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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 25.06.1860
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1860-06-25
- Erscheinungsdatum
- 25.06.1860
- Sprache
- Deutsch
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Nichtamtlicher Th eil. Die Nothwendigkeit einer Reorganisation des Buchhandels. I. Als zuerst die Usance aufkam, Novitäten unverlangt an die Sortimenter einzusenden, da war diescEinrichtung jedenfalls für die deutsche Literatur sowohl, als den Buchhandel sehr gedeihlich und förderlich. Bisher unbekannten Talenten wurde Gelegenheit gegeben, sich Eingang zu verschaffen, und indem die Novitäten in den Buch handlungen vorräthig gehalten und zur Ansicht an Bücherfreunde gesandt wurden, erreichte der Absatz eine früher nie gekannte Aus dehnung. Aber wie keine menschliche Einrichtung vollkommen ist und ihre Zweckmäßigkeit nur für bestimmte Zeiten und unter be stimmten Voraussetzungen bewährt, so ging es und geht es mit dieser Usance, die sich jedenfalls letzt überlebt hat, und, weit ent fernt, noch ihre ursprüngliche Zweckmäßigkeit zu bewähren, schon seit mehreren Decennien den Ruin des Buchhandels befördert. Der Gang und Erfolg der Novitätenversendungen ist jetzt etwa folgendermaßen beschaffen. Der Verleger, der thöricht genug ist, Novitäten von größerem Umfange und mit bedeutenden Productions- kosten verknüpft, an alle Sortimenter, welche unverlangt Novi täten annehmen, und an diejenigen, welche selbst wählen, auf Verlangen einzusenden, ist zunächst genöthigt, starke Auflagen drucken zu lasten. Die eingegangenen Novitäten werden nun von den Sortimentern zunächst zur Ansicht versendet. Wie aber ist der Er folg? Die den eigentlichen gelehrten Ständen angehörcnden Per sonen sind theils von ihren Berufsgeschäften so sehr in Anspruch genommen, daß ihnen wenig oder gar keine Zeit übrig bleibt, die Novitäten nur flüchtig anzuschen, oder nur oberflächlich zu prüfen. Die anderen Stände kaufen größtcntheils nur Bücher, die schon bekannt sind, oder durch Wohlfeilheit ihnen empfehlenswcrth er scheinen- Privatpersonen, im Besitz größerer Bibliotheken, sind jetzt sehr dünn gesäet. Einen wirklich guten Absatz von Novitäten er zielen jetzt eigentlich nur solche Sortimenter, welche mit Staats-, städtischen, Gymnasial- und sonstigen öffentlichen Bibliotheken und ferner mit wohlhabenden Gutsbesitzern in Verbindung stehen, welche letztere namentlich im Winter die besten Kunden der Buchhändler bilden, da es besonders denjenigen, welche auch im Winter auf ihren Landsitzen bleiben, an den Zerstreuungen fehlt, welche die größeren Städte darbietcn. Endlich ist es für die Leihbibliothekare ein Bcdürfniß, sich die neuesten Erzeugnisse der Belletristik und sonstiger einschlägiger Fächer der Literatur anzuschaffen. Diese stehen aber ge wöhnlich mit mehreren Sortimentern in Verbindung, und die überall stattsindendc große Eoncurrenz veranlaßt, daß die letzteren in Ge währung von Rabatt und langem Eredit sich übcrbicten. Die grö ßeren Leihbibliothckare stehen ohnehin mit den Verlegern in direcker Verbindung, sodaß hierbei wenig Seide zu spinnen ist. Was aber dem Absatz von Novitäten am meisten schadet, das ist der Umstand, daß die Büchcrkäufer leider nur allzugut wissen, daß, wenn sie mit ihren Einkäufen bis nach der nächsten Leipziger Ostermcsse warten, sie einen großen Theil der Bücher für die Hälfte oder den vierten Theil des anfänglich geforderten Preises bekommen können. Unter solchen Umständen schrumpft der Absatz der Novi täten immer mehr ein, lind die Zusendung derselben zur Ansicht abseiten der Sortimenter wird dem Publicum immer mehr lästig. In demselben Grade nehmen aber die Anstrengungen der concur- rirendcn Buchhandlungen zu, ihre Novitäten an den Mann zu bringen. So ist cs denn in großen Städten gar nichts Seltenes, daß solche Personen, die durch ihren Stand oder ihr Vermögen den Sortimentern für die Zusendung ihrer Novitäten geeignet erscheinen, am Abend einen ganzen Haufen von Bücherpacketen vorsinden, die während des Tages von den verschiedensten Sortimentern einge gangen sind. Man hac sich diese oft verbeten, die Domestiken haben keine Zeit, sic zurückzubringen; sic bleiben in den Domestikcnzim- mern oder an sonstigen ungeeigneten Orten, mitunter ganz ohne Aufsicht liegen. Läßt der Buchhändler sie endlich abholen, so sind sie beschmutzt oder beschädigt, oder es fehlen Bücher an den Packe- ten, mitunter sind auch ganze Packele nicht wieder zu erlangen. Und gegen solche Unbill hilft nicht einmal eine gerichtlicheKlage, da diese in der Regel erfolglos bleibt, weil unverlangt oder gar wider Willen eingegangene Zusendungen keine Verantwortlichkeit für die Aufbe wahrung begründen. Ein Theil anderer Novitäten wird zwar be halten, aber sehr säumig oder gar nicht bezahlt. Nun kommt die Ostermesse. Es häufen sich die Remiltcndenpackete bei den Verle gern, es häufen sich die eingehenden Disponendenfacturcn, die ei gentlichen Saldi nehmen den großartigen Versendungen gegenüber die unscheinbarsten Dimensionen an und schrumpfen gewaltig zu sammen. Aber auch von diesen geringfügigen Saldi geht nur ein Theil ein. Der größte Theil bleibt unter den verschiedensten Vor wänden, oder auch ohne Angabe von Gründen unberichligt. Nun aber ist auch für den Verleger der Kreislauf seiner Novitäten been det. Bei weitem von der größten Mehrzahl der Verlagsunternehm ungen werden höchstens noch einzelne Exemplare abgesetzt. Die ste reotypen Geschäftsprincipien, welche die nutzlose Hin- und Rück sendung der Novitäten geboten, verbieten es dem Sortimenter, im zweiten und den folgenden Jahren sich irgend für die überjährigen Novitäten, oder auch nur für die auf dem Lager habenden Dispo- nenden zu verwenden, und hätte er auch durch eigeneAnsicht die Ue- berzeugung gewonnen, daß sie seiner Verwendung noch so würdig sind. Ist doch schon in diesem zweiten Jahre eine neue Flut von Novitäten ausgebrochen, welche die ganze Thätigkeit des Principals und des Geschäftspersonals, freilich eben so unnütz und vergeblich als alle früheren Jahre, in Anspruch nehmen, daß an die überjährigen Novitäten nicht zu denken ist. Die Verwendung und den lohnenden Absatz dafür überläßt man den „Antiquaren und Trödlern". Für diese Auffassung und solches Geschäftsprincip spricht dann auch wenn nichts anderes, doch wenigstens der Umstand, daß die nun mehr beginnende Preisentwerthung und Verschleuderung abseiten der Verleger, welche schon im ersten Jahre die Sortimenter bedroht hat, jetzt ihren ungestörten verderblichen Lauf hat- Denn was soll der Verleger mit dem Heer der cingegangcnen Rcmiltcnden anfangen! Der Sortimcntshandel verwendet sich nicht mehr dafür und beküm mert sich nicht mehr darum. Der Verleger ist also genöthigt, die Preisheruntersetzung selbst vorzunehmen, die auch dann nur selten Erfolg hat, oder er verkauft die sämmllichen Vorrälhe cn bloc zu Preisen, welche größtcntheils den Maculaturpreis nur wenig über steigen- Diese Manipulationen sind aber nur zu sehr dazu geeig net, die Sortimenter von Beziehung neuer Bücher in feste Rech nung oder gegen baar abzuschrecken. Auch der Absatz neuer Bücher an das Publicum gestaltet sich dadurch immer schlechter und unbe deutender. II. Daß diese Darstellung nicht übertrieben und in vielen, ja in den meisten Fällen zutreffend ist, dafür sprechen mit jedem Jahre immer mehr Facta und Erfahrungen. Während aber bei allen übrigen Gewerben eine rationelle Auffassung und Geschäftsbetreib ung und die Beseitigung solcher Usancen und Einrichtungen, die als zweckwidrig und nachtheilig sich Herausstellen, immer vorherr schender wird, gefällt der deutsche Buchhandel sich darin, alles hübsch 179'
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