Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 24.07.1893
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- 1893-07-24
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- 24.07.1893
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169, 24. Juli 1893. Nichtamtlicher Teil. 4345 sie sich aus eine reale Grundlage gestellt hat. Der einfache Sachverständige, wie er sonst aus dem Papiergewerbe hervor ging, würde den Anforderungen der Jetztzeit also in der Regel nicht genügen können. Damit ist keineswegs gesagt, daß der Fachmann, der Drucker oder Papierhändler, nicht in der Lage sei (bis zu einer gewissen Grenze) an einem Papiere gute oder schlechte Eigenschaften zu erkennen. Die einfachen Handgriffe und Besichtigungen sind zweifellos geeignet, grobe Mängel auf zudecken, sie sind aber in der Regel nicht hinreichend, mit Zuver sicht angeben zu können, ob ein Papier zu dem betreffenden Verwendungszwecke brauchbar ist oder ob es gewissen Vorschriften oder einer bestimmten Probe entspricht. Diese beiden Fragen, nach Zweckmäßigkeit und nach vorschriftsmäßiger Lieferung, bilden aber in den meisten Fällen den Grund zum Anträge auf Untersuchung; sie sind sehr oft der Streitpunkt, der zu entscheiden ist. Die Leipziger Anstalt hat für Auskünfte nach diesen beiden Richtungen billige Tarifsätze eingestellt, um der Papierindustrie entgegenzukommen und die Papierverbraucher zu veranlassen, regel mäßig die Papierlieferungen Nachsehen zu lassen, damit sie vor Nachteil geschützt seien. Sie hat mit dieser Einrichtung ersichtlich das Richtige getroffen, wie die zunehmende Benutzung seitens der Papierinteressenten zeigt. Ob andere Prüfungsanstalten in der Anpassung an die Bedürfnisse des Papiergewerbes folgen werden, ist heute noch fraglich. Vorläufig scheint es nicht so. Gleich wohl dünkt es uns notwendig und wünschenswert, weil die meisten Verbraucher von Papier und selbst viele Papierfachleute mit den anderwärts eingeführten einfachen Angaben über Reiß länge, Bruchdehnung, Aschengehalt oder über Faserstoffmischung und dergleichen, durchaus nichts anzufangen wissen. Es fehlt den Interessentenkreisen meist der Maßstab oder die Erfahrung, um aus einfachen Zahlen- oder Bestandteilangaben zu erkennen, ob diese Angaben auf gute oder unzweckmäßige Waren schließen lassen. Die preußische Regierung hat diesem Mangel durch Heraus gabe von Normalien für Papiere zum amtlichen Gebrauch abzu helfen gesucht, und erst neuerdings sind die Vorschriften und Grundsätze zur Beurteilung von amtlicher Stelle vervollständigt worden. Diese Vorschriften sind aber schon jetzt so umfangreich geworden, daß sie ein ernstliches Studium voraussetzen und der Beweglichkeit des Handels bereits ein Hindernis geworden sind. Die vorher gegebene Andeutung dürste genügen, zu zeigen, in welcher Weise vorzugehen wäre, um die Prüsungsanstalten der Industrie immer mehr nutzbar und dienlich zu gestalten. Auch noch in anderer Weise, als durch die empfohlene Anbequemung an die Bedürfnisse des Papiergewerbes könnten die Prüsungs anstalten nützlich wirken, wenn es gelingen wollte, mit ihrer Unterstützung die Fachleute des Papiergewerbes bereits während der Lehrzeit theoretisch auf ihren Berus vorzubereiten. Bereits die höhere Handels- oder Gewerbeschule sollte den Unterricht in Papierkunde aufnehmen. Daß solcher Unterricht mit Nutzen für die Teilnehmer durchführbar ist, hat die Leipziger Anstalt bereits bewiesen, indem sie im Winter und Sommer 1891 je einen solchen Kursus über Papierprüfung (mit 30 Lehrstunden) im kleinen selbst durchgesührt hat. Der größte Vorteil, den solche Fachkurse bieten, besteht natürlich weniger in der kleineren oder größeren Summe von Kenntnissen, die sich dabei erwerben lassen, sondern vielmehr in der zu gewinnenden Einsicht der Teilnehmer und in dem Ver ständnisse, das sie von den betreffenden Waren erlangen, vor nehmlich aber in der Bekanntschaft mit dem, worauf es bei der Untersuchung oder Prüfung der betreffenden Ware (hier also Papier) ankommt. Wie ganz anders wird ein angehender Ver leger oder Papierhändler bei Wahl der Waren, Kauf und Lager haltung verfahren, wenn er mit einem gründlichen Verständnis an solche Aufgabe tritt; wie anders wird er als Reisender auf- treten können, wie viel sicherer als Disponent. Ob freilich der Sechzigster Jahrgang, Andrang von Hörern zu den Kursen ein bedeutender sein würde, ist vorläufig fraglich; denn nicht überall ist das Interesse der Fachkreise für die Sache lebhaft entwickelt. Wien hat die Prüfungs-Anstalt (im Kaiser!. König!, tech nologischen Gewerbe-Museum) einem Komitee von Fachleuten unterstellt. Chefs und Direktoren von Papierfabriken, von Buch- und Steindruckereien, Buntpapiersabrikanten und Buchhändler bilden die Beiräte der Versuchsanstalt für Papierprüsung. Pro fessoren und Fachleute vereinigen sich dort ebenfalls zur Unter haltung der Spezialkurse für Papier-Industrie, wogegen hierzu lande von Teilnahme der Fachgenossen weniger zu merken ist. Gleichwohl sollten auch hier kaufmännische Schulen, Buchhändler anstalten oder Gewerbeschulen unter Benutzung der in den Prüfungsanstalten gesammelten Erfahrungen den Unterricht in der Papierprüfung aufnehmen. In Deutschland geschieht nach dieser Richtung, soviel uns bekannt ist, herzlich wenig. Es sind nur die technischen Hoch schulen (in Charlottenburg-Berlin, Dresden, München rc.), an denen Personen mit entsprechender Vorbildung über Papierkunde Vorträge hören können. Diese Kurse nützen sonach zunächst ledig lich den angehenden Papiertechnikern, nicht aber den Buchgewerb- treibenden oder den Papierhändlern. Welch großen Vorsprung aber würde eine deutsche Handels- oder Gewerbeschule vor ihren Schwesteranstalten erhalten, wenn sie es durchführte (vielleicht anfänglich nur fakultativ), Fachkurse genannter Art zu bieten, sei es auch jetzt nur so weit als Anstalten vorhanden sind (wie hier die Papierprüfungsanstalten in Berlin, München, Stuttgart rc.), in denen Fachlehrer ihre Ausbildung erlangen könnten. Ein frischer Zug gesunder Fortentwickelung würde damit in die Säle unserer höheren Fachschulen dringen. Die Einführung hätte man wahrscheinlich auch bereits ver sucht, könnten wir uns eines lebhaften Zusammenarbeitens der Industrie mit Handel und Prüsungswesen rühmen. In dieser Richtung könnte es aber besser sein. Die berufenen Körper schaften (Fabrikanten-Vereine, Berufsgenossenschasten und Handels- Vereinigungen) sollten diese Dinge anbahnen. Vielleicht finden sich Vereine (z. B. der Buchgewerbe-Verein, die Genossenschaften der Drucker oder Buchhändler), die den Gedanken aufnehmen, wozu allerdings kein Organ so gut anregend wirken könnte, als unsere Handelskammern. Durch sie könnte die Sache angeregt werden und es wäre auch Von ihnen dauernde Förderung am zu verlässigsten zu erwarten. Es ist ferner meine Ansicht, daß (ebenfalls angeregt durch die Handelskammer) von kaufmännischen Verbänden weitere Schaffung solcher Versuchsstationen für vielerlei Waren an gebahnt und gefördert werden sollte, ebenso wie wir sie in Papierwaren besitzen. Die Einrichtung solcher möglichst organisch verbundener Versuchsstationen wäre ein mächtiger Faktor zur Hebung unserer Industrie und zur Befestigung unseres Handels. Zweifellos besteht das gleiche Bedürfnis für viele andere Industrien, so für die Textil-, Glas-, Holz- und Metall- Industrie rc. Welch nützliches Institut könnte die Vereinigung vieler solcher Anstalten zu einer geben! Jetzt zersplittern sich die Kräfte, unendlich viel Mühe, Kraft, Zeit und Geld wird ohne genügenden Erfolg ausgegeben. Hierbei sei an die im Verlage der bekannten Tintenfabrik Aug. Leonhardi in Dresden erschienene Schrift der Herren O. Schluttig und vr. Neumann erinnert (Dresden 1891), die betitelt ist: »Versuchsanstalt für Schreibwaren« und die sich für Erweiterung der Papierprüfungs-Anstalt durch organische Ver bindung zunächst mit einer Tintenprüsungsanstalt ausspricht, so wie für größere Anpassung der Anstalten an die Bedürfnisse des Papiergewerbes. Man kann solchen Aeußerungen nur beistiinmen. Dem aufmerksamen Beobachter kann es dabei nicht entgehen, daß sich allenthalben neues Leben regt. Möchten die berufenen Vertreter unseres Handelsstandes diese jungen Keime fleißig pflege», damit böl
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