Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 17.12.1866
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- 1866-12-17
- Erscheinungsdatum
- 17.12.1866
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- Deutsch
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scheinen, drei Mal mit der Pünktlichkeit eines Riesenuhrwerks vor sich gehen, und erwägen wir alsdann, daß nur etwas mehr als zwei Stunden dazu erforderlich sind, bis der kaum geborene Gedanke flügge geworden ist und seinen Flug in alle Welt nimmt: so bleiben wir, trotz der genauen Kcnntnißnakme der Ursachen dieser Erscheinung, dennoch kn einem Staunen besangen über die gegenwärtige Leistungsfähigkeit der Presse. Wäre es dem mensch lichen Geiste gegeben, bei dem, was ihm imponicend entgegentrilt, sich all die einzelnen Factoren sofort zu vergegenwärtigen, deren es bedurfte, um im langen Laufe der Zeit aus rohen Anfängen das zu schaffen, was uns nur deshalb staunenerrcgend entgegen- trill, weil wir cs abgesondert von seinen einzelnen Stadien der Entwicklung wie eine reife Frucht vor uns liegen sehen, so würde natürlich keine, auch noch so gewaltige Erscheinung etwas Jmpo- nirendes für uns haben; aber eine gewisse Lässigkeit unserer Na tur läßt die Meisten genügsam bei der äußeren Erscheinung ver weilen, während es doch gerade bei Leistungen, wie die eben ge schilderten, nahe liegt, auch diejenigen historischen Vorgänge ein mal ins Auge zu fassen, welche dieselben allmählich nicht nur möglich machten, sondern zur Nothwendigkeit reisen ließen. Eine eingehende Behandlung dieses Gegenstandes hieße jedoch eine Geschichte der Kölnischen Zeitung schreiben, und, da die Presse überhaupt im weitesten Sinne die hohe, freilich oft genug ver kannte Aufgabe verfolgt, welche Hamlet für den Schauspieler in Anspruch nimmt: „dem Jahrhundert und Körper der Zeit den Abdruck seiner Gestalt zu zeigen, der Tugend ihre eigenen Züge, der Schmach ihr eigenes Bild vorzuhalten", mithin der treueste Spiegel der Zeitereignisse ist, mit deren Schwankungen ihre Exi stenz aufs innigste zusammenhängt: so müßten zum wenigsten alle wichtigeren historischen Ereignisse und Zustände mit in den Kreis unserer Betrachtungen gezogen werden, eine Aufgabe, welche in unserem Falle, da die Entstehung der Kölnischen Zei tung in das Jahr 1763 fällt, fast gleichbedeutend mit einer Ge schichte der letzten hundert Jahre sein würde. So interessant und verlockend diese Aufgabe aber auch für den Eingeweihteren sein mag und so ersprießlich ihre Lösung für den Journalismus ins besondere werden könnte — wir müssen uns hier auf die folgen den, uns fccundlichst gemachten kurzen Mitlheilungen beschränken. Als Vorfahr der ,,Kölnischen Zeitung" ist die „Kaiserliche Reichsoberpostamts-Aeitnng" anzusehen, deren erste Nummer am 1. Januar 1763 „mit Seiner Römisch-Kaiserlichen Majestät allcrgnädigstem Privilegio" in Köln hcrauskam. Diese Zeitung wurde von der Thurn und Taxis'schen Zeitungs-Expedition ver legt und in der Schauder g'schen, etwa seit 1720 in Köln be stehenden Buchdruckcrei gedruckt. Es war mir interessant, einen Blick auf die vergilbten Blätter eines der Jahrgänge jener Zeit schrift zu thun, welche in gebundenen Exemplaren den langen Reigen der folgenden, wie der Schatten am Abend immer größer und größer werdenden Bände eröffnen und in einem der Correc- torenzimmer ausgestellt sind. Der mir vorgelegce Band in klein Octav nimmt sich allerdings komisch genug aus, mit einem der letzten Jahrgänge verglichen, und legt ein Zeugniß ab von den bescheidenen Ansprüchen, welche man vor hundert Jahren an den Journalismus machte. Freilich standen demselben damals noch nicht alle die großartigen Mittel zu Gebote, über welche er heut zutage verfügen kann: das Eisenbahn- und Telegraphenwesen lag noch „weit in nebelgrauer Ferne"; die Verbindung zwischen den nächsten Nachbarländern, ja, zwischen den Nachbarstädten war eine durchaus langsame, vietfach-rmmHechrifle, und man mußte es als eine besondere Gunst des Glückes betrachten, wenn die wich tigsten Tagesbegebenheilcn mit einer gewissen Regelmäßigkeit in die größere Oeffentlichkeir gelangten. In Betreff des Schnccken- ganges der Posten führe ich beispielsweise nur an, daß im Jahre 1771 ein aus Berlin vom 25. December 1770 datirter Brief erst am 1. Januar den Lesern der Kaiserlichen Reichsoberpostamts- Aeilung zu Gesicht kam; unter demselben Datum erschienen Briese aus Hamburg, datirt vom 24., aus Turin vom 12. December und aus Eonstantinopel sogar vom 17. November. Einen selt samen Begriff vom damaligen Handel und Wandel liefert der Umstand, daß in der Gezeichneten Nummer der wöchentlich vier Mal erscheinenden Zeitung nur eine einzige kleine Anzeige ent halten ist. Die Existenz der Reichs-Ober-Post-Amts-Acitung dauerte nur bis 1791, in welchem Jahre die Franzosen sich des linken Rheinufers bemächtigten und, unbekümmert um das Privilegium des deutschen Kaisers Maximilian, eine französische Post errichte ten. An die Stelle jenes Blattes mit dem langathmigen Titel trat nun eine von mehreren Thurn und Taxis'schen Postbeamten für eigene Rechnung verlegte, zuletzt von Franz Königen bei Schau- berg's Erben gedruckte „Kölnische Zeitung", welche jedoch schon in dem „Beobachter", dem „Verkündiger", dem „Welt- und Staats-Boten", und in dem „äourrml Aänäral äs xoliti^us, äs littsraturs st äs oommsrss" vier in Köln bestehende Eoncurren ten hatte. Im Jahre 1802 wurde diese „Kölnische Zeitung", die nur einige Mal wöchentlich ausgegcben wurde, Eigenthum der Erben Schau bcrg und des Hrn. Nicolaus Du-Mont. Charakte ristisch sind die Bedingungen des betreffenden Uebergangs-Ver- lrages. Köntgen, ein damals schon nicht mehr junger Mann, hatte auf Lebenslang zwei Kronenthaler monatlich zu erhallen; sollte die Zahl der Abonnenten auf 400 steigen, so wurde ihm ein hal ber Kronenthaler mehr zugesichert. In demselben Jahre übertrug Nicolaus Du-Mont seinen Atheil an die Erben Schauberg, und 1805 ging für die Summe von 1400 kölnischen Reichsthalern das Eigenthum der Schauberg'schen Druckerei und der Zeitung an Marcus Du-Mont und dessen Gattin Katharina Schauberg über und nahm bald einen bedeutenden Aufschwung, ward aber 1809 von Napoleon unterdrückt, da der Gewalthaber in jedem Departement nur Eine Zeitung, und zwar eine Regierungs-Zei tung, dulden wollte. Allein so kräftig wußte Marcus Du-Mont, gestützt auf seine Rechtskenntnisse, seine Eigenthumsrechte zuver- theidigen, daß der Kaiser sie selbst anerkannte, ihm zum Ersatz ein Jahrgeld von viertausend Franken auswarf und ihm außer dem gestattete, ein Anzeigeblatt nebst dem „Nsrours äs la Losr" (Ruhr) herauszugeben. Kaum aber hatte die schmähliche Fremdherrschaft ihr Ende erreicht, als Tags darauf, nachdem die Franzosen aus Köln ab gezogen, am 16. Februar 1814, der echt deutsch gesinnte Marcus Du-Mont freudenvoll seine Kölnische Zeitung wieder herausgab. Er wandte derselben seine ganze Thätigkeit zu und erwarb ihr besonders durch das literarische Beiblatt einen geachteten Namen. Marcus Du-Mont starb gegen Ende des Jahres 1831. Wenige Wochen nach dessen Tode übernahm sein Sohn Joseph, erst zwanzig Jahre alc, die Leitung der Kölnischen Zeitung. Strebsam und verständig, wie er war, wandte er alle Sorge dar auf, dieselbe nach allen Richtungen zu erweitern. Seit dem 1. April 1829 war sie sechs Mal wöchentlich erschienen und nahm bald darauf ihren ersten größeren Aufschwung, als die Juli-Revo lution 1830 dem Blatte Gelegenheit bot, die Ereignisse in Frank reich dem Osten zuerst zu verkündigen, während das politische Leben in Deutschland in Folge der französischen und belgischen Revolution an Regsamkeit sehr zunahm. Joseph Du-Mont benutzte die günstige Lage der Stadt Köln in jeder Hinsicht, um seinem Blatte einen größeren Aufschwung zu geben, wobei er, von einer seltenen Verbindung geistiger Fähig keiten unterstützt, ebensowohl die ideale, als die reale Seite seines
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