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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 16.12.1863
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1863-12-16
- Erscheinungsdatum
- 16.12.1863
- Sprache
- Deutsch
- Sammlungen
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- Saxonica
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2770 Börsenblatt für den deutschen Buchhandel. 154, 16. December. Es wäre eine Aufgabe dieses Vereines gewesen, ein umfas sendes Bild dieser Verhältnisse Denen vorzuführen, welche er zum Eintritt in seinen Kreis einladek, und aus diesem Bilde heraus die Nothwendigkcit und die Richtigkeit seiner Bestrebungen zu zeigen. Die Denkschrift, welche jetztvorliegt, sieht von einem solchen Gesammtbilde ab und geht direct daraus aus, die Nothwendigkcit zu beweisen, diejenigen Neuerungen im Buchhandel zu bekäm pfen, welche die Statuten des Sortimenter-Vereins als „verderb liche Ucbergriffe und Willkürlichkeiten" bezeichnen. Es bleibt demnach übrig, die Richtigkeit dieser Bestrebungen zu prüfen. Daß vieles, was der Verein will, „recht gut und schön" ist, darüber dürfte die Majorität unter den Sortimentern sicher sein. Wer wollte nicht, daß die Verleger größeren Rabatt gäben, die Kunden keinen Abzug verlangten, die Eommissionsgebühcen bil liger wären, daß nie ein Kunde durch ein Anbot eines billigeren Preises von Seiten eines Dritten seinem Geschäfte entführt würde? Wer wünschte das nicht? Aller Ziel ist ja, zu gewinnen, so viel wie möglich zu gewinnen! Allein ich.frage: sind diese Dinge al lein das Wesentliche, das allein Entscheidende in unscrm Ge schäfte? Gewiß nicht! sie helfen wohl den Gewinn vermehren, aber nicht den Absatz; der Absatz aber ist der Hauptfactor. So ziemlich alles, was an Mißbräuchen im Sortiments-buchhandel eingerissen, läßt sich zurückführen auf die Absicht, den Absatz zu vermehren. Hier war's die Noch, dort war's die Spekulation, welche dazu führte. Viele haben dabei verloren, aber sicher auch Viele gewonnen. Ist nun aber der Absatz derHauptnerv des Ge schäftes, so bleibt es für alle außerhalb eines Geschäftes Ste hende stets eine delicate Sache, mit Bestimmungen und Gesetzen aufzutreten, welche denselben berühren; denn man berührt da durch mehr oder weniger die Existenzfrage des Einzelnen. Von diesem Gesichtspunkte aus stellen sich nun bei der Lesung der Statuten und der Denkschrift desSortimcntcr-Vereines lebhafte Bedenken ein, deren vorzüglichste ich hier aussprechcn will. Die Denkschrift sagt richtig: „es könnte auffallend erschei nen, daß die Buchhändler, die mit den bewegenden Ideen und herrschenden Anschauungen der neuen Zeit als wohl vertraut angenommen werden müssen, daß gerade diese es sind, welche eine Vereinigung gründen, die mit den modernen Prinzipien der un beschränkten Freiheit der Bewegung im Geschästsleben im Wi derspruch zu stehen scheint". Dieses Auffallende ist allerdings nicht zu leugnen und ist nur ein Beispiel mehr dafür, wie schwer cs ist, auch bei sich das zu wollen, was man bei Andern fordert. Dieser Widerspruch aber, meint dieDenkschrift, ist nur scheinbar. „Die Freiheit der Bewegung im buchhändlerischen Verkehrsle- bcn kann nicht so weit ausgedehnt werden, daß der ganze Or ganismus dadurch zerstört zu werden Gefahr läus t." Wie? Um wessenwillen ist dieser Organismus da? Doch um des Vortheils des Einzelnen willen! Den», wenn auch die Denk schrift sagt, der deutsche Buchhandel sei ein Staat, so ist das doch nur bildlich gesprochen und in derThat ist er keiner undhatnicht wie dieser einen Selbstzweck. Der Staat hat am Ende das Recht, meine ganze Existenz zu fordern, aber einZweitcr nicht, alsoauch kein „Organismus eines Geschäftes". Wenn die Denkschrift nun dieses Bild des Staates weiter ausführt und staatsrecht liche Lehren auf die Verfassung des deutschen Buchhandels anwendet, von Gesetzen spricht, wo sie nur von Geschäftsbräu chen, höchstens von Uebcreinkommcn sprechen sollte, eine „ein seitige, absolute und diktatorische Aufhebung" (!) derselben ver bietet, und meint, cs wäre jede neue Geschäftsweise an die Zu stimmung Aller gebunden und Niemand dürfe von dem, was be steht, abweichen: so schwärmt dieDenkschrift wahrscheinlich in ei ner Begeisterung wohlmeinendster Art — aber sie schwärmt! Aus dem, was mit Recht unfern Stolz bildet, aus unserer Organisation, sieht man hier, wie bereits schon früher in enge ren Kreisen, Folgerungen ziehen, die, indem sie dem Ganzen zu nützen meinen, ihm nur Schaden bringen. Die Statuten des Börsenvereines haben es weislich vermieden, Bestimmungenauf- zunehmen, welche in die Rechte des Einzelnen eingreifen. Nicht deshalb, wie die Denkschrift meint, weil die Interessen der ver schiedenen Branchen des Buchhandels durch ähnliche Fragen nicht gleichmäßig berührt werden, — das wäre eine bloße Sache der Form gewesen, in welcher solche Fragen zu behandeln, —sondern weil die Gründer wohl wußten, sie können keinen „Staat" schaffen. Nun aber macht man aus einer Organisation einen Staat, octroyirt demselben Gesetze, von denen Niemand etwas weiß, obwohl man sichAnderen gegenüber gegen ähnliche Octroyi- rungen verwahrt, und installirt Gerichtshöfe, welche über die Thaten der Einzelnen ihr Urtheil abgeben und ihre Strafen ver hängen sollen. Wie einst der beschränkte Unterthanenverstand nicht ausreichen sollte, zu wissen, was ihm frommt, soll jetzt der Verstand des einzelnen Buchhändlers nicht mehr ausreichen, am besten zu wissen, wie er sein Geschäft zu führen hat. Es bildet sich „zu seinem Besten" eine Art Vormundschaft, welche bera- thet, was er thun kann, und was er lassen muß. Man wird vielleicht sagen: dies sei Uebertreibung; es sei Jeder in die Versammlung gerufen, dort könne Jeder mitbera- then und mitstimmen; diese Versammlung gebe die Gesetze, diese Gesetze seien der Ausdruck der Mehrheit; der Mehrheit aber müsse man sich fügen. Das klingt völlig recht und gerecht. Es fehlt dabei nur die Beantwortung der Frage: wer gab das Mandat, über dieseAngelegenheiten für Alle zu beschließen? Gesetze aber, welche durch Abstimmung ohne Mandat geschaffen werden, be ruhen auf nichts als dem Absolutismus einer zufälligen Mehr heit, und es könnte sich der eigenthümliche Umstand wiederholen, daß 39Stimmen inEoburg nochmals „Pflichten" publiciren, deren Nichtbeachtung nach §. 8. der Statuten „wegen Widersetzlichkeit gegen die Anordnungen der Hauptversammlung" geahndet wird. Nun könnte man mir entgegnen, die Statuten seien eben nur für die Mitglieder des Vereins und von diesen sei eine ge wisse Gesinnungseinheit zu erwarten; wer in den Verein eintrete, wisse so ziemlich voraus, was er als Mitglied desselben über nehme. Allein das ist nur zum Theil zutreffend. Liegt es nicht ausgesprochen in dem Zwecke des Vereins, seinen Druck über den Kreis seiner Mitglieder hinaus auszudehnen? Beabsichtigt derVer- ein nicht laut seiner Denkschrift einerseits von den Verlegern billigereAbnahmsbedingungcnzu erzielen..., anderseits gcgensolche Sortimenter und Antiquarbuchhändlcr ei nzu sch rci tcn, welche neue Bücher unter den Ladenpreisen anbieten und verkau fen? Es ist also sein „Einschreiten" durchaus nicht bloß auf die Mitglieder des Vereins abgesehen, und ich denke, dies ist der Beweis, daß, wie ich oben sagte, ein Gerichtshof für den deut schen Buchhandel errichtet werden soll. Es liegt also hier unzwei felhaft die Ausübung einer Macht über Andere vor, welche dem Rechte widerstreitet. Es bleibe jedem Einzelnen überlassen, ob ermitDiesem oder Jenem inVerbindung treten wolle. Man sperre Dem die Rechnung, welcher nach seiner Meinung sein Geschäft in einer Weise führt, die ihm kein Vertrauen einflößt oder ihm Schaden zufügt; aber man organisire keinen Vernichtungskrieg, der selbst da seine Hilfsmittel sucht, wo die Wirkungen dieser Geschäftsweise nicht berühren können, man zwinge nicht An dere, an einem solchen Kampfe Theil zu nehmen, sonst tritt man aus dem Felde des geschäftlichen Kampfes heraus in den unedlen Kreis der Rache. Kein Zweck heiligt die Mittel! Weder die Sta tuten noch die Denkschrift sprechen sich zwar des Näheren daüber aus, welche Art von polizeilicher Gewalt sich der Verein beizu-
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