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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 07.03.1887
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1887-03-07
- Erscheinungsdatum
- 07.03.1887
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- Deutsch
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wirken für die Kasse schädlich diejenigen in erschreckender Über produktion nnd Konkurrenz erscheinenden Zeitschriften, die so all gemeine, nichtssagende Titel haben, daß der Titel der eine» ganz gut der Titel aller anderen sein könnte und baß sie eigentlich sämt lich »Zeitschrift für alles und alle« heißen müßten, um »auf dem Tische keiner gebildeten Familie fehlen zu dürfen«. Ich unterlasse die Beispiele, weil sie nahe liegen und ich nicht beleidigen will. Wie viele dieser Aufsätze, so hübsch sie auch meistens sind, würde die Bibliothek mit Freuden entbehren, wenn, sie ..nr dürfte! Aber sie ist gezwungen, dieselben mit in den Kauf zu nehmen. Der Fach mann muß sich doch meis ens auf seine Fachzeitschriften beschränken ; die allgemeinen Blätter liefern nur in geringem Maße wirkliche Erweiterung der Erkenntnis, in größerem »Anregung«, »nd diese haben wir bei der Unruhe des Lebens mehr als genug. Das Hauptpnbliknm namentlich der neuesten Jahrgänge dieser Blätter bilden die Kreise der Rentiers, Pensionäre, berufslosen Damen und sogenannten »Schriftsteller«, und doch dürfen die Bibliotheken sie nicht einfach bei Seite lassen, denn in ihnen steckt doch so manches Schöne nnd Brauchbare, welches man lieber als selb ständige Schrift oder an andern: Orte sehen möchte. Freilich nicht in der Weise, wie wir es noch in neuester Zeit erlebt haben, daß eine solche Zeitschrift für alles aus einer Auswahl ihrer eigenen Aufsätze eine zweite Zeitschrift bildet, die wie der Trabant neben dem Planeten herläuft. Hiermit hängt noch ein anderer Punkt nahe zusammen. Die Bibliotheken haben das Streben sich möglichst auf ein einziges Exemplar jeden Werkes zu beschränken, und doch werden sie unend lich oft gezwungen, dieselbe Arbeit noch ein zweites oder drittes Mal zu kaufen, und auch dieser Übelstand nimmt von Jahr zu Jahr zu. Ich meine zunächst die »kleinen Schriften« oder die »gesammelten Werke« in denen besonders die Aussätze aus Zeit schriften wieder zu erscheinen pflegen; sie sind ja sehr gerechtfertigt bei wirklich bedeutenden Mänern; ober daß mit ihnen ein großer Mißbrauch getrieben wird, darin wird man mir zustimmen. Denn nur um der Person willen braucht man die gesammelten Schriften, die sachliche Wissenschaft bedarf nur das einzelne Werk. Noch drei andere Arten von Schliffen lassen sich anführeu, bei denen dieser Zwang zu Doppe'anschaffungen recht zu Hause ist, die Neudrucke, die Sonderabdrücke und die Dissertationen. Das Wort Neudruck selbst ist ein ganz neues, und wenn man es im Grimmschen Wörlerbuche nachschtägt, so findet man als Citate nichts weiter als die Titel von drei noch jungen Unter nehmungen der Art. Wer wollte es tadeln, wenn ein selten gewordenes Werk von Bedeutung neu hergestellt wird, um es vor dem Untergange zu retten oder dem laut ausgesprochenen Bedürfnisse der Wissenschaft oder des Volkes zu genügen! Aber das trifft doch nur in geringem Maße zu bei jenen Samm lungen von Neudrucken, die zu ihrem Bestehen der schon oben besprochenen Doppeltitel bedürfen und in denen sogar die ge samten Werke fruchtbarer Schriftsteller eine Aufnahme finden, vielleicht nicht einmal in hinter einander folgenden, sondern in ganz getrennten Bänden. Man sollte wirklich einen sprachlichen Unterschied feststellen zwischen Büchern, die neu gedruckt, und solchen, die bloß gencudruckt werden. Gott bewahre uns vor der Libliotbsoa rn^boloziou oder tsebuoloAioa. oder vstsri- narig. re. der nächsten Jahrhunderte, in denen wahrscheinlich, um zum Ankäufe des Ganzen zu zwingen, hier und da ein einzelner Band aus zwei oder drei ganz verschiedenen Schriften bestehen wird. Ganz besonders auf diesem Gebiete haben sich die Biblio theken vor dem Großbetrieb litterarischer Industrie zu scheuen. Den Neudrucken nahe stehen die »durchgesehencn«, »vermehrten«, »erweiterten« Ausgaben, die wir zögernd kaufen, und die oft hätten warten können, bis zum Heil der Wissenschaft eine »völlig nmgearbeitete« Auflage ans Licht gekommen wäre. Weniger von Bedeutung, weil es meistens nur kleinere Schriften betrifft, ist die Herstellung von Sondcrabdrücken. Aber hier darf man doch wenigstens verlangen, daß die Eigen schaft als Sonderabdrnck an einer in die Augen fallenden Stelle ausgesprochen und nicht etwa ganz versteckt gemeldet oder gar verschwiegen werde, wie es leider nicht bloß ans den Titel blättern selbst, sondern auch in Buchhändlerkatalogen und Biblio- graphieen häufig geschieht. Man darf ferner verlangen, daß erst der Band der Zeitschrift, in welcher sich die Schrift findet, und dann der Sonderabdruck erscheint, nicht umgekehrt, wie es zuweilen geschieht. Ganz ähnlich den hier gerügten Mißbräuchen sind die jenigen, welche sehr häufig bei den Dissertationen stattfinde», obwol man hier im Hinblick auf manchen armen Doktoranden, dessen Bildung seinen Eltern oft schwer genug geworden ist, etwas milder urteilen möchte. Doch das ändert nichts in der Last, die hiermit nicht selten den Bibliotheken aufgelegt wird. Wie es jetzt damit steht, kauft man nicht selten ganz arglos und unbefangen eine Abhandlung, die man nachher in Gestalt einer Dissertation leicht umsonst erhält, oder man kauft eine Disser tation und entdeckt später, daß man sie in den »neusprachlicheu Studien der Universität X.« oder in einer andern Zeitschrift noch einmal kaufen muß. In umgekehrter Reihenfolge wäre der Schaden vermieden worden, aber von irgend einer Seite ist vielleicht gerade diese Reihenfolge mit Absicht ins Werk gesetzt. Auf diejenigen Ladenpreise, die nur für den Augenblick be stehen bleiben und, wie einmal ein Geschäftsmann sagte, nur »für die Dummen« angesetzt sind, will ich nur im Vorübergchen hin deuten; es ist aber zu fürchten, daß auch diese Art Geschäft in Zukunft noch zunehmen wird. Das ist zum großen Teile nur eine Folge eines Krebsschadens für den soliden Buchhandel, des Rabatts, wegen dessen ich mich freue, zu den im »Centralblatte für Bibliothekswesen« 1884 S. 45 ausgestellten Grundsätzen meine volle Zustimmung aussprechen zu können. Ebenso berühre ich nur den Gebrauch einzelner Verleger, daß sie sich, mit Umgehung der Sortimenter, zu einem gewissen Druck auf die Bibliotheken — ich will sagen herablaffen, indem sie in Postpaketen einzelne Werke unverlangt zur Ansicht oft aus weiter Ferne zuscnden und dadurch mindestens den gelinden Zwang znm Wiedereinpacken, Expediere! und Portobezahlen (was sagen aber zu letzteren: die Oberrechnungskammern?) ausüben; zu solcher geschäftlichen Zu dringlichkeit werden sich hoffentlich auch in Zukunft hochachtbare, solide Buchhandlungen nicht hergeben, ebensowenig wie zu dem Hausierenlassen durch Reisende mit Werken, die ganz schnell ge kauft werden müssen, da sie »nur in ganz beschränkter Auflage erscheinen und in Zukunft für keinen Preis mehr zu haben sein werden«. Ein so dringend angebotenes Werk fand ich vor einigen Jahren wenige Wochen nachher bedeutend billiger an gesetzt in den Katalogen von drei oder vier verschiedenen Anti quaren. Noch vor wenigen Jahren mußten sich bei einem italienischen »Unternehmen« verschiedene Bibliothekare die Zurecht weisung gefallen lassen, sie möchten doch in Zukunft genauer zu- sehen, worauf sie den:: eigentlich bei dem Herrn Reisenden subskribiert hätten. Selbst ziemlich unschuldige Dinge erhöhen nicht selten un nützer Weise den Bedarf der Bibliotheken an Geld sowie an Arbeitskraft und Raum (die doch auch mit Geldeswert in: Etat eine Rolle spielen). Dahin rechne ich manche vom Publikum ausgesprochene auf Anschaffung gewisser Bücher gerichtete Wünsche; der Wünschende, der das Buch gern einmal sehen will, Pflegt dasselbe besonders herauszustreichcn oder eine dasselbe thuende Recension beizubringen, dann aber, wenn ihm gewillfahrt wird, häufig zu erkennen, daß es nicht einmal für ihn selbst, geschweige denn für andere brauchbar ist. Ja sogar die Geschenke, die so oft den Bibliotheken ohne vorherige Anfrage und ohne Kenntnis ihres Organismus zugehen (selbst solche Bücher, die schon längst in der Bibliothek sind), verlangen häufig bedeutende Arbeit, Kosten für Einband und Aufwand für Raum, ohne etwas zu nützen. Sie erinnern manchmal an den guten Sohn, der seinem Vater zum Geburtstage einen lebendigen Elefanten schenkte.
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