r Eines der bemerkenswertesten Bücher dieser Tage ist der Erlebnisbericht von MATTHIAS PFÖRTNER „DIE RUSSISCHE WANDERUNQ" Pförtner hat in innerer und äußerer Beziehung einen langen Weg zurückgelegt: Als „Intellektueller“, nicht von der vorlauten, sondern von der weltfremden, sozusagen mit dem Ideal im Arm die Wirk lichkeit überspringenden Art, ging er in den zwanziger Jahren nach Rußland, um am Aufbau des sozialen Musterstaates mitzuhelfen. Rasch wuchs die Enttäuschung. Der Schriftsteller, der die Kultur der euro päischen Vergangenheit mitbrachte und zwischen deutschen Büchern idyllisch hauste, wurde verdächtig, die GPU. faßte ihn und verurteilte ihn wegen „gegenrevolutionärer Umtriebe“ zur Zwangsarbeit. Später begnadigte man ihn zur Ausweisung. In diesen Jahren (nach 1933) nun läuterte sich bei Pförtner aus den Träumen der handfeste, der echte Idealismus heraus. Er lernte, daß die Zukunft mit den Realitäten der Gegenwart rechnen muß: die maß- und formlose Art der Russen enthüllte sich, der teuflische Irr sinn eines Sozialismus-Experiments der Gewalt, ohne organische Gliederung und Grundlage von Füh rung und Volk. Jahre in den Wäldern als Holzarbeiter oder in der Tundra als Barackenbauer bei der Gründung einer jener überstürzten und undurchdachten russischen Neusiedlungen brachten den Mann in die tätige Wirklichkeit (Millionen von Verschickten und brutal als Sklaven in niedrigster Entwertung Behandelten bildeten den sowjetischen „Arbeitsdienst“, der Wälder, Kohlenbergwerke, Ölvorkommen, Steppen und Tundren in Angriff nahm); Jahre mit politisch Verurteilten aller Berufe und mit Ver brechern zusammengepfercht, von Läusen und Wanzen, Kälte und Hunger nicht einen Augenblick ver lassen, bedeuteten eine Wanderung durch die Unterwelt, aus der erstaunlicherweise die Seele, die „Eurydike“, gerettet wurde: ja, es fanden sich hier und da die echten, noch unverbraucht kindlichen Kräfte des Russentums, und an ihnen konnte sich die Vorstellung von einer östlichen Zukunft entzünden. Eine Vorstellung, zu der der Krieg dieser Tage schon die Realisierung bedeutet, — Anstoß und Formung erhält der Osten von uns. Die Voraussetzungen aber, die der Sowjetismus geschaffen hat, und die den Menschen unverhüllt und hemmungslos auf die unterste Stufe menschlich-untermenschlichen Vegetie- rens und Wütens entwürdigten und den Bodensatz der Seelen offenbarten, werden in Pförtners Buch erschütternd und unvergeßlich offenbar. Wille und Macht, Januar 1945 Zuteilungs verfahren ?<R KARL RAUCH VERLAQ ZU DESSAU ' ////z//s//s//////////s///////////////////f//////////s/////////////////s/////j////////f/,'///////////;//.'//'/////,'///////////////;