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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 24.08.1870
- Strukturtyp
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- 1870-08-24
- Erscheinungsdatum
- 24.08.1870
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- Deutsch
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JZ 193, 24. August. Nichtamtlicher Theil. 2711 Bekannten in großmüthiger Weise die unentgeltliche Ansicht und erste Bekanntschaft seiner Bücherschätze. Er war (wie Professor v. Baczko in seinen Beiträgen zur Geschichte Königsbergs erzählt) „ein feuriger, gebildeter Mann, mit regem Sinn für alles Gute", dabei höchst thätig und betriebsam, zugleich Lotterie-Director, Buch händler, Kunstfreund, Kunsthändler und Herausgeber der Königs berger gelehrten Zeitung. „Jeden Posttag wurden die neu ange kommenen literarischen Producte auf einen großen Tisch gelegt und viele Gelehrte kamen, theils um sich hiervon zu unterrichten, theils um einige Augenblicke in angenehmer Unterhaltung zu verbringen, gegen 11 Uhr in diese Buchhandlung, wo sich auch mancher junge Studirende einfand und, sobald er nur Fähigkeit und Kenntnisse ver- rieth, von Kanter mit Wohlwollen behandelt wurde." — „Bei Kan tern", erzählt Hippel, „lernte ich Scheffner kennen, als ich Scarron's komischen Roman zurückbrachte"; Kanter war ein Freund Hamann's, an Kanter wurde Herder empfohlen, als er die Universität bezog — Kanter war es auch, der auf Hartknoch's Lebensgang entscheidenden Einfluß gewann. Er hatte dem fleißigen und leselustigen Jüng ling gestattet, zu ihm zu kommen, so oft dieser wollte, und zu lesen, was er wollte. Als er im Jahre 1761 nach Leipzig zur Oster messe reiste, übertrug Kanter Hartknoch die interimistische Leitung seines Geschäfts und dieser wußte das ihm geschenkte Vertrauen so glänzend zu rechtfertigen, daß Kanter ihm nach seiner Rückkunft vor schlug, förmlich in seinen Dienst zu treten und Buchhändler zu wer den. Hartknoch, dessen Eifer für die Theologie jener Zeit nicht allzu lebhaft gewesen sein mag, und dem sich Aussichten auf eine dank barere und interessantere Laufbahn eröffneten, willigte ein und arbeitete zwei Jahre lang als Gehilfe im Kanter'schen (jetzt Unzer'- schen) Geschäft. Wir brauchen uns nur oberflächlich mit der damaligen Lage und Beschaffenheit des deutschen Buchhandels bekannt zu machen, um Einblick in die Schwierigkeiten, aber zugleich in die Bedeutung des Berufs zu gewinnen, dem Hartknoch sich von nun ab widmete. In den sechziger Jahren des 18. Jahrhunderts waren Verlags- und Sortiments-Geschäft noch ungetrennte Branchen, gab es keine Lie ferungen ä condition und der schamlos betriebene Nachdruck, eine traurige Folge der deutschen Zersplitterung, hemmte jeden Auf schwung der literärischen Production und des mit dieser eng ver- schwisterten Betriebes. Während heutzutage die wenigsten Verleger direct mit dem büchcrkaufcnden Publicum verkehren, der Regel nach der Verleger seine Artikel durch Vermittelung des Commisstonärs an den Sortimenter je nach dessen Bestellung liefert und außerdem die Einrichtung besteht, daß der Sortimenter die nicht fest bestellten Sachen zurückgeben kann, wenn sie nicht binnen Jahresfrist („bis zur nächsten Ostermesse") verkauft sind, eristirten bis zum Beginn der Neuzeit höchst primäre und unpraktische Verhältnisse. Bis zu den 90er Jahren waren die Verleger zugleich Sortimenter (Detail- Verkäufer an das Publicum) und umgekehrt. Zweimal jährlich kamen die deutschen Buchhändler in Leipzig zusammen, um sich über den Austausch der von ihnen verlegten Schriften zu ver ständigen. Baar bezahlt, überhaupt in Geld bezahlt wurde nur sehr ausnahmsweise. Ließ sich die zwischen den Einzelnen bestehende Rechnung nicht sofort durch Tausch ausgleichen, so wurde der nächsten Messe die vollständige Liquidation auf demselben Wege Vor behalten. Die Mißstände dieses Verfahrens liegen aus der Hand und trafen das lesende Publicum ebenso empfindlich, wie die Geschäfts leute. Nur größere Buchhändler, die einen ansehnlichen Verlag be saßen , Waren im Stande, sich mit den wichtigeren Neuigkeiten aus kömmlich zu versehen und ein anständiges Lager zu halten- Hatten sie untaugliche Artikel in Verlag genommen, so fehlte ihnen das Tauschmittel zur Erwerbung solcher fremder Verlagsartikel, die auf Absatz beim Publicum rechnen konnten. Der Verleger eines guten Werks war, wenn er dasselbe vertreiben wollte, wiederum in die Alternative versetzt, entweder auf seine nächsten Kunden beschränkt zu bleiben oder seine gute Waare gegen Schund einzutauschen, den er entweder gar nicht oder doch nicht mit Ehren los werden konnte: für die jämmerlichsten und gefährlichsten Erzeugnisse des Bücher markts war damit eine Art Zwangscours geschaffen und die ehren- werthesten und gebildetesten Buchhändler konnten der Nothwendigkeit nie ganz aus dem Wege gehen, College» mit großer Kundschaft ihren Schund wenigstens in einer gewissen Anzahl von Exemplaren abzunehmcn. Daß die Bücherpreise dadurch von einer Anzahl der unberechenbarsten Conjuncturen abhängig und höchst ungleichartig waren, versteht sich ebenso von selbst, wie daß an eine Vertreibung über alle Theile Deutschlands nur in glücklichen Ausnahmefällcn zu denken war. Das Publicum war von dem guten Willen, der In telligenz und dem Geschick der an den einzelnen Orten lebenden Buchhändler in geradezu sclavischer Abhängigkeit. Bei dem kind lichen Zustande der damaligen Verkehrsmittel und dem Mangel an publicistischen Organen konnte es geschehen, daß man in Hamburg und Königsberg von den wichtigsten Erscheinungen der süddeutschen Literatur gar keine oder doch nur verspätete Kunde erhielt; halte der locale Buchhändler auf der letzten Messe unglücklich oder gar nicht ausgetauscht, so kostete es mehr Zeit und Geld, als die meisten Leute aufzuwenden hatten, um des gewünschten neuen Werkes hab haft zu werden. Dazu kam das Elend des Nachdrucks, der bei der Ohnmacht des Reichsverbandes und der egoistischen Jsolirung der kleinen Souveräne mit der Frechheit des Straßenraubes betrieben wurde und dem Buchhändler jede weiter aussehendc Speculation, dem Schriftsteller jede Aussicht auf ein reichliches Honorar unmöglich machte. In Süddeutschland war besonders Reutlingen als Hcimath der literarischen Wegelagerer berüchtigt, in Oesterreich lebten noch zur Zeit des Wiener Eongresscs die meisten Buchhändler vom Nach druck „im Reich" erschienener Werke, und als der treffliche Perthes*) imJahr1815 in die oesterreichische Hauptstadt kam, um dasRcchts- gesühl der k. k. Regierung auf diesen Unfug aufmerksam zu machen und von derselben Abhilfe zu verlangen, sagte ihm der Chef des Handels-Departements, Hr. von Stahel, ganz offen, die Wiener Buchhändler befänden sich bei der gegenwärtigen Lage so „behaglich", daß eine Aenderung auf ihren entschiedenen, vielleicht sehr erfolg reichen Widerstand stoßen würde. So groß war die Zerfahrenheit, welche, wie in jeder andern, so in buchhändlerischer Beziehung unter den Zuständen des heiligen römischen Reichs deutscher Nation groß gewachsen war, daß derselbe Perthes noch im Jahre 1815 in Augsburg Buchhandlungen von großem Umfang fand, „die mit Leipzig in gar keiner Beziehung standen" und ihre Bücher durch umherziehende Hausircr vertreiben ließen, an welche das Publicum sich so gewöhnt hatte, „daß alle Bestellungen nicht nur auf Bücher, sondern auch auf Kunstsachen, Papier, Leinen, Schmuck bis zur An kunft dieser Augsburger Reisenden verschoben wurden". (Fortsetzung folgt.) Miscellen. Die Leipziger Bank hat unterm 20. August den Discont für Wechsel und Anweisungen auf 7 gh und für Lombardgeschäfte auf 8 gh herabgesetzt. Zum Vertrag mit Frankreich. — Bekanntlich verschmäht es die französische Regierung, den Zollvereinsvertrag mit dem Nord deutschen Bunde fortan zu respectiren. Wie die Kreuzzeitung hört, *) Friedrich Perthes Leben, B. 2. S. 145, 146 ff. (Gotha 1855.) 387*
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