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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 07.03.1887
- Strukturtyp
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- 1887-03-07
- Erscheinungsdatum
- 07.03.1887
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- Deutsch
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1234 Nichtamtlicher Teil. 54, 7. März 1887. Und doch müsse» sie ausgenommen werden, da der Bibliothekar nicht wissen kann, ob das gegenwärtig Unbrauchbare auch für die Zukunft unnütz sein wird. Alle diese von so verschiedenen Seiten ans uns eindringenden Umstände, die von Jahr zu Jahr immer mächtiger wirken, er regen schon jetzt einen offen daliegenden kaum zu ertragenden Notstand, der sich bei a llen deutschen Bibliotheken äußert, wenn auch in verschiedener Weise bei den territorialen und den In stituts- oder Korporationsbibliotheken. Gemeinsam ist ihnen beiden, daß sie im sechzehnten Jahrhundert und noch später, dem Jüng linge gleich, der mit tausend Masten in den Ocean schifft, die Erzeugnisse der neuen Erfindung in universalem Geiste sich auschaffen konnten und daß so eine herrliche hochberühmte Liberey von vielleicht tausend Bänden in der That für alle Richtungen des Menschengeistes die bedeutendsten Bücher anfwies. Aber die Freude an diesem organisch gegliederten Schatze mit seiner wohl- thuenden Symmetrie dauert nicht ewig; meistens um die Wende zwischen dem vorigen und unserm Jahrhundert beginnt eine » Bibliothek nach der andern geradezu zu verkrüppeln und das schöne Ebenmaß, die allseitige Brauchbarkeit schwinden zu lassen. Die territorialen Sammlungen, auch die größten unter ihnen, die Landesbibliotheken, lassen die Fortführung eines Faches nach dem andern so gut wie ganz liegen und pflegen meistens bei ihren Vermehrungen besonders die Geschichte und ihre Neben fächer am längsten zu bevorzugen, die ja am meisten mit terri torialen Grenzen in Verbindung stehen; selbst die der Geschichte am nächsten stehende Rechts- und Staatswissenschaft Pflegt sehr in den Hintergrund zu treten und dem betreffenden Publikum laute und berechtigte Klagen zu entlocken. Viel weniger pflegt man solche Klagen von den Theologen, am wenigsten von den Medizinern zu hören; in bezug auf Naturwissenschaft und Kunst wird es sich Wohl an verschiedenen Orten sehr verschieden Ver halten, je nach Angebot und Nachfrage. Selbst die am reichsten dotierte der deutschen Landesbibliotheken, die Berliner, hat sich sicher (obgleich ich die dortigen Verhältnisse in dieser Beziehung nicht näher kenne) einer gewissen Ungleichmäßigkeit in der Sorge für die einzelnen Fächer nicht entziehen können. Neuerdings wird daselbst diese Ungleichheit nicht vom wissenschaftlichen, sondern vom nationalen Standpunkte aus festgestellt, wenn es im ersten Paragraphen des Statuts vom 16. November 1885 heißt: Die Bibliothek hat die Aufgabe, in möglichster Vollständigkeit die deutsche, und in angemessener Auswahl auch die aus ländische Litteratur zu sammeln. Es wird also eine bestimmte Größe, der Etat, in zwei unbestimmte ungleiche Teile, einen größeren und einen kleineren geteilt; das Wachsen des einen zieht von selbst das Abnehmen des andern nach sich, und es wird in Zukunft darauf ankommen, wie weit man den einen ver größern, wie weit man also den andern vermindern wird. Diese Grenzbestimmung wird das Schwierigste in der Zukunft werden. Einen andern Ausgang hat der Kampf zwischen dem Be darf und den Mitteln bei den Jnstitutsbibliotheken gehabt. Die ältesten und bedeutendsten unter ihnen, die Universitätsbibliotheken, können das Fallenlassen einzelner Fächer unmöglich einführen, ja sie müssen infolge des neuerlich eingetreteneu Zuflusses von den Realgymnasien (womit die neuphilologische Richtung enge zusammenhängt) und sogar von den Lehrerseminaren für einige Fächer erheblich mehr als früher sorgen. Davon ist dann bei dem ungeheuren Wachsen der Litteratur die mathematisch not wendige Folge, daß diese Bibliotheken sich in allen Fächern von der ideell erstrebten Vollständigkeit (das Wort klingt nur wie aus alter Sagenzeit noch zu ihnen herüber) immer mehr entfernen müssen, daß sie also bei absoluter Zunahme relativ immer unvollständiger werden. Dazu kommt, daß bei der vor handenen gewissen Gleichartigkeit der Bedürfnisse ihrer studen tischen Benutzer der Bedarf einer größeren Anzahl von Exem plaren desselben Werkes hier ganz besonders stark hervortritt, um so stärker, als die Zahl der Studirenden so unglücklich stark gewachsen ist. Diesem Übelstande ist man nun in neuerer Zeit in gewissem Grade durch Gründung von früher unbekannten Stu denten- und Seminarbibliotheken, also Fachbibliotheken neben der eigentlichen Universitätsbibliothek entgegengetreten. Aber die Docenten der Universität sind nach wie vor sehr übel dran, wenn sie nicht durch Reichtum oder spezielle Beschränkung auf ein ganz enges Feld von Studien in der Lage sind sich mit Anlegung einer erheblichen Privatbibliothek selbst zu helfen. So kommt es denn, daß man von den Universitätsprofessoren sehr häufig Aussprüche hört, wie »unsere Bibliothek ist grundschlecht, da findet man nie, was man sucht« u. s. w. Besser sind die technischen Hochschulen gestellt, insofern ihre Bibliotheken von vorne herein Fachbibliotheken sind, die sich über dies des mehr praktischen als historischen Bedürfnisses wegen vorzugsweise auf neuere Werke beschränken können. Bon den Sammlungen der kleineren Institute, namentlich der Gymnasien, kann ich unterlassen zu reden, da an sie naturgemäß nur mäßige Ansprüche gemacht werden können. Doch könnten sie diesen Ansprüchen viel besser genügen, wenn namentlich die mehr fachen in derselben Stadt befindlichen Sammlungen dieser Art sich mehr gegenseitig aushelfen und ergänzen wollten. Dieses hier von verschiedenen Seiten her und doch noch nicht vollständig beleuchtete Mißverhältnis zwischen dem Bedarf und den Mitteln hat namentlich allerlei kleine Leiden für die Vorsteher der Bibliotheken im Gefolge. Eine Menge von Liebenswürdigkeiten gehen leicht über sie von Mund zu Mund: Mangel an kräftigem Auftreten, engherzige Beschränktheit und Gleichgiltigkeit, zu große Ängstlichkeit bei drohenden Etatsnberschreitungen, Bevorzugung eigener Liebhabereien, Fehlen echt wissenschaftlichen Sinnes, ver altete Anschauungen, Altersschwäche und dergleichen, das sind so ziemlich gewöhnliche Vorwürfe, die hinter ihrem Rücken kolportiert werden; nun, sie müssen sich darüber, wenn sie wirklich von der Grundlosigkeit dieser Vorwürfe überzeugt sind, mit dem alten Dichterworte trösten: Sollen Dich die Dohlen nicht umschrein, mußt Du nicht Knopf auf dem Kirchturm sein. Dazu kommt nun das fortwährende Drängen, man solle die Erhöhung des Etats nicht bloß beantragen, sondern auch durchsetzen. Dieses Drängen hat ja seine volle Berechtigung, wenn es mit Rücksicht aus die Staatsbedürfnisse überhaupt (wir wollen hier nur von den Staats bibliotheken reden) und auf die allgemeine Finanzlage erfolgt, wenn es mit der Erwägung verbunden ist, daß der Bibliotheks vorstand nicht bloß die Stellung eines Bibliotheks-, sondern auch die eines Staatsbeamten hat. Aber davon ist meistens nicht die Rede, mit heiterster Naivetät, vom bloß subalternen Standpunkt her werden diese Anforderungen gestellt, als bestände das Staats budget nur aus zwei Kapiteln, /I Bibliotheken, v Übriges. Möchte doch einmal einer von diesen Drängern eine Ausstellung darüber machen, wie viel Prozent des Staatshaushalts in einem gut ver walteten Staatswesen auf die Bibliotheken kommen müssen! Auch wäre es vielleicht möglich, daß ein Statistiker, um Klarheit in die Sache zu bringen, für einen bestimmten Staat berechnete, wie viel in ihm für alle Bibliotheken (staatliche, städtische u. s. w. bis auf die kleinen Schul- und Volksbibliotheken herab) verwandt wird und wie sich diese Gesamtsumme zu dem jährlichen Gesamteinkommen der Staatsangehörigen, also z. B. im Königreich Sachsen zu etwa dreizehnhundert Millionen Mark verhält; natürlich sind dabei auch die Gehälter der Beamten und der Wert der Lokale mit zu berück sichtigen. Gewiß wird es dabei immer feststehen bleiben, daß der Bedarf die Mittel bei weitem übersteigt; aber das ist ja auch der Fall bei der Wehrkraft, bei der Sorge für die untersten Stände, bei allen Instituten, bei den Gehältern aller Beamten, endlich auch meistens bei der Wirtschaft des Privatmanns. Daß es bei den Bibliotheken in besonders hervorragendem Grade der Fall ist, glaube ich gezeigt zu haben. Als einzelne Mittel, das Gleichgewicht, wenn auch nicht her-
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