Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 24.08.1891
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- 1891-08-24
- Erscheinungsdatum
- 24.08.1891
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dagegen nicht bekommen konnte. Es mögen 50 000 Deutsche in London leben — einige geben die Zahl sogar höher an —; aber bei allen Verkaufsständen der Bahnhofsbuchhandler kann man die Runde machen, ohne eine deutsche Zeitung zu finden, nicht einmal das Allerweltsblatt »Fliegende Blätter«, das unübertroffen beste Witzblatt der Welt. Wenn man genauer nachforscht, so trifft man auf eine andere Aeußerung des Mißvergnügens, nämlich, daß die großen eng lischen Buchhändler sich nicht die Mühe nehmen, sich für deutsche Bücher zu verwenden Wenn man ein Buch bei ihnen bestellt, so besorgen sie es gegen Kasse; aber in Kommission wollen sie keine Bücher nehmen. Einer großen Firma wurden 400 Exem plare eines in Deutschland sehr populären Werkes angeboten mit der einzigen Forderung, das Buch in ihrem Laden auszulegen und bei Nachfrage zu verkaufen; die Offerte wurde rund ab gelehnt. Die Firma erwiderte, daß das eine Neuerung sein würde, und daß sie anderweitig zu beschäftigt wäre, um sich mit fremder Litteratnr befassen zu können. Natürlich sind auch in diesem Falle wieder die deutschen Konto risten und Kellner dem heimischen Hasse ausgesetzt ob ihrer Unter lassungssünden. Wenn diese auswärtigen Vertreter des Vaterlands Nachfrage nach den Werken ihrer heimischen Autoren schaffen wollten, so würden sie die Hände von mehr als einem englischen Buchhänder in Bewegung setzen. Der stete Tropfen, der Tropfen der Nachfrage würde auch den außerordentlich harten Granit erweichen, aus dem diese Handelsgewohnheiten errichtet seien. Aber wie nun einmal die Sachen stehen, so muß man aner kennen, daß der englische und der deutsche Buchhandel sehr ver schieden sind und fast auch so bleiben zu wollen scheinen Der englische Buchhändler versendet keine Bücher nach dem System der Verwendung und der Remission. Er kündigt seine Neuigkeiten in weitem Umfange an und verkauft sie dem Buchhandel gegen bar. In Deutschland zeigen die Verleger, wenn überhaupt, nur sehr wenig an. Sie veröffentlichen die Liste ihrer neuen Bücher und Auflagen in einem Fachblatte für Buchhändler, und diese bestellen Exemplare nach ihrem Gutdünken und verkaufen sie in Kommission. Die Abrechnung erfolgt einmal im Jahr. In Leipzig, das immer noch der größte Büchermarkt in Deutschland ist, treffen sich Verleger und Sortimenter alljährlich am Montag nach Kantate (dem vierten Sonntag nach Ostern) und begleichen ihre Rechnungen auf altmodische Weise in Banknoten und Metall Das Checkwesen ist unter ihnen kaum bekannt.*) Sie haben dort eine Buchhändlerbörse, einen mächtigen Palast mit einer schönen Bibliothek, einem Museum der Reliquien der Buch druckerkunst, einer Anzahl von Sitzungszimmern und einer in der Mitte gelegenen Halle für Massenversammlungen. Hier kommen sie zusammen, und einer der stets wiederkehrenden Gegenstände ihrer Beratung besteht in der Festsetzung des Diskontsatzes, der dem bücherkaufenden Publikum zugebilligt werden darf. In diesem Punkte sind die Bestimmungen des Buchhändler-Vereins äußerst streng. Die Buchhändler dürfen nicht versuchen einander im Preise der Bücher zu unterbiete» Sie mögen von den Verlegern einen Rabatt wie immer genießen, ihren Kunden dürfen sie nur in einem fest bestimmten Verhältnis — sagen wir 4 bis 6»/<, — hiervon abgeben. In Deutschland hört man niemals von einem Buche, das zu dem Nominalpreise von 6 sk ausgegeben wurde und eine Woche später zu 4 ob 6 ck oder 4 sd 3 ä verkauft wird. Ebenso ist ein dreibändiger Roman zum Preise von 1 F 11 sd 6 ä, der innerhalb eines Monats nach seiner Ausgabe nur zum Preise von 14 i>b zu beschaffen ist, dort ein unbekannter Begriff Ein deutscher Buchhändler, der, um sein Lager zu räumen, es wagen würde, seine Preise billiger zu stellen als die offiziell festgesetzte Diskontrate gestattet, würde aus der Gemeinschaft *) Der Herr Korrespondent bewegt sich hier doch wohl etwas zu sehr im Buchhandel längst vergangener Jahrzehnte. Red. seiner Geschäftsfreunde ausgeschlossen sein. Er würde keine Bücher mehr bekommen, würde von der Börse, geschäftlichen und kollegialen Versammlungen ausgeschlossen sein, die Berufsgenossen seines Platzes würden ihn nicht mehr kennen. Es ist wahrscheinlich eine Folge der besonderen Organisation des Buchhandels, daß die deutschen Buchhändler eine in Bezug auf Bildung des Einzelnen hervorragende Klasse sind und eine wirkliche litterarische Gemeinschaft bilden. In England verkaufen die Buchhändler, sxosotls sxeipwnäis, Bücher wie man Seife verkauft. In vielen Fällen ist ihr Buchhandel nur ein Nebenzweig irgend eines anderen Geschäftsbetriebes, sie ver binden ihn mit Schreibmaterialienhandel, dem Verkauf von Bil dern und Spielzeug Billige Ausgaben von verlagsrechtssreieu Werken in schönen roten Einbänden sind in allen großen Waren häusern allgemeinen Charakters zu finden und werden oft an die Kun dinnen verschenkt, die sich durch Einkauf von Seidenstoffen an genehm gemacht haben Noch mehr, sogar der unternehmende Theekrämer verschenkt einen »Liekwiolr« oder ein »llocck okSuods« jedem, der ihm ein Pfund seiner neuesten »unübertrefflichen Mischung« abnimmt. Zwar in unseren Provinzialstädten wird der Buchhandel säst immer als ein besonderes Geschäft betrieben. Junge Damen sitzen hinter dem Ladentisch, auf dem Bücher, Ansichten der Sehens würdigkeiten des Ortes, Plüschrahmen, »Valentines« zur Aus wahl des Käufers ausgebreitet liegen, aber eine Frage an eins dieser Mädchen nach irgend einem weniger bekannte» Buch oder einer seltenen Ausgabe kann nur durch verlegenes Anstarren und die Entgegnung erledigt worden: »Wenn Sie den Titel nieder- schreibeu wollen, mein Herr, so wollen wir es Ihnen besorgen.« In Deutschland befaßt sich der Buchhändler nicht mit Seidenstoffen und Seife. Ausschließlich für sein Geschäft vorge bildet, weiß er was Bücher sind und würde das größte Be denken tragen, seinen Laden unter der Aufsicht eines un wissenden Mädchens zu lassen, das durch Verkauf unrichtiger Sachen seinem geschäftlichen Ruf schaden könnte. Seine Ge hilfen sind brillentragende junge Männer, ernstlich bemüht, ebenso kenntnisreich zu werden wie er selbst; seine Gattin erstrahlt vom Abglanz seiner Gelehrsamkeit (sie!), dennoch würde sie nicht wagen, über Bücher Auskunft zu geben, während ihr »Mann« abwesend ist Der Buchhändlerladen ist der Versammlungsort aller »lütsrati« der kleinen Stadt oder des Stadtviertels, m dem er gelegen. Die Leute erwarten, daß Exemplare aller neuen Bücher dort zu finden sind und daß sich der »Buchhändler« sachkundig mit ihnen darüber unterhält, denn von ihm und nur von ihm können die Leser zeitig Kenntnis vom Inhalt literarischer Neuigkeiten erlangen, über die ihre Zeitungen ihnen in den Anzeigen nichts; in redaktionellen Mitteilungen sehr wenig sagen. Um das Rezensionswesen ist es in Deutschland keineswegs dürftig bestellt, im Gegenteil wird es so weit möglich vortrefflich besorgt, nimmt in der Tagespresse aber immer nur einen kleinen Raum ein. In einigen Zeitungen von Ruf ist alles einer ein zigen Person anvertraut, und wenn es sich so verhält wie man hört, so muß man sich diesem Kritiker, der keine Einmischung in seinen Geschäftskreis duldet, oft sehr diplomatisch nähern, be vor er sich herabläßt, das Buch eines Schriftstellers, dessen Ruf noch nicht begründet ist, zu besprechen. In Frankreich wird der Ruf eines Schriftstellers oft lange vorher durch die Presse ge macht, bevor das Publikum auf seine Bücher angebissen hat, ein Vorgang, mit dem Hausbau zu vergleichen, der mit dem Dachstock begonnen wird. In Deutschland muß der Schriftstellerruf auf einem soliden, Band auf Band zusammengefügten Funda mente errichtet werden, und die Buchhändler sind die Maurer bei dieser Art des Hausbaues; ebenso sind das in geringerem Grade übrigens die Universitätsstudenten; denn es herrscht zum Teil eine leidenschaftliche litterarische Diskussion in jenen »Lnoipss«, wo endlose »Soboppss« braunen Bieres jugendliche Zungen in Be wegung setzen. Indem wir diese Thatsachen erwägen, müssen
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