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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 07.11.1883
- Strukturtyp
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- Band
- 1883-11-07
- Erscheinungsdatum
- 07.11.1883
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- Deutsch
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Nichtamtlicher Theil. Eine Entscheidung des Reichsgerichts über Nachdruck. In einer von mir als Anwalt eines Betheiligten neuerlich an das Reichsgericht gebrachten Nachdrncksprozeßsache hat dieser Gerichtshof ein Urtheil erlassen, welches vermöge der darin zur Erörterung gelangten Prinzipfragen von so hoher Bedeutung für das deutsche Autorrecht geworden ist, daß ich mich gedrungen finde, das Wesentliche aus dieser Entscheidung hierdurch zur Kcnntniß der nächst interessirten Kreise zu bringen. Zum Verständuiß des Streitfalles sei zunächst bemerkt, daß der Verlagsbuchhändler G. Schirmer in New-Iork durch Ver mittelung eines in Leipzig wohnhaften Musikalienhändlers das von Charles Gounod eompouirte Oratorium „Redemption", dessen ausschließliches Eigenthum vertragsmäßig ans den Inhaber der Firma Novello Ewer L Co. in London übergegangen war und welches durch Eintragung in die Bücherrolle der Kreishaupt- Mannschaft zu Leipzig auf Grund der Sächsisch-Englischen Staats- 13. Mai Verträge vom ^ 1846 bez. 24. Juni 1855 Schntzrecht für das Königreich Sachsen erlangt hat, in einer dasigen Noten druckerei hatte Nachdrucken lassen, ohne daß zu diesem, wie fest gestellt, im Jnlande veranstalteten Nachdruck seitens des Urhebers oder eines Rechtsnachfolgers desselben Genehmigung erthcilt worden war. Die nachgedruckten Exemplare ebenso wie die zu ihrer Herstellung benutzten Platten waren an G. Schirmer in New- Aork übersandt worden. In Vollmacht des Inhabers der obengenannten Verlags firma hatte ich nun gegen die als Auftragnehmer Schirmer's und als Inhaber der fraglichen Notcndruckerci bei dem Nachdruck Beteiligten Strafantrag gestellt, infolge dessen zwar seitens der Staatsanwaltschaft die öffentliche Klage gegen die bezeichnten Personen wegen Theilnahme am Nachdruck erhoben wurde, allein schließlich deren Freisprechung von der Anklage des Nachdrucks seitens des Landgerichts zu Leipzig erfolgte. Hiergegen wurde meinerseits für den als Nebenkläger aus getretenen Vcrlagsberechtigten die Revision an das Reichsgericht eingelegt und von letzterem das Rechtsmittel unter Zurückver- weisnng der Sache in die erste Instanz für begründet erachtet. Während zunächst das landgerichtliche Urtheil das Vor handensein schon des objeetiven Thatbcstandes strafbaren Nach drucks ans dem Grunde verneint hatte, weil G. Schirmer nur die Absicht verfolgt habe, die nachgedruckten Exemplare im Ge biete der Vereinigten Staaten von Nordamerika, in welchen das Gounod'sche Werk keinerlei Schntzrecht genieße, zu verbreiten, diese Absicht aber keine rechtswidrige sei und deshalb auch die Angeklagten, welche lediglich als Gehilfen des Veranstalters des Nachdrucks, Schirmer, thätig geworden, nicht als Theilnehmer eines strafbaren Nachdrucks angesehen werden könnten, bezeichnet das Urtheil des Reichsgerichts diesen Entscheidungsgrnnd als einen gegen Wortlaut und Sinn der 88 4, 18 des Gesetzes vom 11. Juni 1870 betreffend das Urheberrecht u. s. w. verstoßenden und bemerkt hierzu: „Zunächst erscheine schon diejenige Rechtsauffassnng der Borinstanz in hohem Grade bedenklich, welche davon ausgehe, G. Schirmer allein als „Veranstalter" des Nachdrucks zu be handeln, die Angeklagten sümmtlich nur als Gehilfen des Schirmer zu erachten und unter solcher Voraussetzung die Strafbarkeit des Schirmer unbedingt entscheiden zu lassen für die Strafbarkeit der Handlungsweise der Angeklagten. Wenn auch die vorinstanzliche Annahme, daß G. Schirmer in New-Iork, in dessen Auftrag, für dessen Rechnung und dessen buchhändlerischc Geschäftsinteressen der Nachdruck veranstaltet wurde, nicht als bloßer „Veranlasser", sondern als „Veranstalter" desselben zu gelten habe, nicht zu beanstanden sei, so folge doch daraus noch nicht ohne Weiteres, daß neben Schirmer nur noch sich seiner Person aecessorisch unter ordnende Gehilfen zu denken seien. Es sei kein Rechtsgrund er sichtlich, welcher die Annahme ansschlöffe, daß auch mehrere Per sonen sich derartig zu einer im gemeinschaftlichen Interesse gemeinsam auszuführenden Veranstaltung strafbaren Nachdrucks mit strafbarer Verbreitnngsabsicht verbunden Hütten und in der Ausführung derartig gemeinsam wären, daß Jeder die That als seine eigene wolle, sonach Jeder als Mitthäter im Sinne des 8 47 des Strafgesetzbuchs zu gelten habe." Nachdem nun weiter in dem Urtheile zu vollständiger Klar legung der Frage des die Angelegenheit treffenden Grades der Mitverantwortlichkeit für die Nachdrucksvcranstaltung eine nähere Erörterung des zwischen den Betheiligten bestandenen Rechts- und Abrcchnungsverhältnisses als nothwendig bezeichnet wird, heißt es darin also: Hiervon abgesehen muß es in jedem Falle als rechtsirrthümlich be zeichnet werden, wenn das angefochtenc Urtheil grundsätzlich die recht liche Existenz strafbaren Nachdrucks davon abhängig machen will, ob die Vcrbrciinngsabsicht des Veranstalters ans das Inland oder ans das Aus land gerichtet ist, und eventuell davon, welche Schntzrechte das geistige Eigenthnm in diesem oder jenem sremden Staate genießt. Derartige Unterscheidungen haben im Gesetz keinen Boden, und stehen im ent schiedensten Widerspruch mit seinen Tendenzen. Der Z. 4. des Gesetzes vom 11. Juni 1870 bezeichnet als strafbaren Nachdruck „jede mechanische Vervielfältigung eines Schriftwerks, welche ohne Genehmigung des Be rechtigten hergestellt wird"; nach K. 22. a. a. O. ist der Nachdruck voll endet, „sobald ein Nachdrucks-Exemplar hergestcllt worden ist", und nach 8. 18. a. a. O. Hafter strafrechtlich als Thäter für das vorbczeichnete Vergehen, „wer vorsätzlich oder fahrlässig einen Nachdruck (ß. 4. sg.) in der Absicht, denselben innerhalb oder außerhalb des Deutschen Reichs zu verbreiten, veranstaltet". Es widerstreitet den Grundsätzen der Auslegung, mit der Vorinstauz die ganz allgemein und kategorisch lautenden Ausdrücke des Gesetzes „innerhalb oder außerhalb des Deut schen Reichs" dahin zu intcrpretiren, „innerhalb des Deutschen Reichs oder außerhalb desselben in solchen Gebieten, in welchen ein Schutz des Urheberrechts existirt." Hätte das Gesetz die letztbezeichncte, so überaus wesentliche Einschränkung der strafbaren Verbreitungsabsicht gewollt, so hätte dasselbe sich niemals so, wie geschehen, ansdrückcn können. Uebcr- dies läßt es die Vorinstanz ganz unklar, ob unter dem Auslande, „in welchem ein Schutz des Urheberrechts existirt", schon solche Staaten zu verstehen sind, deren Gesetzgebung überhaupt irgendwie den Rechtsbc- grisf des geistigen Eigenthums und das Rcchtsbedürsniß seines Schutzes anerkennt, oder nur solche, bezüglich deren Gegenseitigkeitsvcrträge zur Durchführung internationaler Schntzrechte mit Deutschland bestehen, oder ob darunter das concrcte Vorhandensein wohlerworbener Schntzrechte zu Gunsten des fragliche» literarischen oder künstlerischen Erzeugnisses gegen eine bestimmte ausländische Verbreitung gedacht werden soll. Im Sinne der Vorinstanz mußte die letzte Conjcquenz liegen, da nach den vorinstanzlichen Vordersätzen auch bei prinzipieller Anerkennung des Urheberrechts abseiten eines auswärtigen Staates und trotz des Be stehens von Gegenseitigkcitsverträgen mit demselben jede Verbreitung in diesem Auslände so lange straflos, folglich, wie weiter deducirt wird, erlaubt, folglich nicht rechtswidrig sein würde, so lange nicht das con- crete Urheberrecht an dem eoncreten Werk durch Erfüllung aller speeiellen Förmlichkeiten in dem betreffenden ausländischen Staat Schutz erlangt hat. Je spezieller man aber solchergestalt diese Einschränkung zu for- mnlircn versucht, desto willkürlicher und haltloser gestaltet sich dieselbe. Von vornherein ist es verfehlt, die Absicht, in welcher der Ver anstalter eines Nachdrucks gehandelt hat, dem objeetiven Thatbestandc zuzurechncn. Der objcctive Thatbestand des Nachdrucks wird erfüllt durch die eigenmächtig, ohne Genehmigung des Autors hergestellte mecha nische Vervielfältigung des fraglichen Werks — 8 4 a. a. O. — und nur die subjective Verantwortlichkeit ist bedingt durch die Verbreitnngs- absicht. Nachdem die Gesetzgebung mehrfach geschwankt, ob die letztere ! Absicht unter die positive» Requisite des subjectiven Thatbcstandes anfzunehmen, oder nur den Angcschuldigten der Gegenbeweis fehlender
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