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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 01.05.1893
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- 1893-05-01
- Erscheinungsdatum
- 01.05.1893
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2650 Nichtamtlicher Teil. 99, 1. Mai 1893. W. Kohlhammer. Wohl selten hat in der schwäbischen Residenz der Tod eines Mannes so allgemeine und aufrichtige Teilnahme in allen Schichten der Bevölkerung hervorgerufen, wie derjenige des am 8. März d. I. une> wartet schnell verstorbenen Verlagsbuch händlers und Buchdruckereibesitzers, Kommerzienrats W. Kohl hammer. An dem Grabe dieses Mannes hakte sich eine so zahlreiche Trauerversammlung zusammengesunden, wie dies nur selten der Fall ist; es war ein herrlicher Frühlingsabend, als wir seinem Sarge das Geleite gaben; wie feierliche Stille lag es über dem schönen Stuttgarter Thale und im Abendsonnen scheine erglänzten die Höhen ringsumher! An solchen Abenden, an denen das Herz sich frei von aller Sorge des Lebens und der Arbeit fühlt, wo uns die Sülle ringsum und die Blüten pracht der neu erwachenden Natur verkündet von dem rastlosen Schaffen und Walten des ewigen Geistes, weilte der Verstorbene gar gerne im Freien, inmitien der Bäume und Sträucher seines Gartens, die er mit liebevoller Sorgfalt, ihnen zum Gedeihen und sich selbst zur einzigen Erholung, hegte und pflegte. Wer den stattlichen und schönen Mann mit den klaren blauen Augen einmal gesehen, konnte ihn nicht mehr ver gessen; wer einmal erkannt und erfahren halte, daß dieser Mann nicht nur ein Geschäftsmann von seltener Tüchtigkeit und Umsicht, sondern auch ein Mensch war mit warmem Herzen und thalkrästiger Teilnahme für das Wohl ergehen aller, die seiner Hilfe und seines treuen Rates bedurften, der kehrte immer wieder gerne bei ihm ein, um in geschäftlichem oder freundschaftlichem Verkehr mit ihm seine Ueberzeugung zu festigen, daß er es hier mit einem jener immer seltener werdenden Männern zu lhun habe, die über den materiellen Zwecken und Ausgaben des Daseins trotz aller Unruhe und vielseitigen Arbeit doch das eine nicht vergessen und vernachlässigt hatten, was uns allen not thut, die ruhige und gleichmäßige Festigung und Aus bildung des eigenen Charakters, und daneben die versöhnliche und freundliche Gesinnung auch gegen die, welche auf dem einen oder andern Gebiet einer entgegengesetzten und manchmal sehr schroff ausgesprochenen Meinung waren. W. Kohlhammer war im besten und edelsten Sinne des Wortes eine echte Schwaben natur, zäh, mit eiserner Energie verfolgte er das vorgesteckte Ziel, nicht entmutigt durch Mißerfolge, die ja keinem Verleger erspart bleiben, rastlos weiterarbeitend an dem Ausbau und der Er weiterung seines Geschäftes, verschmähend alle äußerlichen Ehrungen und Bevorzugungen, in einer Bescheidenheit, deren Wert und Wahrheit niemand verkannte, der mit ihm verkehrte. Man pflegt in neuerer Zeit aus mancherlei Gründen und bei den verschiedenartigsten Gelegenheiten auf das gute Einver nehmen zwischen Prinzipalen und Arbeitern hinzuweisen, und hat es denn auch glücklich fertig gebracht, diese Worte in kurzer Zeit zu einer Phrase zu machen, die nur in seltenen Fällen der thatsächlichen Wahrheit entspricht. Es war ein schönes Vorrecht des Verstorbenen, daß es ihm gelang, in seinem Geschäfte dieses gute Einvernehmen zu einer Thatsache zu machen, die oft genug und namentlich auch während der bösen Zeit des Buchdrucker streiks zu Tage trat. Es war nicht lange vorher gewesen, da hatte Kohlhammer bei der einem seiner ältesten Angestellten zu Ehren gegebenen Festfeier zu dessen fünfzigjährigem Buchdrucker jubiläum sich in seiner schlichten und einfachen Art einen Arbeiter unter seinen Arbeitern genannt, und der jubelnde Beifall, den damals diese Worte fanden, bewies deutlich genug, daß er damit keinem seiner Angestellten zu Leide gesprochen. Ohne Vorwurf und Groll sah er kurz darauf seine Buchdrucker sein Haus ver lassen; ihm galt jede ehrlich und redlich verfochtene Meinung selbst daun, wenn sie bis zur äußersten und ihn schädigenden Kon sequenz festgehalten wurde, gleich achtenswert, und niemals ist in dieser auch für die Prinzipale harten und opferreichen Zeit ein herbes Wort über die Streikenden von ihm gesprochen worden. Keinem seiner Arbeiter, die nach Beendigung des Streikes wieder vollzählig bei ihm eintraten, hat er in irgend etwas diesen Schritt nachgetragen; auch hierin ein Mann des Friedens und der versöhn lichen Milde. Das war ein Grundzug seines Wesens, der es ihm, dem eifrigen und opferfreudigen Anhänger der deutschen Partei in Württemberg, ermöglichte, auch mit den extremsten seiner poli tischen Gegner in Frieden zu leben, ohne daß er selbst auch nur um eines Schrittes Breite von seinem Wege abgegangen wäre. Diesen Eigenschaften hatte er es auch zu danken, daß man ihm überall mit ehrendem Vertrauen entgegenkam, daß man seinen Ansichten, so selten er auch mit denselben in die Oeffentlichkeit trat, in allen Angelegenheiten der Stadt, und namentlich auch in der Organisation und Fortentwicklung seiner Partei, gern Rech nung trug, daß man seinen Rat und,seine Unterstützung nirgends entbehren mochte, wo es galt, engere oder weitere Kreise für ge schäftliche oder politische und städtische Fragen zu interessieren und zu gewinnen. Und trotz der riesigen Arbeitslast, die auf ihm lag, trotz der mannigfachen Anforderungen, die an seine Zeit, an seine Hilfe und an seinen Rat gestellt wurden, entzog er sich doch niemals einer derselben, weil er die Arbeit eines Mannes nicht nur im einseitigen Bethätigen seiner geschäftlich-praktischen Anlagen und Erfahrungen, sondern ebenso in dem selbstlosen Dienste für das allgemeine Wohl erblickte. Dabei war es ihm gegeben, mit der Ruhe und Bestimmtheit, die stets sein Urteil und seine Thätigkeit auszeichnete, in seinem weitverzweigten Ge schäfte alles zu überblicken, indem er mit schönem und wohl- thuendem Vertrauen die Erledigung der einzelnen Arbeiten, so weit sie nicht von ihm selbst gethan sein mußten, seinen An gestellten überließ. Er selbst hatte, da nicht Buchhändler oder Buchdrucker von Beruf — er war ursprünglich für das Notariatsfach bestimmt gewesen, — sich mit eiserner Energie in diese seine neue Thätig keit eingearbeitet; allein trotzdem er, wie selten ein anderer Mann, das Bewußtsein haben durfte, alles durch eigene Kraft und eigenen Fleiß geworden zu sein, so war doch an ihm auch nicht der leiseste Zug von jenem Selbstbewußtsein zu entdecken, das einen ehrlich gemeinten Rat als Widerspruch und eine andere Meinung als Herabwürdigung der eigenen Ansicht ansieht und verurteilt. Es war ihm im Gegenteil Bedürfnis, gerade in geschäftlichen Dingen andere Meinungen zu hören und sie mit der seinigen in friedlicher und wohlwollender Art zu ver einigen, er war dankbar für jeden Hinweis auf neue Förderung seines Geschäfts und so strenge er, der Mann der Pünktlichkeit, jede Ungenauigkeit und Lässigkeit in der Arbeit rügte, so gerne anerkannte er in Wort und That den Fleiß und die Umsicht seiner Angestellten. An selbständiger und überdachter Arbeit hatte er seine Freude; gerecht auch in seinem Tadel, hat er nie mals einen Fehler oder ein Versäumnis nachgetragen, und nur gegen unredliche Gesinnung in Wort und That trat er mit der Schärfe und Energie aus, die hier allein geboten sein kann Wer ihn im Verkehr mit seinen Angestellten sah und hörte, wer einen Einblick gewinnen konnte in die Art und Weise, wie er sein Geschäft leitete, der gewann bald die Ueberzeugung, daß manr.es hier mit einem Manne zu thun hatte, dem die rastlose Arbeit Lebensbedürfnis war, der aber auch der beredteste Beweis dafür war, daß ruhiges und stetes Weiterarbeiten auch heute noch, in der Zeit hastenden Jagens und überstürzender Konkurrenz, sein Ziel erreicht und seine Früchte trägt. Kohlhammer war, wie oben schon kurz berührt, nicht Buch drucker und Buchhändler von Berus. Als er vor mehr als fünfundzwanzig Jahren die damalige Rümelin'sche Buchdruckerei übernahm, trat er eine Aufgabe an, die für ihn, den Nicht- Fachmann, nicht schwerer gedacht werden kann. Daß cs ihm ge lang, das stark im Niedergang begriffene Geschäft zu neuer Höhe emporzubringen, das hatte er neben seiner zähen Ausdauer haupt sächlich auch seinem Prinzip der Ruhe und Stetigkeit in der Er weiterung derselben zu verdanken. Die mannigfachen Verbin dungen mit Behörde», sowie die vielen persönlichen Bekanntschaften,
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