Suche löschen...
Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 06.08.1866
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1866-08-06
- Erscheinungsdatum
- 06.08.1866
- Sprache
- Deutsch
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id39946221X-18660806
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id39946221X-186608060
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-39946221X-18660806
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungBörsenblatt für den deutschen Buchhandel
- Jahr1866
- Monat1866-08
- Tag1866-08-06
- Monat1866-08
- Jahr1866
- Links
-
Downloads
- PDF herunterladen
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
94, 6. August. Nichtamtlicher Theil. 1575 tete, daß es ohne Fehler sei. Einer von den bekannteren Gram matikern aber, der von einem Käufer zur Einsicht des Werks zugezogen worden war, sagte, er habe doch einen Fehler entdeckt. Der Buchhändler dagegen wollte jede Wette eingehen, wenn nur ein falscher Buchstabe darin wäre." Man erkennt hieraus, mit welcher Vorsicht die Bücherliebhaber beim Kaufe zuWerkc gingen. Es war dies aber auch nöthig. Denn die Buchhändler, meist rührige Freigelassene, trieben ihren Handel rein kaufmännisch, ohne großes Interesse für den Inhalt ihrer Bände. Auch fehlte ihnen wohl oft die zum Verständnisse nöthige Bildung. Wenig stens heißt es bei Lucian über die Buchhändler im griechischen Osten: ,,Wec würde (wenn mi't dem Besitze von Büchern auch geistige Bildung verbunden wäre) dann mit den Großhändlern und Bücherverkäufern, die so viele Bücher haben und verkaufen, in die Schranken treten können? Wenn du sieaber prüfen willst, so wirst du sehen, daß sie in dieser Beziehung vor dir nichts vor aus haben, sondern schlecht griechisch sprechen wie du, und alles höheren Verständnisses ermangeln, wie sich von Leuten erwarten läßt, die noch nichts von dem, was sittlich gut oder verwerflich ist, in weitere Erwägung gezogen haben." Rechnet man hinzu, daß zur Technik des fabrikmäßigen Abschreibens das Dictiren ge hört zu haben scheint, so wird cs nur zu oft an richtigem Ver ständnis und an sorgfältiger Vergleichung der Abschriften gefehlt haben. Offen klagt hierüberSlrabon, indem er über dieRevision der Aristotelischen Werke durch Tycannion bemerkt: „Allein auch dies hat für die Kritik des Aristoteles nicht den Nutzen gehabt, welchen es hätte haben können, weil sowohl unsere als die Alexandrinischen Buchhändler es mit diesen Büchern ebenso wie mit anderen Verlagsartikeln gemacht haben: sie sind zu geizig, sich stets geschickter Abschreiber zu bedienen, und versäumen es, dieAbschrift noch einmal mit demOriginal vergleichen zu lassen." Auch Cicero schrieb an seinen Bruder, der ihn gebeten hatte, Bücher für seine Bibliothek anzukaufen: „Hinsichtlich der latei nischen Werke weiß ich nicht, an wen ich mich wenden soll, so feh lerhaft werden sie abgeschricbcn und verkauft." Eben deshalb hielt es Martial für nöthig, einmal folgende Entschuldigung ein zuschalten: „Wenn dir, o Leser, in diesen Gedichten etwas dunkel oder allzuwenig lateinisch Vorkommen wird: der Fehler liegt nicht an mir; der Buchhändler hat den Schaden bereitet, während er eilte, dir dieVerse zu zuzählen." Sehr oft übernah men auch die Schriftsteller selbst für gute Freunde die Eorrectur der von diesen gekauften Exemplare. Es that dies z. B. Martial für Pudens, und schrieb ihm dann: „Du zwingst mich, mit eige ner Feder und Hand meine Verse zu verbessern. O, wie allzusehr billigst und lobst du mich, der du meine Scherze urschriftlich be sitzen willst." Denselben Gefallen erzeigte Plinius dem Nepos. SolcheVerbesserungen erhöhten natürlich denWerth des Buches. Den Absatz eines Artikels konnte der römische Buchhändler eini germaßen berechnen, noch bevor er zur schriftlichen Veröffent lichung kam. Nachdem nämlich schon früher besonders dieDichtec ihre Arbeiten guten Freundenvorzulesen gewohnt gewesen waren, wurde es unter Augustus Mode, daß alle Schriftsteller ihreWerke öffentlich vertrugen, ehe sie zur Herausgabe schrillen. Zu Pli nius' Zeit waren diese Vorlesungen bei der wachsenden Zahl der Dichterlinge eine wahre Plage für alle Freunde der Literatur ge worden. Ja, wenn er einem Freunde schreibt, daß einmal fast jeder Tag des Aprils mit Vorträgen besetzt gewesen sei, so kön nen wir uns nicht mit ihm darüber wundern, daß die Eingelade nen so spät als möglich die Säle betraten, und lieber auf der Straße den Anfang verschwatzten, aber auch nicht bis ans Ende aushielten, sondern sich vorher entfernten, „einige unvermerkt und verstohlen, andere frei und offen". Konnten also die Buch händler aus dem tiefen Schweigen der Aufmerksamkeit und aus dem Geschrei und Händeklatschen des Beifalls auf eine günstige Aufnahme von Seiten des Publicums schließen, so mußten sie freilich auch die echte Anerkennung von dem durch gedungene Elaque errungenen Effect unterscheiden, und gingen wohl sicherer, auf die wirkliche Spannung zu spcculiren, mitwelcher das Publi cum die Werke seiner Lieblinge erwartete. Wie stark die gcwöbn- lichen Auflagen gewesen seien, können wir nicht behaupten. Re gulus, ein Zeitgenosse von Plinius, ließ aus eitler Trauer um seinen Sohn die Biographie desselben in 1000 Exemplaren in Italien und den Provinzen verbreiten. Das beweist aber für den Lagervorrath der Buchhändler ebenso wenig, als daß der Kaiser Tacitus den gleichnamigen Historiker für die öffentlichen Biblio theken jährlich zehnmal abzuschreiben befahl. War der Bedarf der Hauptstadt gedeckt, so standen dem Verleger immer noch die Provinzenals Absatzfeld offen, wohin dieunverkauftenExemplare zu wandern pflegten. „Theuec wirst du Rom sein", sagt Horaz zu seinem Buche, „bis dich der Jugend Reiz verläßt; sobald du beginnst, von den Händen der Menge begriffen, deinAnsehen zu verlieren, wirst du schweigsam träge Motten mästen oder nach Utica fliehen, oder als Gefangener nach Lcrida gesandt werden." Von einem Buche, das es verstehe, das Nützliche mit dem Ange nehmen zu verbinden, schreibt er, daß es den Sosiecn Geld ver diene und den Weg über das Meer mache. Doch darf man bei diesem Export nicht an bloßen Eommissionshandel nach den Pro vinzen denken, sondern auch dort etablicten sich bald in Beglei tung der römischen Eivilisation selbständige Buchhändler. So schreibt Plinius an einen Freund in Gallien: „Daß es in I-uA- äunum (Lyon) Buchhändler gäbe, hatte ich nicht geglaubt; desto angenehmer war es mir, aus deinem Briefe zu erfahren, daß meine Schriften dort verkauft werden, und ich freue mich, daß ihnen auswärts die Gunst bleibt, die sie sich in der Hauptstadt gesam melt haben." In dem südlich von Lyon an der Rhone gelegenen Vienna fanden die Epigramme Martial's Leser aus allen Alters- classen, und in Spanien und selbst in Britannien waren sie ver breitet. Voran standen aber hinsichtlich des auswärtigen Buch handels natürlich die berühmteren Sludiensitze, wie Alexandria, Karthago, Tarsus, Antiochia, Smyrna, Apollonia, Massilia, Athen, Mailand, Autun. Auch in den Seestädten hielten Buch händler am Hafen feil, wie Gellius von Brundisium, Martial von Pyrgi bezeugen. Die classischen Schriftsteller waren beson ders gangbare Artikel, da sie zahllose Abnehmer in den Schulen fanden. Horaz, dem es vor der Schulclassicität graute, fährt darum in der erwähnten Anrede an sein Buch fort: „Auch dies Geschick harrt deiner, daß dich beim Unterrichten der Knaben das stammelnde Alter überrascht in abgelegenen Vierteln." Das ge wöhnliche Ende der Laufbahn eines Buches schildert ferner der selbe Dichter, indem er, die Anfertigung einerEpopöe zum Preise der Thaten August's ablehnend, am Schluß sagt:- „Damit ich nicht samml meinem Verfasser in offener Kapsel ausgestreckt in das Stadtviertel getragen werde, wo man Weihrauch verkauft und Wohlgerüche und Pfeffer und alles, was in Maculatur ge wickelt wird." Ebenso prophezeit Martial seinemBuch, hinsicht lich seiner Aufnahme bei dem gelehrten Apollinaris: „Wenn ec dich in sein Herz schließt, wirst du weder das Belfern der Miß gunst fürchten, noch wirst du den Makrelen peinliche Gewänder liefern. Verwirft er dich, so magst dumeinetwegen stracks laufen zu den Schreinen der Salzsischhändlcr und die Kehrseite deiner Blätter von den Knaben durchpflügen lassen.«' 221'
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
- Doppelseitenansicht
- Vorschaubilder