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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 18.05.1893
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- 1893-05-18
- Erscheinungsdatum
- 18.05.1893
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3014 Nichtamtlicher Teil. äL 113, 18 Mai 1893. »Wie uns von gut unterrichteter Seite mitgeteilt wird, hat am Montag Abend eine nichtöffentliche Sitzung des Stadt- Verordneten-Kollegiums stattgefunden, in welcher vor Eintritt in die Tagesordnung der Vorsteher, Herr Johnsen, des so plötzlich aus dem Leben geschiedenen Vizevorstehers, Herrn Buchhändler Carl Schmidt, gedachte. Herr Johnsen wies in ehrendster Weise auf die großen Verdienste hin, welche sich der Verstorbene um unser Gemeindewesen erworben hat, und pries ihn als einen der edelsten und besten Bürger, dessen Heimgang ein herber Verlust für unsere Stadt sei, und rief dem Verblichenen, welcher sich ein bleibendes und ehrenvolles Andenken gesichert habe, ein herzliches Habe Dank in die Ewig keit nach. Das Kollegium hatte sich während dieser Rede von seinen Sitzen erhoben.« Ich möchte dem noch einige Mitteilungen aus seinem Leben hinzufügen, die der Verstorbene uns wiederholt selbst im Freundes kreise erzählt hat. Carl Schmidt wurde am 14. August 1829 zu Waldheim als Sohn eines Bäckers während eines Gewitters und einer Feuersbrunst geboren, so daß das Kind aus dem brennenden Hause gerettet werden mußte. Der Knabe war von früh an körperlich schwächlich, lernte jedoch sehr leicht, so daß sich der Vater entschloß, ihn mit 9 Jahren zum Besuch der Selekta nach Leipzig zu schicken, wo er zugleich Aufnahme bei einem Onkel fand. Seinem Lieblingswunsch, Bäcker und Diakonus zu werden, von dem er uns in humorvollen Stunden so oft erzählte, mußte er allerdings hier entsagen; er kam im Jahre 1843 zu der angesehenen Buchhandlungsfirma E. F. Steinacker in die Lehre. Hier widmete er sich mit Liebe und Begeisterung dem Beruf; der Inhaber des Hauses, Herr Konsul Einhorn, ist ihm von Beginn seiner Laufbahn ein Gönner und späterhin ein treu beratender und helfender Freund gewesen, so daß er seiner bis an das Ende seiner Lebenslage gedachte. Bei Beendigung seiner Lehrzeit (1847) empfing er von seinem Chef als besondere Auszeichnung eine Taschenuhr. Bis 31. August 1847 blieb er in genanntem Geschäft als Gehilfe thätig und nahm alsdann Stellung bei den Herren Craz L Gerlach in Freiberg an, bei denen er bis Ende Mai 1849 verblieb. Da regte sich in ihm der Wunsch nach Amerika zu gehen, nach dem Lande der goldenen Freiheit — wohl eine Nachwirkung der Freiheitsideen, für die er im Jahre 1848 mit auf den Barrikaden in Dresden gestan den hatte. Herr Stettner, sein Chef, stattete ihn mit Empfeh lungen an Herrn Fl. Schuster in St. Louis aus; aber der Plan zerschlug sich und unser Freund ging nach Altona zu Herrn A. Lehmkuhl (1849—50), alsdann (1850 — 51) nach Nürnberg in die Zeh'sche Buchhandlung, wurde aber seines freiheitlichen Sinnes wegen, wie er ihn auf den Barrikaden erwiesen hatte, aus Nürnberg ausgewiesen. Im September 1851 nahm er abermals Stellung bei den Herren Craz L Gerlach in Frei berg als erster Gehilfe an und verblieb bei dieser ange sehenen Firma bis April 1857. Im Mai desselben Jahres gründete er in Döbeln sein Geschäft, dem er sich mit aller Hin gebung, mit Fleiß und Schaffensfreudigkeit widmete, da er ja auch schon mit dem Gedanke» umging, sich einen Hausstand zu gründen. Und im nächsten Jahre bereits führte er die Auser wählte heim. Er hat in ihr auch die echte Lebensgefährtin'ge sunden, wie er sie brauchte für sein thäliges, arbeitsreiches Leben, sie hat ihm fünsunddreißig Jahre lang treu zur Seite gestanden und mit ihn» die zahlreiche Familie zu guten, braven Menschen herangebildet. Der Tote wird es mir wohl verzeihen, wenn ich bei dieser Gelegenheit eines seiner Briefe Erwähnung thue, den er wenige Wochen vor seinem Tode an den liebsten seiner alten Freunde richtete und der so recht ein Bild seines Inneren giebt. Er schrieb damals mit Bezug auf sein fünfzigjähriges Buchhändler- Jubiläum: »Wenn auch viele von den Idealen, die mir einst vor geschwebt haben, verschwunden sind, so bin ich doch auch heute noch stolz darauf ein deutscher Buchhändler und zwar in dem Sinne zu sein, wie es mir damals vorgeschwebt, und ich freue mich, wenn ich auch kein großer Buchhändler geworden bin und heute noch im Schweiße meines Angesichts mein Brot und das für meine zahlreiche Familie, die mir ein lieber Gott geschenkt, verdienen muß, daß ich sagen kann, daß ich nicht die breite Bahn, die jetzt leider von so manchem Kollegen nicht zur Ehre unseres Berufs betreten wird, gewandelt, sondern auf dem schmalen, arbeitsreichen, aber befriedigenden Weg ge blieben bin, der den Beruf nicht als melkende Kuh ansieht, sondern auch seine Arbeit in den Dienst eines gesunden, alle Kreise befriedigenden Fortschritts stellt. »Wenn mich am 18. April eine Anzahl meiner lieben Kollegen besuchen will, um mir zu einer halbhundertjährigen Arbeit im Dienste deutscher Litteratur Glück zu wünschen, so soll mich das herzlich freuen. Macht nur mit dem alten Kerl nicht zuviel Aufhebens. Eine besondere Freude wird es mir sein, an diesem Tage auch Dich, mein alter, lieber Freund, bei mir begrüßen zu können; wir erinnern uns dann mit den andern, die etwa kommen und herzlich willkommen geheißen Werden, der glücklichen Tage, da wir jung waren und goldener Sonnenschein in unser Leben strahlte. Glücklich bin ich, daß auch heute noch, wie damals, mir das Leben manche Freude bietet und mir eins nicht verloren gegangen ist, was leider so unendlich vielen Menschen fehlt, die Zufriedenheit. Habe ich doch ein Familienleben, das mich befriedigt, und eine Stellung hier (in Döbeln), dazu unser Beruf: Alles wie ich es mir nicht besser wünsche» kann. —« Aus seiner rastlosen geschäftlichen Thätigkeit ist besonders hervorzuheben seine im Juli 1874 veranstaltete Ausstellung von Lehrmitteln, die einen großen Erfolg zu verzeichnen hatte und von vielen Ausländern, selbst Russen und Amerikanern, besucht wurde. Sein Lebensende war ein schönes! Bis zur letzten Stunde beschäftigten ihn die Erinnerungen an sein Jubelfest und Vor bereitungen zur langgewohnten Ostermeßreise nach Leipzig. Die letzten Worte, die ich von ihm empfing, sprechen von dem Fest tag, der unauslöschlich in sein Gedächtnis eingegraben ist, und von der außerordentlichen Freude, die ihm und den Seinen zu teil wurde. »Wir sprechen noch alltäglich von dem Tage, der mir so viel Beweise teilnehmender Liebe und Freundschaft gebracht,« schreibt er, und »wir sehen uns doch in Leipzig!« — So ist er auch hinübergegangen in jenes geheimnisvolle Land, rasch und schmerzlos, die letzten Stunden noch an der Seite der geliebten Ehehälfte verbringend. Am 2. Mai wurde sein irdisches Teil zur Ruhe bestattet. Es war eine angesehene Versammlung, die sich znsammengefunden hatte, ihm die letzte Ehre zu erweisen, und die große Zahl der Teilnehmer zeugte von dem hohen Ansehen, sonne der großen Beliebtheit, deren er sich im Leben zu erfreuen hatte. An dem Trauerkondukt nahmen die Vertreter des Stadtrates, der Stadt verordneten, der Lehrerkollegien des Realgymnasiums und der städtischen Schulen teil, ferner die Mitglieder der Döbelner und auswärtiger Logen, die drei Turnvereine mit ihren Fahnen, eine Anzahl auswärtiger Buchhändler (so mancher war durch die eben stattfindende Leipziger Ostermesse abgehalten, ihm das letzte Ehrengeleit zu geben) und eine große Anzahl Freunde und Döbelner Bürger. Der Blumenschmuck war ein überaus reicher; große Fächerpalmen waren von den verschiedenen Lehrer- Kollegien, von der Handels-Innung und andere» Vereinen ge widmet worden. Der Buchhändlerverband für das Königreich Sachsen hatte eine reiche Blumenspende auf den Sarg nieder legen lassen, der Verein Chemnitzer Buchhändler ebenso; auch sonst waren Blumen in überwältigender Fülle dem teuren Toten auf den letzten Weg gespendet worden. Man kann wohl an- nehmen, daß Döbeln kaum je vorher ein größeres Leichen-
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