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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 20.03.1893
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- 1893-03-20
- Erscheinungsdatum
- 20.03.1893
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- Deutsch
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1742 Nichtamtlicher Teil. 65, 20. März 1893. sältigungen benutzt wird? Und wenn es geschieht, gebührt ihm dagegen kein Rechtsschutz?^ Denken wir uns also, es besitzt jemand das schriftlich hinterlassene Tagebuch eines berühmten Mannes, der schon seit länger als 30 Jahren tot ist. Ein Freund, dem er das Schrift werk geliehen hat, oder ein treuloser Diener nimmt heimlich eine Abschrift davon und danach wird das Tagebuch veröffentlicht. Muß der Eigentümer sich das gefallen lassen? Schon unser natürliches Gesühl würde eine solche Handlung als einen litte- rarischen Diebstahl bezeichnen. Und das ist sie in der That. Das körperliche Eigentum an der Handschrift schließt auch das Eigentum an dem geistigen Inhalt desselben dergestalt in sich, daß niemand diesen geistigen Inhalt zum Nachteil des Eigen tümers entfremden darf. Daß dem Eigentümer die Entscheidung über die Verwertung dieses geistigen Inhalts verbleiben muß, ist nicht bloß eine Folge seines Besitzes, sondern ist ein seinem Eigentum inhalierendes Recht. Es können sich an dieses Recht bedeutende Geldinteressen knüpfen. Es ist bekannt, welche große Summe z. B. für das von H. Heine hinterlassene Tagebuch zwecks Veröffentlichung desselben gezahlt worden ist. Sicherlich braucht sich doch der Eigentümer nicht gefallen zu lassen, daß ihm dieser aus seinem Eigentum zu ziehende Gewinn von einem Andern vorweg genommen wird. Aber auch abgesehen hiervon können sich bedeutende Interessen an die Frage knüpfen, ob die Herausgabe einer Handschrift, an der kein Urheberrecht mehr besteht, geschehen soll oder nicht. Die Entscheidung hierüber muß aber dem Eigentümer verbleiben, und niemand ist berechtigt, sie ihm aus der Hand zu nehme». Aehnlich verhält es sich mit dem Eigentum an einem Kunst werke. Gesetzt, es besitzt jemand ein Bild von einem alten be rühmten Meister. Er giebt das Bild auf eine Ausstellung. Dort wird hinter seinem Rücken eine Photographie davon ge nommen, und bald daraus sieht er Nachbildungen des Gemäldes in allen Läden hangen. Muß sich der Eigeulümer das gefallen lassen? Ist es eine Gerechtigkeit, wenn das Gesetz ihm dagegen keinen Schutz verleiht?*) Nun kann man vielleicht sagen, daß Fälle dieser Art doch zu selten seien, als daß das Gesetz sie zu beachten brauche. Aber wir knüpfen an das Recht des Eigentümers eine weitere Folge, die viel tiefer eingreift. Muß man dem Eigentümer das Recht zuerkeunen, jeden Andern von der Verwertung seines Eigentums durch Vervielfältigung auszuschließen, so muß man ihm auch das Recht zugestehen, selbst sein Eigentum, soweit ihm ein Urheberrecht nicht entgegensteht, durch Verviel fältigung zu verwerten, und dieses Recht muß einen dem Schutze dcS Urheberrechtes analogen Schutz genießen. In diesem Schutze setzt sich das Recht des Eigentümers, jeden Andern von der Vervielfältigung des Werkes auszuschließen, fort. Der Grund, weshalb wir den Urheber schützen, ist der, weil der Urheber allein in der Lage ist, das von ihm geschaffene Werk in die Welt zu setzen, und weil deshalb die Gerechtigkeit eS erheischt, daß ihm, so wie er die Gefahr der Herausgabe über nimmt, auch deren Loh» zu teil wird. Ganz dasselbe trifft aber auch zu, wenn eine Handschrift, die nur einmal in der Welt existiert und an der Urheberrechte nicht mehr bestehen, von dem Eigentümer herausgegeben wird. Auch dem Eigentümer muß *) Nur einen schwachen Anlauf zum Schutze des Eigentümers hat das Neichsgesetz vom 9. Januar 1876 genommen, indem es ln tz 8, Abs. 2 bestimmt: -Der Eigentümer eines Kunstwerkes ist nicht verpflichtet, dasselbe zum Zweck der Veranstaltung von Nachbildungen an den Ur heber oder dessen Rechtsnachfolger herauszugeben.» Außerdem ist teben daselbst Abs. 1) bestimmt, daß -bei Porträts und Porträtbüsten das Ur heberrecht aus den Besteller übergehe«. Die nämliche Bestimmung findet sich auch in 8 7 des Gesetzes vom 10. Januar 1876 zu gunsten des Be stellers eines photographischen Bildnisses. Dabei ist aber eine böse Lücke entstanden. Der Photograph selbst genießt einen Schutz nur fünf Jahre lang; solgeweise auch der Besteller eines Bildnisses keinen längeren. Nach fünf Jahren kann also z. B. jede Photographie, die eine Dame von sich hat machen lassen, beliebig vervielfältigt und verbreitet werden. diese Frucht seines Eigentums ungeschmälert verbleiben. Natür lich inuß dann auch dem Eigentümer gestattet sein, sein Recht zur Herausgabe auf einen Anderen zu übertragen. Und so ge. langen wir zu dem Satze, daß die erste Ausgabe eines Werkes, das nicht mehr unter dem Schutze des Urheberrechts steht, gleich wohl zu gunsten des Eigentümers der Handschrift oder dessen, aus welchen dieser sein Recht übertragen hat, gegen Nachdruck geschützt sein muß. Allerdings mag es kein Bedürfnis sein, diesen Schutz soweit auszudehnen, wie den des Urhebers. Die lange Dauer des Schutzes des Urhebers soll diesem und seinen Erben den vollen Lohn der geistigen Arbeit sichern. Diese Rück sicht kommt für den Eigentümer nicht in gleichem Maße in Be tracht. Es würde genügen, wenn man das hcrausgegebene Werk etwa für 10 Jahre nach seinem Erscheinen gegen Nachdruck schützte. Die hier angeregte Lehre wi>d vorzugsweise praktisch bei Herausgabe von alten Handschriften, die sich in öffentlichen Archiven und Bibliotheken vorfinden. Zunächst entsteht die Frage: darf jemand solche Handschriften herausgeben ohne Einwilligung der Archiv- oder Bibliothekverwaltung? Es wäre ja denkbar, daß er sich heimlich eine Abschrift nähme und danach die Handschrift ver öffentlichte. Wäre das ein rechtmäßiges Verfahren? Ich ver neine es. Es mag immerhin Vorkommen, daß wertvolle Urkunden in Archiven rc. erst durch den Fleiß der Besucher entdeckt werden. Aber auch solche Funde fallen doch nicht frei dem Entdecker anheim. Will er sie zu einer Veröffentlichung benutzen, so muß er erst die Verwaltung darum angehen. Wenn aber die Archivverwaltung selbst Urkunden, die sie besitzt, veröffentlicht, so muß sie hierfür den Schutz genießen, der dem Eigentümer der Handschrift gebührt. Die königliche Ver waltung der Staatsarchive hatte also ganz recht, wenn sie sich durch eine zweite Herausgabe der de Calt'schen Briefe verletzt sühlte. Nun ist noch die Frage zu besprechen, ob der Eigentümer, der einem Anderen die Herausgabe einer Handschrift gestaltet, hiermit darauf verzichtet, auch noch Dritten die Herausgabe der Handschrift zu gestatten. Soweit er dies thut, wird man zugleich annehmen dürfen, daß er sein Anrecht auf Schutz auf den Her ausgeber übertragen habe. Natürlich kann die Frage nur ge stellt werden, wenn nichts darüber ausgemacht ist. Hätte sich der Eigentümer ausdrücklich Vorbehalten, auch noch Anderen die Herausgabe zu gestalten, so hätte unzweifelhaft der erste Heraus geber kein Recht, dies zu hindern. Ist nun aber ein solcher Vorbehalt nicht gestellt worden, dann dürfte nach Lage der Fälle zu unterscheiden sei». Besteht die Herausgabe in einem einfachen Abdrucke der Handschrift, dann würde eS der bona üäes des litterarischen Ver kehrs widersprechen, wenn der Eigentümer stillschweigend sich das Recht hätte Vorbehalten wollen, auch noch Andere» die Heraus gabe zu gestatten. Dementsprechend wird man auch annehmen dürfen, daß in einem solchen Falle der Eigentümer das ihm zu kommende Schutzrecht aus den Herausgeber der Handschrift habe übertragen wollen. Anders, wenn es sich um eine Herausgabe handelt, die nur auf Grund einer wissenschaftlichen Bearbeitung oder kritischen Erforschung des Inhalts der Handschrift erfolgen kann. Liegt so die Sache, dann wird man im Zweifel nicht annehmen können, daß der Eigentümer durch die Gestattung der Herausgabe an den Einen auf das Recht, auch Andern eine solche zu gestatten, habe verzichten wollen. Denn an die wiederholte Bearbeitung können sich sehr erhebliche wissenschaftliche Interessen knüpfen. Eine weitere Herausgabe würde daher, vorausgesetzt, daß sie als selbständiges wissenschaftliches Werk sich darstellle, durch die erste Herausgabe nicht gehindert sein. Auch eine photographische Nach bildung, die ja bei interessanten Handschriften jetzt öfters vor kommt, würde dem Eigentümer oder mit seiner Gestattung einem Dritten als Vorbehalten anzusehe» sein.
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