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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 28.03.1892
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- 1892-03-28
- Erscheinungsdatum
- 28.03.1892
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1886 Nichtamtlicher Teil. 72, 28. MSrz 1892. Gründe. Die Revision crschetnt^bcgründet. Das angcsochlene Urteil crachtcl für erwiese», daß Angeklagter amt liche Schriftstücke durch die Presse veröffentlicht hat, verneint jedoch die Eigenschaft dieser Schriftstücke, als zn -einem Strafprozeß- gehörig, und hat den Angeklagten deshalb von der aus 8 17 des Prehgesctzcs vom 7. Mai 1874 (Reichs-Gesetzblatt S. 65) erhobenen Anschuldigung freigcsprochen. Die Schriftstücke, um deren Bcröfscntlichung cs sich handelt, sind dem Angeklagten folgendermaßen zugänglich geworden. Die H. Polizci- direktion in B. hatte mehrere, der Verübung verschiedener Diebstähle verdächtige und geständige Personen vorläufig fcstgenommcn, über den objektiven und subjektiven Thatbestand durch Vernehmung der beteiligten Personen, Handzeichnung re. eingehende Verhandlungen ausgenommen und hatte, soviel erkennbar, in Gemäßheit des 8 161 Abs. 2 der Straf prozeßordnung bezw 88 127, 128 der Strafprozeßordnung — die vor läufig Fcslgenommencn nebst den erwachsenen Verhandlungen unmittelbar mittels br. n>. Schreiben dem H. Amtsgericht in B. vorsührcn beziehungsweise zustcllcn lassen Der Angeklagte hat als Gerichts- schrcibcr des zuständigen Amtsrichters die cingcgangencn Schrift stücke mit den, Eingangsvermerk versehen, von ihrem Inhalt Kenntnis genommen und dieselben, noch ehe richtcrlicherseits eine Verfügung darauf ergangen war, zu Mitteilungen für die Tagcspressc benutzt. Erst am folgenden Tage hat der Amtsrichter die vorläufig Verhafteten zu Protokoll vernommen, Haftbefehl gegen sie erlaffen und die Verhand lungen der Staatsanwaltschaft mitgcteilt. Die letztere erhob ohne weiteres Anklage, und hat das Verfahren später, nach Veröffentlichung der frag lichen Schriftstücke, durch rechtskräftige Verurteilung der Angeklagten abseitcn der Strafkammer des Landgerichts (25. September 1891) sein Ende erreicht. Die Vorinstanz vertritt die Ansicht, daß -polizeiliche Thätigkeitcn und deren Beurkundung-, welche der Voruntersuchung und dem richter lichen Ermittelungsvcrsahrcn vorausgehen, und erst -die Vorbereitung eines Strafprozesses enthalten-, folgeweise also auch die vom Angeklagten zur Veröffentlichung benutzten Aktenstücke, als außerhalb des Straf prozesses gelegen, nicht unter die Vcrbotsnorm des ß 17 des Preßgesctzes fallen. Dieser in der Littcratur allerdings mehrfach vertretenen Ansicht konnte nicht bcigcpflichtct werden. Die Vorschrift des § 17 des Preßgesctzes ist dem 8 48 Abs. 3 des preußischen Prehgesctzcs von» 12. Mai 1851 und die letztere Gesetzes bestimmung wiederum dem Art. 1b des französischen Prehgesetzss vom 27. Juli 1849 Hochgebildet, welcher Artikel besagt: »II est intsräit äs publier los actss ä'accnsstion ob aueuno acte äs proccäurs orimineils, avant gu'ils aievt ctc Ins on nuäisucs publigue.- Dcr Ausdruck -acto äo procääaro criminelle- war im preußischen Prcßgcsetz mit -Schriftstück eines Kriminalprozcsscs-, und ist jetzt im Gesetz vom 7. Mai 1874 als -Schriftstück eines Strafprozesses« wieder- gegebcn. Man ersieht daraus, daß die aktuelle Bedeutung dessen, was man .nach Maßgabe der jeweilig geltenden Strafprozessordnung unter dem Begriff -Schriftstück eines Strafprozesses- verstehen soll, bereits die mannigfachsten Wandlungen durchgemacht hat. Seit dem 1. Oktober 1879 ist die Verbotsnorm des 8 17 des Preßgesctzes lediglich nach Maßgabe der deutschen Strafprozeßordnung vom 1. Februar 1877 auszulcgcn. Es fragt sich also: von wann ab darf im Sinne dieser heute iu Geltung befindlichen Strafprozcßordnung ein »Strafprozeß» als begonnen oder als existent geworden bezeichnet werden? Eine klare und unzweideutige Auskunft ist hierfür den Vorschriften der Strafprozessordnung selbst.' nicht zu entnehmen. Wo dieselbe (Buch II) über -das Verfahre» der ersten Instanz- handelt, werden darunter die verschiedensten Stadien des Verfahrens begriffen: Ocfsentlichc Klage und deren Vorbereitung (Abschnitt 1, 2), Voruntersuchung (Abschnitt 3), Entscheidung über die Eröffnung des Hauptversahrens (Abschnitt 4), die Hauptvcrhandlung und deren Vorbereitung (Abschnitt 5 und 6). Nun besteht in der Littcratur darüber kein Streit und kann auch nicht Wohl darüber ein Zweifel obwalten, daß mit Erhebung der öffentlichen Klage und mit der Eröffnung der aus solche Klage einzulcitcnden -gerichtlichen Untersuchung- (tz8 151, 168 der Strafprozcßordnung) unter allen Um ständen der -Strafprozeß- als begonnen anznschcn ist. Fraglich bleibt aber, ob dieses Moment der förmlichen Klagerhcbung als dergestalt Wesentlich für die rechtliche Existenz des -Strafprozesses- erachtet werden soll, daß alles, was vor diesem Momente liegt, insbesondere also auch alles, was Buch II Abschnitt 2 der Strafprozcßordnung unter »Vor bereitung der öffentlichen Klage- zusammensaht, unterschiedslos als außer halb des -Strafprozesses- liegend zu gelten hat. Solchergestalt die Frage gestellt, muß die Antwort verneinend ausfallen. Daß die geltende Strafprozcßordnung den -Antrag auf gerichtliche Voruntersuchung- und die -Einreichung einer Anklageschrift- unter dem cmeinsamcn Begriff -Erhebung der öffentlichen Klage- zusammensaht, cruht überwiegend auf Gcsichtspunltcn äußerer Systematik. Prozeß- rechtlich haben beide Formen der Klagcerhebung zwar miteinander gemein, daß die Staatsanwaltschaft nach einmal auf ihren Antrag erfolgter Er öffnung gerichtlicher Untersuchung die Verfolgung aus der Hand gegeben hat (8 154 der Strafprozcßordnung): materiell ist und bleibt der Antrag auf Voruntersuchung lediglich ein Akt der Vorbereitung der eigentlichen, in der förmlichen Anklageschrift bestehenden öffent lichen Klage ^8 168 der Strafprozcßordnung). Die Vorunter suchung macht die letztere Form der Klagerhcbung niemals ent behrlich. Soll das Verfahren über das Stadium der nur prä- paratorischcn, das Bcwcismaterial sammelnden Voruntersuchung <8 188 der Strafprozessordnung) hinaus Fortgang haben, so muß die Staats anwaltschaft, gleichviel, ob aus eigener Entschließung oder auf Beschluß des Gerichts (8Z l96, 206 der Strafprozeßordnung) ihrem ersten Anträge auf Voruntersuchung die eigentliche Klagerhcbung in Form der Anklage schrift folgen lassem Hält man aber dieses prozessuale Verhältnis der Voruntersuchung zur Anklage fest, und ist man darüber einig, daß die Voruntersuchung bereits in den -Strafprozeß- hineinsallc, dann liegt die Folgerung nahe, daß nicht der äußere Name -öffentliche Klage- oder -gerichtliche Untersuchung», sondern lediglich die innere Natur eines bei einer Strafbehörde anhängigen, gegen bestimmte Personen wegen be stimmter Strafthatcn gerichteten Verfahrens das entscheidende Kriterium für Dasein oder Nichtdascin eines -Strafprozesses- abzugcbcn geeignet ist. Gewinnt das staatsanwaltlichc oder polizeiliche Ermittclungsver- fahrcn in der vorbczcichncten Richtung derartige feste Gliederung, daß man darin prozcßbcteiligte Subjekte und einen erkennbaren Gegenstand der Beschuldigung zu unterscheiden vermag, so wird man darin auch Modalitäten eines »Strafprozesses- erkennen müssen, ohne daß es daraus ankommcn kann, ob «öffentliche Klage- im Sinne des 8 168 der Straf prozcßordnung erhoben ist oder nicht. Nur so lange diese die Klage vorbereitende Thätigkcit der Staatsanwaltschaft und Polizei sich in gänz lich formlosen Erforschungen bewegt, die keinerlei greifbaren Straf anspruch hcrvortrctcn lassen, und bei denen weder von einem förmlichen Anfang, noch, wie 8 17 des Preßgesctzes voraussctzt, von einem -Ende- dcs Verfahrens gesprochen werden'kann, wird sich mit Grund die recht liche Existenz eines -Strafprozesses- bestreiten lassen. (Vergleiche Erkenntnis des preußischen Ober-Tribunals vom 25. Januar 1861, Oppenhoff, Rechtsprechung Band I Seite 226). Wie unzureichend und willkürlich das Kriterium förmlicher Vor untersuchung für die begriffliche Bestimmung des Anfangstermins eines -Strafprozesses- sich gestaltet, zeigt sich besonders grell in all den zahlreichen Fallen, in denen die Staatsanwalischast sich veranlaßt sicht, trotz unterbliebener -Erhebung der öffentlichen Klage- doch -richterliche Ilntersuchungshandlungen- (8 160 der Strafprozcßordnung), Verhaftung, Durchsuchung, Beschlagnahme, Vernehmungen, Augen schein u. s. w. zu erwirken. Der Regel nach und von den Voraus setzungen obligatorischer Voruntersuchung abgesehen, entscheidet lediglich die praktische Ausgiebigkeit der im 8 126 der Strafprozcßordnung für das Ermittclungsversahren normierten Frist von ein, zwei, vier Wochen Haftdauer darüber, ob der Staatsanwalt seine Anklage durch einzelne gerichtliche Ilntersuchungshandlungen oder durch eigentliche Vorunter suchung vorzubcrcitcn in der Lage ist: in allem übrigen bleibt das Verfahren in seiner äußeren strafprozessualen Gestalt, was Verhaftung, Vernehmung der Beschuldigten, Beweiserhebungen u. s. w. anlangt, in dem einen wie in dem anderen Falle ununterscheidbar dasselbe Vom Standpunkte des französischen Ooäs ä'ivstruction criwiuslls, auf dessen Boden die Vcrbotsnorm des 8 17 des Prehgesctzcs entstanden ist, kann cs vollends nicht zweifelhaft sein, daß das gesamte im Buch I dieses Ooäs (»polics suäiciairs») unter dem Titel -gerichtliche Polizci- zusammengesaßte polizeiliche wie gerichtliche Verfahren in die -procs- äurs crimiuolls» hincinfällt und eine Ausscheidung der hier erörterten Prozeduren aus dem -Strafprozeß- gar nicht zu rechtfertigen wäre. Vorlicgendenfalls ist das polizeiliche Ermittclungsversahren in die festen Formen der von der Strafprozcßordnung vorgesehenen Prozeduren übcrgcgangcn Es waren bestimmte Personen wegen einer bestimmten Strasthat fcstgcnommen, von zuständiger Seite dem Amtsrichter zu- gewicscn und standen bis auf weiteres in gerichtlichem Gewahrsam. Daß nicht der Staatsanwalt, sondern für diesen im Interesse der Beschleunigung die Polizcidircktion die Jnhaftaten und Verhandlungen unmittelbar dem Amtsrichter überwiesen hatte (8 161 Absatz 2 der Strafprozcßordnung), ist bedeutungslos. In Gemäßheit der 88 128, 163, 164 der Strafprozeßordnung mußte der Amtsrichter die ihm vorgcsührtcn Personen vernehmen, über ihre Haft verfügen und sonstige, keinen Aufschub duldende Untersuchungshandlungen veranlassen. Auch war cs deshalb gleichgültig, daß damals, als Angeklagter die Ver öffentlichung bewirkte, der Amtsrichter persönlich noch nicht thätig ge worden war. In dieser Beziehung vertrat der Angeklagte als Gerichts- schrciber das Amtsgericht. Mit dem Augenblicke, da er die Verhandlungen mit der lleberwcisungsvcrsügung der Polizeidircktion in Empfang nahm und ihren Eingang dienstlich bescheinigte, war auch der Amtsrichter mit der Sache befaßt. Die rechtliche Existenz eines -Strafprozcsses- im weiten Sinne dieses Wortes mußte nach alledem gegebenenfalls be jaht werden Damit trat die Vcrbotsnorm des 8 17 des Preßgesctzes in Wirksamkeit, und Angeklagter verstieß dagegen, wenn er -amtliche Schriftstücke« dieses schwebenden -Strafprozesses- durch die Presse ver öffentlichte. Ob in der That solche -Schriftstücke- veröffentlicht worden sind, bedarf weiterer Prüfung und Feststellung. Dabei wird zu beachten sein, daß, wenn auch, wie vom Reichsgericht anerkannt worden (Ent-
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