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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 22.10.1883
- Strukturtyp
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- 1883-10-22
- Erscheinungsdatum
- 22.10.1883
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- Deutsch
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246, 22. October. Nichtamtlicher Theil. 4711 Nichtamtlicher Theil. Das Bibliographische Museum von Heinrich Klemm in Dresden. Ueber diese großartige Schöpfung eines Bernfsgenossen, welche in wenigen Tagen in öffentlicher Ausstellung weiten er wartungsvollen Kreisen der Gelehrten und Fachmänner zugäng lich gemacht werden soll, äußert sich Max Dittrich im „Meißner Tageblatt" mit folgenden Worten: Die wegen ihrer reichen wissenschaftlichen und Kunstsamm lungen vielfach „Elbflorenz" genannte Residenzstadt des König reichs Sachsen besitzt auch zwei Museen von eminent nationaler Bedeutung, welche beide der eisernen Energie zweier Privat männer ihre Entstehung verdanken: das Körner-Museum und das Bibliographische Museum; ersteres von vr. Peschel ins Leben gerufen, letzteres eine Schöpfung des Verlagsbuchhändlers und Redacteurs Heinrich Klemm. Beide Männer haben einen großen Theil ihres Lebens und Strebens diesen Museen ge widmet und beide haben Großes, Unübertroffenes geschaffen. Während aber das Körner-Museum durch verschiedene Umstände mehrfach weitere Kreise beschäftigt hat und so immerhin ziemlich bekannt geworden ist, haben die reichen Bücherschätze des Klemm'- schen Museums nur noch Wenige bewundert, und erst auf der neulich in Leipzig stattgefundenen typographischen Ausstellung ist ein kleiner Theil derselben dem größeren Publicum bekannt geworden. Weil diese kostbaren Schätze nun, soweit sie kirchen historischen und religiösen Inhalts sind, in 800 Nummern An fangs November im Canaletto-Saale der Brühl'schen Terrasse zum Besten des Carolahauses öffentlich ausgestellt werden sollen, und weil sie natürlich auch die geistigen Kämpfe der Reformations zeit in Schriften für und gegen Luther repräsentiren, weil die selben ferner so manchen durch Jahrzehnte vererbten schweren bibliographischen Jrrthum richtig stellen, und die betreffende Aus stellung zweifellos das allgemeinste Aufsehen und Interesse erregen wird, so dürften gewiß nachstehende kurze Aufzeichnungen über das Klemm'sche Museum in den betreffenden Kreisen nicht ungern gelesen werden, zumal der dort so sehnlich erwartete Klemm'sche Katalog noch unter der Presse ist und erst im nächsten Jahre zur Ausgabe gelangt. Klemm's Museum in der Villa Augusta, Forststraße 14, widerlegt mit seinen kostbaren Originalwerken in schlagendster Weise alle speciell von Holland aus inscenirten Versuche, dem Deutschen Gutenberg die Erfindung und der Stadt Mainz das erste Heinmthsrecht der Buchdruckerkunst streitig zu machen. Die Klemm'sche Sammlung ist so geordnet, daß die ersten Druckorte von 1450—1470 chronologisch folgen (Mainz beginnt und Paris schließt diese Serie), während die übrigen Druckstädte von A bis Z alphabetisch aufgestellt sind. Mit wenig Ausnahmen sind von allen die frühesten Drucke und alle Typengattungen vorhanden. Die Nationalbibliothek zu Paris hat nur einige 30 alte Mainzer Drucke; Klemm besitzt nicht weniger wie 160 Straßburger und 140 Mainzer, erstere von 1462 ab, letztere von Gutenberg bis zum Aussterben der Fust-Schöffer'schen Druckerfamilie 1555, also just 100 Jahre nach dem Erscheinen des ersten, mit beweglichen Typen gedruckten Buches, der sogenannten 42zeiligen Bibel, letztere von 1455. Von dieser, der Mazarin-Bibel, existiren nur noch 8 Pergamentexemplare in je 2 starken Foliobänden; das Dresdner ist das einzige mit Miniaturmalereien und zugleich das schönste in jeder Beziehung, dessen glänzende Ausstattung sich selbst auf die kostbaren Einbände erstreckt, im Geschmacke der Frührenaissance aus verschiedenfarbigen Holzarten zusammengesetzt und mit starken Silberbeschlägen reich ornamentirt. Auf ausgesucht schönes großes Pergament mit sehr breitem Rande gedruckt, macht das herrliche Werk beim ersten Anblick mehr den Eindruck eines handschrift lichen Codex, da es ganz in jener luxuriösen Weise ausgestattet ist, in welcher schon vor Gutenberg's Zeit hohe fürstliche Personen einzelne Manuscripte für den eigenen Handgebrauch durch Maler und Schreibkünstler ersten Ranges Herstellen ließen. Sämmtliche Zeilen des 641 Blätter umfassenden Werkes sind nämlich mit rother Tinte unterstrichen und jede einzelne Columne noch be sonders durch doppelte rothe Linien höchst gleichmäßig einge rahmt. Da nun von den 1282 Seiten eine Anzahl leer ist und auf der nur theilweis bedruckten Schlußseite des 1. Bandes die Querlinien jedenfalls vergessen wurden, so waren auf den überhaupt bedruckten und liniirten 1276 einzelnen Spalten nicht weniger als 122,752 Linien sorgfältig mit der Hand auszuführen. Jedes einzelne Buch durch das ganze Bibelwerk beginnt mit einem großen buntgemalten und reich mit echtem Golde be legten Initialbuchstaben, an welchen sich jedesmal eine prächtige Randmalerei in Gold und mehreren Farben anschließt, die meist über die ganze Länge und Breite des Blattes geht. Der gleichen große Initialen sind 104 vorhanden, alle in ihrer ur sprünglichen wundervollen Schönheit wie neu erhalten. Dazu gesellen sich nicht weniger als 1334 mittlere und kleinere Initialen, alle ebenso schön in Gold und Farben gemalt. Mit einem solchen Initial-Buchstaben beginnt nämlich jedes Capitel durch die ganze Bibel. Alle wechseln unter sich stets in den Hauptfarben ab. Ein Unicum bildet das Klemm'sche Exemplar aber durch die Hunderte von bildlichen Darstellungen des Bibeltextes, wie sie nach Gutenberg's Zeit in ähnlicher Weise durch Holzschnitte ein gedruckt und dann zuweilen bunt ausgemalt wurden. Hier sind diese Miniaturen auf den unteren breiten Rand der Blattseiten mit der Hand gemalt und jedesmal von reichen Arabesken in Gold und Farben umgeben; sie sind jedenfalls das Werk eines nicht unbedeutenden Künstlers, und zweifelsohne wurde dies Exemplar für eine hohe fürstliche Person so prachtvoll ausge stattet. Für diese Bibel sind dem Besitzer schon 100,000 Mk. ge boten worden. Von Gutenberg's Catholicon von 1460 besitzt Klemm ebenfalls das schönste, wie neu erhaltene Exemplar; diesen Schatz enthält auch die kgl. Bibliothek in Dresden, von der Gutenbergbibel aber nur — ein Blatt. Von ältesten Mainzer Druckwerken ist im Klemm'schen Museum auch die herrliche Pergamentbibel von Fust und Schösser von 1462 und die von Schösser allein von 1472 vorhanden, die man zusammen mit der Gutenbergbibel wohl in keiner zweiten Bibliothek der Welt findet. Ebenso ist in Klemm's Museum die erste deutsche Bibel, Biblia Oorwauica, vertreten, welche Heinrich Eggestein zu Straß burg circa 1466 druckte. Dieselbe erschien also 17 Jahre vor Luther's Geburt. In besten Geburtsjahr kam sie bereits in 9. Auf lage heraus, welche Klemm gleichfalls besitzt. An der Erwerbung dieser bibliographischen Kleinodien hängen Lustra des arbeitsreichen Lebens ihres jetzigen Be sitzers. Durch langjährigen Sammelfleiß und durch reiche bibliographische Kenntnisse unterstützt, hat Klemm andere biblio graphische Raritäten zu Hunderten herbeigeschafft, und der 663*
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