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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 19.06.1893
- Strukturtyp
- Ausgabe
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- 1893-06-19
- Erscheinungsdatum
- 19.06.1893
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- Deutsch
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189, IS. Juni 1893. Nichtamtlicher Teil. 3671 die gemachten Schiitzungsversuche schießen meistens weit am Ziel vorbei. Die Antwort aus die vierte Frage ist natürlich durchgehends auch in be jahendem Sinne ausgefallen. Auch die Zeitungsverleger haben sich fast alle in gleichem Sinne wie die Buchhändler ausgesprochen. Es giebt sich hierin — man darf das wohl aussprechen — eiiOanerkennenswerter Opsersinn der schweizerischen Buchhändler kund; denn der schweizerische Verleger mit seinem kleinen Absatzgebiet ist nicht auf Rosen gebettet und weiß, daß dort, wo die Pflichtexemplare gesetzlich vorgeschrieben sind, wie z. B> in Preußen, diese Steuer als eine drückende Last empfunden wird. Herr F. I. Schiffmann, langjähriger Bibliothekar der Bürgerbibliothek in Luzern, der bedeutendsten Helveticasammlung unseres Landes, äußert auf dem Fragebogen: -Man sollte die schweizerischen Verleger wissen schaftlicher Werke möglichst durch Kauf berücksichtigen, da diese Verleger ohnehin keinen glänzenden Absatz haben.» Wenn trotzdem die Antworten ohne jede vorausgcgangene Verabredung nahezu einstimmig so ausgefallen sind, wie oben des näheren ausgesührt ist, so scheint mir das dafür zu sprechen, daß die Buchhändler doch nicht ganz so selbstsüchtig und aus ihre Bereicherung bedacht sind, wie die Anhänger des Staatsverlages, die uns aus unserm eigensten Gebiet verdrängen möchten, anzunehmen scheinen. Zwar wird von einem Kollegen in Bern, der noch nicht lange in der Schweiz wohnt, angeregt, uns ein Aequivalent zu bieten durch eine Biblio graphie, welche monatlich oder halbmonatlich die Bibliothekeingänge ver zeichnen und an andere Bibliotheken und Bücherfreunde verschickt werden soll. Von einem solchen Bulletin versprechen wir uns, offen gestanden, nicht viel. Eine schweizerische Bibliographie, die monatlich in hübschem Druck Kenntnis giebt von allen in der Schweiz und im Auslande über die Schweiz erscheinenden Büchern, Zeitschriften, sogar einzelnen Aussätzen, haben wir ja seit einer langen Reihe von Jahren und sie gelangt nicht nur an Bibliotheken, sie wird auch in weiteren Kreisen, wo man irgend welches Interesse für Schweizerlitteratur voraussetzen kann, regelmäßig verbreitet. Ist aber der Erfolg der aufgewandten Mühe und den Kosten entsprechend? Ich fürchte, die meisten Kollegen müssen mit mir antworten: nein! Daß eine offizielle Bücherliste von günstigerem Einfluß auf die Kauflust sein sollte, kann ich mir kaum vorstellen und ich möchte wenigstens die Frage aufwerfen, ob nicht solche amtlichen Publikation besser in An lehnung an die bestehende, allerdings, wie ich gerne zugebe, verbesserungs fähige Bibliographie geschehen könnte. Für zwei derartige Unternehmungen ist unser Land zu klein. In Vergleich zur Hauptfrage: -Soll eine Landesbibliothek ge gründet werden?» ist übrigens die eben berührte von untergeordneter Bedeutung. Es erscheint, dem Buchhändler wenigstens, als ein natür licher Ausfluß der Vaterlandsliebe, alles an Büchern und Zeitschriften, Bildern und Karten zu sammeln, was auf die Geschichte des Schweizer volkes und aus die Natur des Schweizerlandes Bezug hat und diese Denkmäler in einer jedermann zugänglichen Bibliothek zu vereinigen. Zum Zustandekommen dieses schönen Planes wird der schweizerische Buchhandel gern nach Kräften mithelfen. — Von seiten einer Buchhandlung, die auch Musikalien führt, wurden Klagen laut über Preisunterbietungen aus dem In- und Auslande. Obschon Musikalien nicht in den Bereich unserer Wirksamkeit gehören, glaubten wir doch, die Angelegenheit nicht ganz von der Hand weisen zu sollen. Wir schlugen einer großen Musikalienhandlung, deren Besitzer auch Mitglied unseres Vereins ist, vor, ihre schweizerischen Kollegen zur Gründung eines schweizerischen Musikalienhändlerverbandes einzuladen. So organisiert, könnten sie sich dem deutschen Musikalien händlerverein anschließen und für die Schweiz dieselben schützenden Rabatt bestimmungen erlangen, wie sie in Deutschland bestehen. Wir wiederholen hiermit diese Anregung und hoffen im Interesse unserer beteiligten Kollegen, daß die schweizerischen Herren Musikalienhändler unsere An regung wenigstens einer Beratung wert erachten werden. Im vergangenen Jahr hat die Entrüstung über das Anwachsen un sittlicher Litteratur auch die Mitglieder unseres Vereins veranlaßt, Stellung zu nehmen. Im Börsenblatt Nr. 197 vom 25. August 1892 erschien folgende «Erklärung»: -Die Unterzeichneten schweizerischen Buch handlungen schließen sich hiermit der in Nr. 181 und folg, dieses Blattes erschienenen Erklärung der Leipziger Kollegen an und verbitten sich die Zusendungen aller Ankündigungen und Erzeugnisse schlüpfriger Litteratur. Es ist an der Zeit, daß die Verleger, welche sich mit Schmutzliteratur befassen, erfahren, daß der anständige Buchhandel entschlossen ist, sich nicht auf eine ablehnende Haltung zu beschränken, sondern, wo sich die Mög lichkeit bietet, auch den Schutz der Gesetze gegen solche Herren für sich in Anspruch zu nehmen.» Diese Kundgebung mar von 80 Firmen, denen sich nachträglich noch etwa 10 Kollegen anschlossen, unterzeichnet. Es macht mir den Eindruck, als ob die Zotencirkulare seither seltener ge worden wären. Lassen wir auch in Zukunft nicht nach, der Schmutz- litteratur den Eingang in unsere Häuser zu verwehren! Zum Schluß noch etwas Erfreuliches. Das Gedeihen des Schwei zerischen Vereinssortiments und die vorzüglichen Dienste, welche dasselbe uns leistet, haben in unseren welschen Kollegen den wiederholt erwogenen Gedanken, ob nicht eine ähnliche Institution für unser» Bedarf an französischer Litieratur geschaffen werden könnte, etwas festere Gestalt gewinnen lassen. Eine zur Behandlung dieser Angelegenheit niedergesetzte Kommission, bestehend aus den Herren Pahot, Burkhardt und Delachaux, ist nun nach gründlicher Beratung zu der Ansicht gelangt, Sechzigster Jahrgang. daß ein solches französisches Vereinssortiment am besten nützen und prosperieren würde, wenn es seinen Sitz in Paris hat. Ein am Orte wohnender Vertreter wäre am ersten in der Lage, günstige Einkäufe zu machen. Gleichzeitig aber könnte er die Kommissionen des Sortimenters und die Auslieferung schweizerischen Verlages besorgen. Regelmäßige direkte Sendungen an das Vereinssortiment und an die Städte mit genügend bedeutendem Bedarf würden einen schnellen und billigen Bezug französischer Litteratur ermöglichen. Mit Cirkular vom 15. April dieses Jahres hat die genannte Kommission die Mitglieder der 8ooislö äss librairso äs Is. 8uisss kravyaiso und vermutlich auch eine Anzahl deutschschweizerischer Buchhändler befragt, ob sie dieser Idee zu stimmen und bereit sind, eine oder mehrere Aktien ü Fr. 500 zu zeichnen. Das Resultat dieser Enquete ist mir zur Zeit noch unbekannt. Ich glaube aber, wir haben alle Ursache, den welschen Kollegen nicht nur guten Erfolg zu wünschen, sondern auch uns mit klingender Münze zu beteiligen. Damit wäre die Reihe der Fragen, welche unS im letzten Jahre be schäftigt haben, gelöst. Ein Urteil über die Gesamt läge des Buch handels abzugeben, wie es gewöhnlich im Präsidialbericht geschehen, ist schwierig. Der Druck, welcher, hauptsächlich hervorgerufen durch den Zoll krieg mit Frankreich, aus der Industrie und dem Handel lastet, die Not lage, in welche die schweizerische Landwirtschaft durch die anhaltende Dürre der vergangenen Monate versetzt worden ist, — sie machen sich natürlich auch in unserm Beruf fühlbar. Jedermann schränkt sich so viel als mög lich ein, und da leider die Bücher meist noch zu den Luxusartikeln ge rechnet werden — das geistige Nahrungsbedürsnis ist eben bei der Mehr zahl der Menschheit nicht so dringend, wie das körperliche; geistigen Hungers sind noch nicht viele gestorben! — so werden die großen Bücherkäuser von Jahr zu Jahr seltener. Um so mehr ist es zu beklagen, daß eine Strömung durch das Schweizerland geht, welche mit vollendeter Rücksichtslosigkeit darauf ausgehl, den Buchhandel aus seinem eigenen Hause zu verdrängen. Wer sich heutzutage populär machen und mit Sozialresormen experimen tieren will, der schreibt das Wort -Staatsverlag- aus seine Fahne. Ist es denn wirklich denkbar, daß der Staat mit seinen Beamten bessere Schul bücher erstellen kann, als der geschulte Fachmann mit seiner aus einer reichen Praxis hervorgegangenen Erfahrung, mit seinen weitverzweigten Verbindungen, die ihm für die Erstellung sowohl, wie für den Absatz zustatten kommen? Ist es denkbar, daß der Staat billigere Schulbücher erstellen kann, als der Verleger, wenn er, wie es geschehen sollte, alle Kosten für Beamte, für Lokalitäten, Licht, Heizung rc. hinzurechnet? Und ist es recht, uns mit Hilfe von Beamten, die aus den Steuern des Bürgers bezahlt werden, ohne einen Rappen Entschädigung aus einem Produktionsgebiet zu verdrängen, das durch die jahrzehntelangen An strengungen des Buchhandels zu der achtunggebietenden Ausdehnung von heute gelangt ist? Steht diese Monopolisierung, diese Unterdrückung der freien Konkurrenz nicht in direktem Gegensatz zum schweizerischen Staatsgedanken, zur Handels- und Gewerbefrciheit? Die Möglichkeit der billigeren Produktion verdankt der Staat einzig dem Umstande, daß er die Bücher obligatorisch erklärt und dadurch den Absatz hoher Auflagen sichert. Gebe er dem Buchhändler gleiche Garantie, und er wird ebenso gute und billige Bücher erhalten, ohne Inanspruchnahme der Staatskasse für Besoldungen rc., und es wird möglich sein, den durch den Staats verlag ihres Verdienstes beraubten Wiederverkäusern, der zahlreichen Klasse von Buchhändlern und Buchbindern, wieder einen bescheidenen, zu ihrer Existenz unentbehrlichen Gewinn zukommen zu lassen. Dann wird der Buchhändler, wenn ihm nicht mehr durch die Ueber- macht des Staates derjenige Teil der Litteratur, welcher nicht zu den Luxus artikeln, sondern zu unserm täglichen Brot gehört, entzogen wird, auch wieder Mut fassen, sich mit größerer Freudigkeit seinen Kulturaufgaben zu zuwenden. Werden die kaufkräftigen Bücherliebhaber seltener, so werden wir uni so mehr uns bemühen müssen, unser Absatzgebiet auszudehnen. Für einen verlorenen guten Kunden müssen wir zehn bescheidene Bücherfreunde zu gewinnen suchen. Und wer wollte verkennen, daß diese emsige Pionierarbeit schon ihre guten Früchte getragen hat! Die Zahl derer, die gerne lesen, hat sich in den letzten 20-25 Jahren sicher ver doppelt, wenn nicht verdreifacht. Zwar kommt das in erster Linie den Zeitungen zugute. Sie nehmen einen so großen Teil der Mußestunden in Anspruch, daß für ein gutes Buch daneben oft keine Zeit mehr bleibt. Aber die billigen Klassikerausgaben, andere wohlfeile Kollektionen, die Liefe rungswerke, die Zeitschriften haben sich doch auch ihren Weg gebahnt und in immer weiteren Kreisen eine Leselust geweckt, die immer neue Bcsriedigung verlangt. Als Bundesgenossen in dieser Kulturarbeit begrüßen wir die Vereine für Verbreitung guter Schriften, die während der drei Jahre ihres Bestehens weit über eine Million Hefte ins Schweizervolk gebracht haben. Wenn ich nicht irre, erblicken einige Kollegen in der Thätigkeit dieser Vereine eine uns schädigende Konkurrenz. Nach meiner Ueberzcugung ist diese Befürchtung völlig unbegründet. Im Gegenteil, diese Zehn-Centimes- Hesle kommen vielfach in die Hände von Leuten, die vorher den Reiz der Ltzktüre garnicht gekannt haben. Einmal erwacht, wird die Leselust an den nur alle drei oder vier Wochen erscheinenden Heften nicht genug haben und weitere Nahrung suchen. Der Buchhändler findet also für seine Aus saat einen urbar gemachten Boden vor. Möge dieselbe ausgchen und gute Früchte tragen und möge in den Kreisen der Regierungen und der übrigen maßgebenden Kreise mehr und mehr die Erkenntnis Platz greisen, daß, 191
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