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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 04.11.1863
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1863-11-04
- Erscheinungsdatum
- 04.11.1863
- Sprache
- Deutsch
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- Saxonica
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136, 4. November. Börsenblatt für den deutschen Buchhandel. 2355 Menschen, welche ihm später bei aller liebenswürdigen Beschei denheit im Verkehr in hohem Grad eigen war, geben seine Tage bücher schon im ersten Göttinger Semester mehrere Belege. Ein mal ist er zu Planck geladen, Hugo und Schulze erscheinen mit als Gaste. Ueber die Unterhaltung der Professoren schreibt er bei dieser Gelegenheit folgende Notizen ins Tagebuch: ,,Hugo und Schulze sagten sich mit bestem Humor und höchst jovialischer Laune derbe Wahrheiten ins Gesicht. Wahrlich, es ist was ganz Eigenes, so unter Professoren zu speisen, zu hören wie sie die Welt ansehen, und wie der etwas erhöhte Sitz ihres Katheders, an den sie sich gewöhnt haben, ihnen alles Uebrige so niedrig macht. Da kann unser einer schwacher Bursche nie zur Rede kommen; wie Orakel tönt es aus vollem Munde; alles was sie sagen muß gehört, gewogen und bewundert werden; will man aber eben anfangen auch was zu sagen, so drehen sie sich auf eine andereSeite, indem sie einenDritten anreden. Gelacht wird viel von ihnen, oft aus Mitleidcn, und immer nach einem äixi. An großen Männern kennen sie genau das Kleine. Was in der po litischen Welt Bedeutendes geschieht, ist ihr Wille, dabei geht alles wie es gehen muß, und sic sind immer lustig und heiter/' (2. Febr. 1816.) Diese freie Beobachtung schließt die verch- rungsvollste Pietät für die Lehrer und Gelehrten nicht aus. Am 17. Mai 1816, als er in Heidelberg sich aufhielt, ist er bei Voß, und schreibt von dem Abend: ,,Der hohe schlanke Mann, das schöne Gesicht, die Augen fast geschloffen, selten blickt er auf, wie wenn er immer in ruhiger Beschauung seines Innern, in be schauendem Refleclircn und Dichten begriffen wäre, wenig die Außenwelt durch das Organ in sich auffasscnd: doch wenn das milde Auge sich einmal hebt, und dich klar und lieblich beschaut, so ist es, wie wenn aus Wolken mit einem Mal die Sonne lauter hervorblickt: ich saß neben dem lieben allen Sänger still, auf merksam und horchend; denn bei solchen Leuten fühle ich meine Pflicht zu schweigen." Der Glanzpunkt seiner Erinnerungen aus der Studienzeit war ein längerer Besuch in Weimar bei Goethe zu Weihnachten 1815. Aufs freundlichste von dem Alt meister ausgenommen, sprach er noch später mit Wärme von die sem Ferienaufentbalt. In den Tagebüchern gedenkt er desselben wiederholt mit Sehnsucht. Mit außerordentlicher Wärme folgt er in dieser Zeit den württembergischen Verfaffungskämpfen. Freilich verbitterten sie dem Vater, welcher mitten in diesen Kämpfen stand, manche Stunde, und störten das frische fröhliche Leben der Familie- Un ter dem 6. Oct. 1816 steht in den Tagebüchern: „Mir ist in den ständischen Verhältnissen alles begreiflich, nur das nicht, daß Freunde, wie Zahn und mein Vater waren, dadurch haben Feinde werden können." Dabei fürchtet er voll Kummer für des Vaters Gesundheit. Während aber dieser im rauhen politischen Kampf verflochten ist, fühlt sich jetzt der Sohn nur desto mehr auf sich selbst angewiesen und zur Mutter hingezogen. „So traurig diese Zeit war, so hat sie mich doch vieles gelehrt, und die Schule war guc, wenn gleich herb, ich kam aus mich zurück. Meine Mutter, mein Inneres mußte mir Unterhaltung gewähren, und so habe ich mit dieser klugen Frau und mir mir selbst so vieles besprochen und überdacht, was Gewinn ist. In dem lebhaften Stuttgart lebte ich wie ein Einsiedler, und dachte auch so." Die politische Thätigkeit des Vaters war übrigens nicht von neuestem Datum. Schon 1799 hatte derselbe im Auftrag der württembergischen Landstände eine Mission nach Paris, die ohne sein Verschulden erfolglos blieb; bei dem Wiener Eongrcß vertrat er als Ver trauensmann des deutschen Buchhandels die Sache des literari schen Eigenthumsrcchts, im Jahr 1815 war er auf dem würt- tcmbergischcn Landtag als gewählter Deputirter erschienen, und mir Graf Georg von Waldeck-Limpurg der erste gewesen, der die alten Rechte des Stammlandes reclamirtc. Unser Eotta stellte sich mit seinen Sympathien beim württembergischen Verfassungs- streit ganz auf Seite der neuzeitlichen Verfaffungsanschauungcir gegenüber der Partei der altständischen Wiederherstellung. Ver schiedene Uctheile, welche sich in den Tagebüchern finden, sind auch zur Sache selbst interessant. Da sie einen bereits geschicht lich gewordenen, nicht mehr der politischen Tagesleidcnschaft an- gehörigen Stoff betreffen, können sie hier um so unbedenklicher eine Stelle finden, als die damaligen Eindrücke für die politische Entwicklung des Verstorbenen von großer Bedeutung gewesen sind. Von der Eröffnungsrede des Königs (März 1817) wird gesagt: „Der König cröffnetc die Ständeversammlung mit einer männlichen wohlgemeinten Rede. Mein Herz jubelte ihm Bei fall zu. Die Eonstitution die er gab war freisinnig, liberal, öffentlich, deutsch. Doch sic war anders, als man sie zu wünschen die Meinungen bearbeitet hatte, der Kampf begann wieder von neuem, klcinsinnig und advocatcnmäßig, mit Gleißnerei von Eini gen, mit Hartnäckigkeit, obgleich nicht bösem Willen, von den Meisten." JmHerbst 1819, da der würctembergischeVerfassungs- kampf schon zu Ende war, und der Verstorbene, inzwischen in württembergischen diplomatischen Diensten, den Confercnzen in Wien beiwohnte, äußert er sich nochmals über jene vaterländi schen Vorgänge, indem er von einer Unterredung darüber mit Gentz berichtet. Er schreibt (25. Nov. 1819): „Ich stellte Gentz vor, wie sehr sich das Ausland über die Verfassungsange- legenheiten Württembergs getäuscht habe, und wie Wenige die selben von dem wahren Gesichtspunkt zu betrachten wüßten. Die altwürttembcrgische Verfassung sei eine Bürgeraristokraric gewesen, welche jeden Adel ausschloß. Ohne von Adel zu sein, sind aber die altwücttembergischen Familien der Adel des Landes gewesen. Bürgeraristokratie hat aber im Ausland immer den Anschein volkschümlicher Verfassung, so die württembergische. Vom wahren Gesichtspunkt aus betrachtet, bietet sie zwei Gesich ter. Das eine gegen das Ausland ist das eines auf Volksrechtcn streng und fest beharrenden Volksfreundes, das andere dem In land, sein Charakter ist der eines um Volksgunst buhlenden Ari stokraten. Darum haben die Demokraten des Auslands in der letzten Zeit den württembergischen Verfassungskamf mit dem lie bevollsten Interesse mitbegleitet und mitgekämpft, weil sie wähnten, ihre Sache werde dort verfochten. Allein wie falsch. Das Volk, so wollen die altwücttembergischen Landschaftsfami lien, soll bevormundet werden. Allein nicht von dem Fürsten, nicht von den Dikasterien und Regierungsbehörden, die ihm untergeordnet sind; nein, von ihnen, neben dem Fürsten, ja, wo sie können, wollen sie auch diesem ihre Fesseln anlegen, und er mag trachten, wie ec ihnen gefalle." Aus diesen und ähnlichen Aeußerungen geht die Unabhängigkeit des politischen Urthcils, welche der Verstorbene schon früh besaß, hervor. Ueber die sach liche Richtigkeit eine Untersuchung anzustcllen, ist hier natürlich nicht der Orr. Mitten unter wissenschaftlichen und politischen Anregungen beschäftigte sein empfängliches Gemüth menschliches Leiden, wo es ihm encgegenirat. Rührend ist eine Meditation in den Tage büchern über das Loos der durch die Maschinen brotlos werden den Arbeiter, als er 1816 auf dem Schreibtisch seines unter nehmenden Vaters die erste Anzeige von der Anwendung der Dampfkcaft und von der Ausführung der Bauer'schen Schnell presse fand, und das tiefste Mitgefühl spricht sich in seinen Auf zeichnungen über den Nothstand von 1817 aus, wobei er der Thätigkeit seines Vaters für die öffentliche Armenpflege des Lan des und für die eigenen Hintersassen von ganzer Seele zujubelt; auf den Cotla'schen Gütern Plettenberg und Hipfelhof waren die Speicher bis auf das Saatgur zur Unterstützung der umlie- 326'
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