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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 16.02.1922
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- 1922-02-16
- Erscheinungsdatum
- 16.02.1922
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Redaktioneller Teil. X- 4V, 16. Februar 1822. dann weil sie in einer photomechanischen Reproduktion dem Drucke hinzugefügt werden musste. Aber die Absicht und der Leit gedanke dieser Liebhaberausgabe blieben in jedem Falle lobens wert und richtig, weil sie dahin strebten, auch den bedeutenden neudeutschen Dichtungen, die kurz vor Beginn der Ausbreitung der neudeutschen Buchkunstbewegung erschienen waren, deren Ehren zu erweisen. Man darf nicht übersehen wollen, daß die künstlerische Illustration, je weiter sie zeitlich von dem Werke ent fernt ist, das sie schmückt, immer weniger zu einer Ausführung und immer mehr zu einer Auslegung von dessen Gedankeninhalt wird. Die Jdealbibliothek illustrierter Bücher bestände aus den Meisterwerken des Weltschrifttums, die von den ausgezeichnetsten Künstlern der Entstehungszett der einzelnen Werke illustriert wären. Je enger dann Dichter und Künstler durch geistige, gesell schaftliche, nationale Gemeinschaft verbunden wären, ein desto einheitlicheres Buchkunstwerk müßte entstehen, dessen Werte durch aus nicht allein auf ästhetischem Gebiete liegen würden. Leider gibt es eine solche Jdealbibliothek ja nicht. Immerhin zeigt der Hin weis aus sie, wie wichtig es ist, daß der Dichter schon unter feinen mitstrebenden Zeitgenossen einen nahen Kunstverwandten findet, wenn es sich um die Illustration seiner Schöpfungen handelt. Darin liegt ein nicht zu übersehender Hauptwert der zweiten Ver öffentlichung des Verlags von Erich Steinthal: RichardDe ki rne l, Aber dieLiebc, Berlin 1921. In der Behauptung der Voranzeige, daß die 32 dieses Buch zierenden Originalradie rungen Willy Jaeckels nicht »literarisch«- seien, läßt sich ein sehr beachtenswerter Hinweis ans eine kaum noch zu über sehende Schwäche der modernen deutschen Illustration, die durch ihre Anpassung an die Neudrucke hervorgerufen wurde, finden. Sie ist vielfach zu literarisch geworden. Der schöne, von Otto v. Holten unter der Leitung E. W. Tiesfenbachs herge stellte Truck bringt die Gedichte der bekannten Dehmelschen Sanimlung in eine neue Ordnung, scheidet manches aus, um die eigentlichen Liebesgedichte enger zusammenzufassen, die den alten Titel der allmählich auseinanderstrebenden Gedichtsammlung be stimmten. Das ist ein mehr ästhetisches als literarhistorisches Ver fahren. Immerhin läßt sich ihm auch eine innere Folgerichtigkeit aus dem Wesen des Werkes nicht bestreiten. Vielleicht daß der Dichter selbst bei einer längeren Lebensdauer sich zu einem sol chen Eingriff entschieden hätte. Es begegnet gerade in den Sammlungen lyrischer Gedichte, die einmal unter ihrem ersten Titel berühmt geworden, in neuen Auflagen weiter erscheinen, häufiger, daß sie zum Behälter eigentlich ihnen nicht zugehören- der Gedichte gemacht wurden, und es ist für den späteren Heraus geber nicht leicht, zwischen der Einheit des Werkes und dem Wil len des Urhebers, für den die Fassung der Buchausgabe letzter Hand in der Regel maßgebend, obschon oft nur zufällig maß gebend bleibt, sich zu entscheiden. In einem Falle wie diesem, in dem man die künstlerische Wirkung der Gedichtsammlung als eines in sich geschlossenen Werkes mit allen Mitteln zu steigern sucht, rechtfertigt sich ein solcher Versuch Wohl schon durch das Bemühen, das seelische Wesen der Gedichtreihe und nicht die literarhistorische Stellung ihrer Buchausgabe auszuprägen. Das war auch das Bestreben des Künstlers, der mit seinen Vignetten und Vollbildern Dehmels Gedichte dem Leser als ein Erlebnis vorspielt wie ein Tonkünstler den Hörern eine klassische Kompo sition: dem Meister folgend und doch auch wieder in seiner eigenen Auffassung des Kunstwerkes. Der Vergleich mag ver stauet werden, er verweist an einem gewählten Beispiel aus eine Ausgabe der Liebhaberausgabe, die kaum beachtet wird, auf die, zu einem Vermittler von Kunstwerten zu werden, die leichthin und ohne weiteres nicht allen zugänglich sind. Ebenso wie die Emp fänglichkeit für die Sprache der Töne nicht hinreicht, um sich ihre Meisterwerke hinreichend zu verdeutlichen, wie dazu eine musika lische Technik erforderlich ist, die jene erklingen läßt, ebenso ist auch die Empfänglichkeit für die Sprache der Dichtung nicht immer ausreichend, wenn sie nicht mit der ausgebildeten Be gabung, sie zu hören, verbunden wird. Der Musikfreund, der selbst kein ausübender Musiker ist, bleibt auf den Konzertsaal an gewiesen und günstigenfalls aus die Pflege der Hausmusik, die beide ihm nicht jederzeit zur Verfügung stehen werden, sobald er sie wünscht. Der Buchsreund aber, der die Dichter vernehmen will, kann sie sich zur guten Stunde Heranrusen und sich ihre Dichtungen in solchen Buchsassungen vergegenwärtigen, die ihm Melodik und Rhythmik der Poesien sinnfällig vors Auge sichren. Ganz gewiß, dagegen läßt sich einwenden, es trete zwischen den Dichter und dessen Hörer noch ein Vermittler und dessen Auf fassung, man höre dann schon eine Übertragung und nicht mehr das ureigene Werk selbst. Aber sind denn die Aufführungen der Bühne, sind die Vorlesungen eines Vortragskünstlers etwas anderes? Dichtungen sollen lebendig ertönen, alles, was ihren Wortzauber aus dem Papier erwecken hilft, in das sie gebannt sind, mutz denen, die sie genießen möchten, willkommen sein. Ohne den mittelnden Übersetzer wäre auch dem Sprachkundigsten die weite Welt der Dichtung größtenteils unzugänglich. Die dem Deutschen nachgerühmt« oder nachgetadelte Einfühlungsfähigkeit in fremdes Wesen hat das deutsche Schrifttum mit langen Rei hen von Übersetzungen versorgt, die man als die Vermittler einer Weltliteraturidee nach deren verschiedenartigen Ausdeutungen werten mag. Die Arten der Übersetzung sind nach der von ihnen erstrebten Zweckerfüllung, nach den Fähigkeiten des Übersetzers und den jeweilig überhaupt vorhandenen Möglichkeiten einer Übertragung eines bestimmten Werkes aus der einen in die andere Sprache derart untereinander verschieden, daß sie sich nicht obenhin mit der Bezeichnung gut oder schlecht beurteilen lassen. Aber bei allen Literaturvölkern hat es von jeher als ein Höhe punkt der Übersetzungskunst gegolten, wenn die Aneignung des fremdsprachlichen Werkes bis dahin führte, wo es zu einem Kunst werk der eigenen Sprache wurde. Dann wichen selbst die philo logischen Bedenken der Gewalt des nach- und neusühlenden Dich terwortes. Allerdings, man ist mit der Bezeichnung des Über setzungskunstwerkes bisweilen allzu freigebig verfahren. Der gleichen Übertragungen müssen entstehen, sie lassen sich nicht er zwingen, selbst wenn ihr Urheber es wollte. Das hat mit deut licher Eindringlichkeit Stefan George in der kurzen Vorbemerkung ausgesprochen, die die neue Ausgabe seiner Übertragungen von Stellen der göttlichen Komödie einführt. (Dante, Göttliche Komödie. Übertragungen von Stefan George. Zweite erweiterte Auflage. Georg Bondi, Ber lin 1921.) Es ist wohl kaum noch nötig, zu sagen, daß nach der Erfassung des Dichterischen (Ton, Bewegung, Gestalt um schreibt es Stefan George) keine andere deutsche Wiedergabe sich mit der Stefan Georges vergleichen läßt. Sie wendet sich nur an Leser, die Sprachkunst zu ehren und zu verstehen wissen. Ihnen aber gewährt sie den reichsten Lohn für die gewiß geringe Muhe, sich mit den typographischen Gewohnheiten Stefan Georges ver traut zu machen, die keine andere Ursache haben, als die, die Kraft der Sprache auch in deren Niederschrift sinnfälliger wirken zu lassen, den Leser, was not tut, wieder zum Hörer zu erziehen. Es gibt für Deutsche keine bessere Einführung in den dichte rischen Umkreis von Dantes Werk als die Dante-Stellen Stefan Georges. Etwas anderes ist es, Literaturgeschichte aus den Lite raturgeschichten zu erlernen, etwas anderes, sich den Meister werken der Dichtung aller Völker und Zeiten zu nähern. Das wird häufig verwechselt, sogar von solchen, die es besser wissen sollten. Schwerer als Stefan George macht es Rudolf Borchardt dem Leser, in die sprachkünstlerische Leistung seiner Dante-Über tragung einzudringcn. (Rudolf Borchardts Schriften. Dantes Vita Iiova. Deutsch. Ernst Rowohlt, Ber lin, 1921.) Wenn aber der Leser sich nicht gleich beim Beginn von ungewohnten Satzgefügen, Schreibungen und Wortbildungen zurllckschrecken läßt, wenn er imstande ist, die anscheinend künst lichen Strebungen als die Träger der künstlerischen Form die ser Verdeutschung zu erkennen, wird er sie schätzen und würdigen lernen. Die Festung der gewaltigen geistigen Schöpfung des gro ßen Italieners ist nicht leicht zu bezwingen. Vor allem sind es die Vorwerke, die Dante-Mystik und Dante-Philologie nm sie errichteten, die den zu Dante dem Dichter Wollenden aufhalten. Da ist es für den, der auszieht, sich Dante zu erobern, ein Ge winn, vorher einen freien überblick über den verwirrenden Bau zu erhalten, der den Kern, Dantes eigene Schriften, umschließt. Hierfür sei sehr empfohlen: BenedettoCroce, Dantes Dichtung. Mit Genehmigung des Verfassers ins Deutsche übertragen von Jnlius Schlosser
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