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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 01.09.1873
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- Band
- 1873-09-01
- Erscheinungsdatum
- 01.09.1873
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- Deutsch
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Nichtamtlicher Theil. Beiträge zur Geschichte des deutschen Buchhandels. IV.*) Karl Friedrich Bahrdt und der Buchhandel. Als der Mann mit der eisernen Stirn ans der Festung Magde burg saß, begab er sich daran, die Geschichte seines Lebens niederzu schreiben. Eine reich angelegte aber unstäte Natur hatte der sächsische Theologe eine sehr bewegte Vergangenheit hinter sich, die dem Bio graphen nicht wenig Stoff gab, und so sind die vier Bände, die ihr Verfasser zu Ende der achtziger Jahre zu schreiben begann, noch heute in mancherlei Beziehung interessant. Auch für den Buchhänd ler. Denn Bahrdt führte jederzeit eine sehr gewandte und rasch ar beitende Feder, und was er schrieb, erfreute sich meist nicht weniger Leser. So stand er schon seit seiner ersten Zeit in Leipzig mit dem Buchhandel in Verbindung, versuchte sich dabei auch unmittelbar und mittelbar als Selbstverleger und da er in der Mußezeit seiner Ge- fangencnlaufbahn auch den Erlebnissen auf diesem Gebiete manche Seite gewidmet hat, so mag es gestattet sein, das für den Buchhänd ler Wichtige hier zusammcnzustellen. Es ist dies möglich, ohne daß man Gefahr liefe, irgendwie von Bahrdt hinters Licht geführt zu werden. Denn der so viel umgctriebene Mann hat hier nichts zu ver tuschen oder zu beschönigen; es handelt sich hier weder um theo logische Streitfragen, noch um Bruchstücke aus seinem ehelichen Leben. Beide bleiben für uns abseits liegen; für uns existirt nur Bahrdt, der Schriftsteller und Buchhändler, der nicht selten mit heiterem Frei muts, über sich selbst ein sehr bitteres Urtheil fällt. Zu Bischofswerda in Sachsen 1741 geboren, wo sein Vater Geistlicher war, kam Karl Friedrich früh nach Leipzig, wohin der alte Bahrdt versetzt ward. Der talentvolle Knabe entwickelte sich sehr- rasch, manche Knabeuthorheit, die leicht schädlich wirken konnte, ward von ihm gut überwunden. Schon 1757 Student der Theologie, ward er, nachdem er die Universität Leipzig absolvirt, Docent au der selben und gern gehörter Prediger. Diese Eigenschaft hatte er vom Vater, der ein Kirchenlicht jener Zeit war, ganz abgesehen davon, daß er ebenfalls eine Professur au der Universität bekleidete. Der junge Katechet au der Peterskirche in Leipzig ward nun auch Schriftsteller. Schon als Student (1758) hatte er sich als solcher versucht, aber wie er selbst sagt, auf eine höchst armselige Art. In einer kleinen Schrift äs ni-u linKurcs aradioas, worin er nachwics, daß das Arabische zur Erläuterung des Hebräischen brauchbar sei, hatte er auch den Göttinger Michaelis angegriffen, dafür dann aber von dessen Collegcn Ritter in einer bitteru Kritik derbe Züchtigung empfangen. Vier Jahre darnach war die Wunde, die Ritter geschlagen, geheilt und neuer Stoff zu literarischer Tüchtig keit von Bahrdt gefunden. Dieser schrieb „zwei Briese an den Ma gister Carl Friedrich Bahrdt", eine Satire gegen die Professoren Bel und Gottsched. Die kleine Schrift ward in Delitzsch gedruckt und der Drnckort selbst dein Verleger Heinsius verschwiegen, so daß es unmöglich schien, den Verfasser zu entdecken. Für alle Fälle ward auch noch der Drucker zum Schweigen verpflichtet. Und doch erreichte Bahrdt nicht sein Ziel, als Verfasser unbekannt zu bleiben. Bel, der bekanntlich auch Mitglied der Büchercommissiou war, prüfte das zu der Schrift verwandte Papier, entdeckte auf diesem Wege den Papiermüller, durch diesen die Officin. Diese verrieth dann den Verfasser. Doch verlief der Handel noch leidlich, Bahrdt gab gute Worte und die Sache ward beigclegt. Nicht lauge nachher erschien ein Erbauungsbuch „der Christ in der Einsamkeit" von Crngott, eine Schrift, die, weil sie *) III. S. Nr. 184. nicht in den hergebrachten Geleisen damaliger Gottseligkeit dahcr- scgelte, bei den Frommen im Lande viel Anstoß erregte. Der junge Bahrdt las es auch, fand jedoch, cs sei schön. Höchstens bedauerte er, daß es nicht noch schöner war. Doch konnte ja da geholfen werden. Also machte sich der junge Magister daran, Herrn Crugott zu verbessern. „Ich schaltete", erzählt er selbst, „fast in alle Perioden einige Worte, oft aber auch zwischen die Peri oden ganze halbe Seiten ein, welche die Schrift christlich machen sollten." Auf diese Weise wurden aus sieben Bogen zwei starke Bände, welche bei Heinsius erschienen. Doch brachte dieser „verbesserte Christ" seinem Verfasser manches Wort des Tadels. Auch Lavater äußerte sich ungünstig in einem anonymen Brief, den dann der „schnaubende Saulus" im zweiten Bande seines „Christen" abzu drucken nicht verfehlte. Im Ganzen aber durfte der Magister sehr zufrieden sein, nicht weniger der Verleger. Dieser konnte mehrere Auflagen des Buches drucken, des sicheren Absatzes gewiß, und jener wurde nun, was der Vater schon lange war, ein Licht der Kirche. Als solches durste er daun auch verschiedene Predigten zum Druck geben. Was er dafür erhielt, bleibt verborgen. Eine Jugcndthorheit treibt 1768 Bahrdt aus Leipzig; durch Klotzens Vermittelung erhält er darauf einen Ruf au die Universität Erfurt. Dort ist er zunächst als Lehrer thätig, indem er gleichzeitig einen heftigen Sturm der Orthodoxie gegen sich heraufleschwört. Schon diese Anfeindungen waren guter Anlaß zu erneuter literari scher Regsamkeit. Dann beginnt und veröffentlicht er noch Verschie denes, vor allem seinen „Versuch eines biblischen Systems der Dog matik", ein zweibändiges Werk, das bei Heinsius in Gotha erscheint und viel Widerspruch hervorruft. Die Orthodoxen fühlen sich ver letzt, den Aufgeklärten thut der Verfasser nicht genug. Die Letztem auf seine Seite zu bringen, wird von da an das Streben des Er furter Professors. Doch störte Bahrdt bei seinen Studien die leidige Nothwcudi - keit, sein Brot auch durch Schriftstellern verdienen zu müssen. Es ging ihm in dieser Hinsicht ähnlich, wie seinem College» Wieland. So bearbeitet er eine neue Ausgabe von Origcucs' Hexapla, ein Octavbaud von vierzig Bogen, der bei Schmidt L Donatius in Lübeck erschien, aber nur 80 Thaler Honorar eiubrachtc. „Das war der Lohn für ein ganzes Jahr Arbeit." Dann griff Bahrdt den Vorschlag seines Vaters auf und brachte Büschel's Predigten über die Moral in ein System und bildete sie zu einem zusammenhängenden Lehrgebäude um. Das so entstehende Werk war das „System der Moralthcologie", das im Verlag von Grießbach in Erfurt erschien. Diese Firma erwarb sich nicht das Lob ihres Autors, ebensowenig die Vorgenannten. Denn sie versprachen wenig Honorar, bezahlten aber noch weniger.*) So war der junge Theologe mannigfach literarisch thätig, als ihm von einem Herrn von Gcrsteubcrg ein Pack Mauuscripte zuging mit der Erlanbuiß, davon, um seine Lage zu verbessern, jeden Gebrauch machen zu dürfen. Bahrdt kam dies sehr erwünscht und er gab bei erster Gelegenheit einen Theil dieses Packes, die „freimüthigen Betrachtungen über die Religion", einem Bekannten, der ihm einen zwei Thaler für den Bogen zahlenden Verleger zu schaffen versprach. Das Buch erschien in Halle bei Franke, aber die 30 Thaler, auf die Bahrdt glaubte rechnen zu dürfen, blieben aus; auch ein Erinnerungsschreiben, das an jenen Bekannten abging, war umsonst. Da wandte sich Bahrdt an den Verleger, aber der Bescheid, der von Halle eiulief, war ebenso grob, wie ungünstig, *) Bahrdt behauptet irrthümlich, die Moraltheologie sei ebenfalls bei Heinsius erschienen
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