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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 11.04.1922
- Strukturtyp
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- 1922-04-11
- Erscheinungsdatum
- 11.04.1922
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- Deutsch
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Börsenblatt f. d. Dtschu. vuchbanbel. Redaktioneller Teil. — Sprechsaal. X- 86, 11. April 1922. Stciiograxhische Mustcrschulc in Leipzig. — Die Akademie für Kurz schrift in Leipzig wird im bevorstehenden Sommersemcster zur Aus bildung stenographischer Unterrichtslcitcr eine stenographische Mustcr- schnlc Ins Lebe» rufen, in der stenographischer Ansangsuutcrricht im Kabclsbcrgcrschc» und !m Ltolzc-Schrcyschsn System erteilt nürd. Die Musterschnle wirb unter der Leitung der Dozenten Gencraloberarzt 1>r. Greiss (Gabelsbergerschc Abteilung) und VerlagLbuchhäudlcr Hödel sStolze-Schrcyschc Abteilung) stehen. Für den Unterricht in beiden Abteilungen können nur je M Teilnehmer zugelasssn werden. SpreWal. Das geplante neue Posiattentat auf die deutsche Dollrswirtschast. Die gegenwärtige Teuerungswelle, schlimmer als irgendeine der vorhergehenden, ist wohl weniger dem Fallen der deutschen Valuta zu- zuschreibeu als der durch die neuesten Maßnahmen der sogenannten Verkchrsminister bewirkten Verteuerung allen Verkehrs. Dadurch sind in vielen Geschäftszweigen die Unkosten derartig gesteigert, daß nur ein verzweifelter Ruck der Preise nach oben das Gleichgewicht einigermaßen Herstellen kann. Und nun kommt der Neichspostministcr mit der Ankündigung neuer kolossaler Verteuerungen. Ter einfache Brief soll 4 Mark kosten. Das bedeutet das Vicrzigfache des Frie denspreises bei schmählich verringerter Leistung der Post. Für letztere nur ein Beispiel: Hier in Göttingen hat der Geschäftsmann statt früher vier Bestellungen eigentlich nur noch eine einzige, da die zweite und letzte Post so spät ausgetragen wird, daß vor Schluß der Postschalter daraufhin nichts mehr erledigt werden kann. Der Buchhandel hat wie wohl kein anderer Beruf uuter der Porto- Erhöhung zu leiden. Während die Mehrzahl der anderen Waren vom Kaufmann in größeren Mengen auf einmal bezogen wird, ist bei der unendlichen Mannigfaltigkeit der Buchware die Einzclbestcllung die Regel, sodaß die Ausgaben für die Bestellung, die Zusendung, die Bezahlung einen außergewöhnlich hohen Anteil des Wertes, unter Umständen mehr als den Preis der Bücher verschlingen. Aber das ist's nicht allein. Schon bei der Herstellung der Ware »Buch« hat der Verleger eine Menge von Postsendungen, da jeder Bozen in der Regel s mehrmals zwischen ihm, der Druckerei und dem Verfasser hin- und! hcrgehen muß. Dazu ist die Anzahl der schriftlichen Mitteilungen. jetzt durch die verengerte Auslegung der auf die Beförderung von- Dnlcksachen bezüglichen Bestimmungen stark vermehrt. Wie engherzig! diese Auslegung jetzt ist, geht daraus hervor, daß wohl die Bezeich- ^ nung »druckfertig« gestattet, aber das »Ja« als Antwort auf einen ^ vom Verleger aufgedruckten Stempel »Drucksertig?« eine schriftliche Mit teilung sein sollte. Die Anrufung der Postdircktion, der Obcrpostdirek- tion und des Reichspostministers auf eine Beschwerde über diese Aus- ? legung war vergeblich. Es bedurfte erst der Bloßstellung solcher salo-! »ironischen Weisheit in zahlreichen Fachzeitschriften, um diese Anordnung! rückgängig zu machen. Die Verengerung der früheren Auslegung der aus Korrektur-Sendungen bezüglichen Bestimmungen ist im übrigen ge blieben. Das bedeutet aber nicht nur eine maßlose Verteuerung des Verkehrs, sondern zugleich die fortwährende Gefahr großer Verwir rung, da es im Interesse pünktlicher und sicherer Erledigung des Kor rekturen- und Druckgeschäfts dringend erforderlich ist, daß nach Möglich keit alle airf den Truck und die Korrektur bezüglichen Mitteilungen ans den Probebogen vereinigt sind. Ist das nicht der Fall, so kann durch ein leichtes Versehen unendlicher Schaden (vergeblicher Truck von Bogen in großer Auflage bei größter Papierknappheit) entstehen. Wenn jetzt eine »veitcre Verteuerung des Postvcrkchrs eintritt, so kann die Parole für den Bücherbezug nur lauten: Zurück zum Sammel- vcrkehr, der sich, rvie die sehr beachtenswerte»» Ausführungen der Leip ziger Kommissionäre ergeben, schon bei den jetzigen Tarifen in der Regel als wesentlich billiger herausgestellt hat. In postalisches Deutsch über setzt heißt das: Rückkehr zur Postkutsche. Das klingt höchst romantisch, namentlich für einen Postminister. Aber Stephan hätte diese Romantik nicht geduldet. Übrigens gibt es in manchen Fällen auch noch ein be achtenswertes Hilfsmittel. Wenn man überhaupt bei heutigen Preisen noch Rundschreiben in größerer Anzahl versenden kann — ihr Gebrauch hat enorm nachgelassen —, so empfiehlt es sich, diese Rundschreiben »'ach Österreich zu senden, da bei dem Zwei-Kronen-Porto gegenüber uuserern 50-Pf.-Porto für das einzelne Rundschreiben etwa 35 Pf. zu spare»» sind. Der Verleger, der sich aus patriotischen Rücksichten dessen enthalten wollte, wäre ein Tor. Man sollte dieses Mittel, der Post ihre verkchrs- femdlichen Tarife unter die Augen zu führen, nach Möglichkeit ge brauchen. Den Franzosen wird die geplante Erdrosselung unseres Verkehrs natürlich eine Wonne sein. Wird aber die Post Vorteile davon Haben- Schön jetzt ist nach einer unwidersprochen gebliebenen Mitteilung in einen» Neichstagsausschuß der Verkehr um etwa ein Viertel zurückge- gangcn. Das Futter der Post sind die Sendungen. Statt nun das Tier zu füttern und ordentlich arbeiten zu lassen, macht inan es durch Entziehung des Futters kraftlos und kraftloser. Ich ging neulich ein mal — nicht hier in Göttingen, sondern auswärts — in ein größeres Postamt, dessen großen Arbeitsraun» man vom Schalter aus ausge zeichnet überblicken konnte. Am Schalter wurde flott gearbeitet. Tic Beamten »nutzten wegen des Andrangs des Publikums vielfach »vartcn lassen. Drinnen aber sah man mehrere Beamte, bic sich unter hielten, nach der ganzen bequemen Haltung und den Gesichtern zu schließen, handelte cs sich nicht um dienstliche Gespräche. Ab und zu gingen Unterbeamte im gemächlichen Beamtenschritt. Selbstverständlich will ich dieses Erlebnis nicht verallgemeinern. Ich weiß, daß zahl lose Postbeamte fleißig ihren Dienst tun. Aber ist cs ein Wunder, wenn Lässigkeit erzeugt wird, »vo es an genügender Arbeit fehlt? Wird der Verkehr nun wieder geringer, so ist wieder vielzuviel Personal da: die Leistungen »vcrdcn noch abnehmen und die Selbstkosten stärker steigen als der Ertrag. Die Schraube ohne Ende. Gewiß ist es schwer, aus den gegenwärtigen Nöten herauszu kommen. Die mechanische Preissteigerung ist aber das untauglichste Mittel; die alten Leistungen müssen erzwungen und das Personal rück sichtslos auf das erforderliche Maß zurückgcführt werden. Was unserer deutschen Volkswirtschaft besonders schadet und die immer unerträglicher werdenden, fortwährenden Verteuerungen verursacht, ist die durch die Re volution hcrvorgcrufene Verringerung der Arbeitsleistung. In einer Zeit, »vo nur die größte Arbeitsleistung uns helfen könnte, ist uns nicht nur der Achtstundentag auch da aufgezwungen, »vo er nicht am Platze ist, sondern gleichzeitig haben sich namentlich die Staats- und Gemeinde behörden dazu zwinge»» lassen, iinmer höhere Löhne für geringere Ar beit zu zahlen, und die privaten Arbeitgeber mußten den» folgen. Als ob man von Papier statt von der Leistung leben könnte! Jetzt leiden natürlich neben den ganz verlassenen Rentnern auch die Arbeiter und Beamten darunter und werden des erhöhten Papierlohnes nicht froh. Zun» Schluß mag noch eine ethische Seite der Porto-Erhöhung ge streift werden. Unter den bisherigen Portosätzcn hat der private Briefverkehr dauernd noch viel inehr gelitten als der geschäftliche. Tatsächlich ist der briefliche Verkehr zivischcn Eltern und Kindern auf eiu Maß zurückgeführt, das jcdcin, der die Bedeutung der Familie und des Familienzusammcnhalts für unser ganzes Volksleben zu würdigen weiß, mit tiefstem Schmerz erfüllen muß. Da die Vertretung des Volkes — wann hatte das Volk ge ringeren Einfluß auf sie als jetzt? — das letzte Mal der Verkehrs- tcuerung nennenswerten Widerstand nicht geleistet hatte, ist es Sache der Berufsvertretungen, Himmel unb Hölle gegen das drohende Un heil in Bewegung zu setzen. Der Börsenverein wird hoffentlich daß Scinige tun und die besonderen Nöte des Buchhandels nachioeisen. Göttin gen. vr. W. Ruprecht. Bücherzoll. Aus gebundene Bücher steht bei der Einfuhr nach der Freien Stadt Danzig und Polen ein ziemlich hoher Zoll. Es muß der Er wägung der Verleger anheimgcgcben werden, Bücher, zumal dünnere und kleinere, hierher kartoniert zu liefern, um den Zoll zu sparen. vr. B. Lehmann. Vom „rechten" Buchhändler. . (Vgl. Bbl. Nr. 60 und 66.) Da ich den Sprcchsaal des Bbl. nicht zu sehr belasten möchte, will ich auf die Eriviberung des Herrn Meyer-Ulrich, die ich aus seiner persönlichen, charakterfesten Ansicht heraus durchaus verstehe, nichts weiter antivortcn, als daß ich meine Darlegungen, die aus jahrelangen Überlegungen und Erfahrungen erwuchsen, fest aufrccht- erhalte. Ta ich eine solche Erwiderung voraussah, bin ich ihr bereits in meinen» Aufsatz begegnet, »vas den» aufmerksamen Leser nicht ent gangen sein kann. Die Weiterverbreitung meines Aufsatzes habe ich deshalb vor allem gewünscht, »veil ich davon crwartcte, daß auch ein mal geistig freie Menschen, die »vir zu unser»» Kunden zählen, das Wort dazu ergreifen würden. Ich meine, das müßte doch ganz wert voll und erkenntnisrcich sein. Gerade als Buchhändler sollte man seine persönliche, subjektive Ansicht nicht allen airdcrn Menschen a».f- zwingen »vollen, bzw. andern Menschen zumuten, daß sie sich diese auszwingen lassen. Im übrigen »verde ich meine weiteren Darlegungen Herrn Meyer-Ulrich direkt übermitteln. Mir sind heute noch viele unserer größten und geistig freiesten Verleger leuchtendes Vorbild. W. Herbert Köhler. Berantwortl Redakteur: NtchardAlbertt.— Verla,: DerBvrsenverein der Deutschen Buchhändler ,u Leipzig, Deutsches BuchbändlerhauS Druck: Namn, L Seemann. Sämtlich in Leipzig — Adresse der Redaktion und Expedition: Leipzig. Gerichtsweg SS lBuchhändlerbauS» 492
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