu treten, um feierlichst seine Fragen zu stellen. Kleine Verirrungen, wie solche z. B. gegenwärtig im Börsen blatt zu lesen, wo der Verleger ein Buch, baser zur Ostermesse disponieren ließ, zurückvcrlangt, und nach dem 15. September nicht mehr annehmen will, während er cs doch dem stillschweigenden Uebereinkommcn gemäß bis zur Ostcrmessc 1870 zurücknehmen muß, will ich unberührt lassen. Ihre Ursache ist Willkür, ihre Zahl ist Legion ; es wäre auch Schade, wenn einst zum üblichen Hader der Stoff ausgingc. Auch die treue Verleugnung von solchen längst im Princip entschiedenen Ncchtsgrundsätzen, wie z. B., auf wessen Ge fahr eine Waarcnsendung geht, des Bestellers oder des Versenders, will ich nicht antasten. Dagegen dürfte die rechtsverständige Beantwortung einer den Buchhandel im Allgemeinen, wie auch das Publicum berührenden Frage gewiß von Nutzen sein, und Klarheit in die Beurtheilung von Verhältnissen bringen, die seither in ihrem vagen Durch- und Nebeneinander zu den widersprechendsten Folgerungen Anlaß geben. Die Frage lautet: Steht der Verleger bezüglich des Absatzes seiner Producte nur mit seinem nächsten Abnehmer, dem Sortimenter, in rechts verbindlicher Beziehung, oder kann auch der Käufer zweiter Hand, der Abnehmer des Sortimenters, dirccte Ansprüche an den Verleger erheben? Von welchem Belang ist in Beurtheilung dieser Frage der Umstand, daß der Verleger durch Prospekte und öffentliche An kündigungen Jedermann seine Artikel (durch Vermittlung des Sortimenters) anbietet? Nehmen wir folgenden Fall als Beispiel: Ein Werk in Lie ferungen, sagen wir 30, und mit einer Prämie am Schluß für den Abnehmer sämmtlicher 30 Lieferungen, wird angekündigt, aus- gegeben und, Wie es der Prospect verspricht, sammt Prämie voll endet. Hundert Abnehmer beziehen Lfg. 1—24. von einem Sorti menter, der dieselben in Rechnung empfängt, zu der beim Erscheinen der 25. Lfg. eintrctenden Ostcrmeffe den Verleger nicht bezahlt, in folge dessen die Fortsetzung sammt Prämie nicht erhält und später in Concurs geräth. Der Verleger hat für 100 Exemplare Lfg. 1 — 24. kein Geld erhalten, und sieht sich nun 100 Kunden des früheren Sortimenters gegenüber, die den Schluß sammt Prämie von ihm verlangen. — Ist er rechtlich verpflichtet, oder nicht ver pflichtet, die Prämie zu liefern? Solche Fälle, bei denen meine Frage ins praktische Leben tritt, kommen in allen möglichen, oft sonderbaren Formen zu Tage. Naive Aeußerungen, wie: „Verlangtes beansprucheich ja nicht, sondern mein Besteller", deuten hinreichend das Dunkel an, in dem sich Viele bezüglich dieser Verhältnisse bewegen. Vielleicht wäre cs des halb zur Erschöpfung des Gegenstandes gut, die Frage dahin zu schärfen: Ist handelsrechtlich der Sortimenter stellvertretender Agent des Verlegers, oder ist er selbständiger Detaillist? Miscellen. Aus Mainz, 15. Aug. berichtet die Deutsche Allgemeine Zei tung : „ Heute fand hier im Hofe zum Gutenberg eine vertrauliche Versammlung von fast 100 Buchdruckereibesitzern ans allen Theilen Deutschlands statt. Sie waren thcils auf Einladung des Hrn. Schneider aus Mannheim, theils von einigen Hamburger Buchdruckereibesitzern veranlaßt erschienen, um über Mittel und Wege zu berathen, wie den Unzuträglichkeiten entgegen zu treten sei, welche sich in neuerer Zeit thcils durch Conflicte unter den Gehilfen selbst, theils durch extreme, ganz unerfüllbare Forderungen einer Anzahl derselben kundgegeben haben. Das Resultat dieser Bespre chungen war die Gründung eines »Vereins deutscher und schweizeri scher Buchdruckereibesitzer«, welchem beizutreten auch die Schriftgie ßereien eingeladen werden sollen. Dieser Verein will cs sich zur Aufgabe stellen, nicht nur die persönlichen Beziehungen der Buch drucker und Schriftgicßer unter sich zu kräftigen und zu fördern, er will auch, indem er sich als Centralorgan constituirt, in ähnlicher Weise wie der Buchhändlerverein suchen, das Interesse des Geschäfts und der Geschäftsinhaber in allen Lagen, so auch beispielsweise der Preßgesetzgebung gegenüber, an maßgebender Stelle zu vertreten. Dabei will er jedoch nichts weniger als den Bestrebungen der Ge hilfen nach Verbesserung und namentlich Sicherstellung ihrer ma teriellen Lage cntgegentreten, vielmehr dieselben, soweit sie berechtigt sind, unterstützen, aber ebenso entschieden auch allen Auswüchsen die ser Bestrebungen, welche thcilweise in der Verkennung der Verhält nisse selbst, theils in Verleitung wurzeln, cntgegentreten — letzteres gewiß nur zum Nutzen der besonnenen und ruhigen Arbeiter, die der Verein gleichzeitig gegen alle Nachtheilc schützen wird, die ihnen von Andersdenkenden bereitet werden könnten. Bis die Versammlung die Gründung eines solchen Vereins beschlossen und seine Tendenz festgestellt hatte, mußten seine Besprechungen sich selbstverständlich der Oeffentlichkeit entziehen, in welche derselbe nunmehr aber ein- tritt. Er darf voraussetzen, daß er sich dabei des Beifalls und der Unterstützung aller Principale wie Gehilfen erfreuen werde, die einen ruhigen, den Zeitverhältnisscn Rechnung tragenden Fortschritt wollen und die von dem aufrichtigen Wunsche beseelt sind, daß das Interesse der Principale und der Gehilfen stets Hand in Hand gehe und ein freundschaftliches Verhältniß unter ihnen wieder platzgreife. Der Verein darf dann gewiß sein, daß die Zahl seiner Mitglieder sich stets mehren und so er selbst die Kraft zur Erreichung seiner Zwecke finden werde. Die Organisation des Vereins wurde in der Weise bestimmt, daß ein Vorstand von neun Mitgliedern mit dem Vororte Leipzig gebildet werde, von welchem der Vorsitzende, der
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